Wenn Sequenzer fremdgehen: Datenübergabe von Hardware-Sequenzern an »Cubase«

Wie funktioniert es, wenn Synthesizer Klangmaterial vom integrierten Sequenzer an den Computer übermitteln sollen? Wir zeigen Ihnen anhand von Cubase die notwendigen Arbeitsschritte.

»Workstation« hieß das Zauberwort, das uns die Keyboardindustrie vor einigen Jahren mit der Markteinführung der M1 und des D20 bescherte. Durch die Integration von Klangerzeugung, Effektsektion und Mehrspursequenzer in einem einzigen Instrument war zum Komponieren eines Songs kein weiteres externes Equipment nötig. Das Konzept hatte enormen Erfolg, so daß man heutzutage kaum mehr ein Keyboard oder einen Synthesizer ohne integrierten Sequenzer antrifft.

Doch was ist zu tun, wenn man sein vielleicht im Urlaub auf einem SY 77 gesammeltes Songmaterial zur bequemeren Nachbearbeitung nach »Cubase« oder »Cubeat« übertragen möchte? Dazu müssen Sie Cubase zunächst einmal auf externe Synchronisation umstellen. Dies geschieht entweder per Mausklick auf den Sync-Button rechts unten neben der Tempoanzeige oder durch Betätigen der Taste x. Nun wählen Sie unter dem »Options«-Eintrag in der Menüleiste den Punkt »Synchronization« an. In dem erscheinenden Fenster stellen Sie »TEMPOSYNC« auf »MIDI-CLOCK« um. Welcher Eintrag unter dem entsprechenden »FROM« stehen muß, hängt davon ab, ob Sie Ihr Keyboard direkt am Atari MIDI-Port oder aber über ein MIDEX(+) angeschlossen haben.

Verlassen Sie das Sync-Fenster und betätigen Sie die Aufnahmetaste. Cubase wartet jetzt auf einen entsprechenden Song-Start Befehl via externer MIDI-Clock. Doch zuvor sind noch zwei kleine Arbeitsschritte in Cubase zu erledigen. Wählen Sie eine Aufnahmespur, am besten Track 1, und stellen Sie den MI Dl-Kanal für diese Spur auf »NO«. Dadurch nimmt Cubase alle ankommenden MIDI-Informationen ungeachtet des jeweiligen MIDI-Kanals auf. Stimmen Sie noch die Locator-Marken auf die Länge des zu übertragenden Stückes ab, und Cubase ist zum Transfer bereit.

Da Cubase sich jetzt ausschließlich nach einer externen MIDI-Clock richtet, muß sicher sein, daß das Keyboard diese Informationen auch wirklich sendet. Wer sich hinsichtlich dieser Funktion bei seinem Keyboard unsicher ist, schaue einmal gründlich in der Bedienungsanleitung seines Geräts nach.

Wenn Sie nun den Sequenzer an Ihrem Keyboard starten, sollte auch Cubase (vorausgesetzt, Sie haben vorher den Aufnahme-Button betätigt... ) artig im Tempo seines Meisters mitlaufen. Ist das nicht der Fall, dann überprüfen Sie noch einmal genau alle bisher genannten Arbeitsschritte. Ist der Keyboardsequenzer mit dem Abspielen des Songs fertig, schaltet sich auch Cubase automatisch aus.

Hat alles geklappt? Prima, dann schalten Sie die Sync-Option bei Cubase wieder ab (Maus oder x» und begeben sich zuerst in den Mastertrack-Editor. Dieser hat nämlich sämtliche, durch die MIDI-Clock hervorgerufenen, Timing-Schwankungen exakt gespeichert. Um ein stabiles Tempo zu erhalten, klicken Sie einmal auf »Delete Tempo« und schon ist der Wust an Tempoangaben verschwunden. Bevor Sieden Master-track-Editor wieder verlassen, denken Sie daran, das richtige Tempo einzutragen. Jetzt klingt der Song in Cubase wieder so wie vor der Übertragung.

