Kampf der Giganten: Technobox-CAD/2 für TT und für 386er AT

Die Firma Technobox aus Bochum bietet ihr CAD-System »CAD/2« sowohl für Rechner der Atari-Serie als auch in einer Version für IBM-kompatible Rechner an. Wir wollten wissen, wie sich die Windows-Version auf einem 386er AT gegen die optimierte TT-Version behauptet.

Bild 1. Die Schraffuren stellen hohe Anforderungen an die Rechenleistung

Zum Text haben wir Technobox CAD/2 auf zwei verschiedenen Rechnern installiert. Zum einen war das ein Atari TT030 mit einer Speicherkapazität von 8 MByte und einer 80 MByte/19 ms SCSI-Festplatte. Als AT kam ein Rechner mit einem 80386'er Prozessor und einer Taktrate von 33 MHz zum Einsatz. Dieser Rechner verfügte außerdem über einen Cache-Speicher von 128 KByte, einen RAM-Speicher von 4 MByte sowie ebenfalls über eine 80-MByte-Festplatte mit einer mittleren Zugriffszeit von 19 ms. Beide Rechner gaben die Grafiken auf einem Farbmonitor aus. Beim Atari TT in der mittleren TT-Auflösung auf dem Atari VGA-Farbmonitor und beim AT über eine besonders schnelle Speedstar+ Grafikkarte bei einer Auflösung von 1024x768 Punkten auf einem NEC 3D-Monitor. Wir haben diese beiden Rechnersysteme ausgewählt, weil der professionelle CAD-Anwender sicher mit diesen beiden Rechnerkonfigurationen gut beraten ist.

Die Benutzeroberfläche beim TT030 ist natürlich GEM. CAD/2 für den TT ist voll in GEM eingebunden, wie man es von einem sauberen Atari-Programm auch erwarten darf. Doch unter welcher Benutzeroberfläche wird CAD/2 auf einen AT genutzt?

Hier hat man bei Technobox Software voll auf das Trendprodukt dieser Zeit gesetzt: Microsoft Windows, bei uns in der Version 3.0. Windows 3.0 kristallisiert sich bei AT-Rechnern immer mehr zur Standardoberfläche heraus. Windows 3.0 gehört nicht zum Lieferumfang von CAD/2 für den AT, der Benutzer muß es also zusätzlich erwerben, wenn es nicht schon sowieso vorhanden ist. Ob diese Wahl von Technobox eine glückliche war, sei dahingestellt. Windows ist in meinen Augen zwar sehr leistungsfähig, jedoch auf kleineren ATs mit 286er Prozessoren und geringer Taktrate kaum zu benutzen. Der recht intensive Bildschirmaufbau nimmt bei kleineren Rechnern einige Performance in Anspruch. Auf kleineren Ataris hingegen, wie zum Beispiel einem Mega ST oder STE, ist die Arbeit mit CAD/2 immer noch erträglich. Ich habe nur kurz versucht, CAD/2 auf einem 12 MHz 80286er zu installieren. Damit läßt sich kaum sinnvoll arbeiten, denn die Wartezeiten und der Bildaufbau sind gähnend langsam.

Dieser Bericht soll nicht auf die gesamte Leistungsfähigkeit von CAD/2 eingehen, sondern vielmehr einen Vergleich zwischen beiden Rechnersystemen ziehen. CAD/2 ist bei beiden Rechnern konsequent in Fenstertechnik aufgebaut. Es gibt ein oder mehrere Zeichenfenster, in dem die Zeichnung bearbeitet und dargestellt wird, ein eigenes Fenster für die Konstruktions- und Zeichenwerkzeuge sowie mehrere Fenster mit Zusatzfunktionen. Hier muß ich sagen, daß mir die gesamte Aufteilung der Fenster am AI etwas besser gefällt. Bei der Windows-Version sind mehrere kleine Fenster mit jeweils wenigen Elementen verfügbar, die man, nach Gruppen sortiert, einzeln je nach Bedarf darstellt oder abschaltet. Das fördert den Überblick, denn bei CAD-Programmen ist die eigentliche Zeichenfläche nie groß genug. Beim TT sind die Grundfunktionen in nur einem großen Fenster untergebracht, das nicht einmal alle Funktionen gleichzeitig darstellt und in dem man scrollen muß.

