SPS-Programmiersystem S5PG: Die neue SPS-Klasse

Mußte man früher komplexe elektrotechnische Schaltungen mit Relais, sogenannten Schützen, auf bauen, benutzt man heute speicherprogrammierbare Steuerungen. Sie registrieren Schalterbetätigungen und steuern dann selbst komplexe Bewegungen.

Marktführer in diesem expandierenden Bereich ist Siemens mit der Simatic-Serie. Leider sind diese Geräte sehr teuer, so daß Anwender gerne auf kompatible Fremdgeräte ausweichen. Wir testeten das auf dem Atari basierende Programmiersystem »S5PG« von Karstein Datentechnik.

Das Standard-Programmiergerät von Siemens erlaubt nur die Eingabe eines Anweisungslistings. Dies erweist sich in der Praxis als sehr umständlich, da die preiswerteste Einheit von Siemens immer nur eine einzige Zeile der Anweisungsliste anzeigt. Zum Test benötigen Sie immer eine Simatic in der Ausbaustufe, die später auch das Zielsystem aufweist.

S5PG nutzt die Fähigkeiten der Atari-Computer sehr gut aus. Natürlich steht Ihnen nicht nur ein Fullscreen-Editor zur Verfügung. Mit S5PG testen Sie die fertigen Programme auch sofort am Bildschirm. Der ST/TT emuliert dann im Testmodus eine SPS mit allen Ein- und Ausgabe-Einheiten.

Der Entwurf eines Programms erfolgt nach einem leicht erlernbaren Muster: Zunächst positioniert man wie in einem Zeichenprogramm mit umfangreicher Blockbibliothek alle Bedienungs- und Ausgabe-Elemente auf dem Bildschirm. Zusätzliche Grafikelemente fügen Sie mit einem einfachen CAD-Modul ein. Anschließend bezeichnen Sie die grafischen Platzhalter der elektrischen Teile mit den jeweils verwendeten Ein- und Ausgangskennungen der speicherprogrammierbaren Steuerung. S5PG verarbeitet jeweils bis zu 1024 Ein- und Ausgänge. Dies reicht selbst für sehr komplexe Steuerungen aus.

Das eigentliche Programmieren der SPS fällt selbst Anfängern sehr leicht. Eine kleine Einführung in die bei Siemens entwickelte Sprache »Step 5« finden Sie in dem gleichnamigen Kasten.

Bild 1. Der SPS-Experimentieraufbau

Realität durch Animation

Ist das Programm fertig, starten Sie einen Probelauf mit dem Menüpunkt »Run«. Die Schaltersymbole betätigen Sie wie gewohnt mit der Maus. Wahlweise lassen sich beim Aufbau des grafischen Modells die Symbole auch bestimmten Tasten zuordnen. Dann betätigen Sie die Schalter nicht mit der Maus, sondern mit Funktionstasten wie Control und Alternate. Hier wünschen wir uns noch eine Erweiterung, die sämtliche Tasten des Keyboards zuläßt.

Was S5PG so realistisch macht, ist der Programmablauf im Testmodus. Alle beweglichen Teile, wie beispielsweise Förderbänder, Aufzüge oder Rolltore, sind anschaulich animiert. So bereitet beispielsweise selbst die Simulation einer Paketförderung mit beweglichen Transportgütern keinerlei Probleme. Die Funktion von Lichtschranken als integrierte Schutzeinrichtungen testen Sie dabei durch ein sich zufällig bewegendes Männchen.

Zur Fehlersuche steht Ihnen ein gut durchdachter Debugger zur Verfügung. Während das Programm in Einzelschritten abläuft, verfolgen Sie die Änderungen der Registerinhalte und Ergebnisse der logischen Verknüpfungen auf dem Bildschirm.

