GEM-Bibliothek »ProGEM« für Pure-C: UnGEMein einfach

Hat man gerade die ersten Hürden der C-Programmierung hinter sich, schaut man oft neidvoll auf die modernen GEM-Oberflächen anderer Programme. Daß dies nicht nur eine Sache für Profis sein muß, dafür sorgt die neue Programmierhilfe »ProGEM«.

Die wichtigste Funktion eines Programmes ist - auch im Zeitalter der grafischen Benutzeroberflächen - die eigentliche Aufgabe, die es bewältigen soll. Das Umsetzen einer Idee in eine fertige Software ist meist schon für sich eine Herausforderung. Soll das Programm dem Anwender noch mit fliegenden Dialogen und Radio-Buttons à la Mac komfortabel zur Seite stehen, sind gerade Programmieranfänger schnell am Ende ihrer Kunst angelangt. Dank »ProGEM« steht es nun jedem C-Programmierer offen, diese Elemente mit geringem Aufwand in sein Programm einzubauen. Ganz ohne C- und GEM-Grundkenntnisse geht aber natürlich auch hier nichts.

ProGEM ist eine Funktionslibrary für den Turbo- bzw. Pure C-Compiler zur vereinfachten GEM-Programmierung auf allen Atari-Computern. Welche Compiler-Version Sie besitzen, spielt dabei keine Rolle. Außerdem wird noch ein Resource-Editor, z.B. Interface, benötigt.

Zum Lieferumfang von ProGEM gehört neben einer Diskette und der Registrierkarte ein 134seitiges, spiralgebundenes Handbuch. Die Installation selbst beschränkt sich auf das Kopieren zweier Dateien und das Anlegen einer ProGEM-gerechten Projektdatei. An dieser Stelle vermißt man eine Hilfsdatei für Pure-C, die das Zusammenspiel ProGEM/Compiler komfortabel gestalten würde.

Beim ersten Überfliegen der Anleitung fallen sofort die angenehm kurzen Programmgerüste der Beispielquelltexte auf, die auch auf der Diskette enthalten sind. Insbesondere C-Programmierer mit GEM-Erfahrung werden sich über die Kürze der Sourcen wundern. So erledigt ProGEM die sonst ellenlange GEM-Anmeldung mit einer Funktion.

Alles GEManagt

Mit seinen vier Managementfunktionen erledigt ProGEM alles, was für die Programmanmeldung und -abmeldung notwendig ist:

Vor allem die Funktion zum Laden der Resourcedatei verdient eine nähere Betrachtung, berücksichtigt sie doch alle eventuell auftretenden Probleme (Lesefehler, fehlende RSC-Datei, falscher Pfad etc.) mit einer Fehlerbehandlung. Einziger Kritikpunkt hierbei ist die lapidare, englische Fehlermeldung eines RSC-Datei-Fehlers. Hier wäre die freie Editierung der Fehlermeldung wünschenswert, gerade bei nicht-englischer Software. ProGEM bietet zwei Dialogboxverfahren: »Fliegende« Dialoge und Fensterdialoge. Letztere sind besonders für MultiTOS-fähige Programme wichtig: Ein Dialog im Fenster blockiert nicht die Ausgaben weiterer Anwendungen. Fensterdialoge erkennen Sie an ihrer Titelleiste, mit der sie sich auch verschieben lassen.

Bild 1. So sieht die Dialogbox im Resourceeditor aus...
Bild 2. ... und so erblüht sie unter ProGEM

Für die »fliegenden Dialoge« wählen Sie die Art der Verschiebung, die nur den Rahmen oder den gesamten Dialog bewegt (etwa bei aktivem Blitter). ProGEM unterscheidet außerdem zwischen halbautomatischer und vollautomatischer Abarbeitung der Dialoge, die alles bis zum Deselektieren des EXIT-Objektes erledigt. Solange der Programmierer nicht in die Dialogverwaltung eingreifen muß (Auswertung von TOUCH EXIT-Elementen), stellt die Funktion ein Maximum an Komfort dar. Falls doch, lassen verschiedene Funktion zum Zeichnen, Bearbeiten und Schließen eines Dialogs Spielraum für Eigeninitiative. Dialogboxen für ProGEM gestalten Sie wie gewohnt in einem Resource-Editor. ProGEM-Dialogboxen bieten neben konventionellen GEM-Objekten auch moderne Elemente wie Checkbuttons, Radiobuttons, Shortcuts (Tastaturkürzel) und Unterstreichungen (etwa für Dialogbox-Titel). Das Handbuch beschreibt die Nutzung der neuen Funktionen dabei ausführlich und verständlich.

