Kunterbunt: Elektronische Farbbildverarbeitung auf dem Atari, Teil 1

Ermutigt von der positiven Resonanz, den unser Kurs zur Schwarzweiß-Bildverarbeitung vor einiger Zeit hervorgerufen hat, widmen wir uns diesmal dem Thema Farbe. Kämpfen Sie sich mit uns durch die diesmal überhaupt nicht graue Theorie - auf geht’s!

Farbreproduktion bedeutet, ein farbiges Bild wieder farbig und vorlagengetreu nachzubilden und zu vervielfältigen. Die Farbreproduktion stellt die höchste Qualitätsstufe der Reproarbeit dar und verlangt umfassende fachliche Kenntnisse. Zuerst wollen wir uns überlegen, wie die zigtausend Farben der Vorlage in unterschiedlicher Helligkeit und Sättigung überhaupt nachgebildet werden können. Eine Möglichkeit wäre, alle Farben der Vorlage einzeln auszumischen und nacheinander auf einen Bedruckstoff aufzutragen.

Bild 1. Die Farbvorlage aus Primär- und Sekundärfarben sowie Schwarz und Weiß verdeutlicht die Farbtrennung

Wegen der meist hohen Anzahl Farbnuancen und der oft unklaren Abgrenzung auf der Vorlage ist diese Methode in der Regel nicht nur unwirtschaftlich, sondern technisch gar nicht möglich. Erinnern wir uns an die Gesetzmäßigkeiten der Farbenlehre, um eine bessere Lösung zu erhalten. Aus den Körperfarben Cyan, Magenta und Gelb lassen sich bekanntlich durch unterschiedliche Anteile alle Farben mischen. Farbige Drucke entstehen also durch das Übereinanderdrucken von drei Teilbildern in den Farben Cyan, Magenta und Gelb. Jede Farbe braucht dabei eine eigene Druckform. Durch unterschiedliche Farbanteile, die über variabel große Rasterpunkte gesteuert werden, entstehen dann Farben in verschiedenen Helligkeits- und Sättigungsstufen. Obwohl man aus den drei Grundfarben auch Grau und Schwarz mischen kann, ist in fast allen Druckverfahren eine zusätzliche Druckform für das Schwarz notwendig. Texte und Strichgrafiken druckt man grundsätzlich nur mit Schwarz. In farbigen Bildern dient das zusätzliche Schwarz vor allem zur Erhöhung des Kontrasts und zeichnet demzufolge nur in dunklen Bildstellen.

Wie läßt sich die farbige Vorlage in die drei notwendigen Teilbilder zerlegen? Das von der Vorlage ausgehende farbige Licht muß in drei Bereiche getrennt werden. Für die Durchführung dieser Farbtrennung gibt es verschiedene Methoden. Am besten bewährt hat sich die Verwendung von Farbfiltern. Farbfilter lassen nur einen bestimmten Spektralbereich des Lichts durch und absorbieren die restliche Strahlung. Ein Rotfilter zum Beispiel läßt nur den roten Spektralbereich durch.

Bild 2. So wirken sich Farbfilter auf die einzelnen Farbanteile aus

Um die Frage zu beantworten, mit welchen Farbfiltern die Trennung der Farben in die drei Teilbilder zu realisieren ist, muß man sich zuerst Klarheit verschaffen, wie das Licht selbst zusammengesetzt ist. Der sichtbare Bereich der elektromagnetischen Strahlung umfaßt den Wellenlängenbereich von ca. 400 bis 700 Nanometer. Man spricht hierauch vom sichtbaren Spektrum, bzw. den Spektralfarben. Zerlegt man das weiße Tageslicht, das diesem Wellenlängenbereich entspricht, mit einem Glasprisma in die einzelnen Farben, werden drei Hauptbereiche sichtbar: je ein Blau-, Grün- und Rotbereich. Aus diesen drei farbigen Lichtern lassen sich wieder alle möglichen Farbnuancen mischen. Verwenden wir nun zur Farbtrennung ein Blau-, Grün-und Rotfilter, dann lassen diese je ein Drittel des Spektrums hindurch. Wir haben also auf jedem der drei Teilbilder je ein Drittel der Färb- und Tonwertinformationen der Vorlage. Das Resultat dieser ersten Stufe der Farbauszugsherstellung ist naturgemäß ein Negativ. Durch Umkehrung (Invertierung) der Bildsignale enstehen schließlich die Positive in den gewünschten Teilfarben: Rotfilternegativ ergibt das Cyanpositiv, Grünfilternegativ ergibt das Magentapositiv und Blaunegativ ergibt das Gelbpositiv.

Um den Prozeß der Farbtrennung, also der Farbauszugstechnik, anschaulich zu machen, verwenden wir modellmäßig eine Farbvorlage, die nur aus Primär- und Sekundärfarben sowie Weiß und Schwarz besteht. Die Vorlagenfarben sind im einzelnen: Schwarz (S), Weiß (W), Cyan (C), Blau (B), Magenta (M), Rot (R), Gelb (Y) und Grün (G).

