Hardware-Entwicklung auf neuen Wegen: Erfahrungen mit neuer Technologie

Von Ulrich Breuer, Marvin AG

Bei unserem VGA-Projekt »ODIN«, das wir in den Ausgaben 9 bis 11/91 vorstellten, kam ein FPGA (Programmierbares Gate Array) zum Einsatz. Dieser Xilinx-Baustein vereinfacht und beschleunigt die Hardware-Entwicklung.

Um den Aufbau von ODIN klein zu halten, entschieden wir uns, die Grafikkarte mit einem softwareprogrammierbaren hochintegrierten Chip zu realisieren. Dieser »Xilinx«-Baustein ersetzt auf ODIN etwa 18 bis 20 GALs oder wesentlich mehr TTL-Bausteine. Die Konfigurationsdaten des Xilinx stehen im Treiber. Die Hardwaredefinition unserer Grafikkarte wird erst nach dem Einschalten des ST auf ODIN kopiert. Das GAL auf ODIN dient zur Programmierung des Xilinx und bildet zusammen mit dem einzigen TTL-Baustein ein 10 Bit-Schieberegister zur Programmierung des Palettenbausteins.

Doch neben der Platzersparnis ermöglichte der Xilinx die Entwicklung von ODIN in Rekordzeit. Vor der eigentlichen Arbeit stand die Idee, die zumeist über Nacht oder dann kommt, wenn man sie nicht erwartet. Die Idee wurde ausformuliert und grob am Rechner skizziert. Das alles war Arbeit für etwa einen Nachmittag. Über Nacht rechnete ein 486er-AT an den Vorgaben. Dieses Verfahren ist lästig und praktisch zugleich. Lästig, weil ein »Turn-Around« sieben bis acht Stunden dauert. Praktisch ist der PC-Einsatz aber allemal, denn selbst ein Schema auf Chip-Ebene zu definieren oder zu routen ist sehr aufwendig.

Am nächsten Morgen stand fest, daß die Schaltung den von uns gewählten Chip zu etwa 60 Prozent füllt. Ein Blick auf die Laufzeiten im Chip brachte uns die Gewißheit, daß die Schaltung funktioniert. Mit Vorschlägen zur Pinbelegung am Xilinx machten wir uns an die Arbeit, die Außenbeschaltung genau zu definieren. Mit Hilfe eines Layout-Programms nahm die Platine schon am zweiten Tag ernste Formen an. Ein schickes kleines Gehäuse war auch bereits gefunden und während an den folgenden zwei Tagen die Platine geroutet wurde, trafen die ersten Angebote für die Bauteile ein.

Nach der Endkontrolle gaben wir einen Prototyp in Auftrag. Die nun bei einem »normalen« Design eintretende Wartezeit bis zum Eintreffen der Platine nutzen wir zum Entwickeln der Xilinx-Schaltung. Auch die Software, die das VDI und GEM mit TT-Fähigkeiten ausstattet, entstand in dieser Zeit.

Als nach 14 Tagen die Platinen eintrafen, begann eine Zeit mit großen Höhen und Tiefen. Große Freude, wenn Schaltungsteile auf Anhieb funktionierten, Tiefs, wenn etwas nicht so wollte, wie wir uns das vorstellten. Zum einen dauert eine erneute Berechnung quälend lange, zum andern bietet der Chip keine Meßpunkte. Daher mußten wir zunächst auf dem Chip von besagter Stelle aus Leitungen an unbenutzte Pins führen. Das dauerte vom Schema bis zum Anfertigen der Konfigurationsdatei etwa 90 Minuten. Diese Arbeiten führten wir direkt auf Chip-Ebene aus. Klar aber auch, daß auf Chip-Ebene tatsächlich nur kleinere Arbeiten, wie zum Beispiel das Invertieren von Ein-/Ausgängen oder das Legen von Messpunkten durchführbar sind.

Nach weiteren zwei Wochen stand das Design soweit, daß wir eine erste Kleinserie in Auftrag geben konnten. Die Entwicklungszeit bis zu diesem Punkt betrug nur etwa vier Wochen. Der große Vorteil des Xilinx-Einsatzes: Feinarbeiten und kleinere Fehler in der Hardware lassen sich auch nachträglich noch per Diskette beheben. Dadurch kamen wir mit einem einzigen Prototypen zur Serienreife. (uh)

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Aus: TOS 12 / 1991, Seite 14

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