Menüleisten

Einer der wichtigsten Bestandteile einer GEM-Applikation ist die Menüleiste. Mit Hilfe von ProGEM wird sie aus Sicht des Programmierers zur angenehmen Nebensache. Man erstellt die Menüleiste inklusive der Shortcuts, die als Klartext am Schluß des Menüeintrags stehen. Beachten muß man hierbei, daß manche Resourceeditoren eine sogenannte Leerzeichen-Optimierung durchführen; hier hängt das Programm zwei Leerzeichen am Ende des Menüpunkts an. Ist dies der Fall, kann ProGEM den Shortcut nicht mehr interpretieren und ignoriert ihn. Hier wäre vielleicht eine Parametereinstellung seitens ProGEM die Lösung. 1st das Resourcefile fertig, benötigt ProGEM lediglich eine Struktur, die den Menüpunkten entsprechende Funktionen zuweist.

Fensterln

Etwas umfangreicher, aber weniger kompliziert als bei der konventionellen GEM-Programmierung, ist die Fensterverwaltung von ProGEM. Folgende Funktionen stehen zur Verfügung.

Gemäß der Vielzahl an Parametern ist »open_window« eine der aufwendigsten Funktionen, die ProGEM bereitstellt, was auf die zahlreichen Elemente eines Fensters zurückzuführen ist. Ist das Fenster erst einmal auf dem Bildschirm, ist es fast ein Klacks, mit seinem Programm auf Meldungen oder Änderungen zu reagieren.

Die Fensterverwaltung nimmt auch den größten Teil der Bedienungsanleitung in Anspruch; eine weitere Hilfe ist ein genauer Blick auf das mitgelieferte Demo-Programm. Eine weitere Spezialität der Fensterverwaltung, die ProGEM bietet, ist die Realisierung eines eigenen Desktop. Außerdem gestattet die Library die Verwendung von Menüs in Fenstern - ein gerade für die Accessory-Programmierung günstiger Aspekt.

Auch vor Dateiauswahl- und Alertboxen macht ProGEM nicht halt. Sie ähneln im Aufbau den fliegenden Dialogboxen, erlauben die Verwendung erweiterter Objekttypen, orientieren sich aber optisch am Original von Atari.

Nützliche Nebensächlichkeiten

Neben den bisher genannten Möglichkeiten bietet ProGEM noch einige Zusatzfunktionen: »Pop-Up-Menüs«, die auf Mausklick bereitstehen, sowie verschiedene Objektfunktionen. Mit diesen Funktionen ist es auf einfache Weise möglich, GEM-Objekte zu manipulieren. Ein Beispiel hierzu wäre das Verschieben eines Icons oder das »Disablen« eines Menüeintrages. Besonders nützlich sind die Ladefunktionen zum Einbinden von ASCII-Texten und IMG-Dateien.

Einer für alles?

Wie eingangs erwähnt, nimmt ProGEM einem Programmierer nicht die Notwendigkeit ab, sich mit C und GEM auseinanderzusetzen. Letztendlich sollte man sich auch vor Augen halten, daß ProGEM kein Programmgenerator ist. Ein Kriterium erfüllt ProGEM aber mit Sicherheit: Man kann sich - auch als Anfänger - endlich auf den Zweck eines Programmes konzentrieren, nicht nur auf die Benutzeroberfläche. Abgesehen von kleinen Mängeln der Bedienungsanleitung bleibt nur der Wunsch nach einem Hilfesystem offen. Klassenziel erreicht! (ah)

Bezugsadresse: Computer & Design, Eppenhauser Straße 59, 5800 Hagen 1

WERTUNG

Name: ProGEM

Preis: 149 Mark

Vertrieb: Computer & Design

Stärken: Einfache Einbindung □ Saubere GEM-Programmierung □ Nützliche Zusatzfunktionen

Schwächen: Kleine Mängel in der Anleitung □ Keine Hilfedatei für Turbo/ Pure C

Fazit: Empfehlenswerte GEM-Library, besonders für Einsteiger interessant


Thomas Alker
Aus: TOS 04 / 1993, Seite 30

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