Wellenbastlers Werkzeugkiste: »Sampletools Unistar« von Intersound, die Avalon-Alternative?

Bild 1. Die Sampleverwaltung ist mächtig aber gelegentlich etwas sperrig

Auf dem Atari ST gibt es einen ungekrönten König unter den Sample-Editoren: Steinbergs vielgelobtes »Avalon«. Aus Bella Italia wagt sich nun mit den »Sampletools« ein Programmpaket über die Alpen, das bei ähnlichen Leistungsdaten dem Hanseaten Paroli bieten möchte.

Im Gegensatz zu »Avalon« handelt es sich bei den »Sampletools« jedoch nicht um einen »Universaleditor« im klassischen Sinne. Zwar läßt sich der Editorteil des Programms von allen MIDl-Sample-Dump-fähigen Samplern nutzen, doch bietet Sampletools noch weitergehende, speziell auf bestimmte Instrumenten-Typen zugeschnittene Funktionen. Zum Test lag uns die Version für Roland-Sampler (W-30, S-330, S50 sowie S-550) vor, die Sampletools sind jedoch auch für die S-700/750-Sampler desselben Herstellers und für die S1000/1100-Serie von Akai erhältlich. Das wichtigste Ergebnis dieser Spezialisierung präsentiert sich in Form einer ausgefeilten Sampleverwaltung, die Avalon in dieser Form bislang noch nicht zu bieten hat. Ähnlich wie auch bei Soundverwaltungen herkömmlicher Synthesizereditoren, organisieren Sie hier Ihre Samples in einer Library, ordnen sie nach bestimmten Gesichtspunkten (»Semantic Search«) oder suchen flugs passende Sounds aus Ihrem umfangreichen Sample-Pool heraus. Als besonderes Bonbon beherrschen die Sampletools dabei den direkten (!) Zugriff auf alle Speichermedien der entsprechenden Roland-Sampler. Das bedeutet im Klartext, Sie können z.B. über einen entsprechenden SCSI-Hostadapter ohne weitere Umschweife Samples von einer Roland-Festplatte oder dem Roland CD-ROM Laufwerk einlesen. Auch vom Sampler formatierte und beschriebene Disketten lassen sich problemlos mit dem Atari-Laufwerk verarbeiten. Die Zeitersparnis gegenüber dem Datentransfer per MIDI ist dabei natürlich immens.

Daß der Autor der Sampletools bei der Entwicklung stets das Vorbild Avalon fest im Blick hatte, beweist der Menüpunkt »Avalon«, über den sich Samples im entsprechenden Format im- oder exportieren lassen. Gab es beim Import von Avalon-Klängen keine Schwierigkeiten zu vermelden, so scheint die Save-Funktion zur Zeit noch fehlerhaft zu sein, da zumindest die aktuelle Avalon-Version 2.1 nicht in der Lage war, diese Exportartikel korrekt wiederzugeben.

Bild 2. Die Filtersektion besticht durch Vielfalt und gute Benutzerführung

Auf der Editorseite glänzen die Sampletools mit einem perfekt sortierten Werkzeugsortiment. Von der Rauschunterdrückung über Flanging und Delay bis zur Freihand-Manipulation an der Wellenform bieten die Sample-Tools eigentlich alles, was des Soundbastlers Herz begehren könnte. Besonderes Lob verdient die Filterabteilung, die sage und schreibe acht verschiedene Filtertypen mit acht unterschiedlichen Charakteristika bereit hält. Die Wirkungsweise des Filters verdeutlicht jeweils eine Grafik, in der Sie direkt mit der Maus die gewünschte Eckfrequenz anwählen. Als akustische Hilfestellung ertönt dazu ein Sinuston mit der entsprechenden Frequenz, so daß sich das sonst beim Filtern so lästige Herumprobieren auf ein Minimum reduziert - sehr gut. Gut gelöst wurde in den Sample-tools auch die Darstellung des Soundmaterials. Damit man bei der Feinarbeit, die man zumeist im Zoom-Modus vornimmt, nicht die Orientierung verliert, findet im oberen Viertel des Sample-Fensters stets eine Überblicksgrafik des kompletten Samples Platz, bei der der gerade aktive Arbeitsbereich invertiert dargestellt wird. Sehr bequem gerät in den Sample-tools auch das Setzen von Start-, End- und Loop-Punkten, da man bereits während (!) des Verschiebens dieser Marker mit der Maus per Mausklick das Ergebnis kontrollieren darf. Die Wiedergabe der Samples erfolgt übrigens entweder über den Monitorlautsprecher oder aber das Steinberg DA-Board. Einblick in das Verhältnis der Obertöne zueinander gewährt die FFT-(Fast Fourier Transformation)-Option des Programms, wobei auch hier wieder über der gebirgigen FFT-Landschaft die Überblicksdarstellung in der »traditionellen«, zweidimensionalen Zeit/Amplituden-Darstellung für Übersicht sorgt. Fährt man nämlich mit der Maus in der FFT-Grafik herum, informiert ein Cursor im 2D-Teil über die entsprechende Position. Doch beherrscht Sampletools nicht wie die Hamburger Konkurrenz die Manipulation und Resynthese des auf seine Sinusschwingungen hin analysierten Klangmaterials. Eine Option, die viele Sample-Profis sicherlich schmerzlich vermissen werden. Ein entsprechender Programmteil ist jedoch für künftige Updates bereits angekündigt.

