Computerkolleg Musik: Gehörbildung in der zweiten Auflage

Heiße Ohren

Während auf der PC/Windows-Schiene das Geschäft mit Lernsoftware und den dazugehörigen Autorensystemen nach Aussage der Branche tüchtig boomt, scheint dieses Genre auf dem Atari ST nach einigen - zumeist halbherzigen - Versuchen sang- und klanglos unterzugehen. Um so erfreulicher, daß der renommierte Musikverlag Schott nun mit einer Neuauflage seines »Computerkolleg Musik« auf den Markt kommt, obwohl die Notenprofis aus Mainz sich ordentlich Zeit gelassen haben mit der Veröffentlichung der Version 2.0.

Bereits auf der Musikmesse '91 hatten Interessierte Gelegenheit, einen ersten Blick auf das Update des vierteiligen Software-Pakets (Intervalle, Skalen, Rhythmen und Akkorde) zu werfen. Doch ließen die Entwickler die Zeit nicht völlig ungenutzt verstreichen, wie die neue, überwiegend in zeitgemäßem NeXT 3-D gehaltene Benutzeroberfläche deutlich zeigt. Zwar bedienen Sie das Computerkolleg nach wie vor bequem mit der Maus über klar strukturierte Menüs, Profis dürfen aber ihr CKM nun auch ausschließlich mit der Tastatur dirigieren. Alten CKM-Hasen fällt neben der optischen Aufwertung der Benutzeroberfläche auch die stark überarbeitete Benutzerführung angenehm auf: Die »Wege« in die zahlreichen Untermenüs und vor allem die Rückkehr ins Hauptmenü wurden kräftig optimiert. Besonders ungeduldige Naturen begrüßen überdies sicherlich die deutlich verkürzte »Start-Up«-Phase: Wählt man in der Version 2.0 die Einzel-User-Funktion, entfällt das häufig als lästig empfundene Eingeben des eigenen Namens.

Doch ging man bei Schott auch ins Detail und erweiterte die vier einzelnen Kursteile um zahlreiche Übungen. So haben Ohr-Akrobaten nun endlich die Gelegenheit, auch erweiterte Intervalle (also die, die über den Bereich einer Oktave hinausreichen) zu üben, Jazz-Musiker freuen sich über das stark erweiterte Skalen-Repertoire. Wer schon immer sein »Timing« verbessern wollte, darf jetzt im entsprechenden Kursteil nicht nur Rhythmen hören, sondern diese auch in einer »Spielübung« über MIDI- oder Computertastatur in den Rechner trommeln.

Apropos Timing: Die Entwickler unterzogen das CKM auch einer Herz-Transplantation. Im Inneren der Gehörbildung schlägt fortan das MIDI-Herz MROS.

Was jetzt noch zum perfekten Gehörbildungs-Glück fehlt, ist die Möglichkeit, sich selbst ein Trainingsprogramm auch aus allen vier Kursteilen zusammenstellen zu dürfen. Doch scheitert dieser Wunsch wohl am Basis-Konzept des CKM - nämlich maximale Interaktion mit dem User und optimale Analyse seiner Reaktionen und Antworten zu Lasten der direkten Eingriffsmöglichkeiten in die Übungen -und an der Komplexität der einzelnen Kursteile (pro Kurs eine Diskette). Aber auch in der vorliegenden Version bieten das CKM Gehörtraining der Sonderklasse. Wer eine Gehörbildung sucht, die sich nicht auf bloße Ja/Nein-Interaktion beschränkt und die bei einfachster Bedienung größtmöglichen Übungs-Erfolg verspricht, sollte sich das CKM in der Version 2.0 unbedingt einmal anschauen. Übrigens: für den Herbst kündigte Schott das Erscheinen des 2.Teils der »Gehörbildungs-Saga« mit den Kursen: Kadenzen, Melodien, Tanzrhythmen und Satzelementen an. (Ulf Petersen/wk)

Die neue Version des Computerkollegs präsentiert sich in aktuellem 3D-Look

WERTUNG

Name: Computerkolleg Musik

Preis: ca. 350 Mark, Update-Kosten 50 Mark

Hersteller: Musikverlag Schotts Söhne, Mainz

Stärken: wegweisende interaktive Benutzerführung □ sehr ausführliche Analyse der User-Eingaben □ viele integrierte Übungen

Schwächen: Wechsel zwischen den Kursteilen etwas sperrig □ keine eigenen Übungssequenzen möglich

Fazit: Die pädagogisch wohl ausgereifteste Gehörbildung am Markt

Musikverlag B.Schotts Söhne, Weihergarten 5, 6500 Mainz 1



Aus: TOS 04 / 1993, Seite 53

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