Bild 2. Das komplexe Theaterprogramm arbeitet auch automatisch

Um das ausgetestete Programm auf eine Simatic zu übertragen, benutzen Sie ein von Karstein Datentechnik angebotenes Spezialkabel. Mit diesem verbinden Sie die serielle Schnittstelle des STs oder TTs mit dem SPS-System und übertragen dann das compilierte Programm auf das Siemens-Gerät. Das 45seitige Handbuch stellt leider nur eine grobe Einführung in das Programm S5PG dar. In der Beschreibung dieses für Einsteiger sehr komplizierten Systems vermissen wir erläuternde Abbildungen. Auch sind die Erklärungen eher im Stichpunkt-Stil gehalten als didaktisch gut aufgebaut. Der Käufer benötigt daher auf jeden Fall zusätzliche Simatic-Publikationen als Nachschlagewerk beziehungsweise als Lehrbuch. Leider hält sich das in GFA-BASIC entwickelte S5PG nicht an die GEM-Konventionen, so daß es nur in der hohen ST-Auflösung arbeitet. Für den Anwender wäre es mit Sicherheit von Vorteil, hätte er z.B. auf einem Großbildschirm in zwei Fenstern die Anweisungsliste und die Grafikseite im Blick.

Trotz dieser Schwächen ist das Programm empfehlenswert. Besonders die Animationen verleiten den noch lernenden Anwender oft dazu, immer noch ein Beispiel zu entwerfen und ablaufen zu lassen. Auch Profi-Programmierern hilft diese Funktion. Was ein SPS-erfahrener Mittester anfangs als »unnützen Krimskrams« abtat, veranlaßte ihn später zur Äußerung, »Das brauchen wir in der Firma auch«. Leider stößt der Atari in der Industrie noch nicht auf breite Akzeptanz. Aber nicht zuletzt wegen des ausgezeichneten Preis-/Leistungsverhältnisses von Produkten für den ST/TT findet man S5PG in letzter Zeit häufiger in Berufsschulen und in Ausbildungswerkstätten. (uh)

Karstein Datentechnik, Aicha 10a, 8451 Birgland

Bild 3. Mit »Shift Links« und »Shift Rechts« lösen Sie die Bewegung aus

WERTUNG

Name: S5PG
Hersteller: Karstein Datentechnik
Preis: Software 398 Mark, V24-TTY-Konverter-Kabel 320 Mark

Stärken: animierter Testmodus □ volle Simatic-Kompatibilität □ gute Funktionen zur Fehlersuche

Schwächen: schlechtes Handbuch □ Programm nicht GEM-konform

Fazit: Das einzige, was industrielle Anwender diesem Programm ankreiden können, ist der unprofessionell niedrig anmutende Preis.

# Step 5

Als kleines Beispiel zur Erläuterung der Programmiersprache Step 5 wählen wir die Steuerung einer Stanzmaschine. Aus Sicherheitsgründen darf das Gerät nur arbeiten, wenn der Arbeiter zwei Schalter gleichzeitig betätigt. Damit ist ausgeschlossen, daß er während des Betriebs mit einer Hand in die Maschine greift. Unser einfaches Programm beginnt mit der Zeile

OB 1

Dies entspricht etwa dem »Begin« eines Pascal-Listings. Die beiden Tastschalter verbinden wir mit den SPS-Eingängen 0.0 und 0.1. Da Eingang 0.0 und Eingang 0.1 betätigt sein müssen, verwenden wir eine UND-Verknüpfung. Also lauten die beiden nächsten Zeilen

UE 0.0 
UE 0.1

Solange der Arbeiter die beiden Schalter drückt, bewegt der Antrieb das Stanzwerkzeug nach unten. Damit sich das Gerät nicht selbst zerstört, muß die Bewegung irgendwo enden. Darum fügt man einen Schalter ein, der einen Kontakt schließt, wenn die Maschine ihren Endzustand erreicht. Das Gerät darf also nur arbeiten, wenn man beide Tastschalter betätigt, aber der Endschalter nicht gedrückt ist. Zur obigen UND-Verknüpfung kommt also noch »Und Nicht Eingang 0.2«:

UNE 0.2

Ist diese Und-Verknüpfung erfüllt, also beide Taster sind gedrückt und der Endschalter nicht betätigt, dann wird der Ausgang 0.0 aktiviert und die Maschine arbeitet.

= A 0.0

Das Programm schließt mit der Zeile

BE

Gerhard Bauer
Aus: TOS 10 / 1992, Seite 39

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