Als erstes habe ich ein günstiges Vergleichsobjekt ausgesucht, das möglichst viele verschiedene Zeichenfunktionen beinhaltet. Hier habe ich die CAD-Zeichnung einer PKW-Servolenkung gewählt, die recht umfangreich ist. Diese Zeichnung enthält neben vielen Zeichenfunktionen auch zahlreiche Schraffuren. Als erstes wird die Zeit für das Laden der Zeichnung in den Rechner gemessen. Beide Rechner verfügten über gleich schnelle Festplatten des selben Herstellers. Die gemessenen Daten entnehmen Sie der Tabelle. Wichtig für den CAD-Benutzer ist natürlich in erster Linie der Bildschirmaufbau. Hierzu wurde bei beiden Systemen ein Redraw der eben genannten Zeichnung durchgeführt. Die Zeit bis zum vollständigen Bildschirmaufbau steht wieder in der Tabelle.

Als weiteres Vergleichskriterium habe ich die Rotation eines Objektes bei gleichzeitigem Kopieren um einen Mittelpunkt gewählt. Als Objekt diente eine Ellipse. Die Zeit vom Beginn der Kopieraktion bis zum Ende entnehmen Sie bitte wieder der Tabelle.

Viele verschiedene Testmessungen auf beiden Rechnern alleine genügen nicht, um die Performance der einzelnen Systeme zu vergleichen. Für mich zählt der Gesamteindruck und die tägliche Arbeit mit den beiden Systemen. Ich habe mit beiden Rechnern intensiv einige Zeichnungen bearbeitet und so auch einen Gesamteindruck von beiden Konfigurationen bekommen. Hier hat für meinen Geschmack der Atari TT deutlich die Nase vorn. Den Bildaufbau und auch komplexe Rechenoperationen absolviert dieser Rechner souverän, der Benutzer muß keine langen Wartezeiten erdulden. Das ist für die professionelle Anwendung wichtig, denn Wartezeiten kosten immer sehr viel Geld. Das wichtigste Entscheidungskriterium ist natürlich die Geschwindigkeit, und aus diesem Grunde gebe ich dem Atari TT030 für CAD/2 den Vorrang.

Allerdings muß ich ebenfalls gestehen, daß mir der optische Aufbau unter Windows sehr gut gefällt. Die in CAD/2 dort verwendete Fenstertechnik hilft dem Benutzer, den optimalen Überblick zu behalten, während man beim TT unter GEM Kompromisse eingegangen ist. Hier wäre eine Veränderung zu Gunsten der Übersicht angebracht. Allerdings ist der Umgang mit MS-Windows zum Teil recht umständlich, und das kann die gute Optik leider nicht wettmachen.

CAD/2 ist gerade auf dem Atari-Sektor neben DynaCadd eines der beiden wichtigsten professionellen CAD-Programme. Es zeigt, daß der Atari absolut keine Konkurrenz zu meist preislich wesentlich höher liegenden Konkurrenten auf dem PC-Markt zu scheuen braucht. Wer die Neuanschaffung eines Rechnersystems zur CAD-Anwendung plant, sollte überlegen, ob er nicht gleich einen Atari TT030 mit zugehörigem CAD-Programm anschafft. (wk)

Bild 2. Rotieren einer Ellipse und Kopieren um den Mittelpunkt

Info: Technobox, Kornharpener Str. 122a, 4630 Bochum 1

Vergleichstabelle Performancedaten CAD/2 auf TT und AT

Rechner IBM-AT 386/33/Cache Atari TT030
Laden einer komplexen CAD-Zeichnung 18,3 s 8,8 s
Redraw einer Zeichnung 9,6 s 4,1s
Ellipsen Kopierrotation 13,4 s 2,3 s

Frank Schorb
Aus: TOS 12 / 1991, Seite 112

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