In der Praxis erhalten wir nie einen Farbauszug, der dem theoretischen Ideal entspricht. Mehrere Faktoren beeinflußen die Farbwiedergabe bei der Reproduktion. Zu den wichtigsten, die wir anschließend besprechen wollen, gehören die Beleuchtung der Vorlage, die optischen Eigenschaften der Farbfilter, die farblichen Eigenschaften des Bedruckstoffes und die spektralen Eigenschaften der Druckfarben. Lichtquellen zur Beleuchtung von Farbvorlagen sollten alle Bereiche des sichtbaren Spektrums zu möglichst gleichen Anteilen enthalten. Diese Bedingung erfüllen Lichtquellen, die ein kontinuierliches Spektrum aussenden, das dem mittleren Tageslicht von etwa 5500 K entspricht. Die Xenonlampe erfüllt diese Bedingungen in idealer Weise. Die Halogenglühlampe eignet sich ebenfalls, wobei aber zu beachten ist, daß deren Farbtemperatur von rund 3200 K einen gelblich-orangen Farbstich verursacht. Dieser Fehler ist jedoch durch eine Verstärkung des Blausignals einfach zu korrigieren. Lichtquellen, denen Spektralanteile fehlen, sollte man für Farbauszüge nicht verwenden. In diese Kategorie gehören alle Metallhalogendampflampen, deren Licht auch relativ weiß erscheint, die aber ein Linienspektrum aussenden. Fehlt im Spektrum der Lichtquelle zum Beispiel ein Teil des Rotbereichs, werden alle Farben der Vorlage, die in diesem Bereich das Licht zurückstrahlen bzw. durchlassen, verschwärzlicht wiedergegeben. Die Folge davon sind partielle Farbverschiebungen, die sich nachträglich fast nicht korrigieren lassen. Eine besondere Stellung nehmen die weit verbreiteten Leuchtstofflampen ein, weil sie eine Mischung aus einem kontinuierlichen und einem Linienspektrum aussenden. Je nach Zusammensetzung des Spektrums ist auch bei diesen Lichtquellen Vorsicht geboten.

Bild 3. Die Analyse und Synthese der Farben zwischen Vorlage und Druck

Für Mehrfarbendrucke wird in der Regel ein weißer Bedruckstoff (Papier) verwendet. Wenn der Bedruckstoff nicht ganz weiß ist, muß dessen Färbung als zusätzliche Einflußgröße auf die Farbwiedergabe mit berücksichtigt werden. Da die Druckfarben lasierend (durchscheinend) sind, wirkt die Farbe des Bedruckstoffes wie ein Farbfilter. Wird eine Farbreproduktion auf holzhaltiges, ungestrichenes Papier gedruckt, ergibt dies ohne Korrektur einen leichten gelblichbraunen Farbstich. Um dieser Farbverschiebung entgegenzuwirken, muß das Gelb- und eventuell Magentapositiv generell schwächer sein. Bei Farbtönen, die überhaupt kein Gelb enthalten, und bei reinen Weißpartien ist keine Korrektur möglich. Für besonders anspruchsvolle Farbreproduktionen müßte eine deckend weiße Fläche vorgedruckt werden.

Die Farbauszugsfilter sollten so beschaffen sein, daß sie nur je ein Drittel des sichtbaren Spektrums durchlassen. Für diese Filter ergeben sich zwei Aufgaben:

  1. Sie müssen diejenigen Farben, die im entsprechenden Farbauszug drucken sollen, zu Schwarz ergänzen (Schwarzfarben).
  2. Sie müssen diejenigen Farben, die im entsprechen den Farbauszug nicht drucken sollen, wie Weiß wiedergeben (Weißfarben).

Im Cyanauszug sind Cyan, Blau und Grün Schwarzfarben, Gelb, Magenta und Rot Weißfarben. Cyan, Blau und Grün enthalten Cyan, müssen also druckend sein. In das reine Gelb, Magenta und Rot darf aber kein Cyan gedruckt werden. Aus diesen Gesetzmäßigkeiten läßt sich folgende Regel ableiten: Die Farbauszugsfilter müssen komplementär zu den Druckfarben sein. Der Haupteinfluß auf die farbliche Qualität einer Farbreproduktion liegt bei den Druckfarben. Im Vergleich zu den theoretisch idealen Grundfarben des Drucks weisen das reale Cyan, Magenta und Gelb zum Teil massive Abweichungen auf. Diese Abweichungen lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

  1. Die Druckfarben haben keine volle Sättigung, das heißt, sie sind verweißlicht.
  2. Sie stimmen im Farbton nicht mit den idealen Farben überein. Das Magenta z.B. enthält auch Gelb, ist also zu rötlich.

Nach dem heutigen Stand der Chemie lassen sich keine idealen Druckfarben herstellen, die alle Anforderungen bezüglich Lichtechtheit, Verdruckbarkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllen. Die Auswirkungen der farblichen Mängel zeigen sich sehr gut bei einem unkorrigierten Farbauszug. Einerseits werden reine Farben der Vorlage verschmutzt wiedergegeben, andererseits wirken kräftige Farben zu blaß und dies bei einer korrekten Kontrastwiedergabe von Weiß und Schwarz. Eine Farbkorrektur über die Gradation kann diese Fehler nicht beheben. Will man zum Beispiel ein Rot kräftiger haben, müßte der Kontrast im Magenta und Gelb erhöht werden. Mit dieser Kontrasterhöhung werden jedoch alle dunklen Grauwerte wie Schwarz wiedergegeben und weil dies nicht in allen Farbauszügen gleichmäßig erfolgt, erhalten wir in den dunklen Grauwerten einen Farbstich. Die Korrekturen, die für ein gutes Farblitho notwendig sind, besprechen wir im nächsten Teil. (wk)

Kursübersicht

Teil 1: Farbauszugtechnik Teil 1 □ Gesetzmäßigkeiten der Farbenlehre □ Prinzip der Farbauszugherstellung □ Rasterwinkelungen für Farblithos

Teil 2: Farbauszugtechnik Teil 2 □ Farbmaskierung □ Graubalance □ UCR- und Unbunt-Aufbau

Teil 3. Farbauszug-Praxis □ Herstellung von Lithos mit Farbbildern □ Farbkombinationen mit Farbflächen und Schriften □ Möglichkeiten der Qualitätskontrolle

Bild 4. Die Anteile der Farben im Zusammendruck

Fritz Maurer
Aus: TOS 10 / 1992, Seite 44

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