Bild 3. Samples haben Sie mit dem Editor fest im Griff

Daß die Sampletools trotz vieler guter Ideen und Ansätze dennoch nicht die oberste Stufe des Siegertreppchens erklimmen, liegt nun aber nicht nur am fehlenden Re-synthese-Teil, sondern in erster Linie an der bis auf einige Ausnahmen wenig zeitgemäßen Benutzerführung, die den Blick ins Handbuch zur unschönen Gewohnheit werden läßt. Diese Kritik gilt zuvörderst der Library, die intuitives Arbeiten zumindestens dem Einsteiger verwehren dürfte. Denn da, wo andere Programme längst mit Icons und flexiblen Dialogen die Einarbeitungszeit auf ein Minimum reduzieren, muß man sich bei den Sampletools mit ellenlangen Drop-Down-Menüs und starren Alert-Boxen begnügen. Die Editor-Page macht diesbezüglich eine etwas bessere Figur, wenn auch der Bildschirm gelegentlich etwas unübersichtlich erscheint. So wirken z.B. die Buttons im unteren Bildschirmbereich doch arg gequetscht und erfordern, bevorzugt man die Arbeit mit der Maus, einiges an Zielwasser. Ob hier wohl die für solche Zwecke etwas starre Programmiersprache GfA-Basic ihren Tribut fordert? Fairerweise soll hier aber nicht verschwiegen werden, daß die Arbeit ansonsten, gemessen an den enormen Datenmengen, flott von der Hand geht - Assembler sei Dank.

So hinterlassen die Sampletools einen etwas zwiespältigen Eindruck: Auf der einen Seite begeistert die durchaus professionelle Vielfalt an Bearbeitungsfunktionen, auf der anderen Seite leidet das Editier-Vergnügen doch häufig am etwas starren Benutzerinterface. Dennoch finden bestimmt viele Besitzer der genannten Roland-Sampler Gefallen an den Sampletools, haben sie doch mit unserem Probanden erstmals die Gelegenheit, ihre Samples nicht nur zu editieren, sondern auch zu verwalten. Da die Sampletools jedoch mit 599 Mark nicht ganz billig sind, scheint uns aber in jedem Fall ein direkter Vergleich mit der Markt-Referenz ratsam. (wk)

Intersound & Soft, Constantin Coreth, via Loreto 47/49, I-39040 Salurn

WERTUNG

Name: Sampletools Unistar
Hersteller: Intersound & Soft, Constantin Coreth
Preis: 599 Mark

Stärken: Integrierte Datenbank □ professionelle Nachbearbeitungsmöglichkeiten □ Avalon-Schnittstelle □ unterstützt Roland-Speichermedien

Schwächen: Benutzeroberfläche nicht »up to date« □ Export von Samples im Avalon-Format fehlerhaft □ keine Unterstützung von Großbildschirmen

Fazit: Interessant für Musiker, die ihre Samples auch verwalten möchten.


Kai Schwirzke
Aus: TOS 02 / 1993, Seite 52

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