Nun haben Sie zwar Ihr Arrangement wunschgemäß nach Cubase übertragen, doch liegt das Ganze sehr unhandlich in einem einzigen Part vor, der von MIDI-Daten nur so wimmelt. Der nächste Arbeitsschritt ist also, diesen Datenmoloch wieder in übersichtliche, nach MIDI-Kanal getrennte Parts zu verwandeln. Das klingt für viele Anwender kompliziert und arbeitsaufwendig, aber Cubase wäre nicht ein Programm der Spitzenklasse, stellte es für diese Arbeit nicht bereits eine fertige Funktion zur Verfügung.

Klicken Sie einfach den soeben aufgenommen Part einmal an, so daß er invertiert dargestellt wird. Wählen Sie danach aus dem »Structure«-Menü den Eintrag »Remix« an. Nach kurzer Rechenzeit erzeugt Cubase dann eine Reihe neuer Tracks mit der Aufschrift »Remix«, die alle MIDI-Daten schön säuberlich nach Kanalnummer getrennt enthalten.

»Muten« Sie den »Mutter-Part« und kontrollieren Sie, ob der Remix erfolgreich war. Wenn ja, beschriften Sie die neuen Remix-Tracks und nehmen mit der Schere aus der Toolbox musikalisch sinnvolle Einschnitte in den Parts vor. Hat alles geklappt, sollten Sie Ihre Arbeit erst einmal auf Diskette oder Festplatte speichern, denn sicher ist sicher.

Zu guter Letzt empfiehlt es sich, alle Parts gewissenhaft zu quantisieren, da - wie bereits eingangs erwähnt -durch die nicht gerade übermäßig präzise MIDI-Clock deutliche Timing-Schwankungen auftreten.

Ist auch der letzte Schritt erfolgreich bewältigt, dann -und nur dann - dürfen Sie den »No-Channel-Part« vom Anfang in den Mülleimer befördern und Ihr Werk endgültig einem Massenspeicher anvertrauen. Einer Weiterverarbeitung mit Cubase steht nichts mehr im Wege.

Sie können auch Songs von Cubase in den Sequenzer eines Keyboards übertragen. Wie Sie in diesem Fall auf der Synthesizer-Seite Vorgehen müssen, ist aufgrund der kaum überschaubaren Typenvielfalt nicht allgemeingültig zu erklären. In Cubase sind folgende Arbeitsschritte nötig. Zunächst rufen Sie wieder das Synchronization-Fenster auf. Um die Synchronisation mit dem angeschlossenen Sequenzer zu ermöglichen, muß Cubase jetzt seinerseits MIDI-Clock-Informationen senden. Stellen Sie also das Feld »Send MIDI-Clock« auf den von Ihnen benötigten MIDI-Ausgang (Atari oder MIDEX). Bringen Sie Ihr Keyboard in Aufnahmebereitschaft und starten Sie Cubase. Der externe Sequenzer sollte dann mit der Aufnahme beginnen. Ob Sie den Song in einem Rutsch oder Spur für Spur überspielen müssen, hängt von den Fähigkeiten des jeweiligen Sequenzers ab. Im Notfall hilft nur probieren.

Nun haben wir in diesem Artikel den Prozeß des Song-Transfers speziell zwischen Cubase und einem imaginären Keyboard erklärt, prinzipiell läßt sich die hier vorgestellte Arbeitsweise jedoch auf alle Sequenzertypen übertragen, seien es nun Software- oder Hardware-Sequenzer. Wenn es mal nicht auf Anhieb funktioniert, denken Sie daran: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. (wk)

Bild 1. So müssen Sie Cubase konfigurieren, um von einem externen Sequenzer Daten zu empfangen
Bild 2. Das Arrange-Window nach hoffentlich gelungenem Remix

Kai Schwirzke
Aus: TOS 07 / 1991, Seite 74

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