Konkurrenzfähig: CyPress, neue Textverarbeitung von Shift (Teil 2)

In der letzten Ausgabe haben wir Ihnen bereits allgemeine Funktionen von Cypress vorgestellt. Heute bleiben noch einige Besonderheiten und die Gesamtbewertung nachzutragen.

Bild 1. Cypress besitzt flexible Serienbrief-Funktionen

Kommen wir zunächst zum Thema Bildeinbindung, Cypress verarbeitet Bilder im STAD-, IMG- und Arabesque-Format. Die Bilder dürfen beliebig groß sein und lassen sich gemäß der geplanten Druckerausgabe oder auch völlig frei skalieren. Nachträgliches Verschieben und Umskalieren ist über Klick beziehungsweise Doppelklick zusammen mit der Taste Control zu erreichen. Text und Grafik sind frei zu mischen. Beim Schreiben im Bildbereich fällt, genau wie bei »Script II« von ASH, eine deutliche Verzögerung der Cursorreaktion auf. Durch die beliebige Mischung von Text und Grafik erreicht man per Hand alle Arten von Formsatz, abgesehen von gebogenen Zeilenverläufen. Einfache DTP-Projekte wie beispielsweise Einladungen sind damit schon gut zu realisieren. Zum DTP-Feeling trägt auch die Seitenvorschau bei, die in der Übersicht eine Umformatierung der Seitengröße bietet. Vermißt haben wir hier lediglich eine Maßeinteilung, um exakte Ränder auch in der Übersicht einzustellen. Wünschenswert wäre im Zusammenhang mit diesen Funktionen noch eine Bilderliste, die einen gewissen Vorrat an Grafiken direkt im Speicher verwaltet. Man kann sich allerdings auch ganze »Bildersammlungen« als Cypress-Dokumente speichern und dann mehrere solcher Bilddokumente laden, um daraus benötigte Objekte zu kopieren. Bei zehn Dokumenten gleichzeitig ist das nur eine Frage der freien RAM-Kapazitäten.

Bild 2. Tabellensatz mit Cypress, unten die Rohdaten der Tabelle

Serienbriefe gehören ebenfalls zu den immer wieder verlangten Funktionen einer Textverarbeitung. Cypress hat hier einigen Komfort zu bieten. Die Serienbrief-Schnittstelle unterschiedet zwischen beliebigen Export-Dateien und direkter Übernahme von »1st Address/1st Base«-Daten. Im ersten Fall liest das Programm alle Daten der Export-Datei oder nur bestimmte Datensätze, in der Zusammenarbeit mit 1st Address unterscheidet es zwischen dem gesamten Datenbestand und einer markierten Liste. Das Datenformat ist ebenfalls nach zwei Methoden zu unterscheiden. Entweder bestimmen Sie Datenfeld- und Datensatz-Enderkennung, oder Sie legen Anzahl und Länge der Felder sowie eine Feldende-Kennung fest.

Eine weitere Stärke von Cypress liegt in der Funktion »Tabellensatz«. Über eine Reihe von Trennzeichen lassen sich Daten für Tabellen als Rohtext eingeben und anschließend in verschiedene Tabellenformen umwandeln. Mit zusätzlichen Leerfeldern und -Zeilen lassen sich die Tabellen auch ansprechend gestalten. Die Ausrichtung der einzelnen Zelleninhalte hängt dann an Tabulatoren, die entweder für eine Links-, Rechtsoder Dezimal-Ausrichtung sorgen. DieTabelle in der Abbildung benötigt zum Aufbau nicht länger als das reine Schreiben der Rohdaten und einige Mausklicks zur Auswahl der Tabellenform und zum Ausrichten der rechtsbündigen Tabulatoren im Dokument.

Bild 3. Die verschiedenen Tabellenarten im Überblick

Der Tabellensatz arbeitet nur im Dokumenten-Modus, im Editor-Modus bleiben die Daten als Rohtext stehen. Mit einiger Mühe lassen sich sogar Bilder, Texte und Tabellenteile zu recht fantasievollen Seiten gestalten, da die einzelnen Teile im Dokument beliebig mischbar sind. Als einziges Problem verwandelte sich der Mauszeiger nach dem ersten Aufruf in eine Biene und blieb auch hartnäckig in dieser Gestalt, selbst dann, wenn das Programm die entsprechende Funktion ausgeführt hat. Ein ärgerlicher, wenn auch rein kosmetischer Fehler.

Wesentlich schwerer wiegt dagegen schon die Ungenauigkeit der Rollbalken in den Fenstern. Besonders beim seitlichen Scrollen traten immer wieder Fehler auf. Der Fensterinhalt ließ sich nur per Cursortasten bewegen, jeder Klick in den Rollbalken brachte den Zeilenanfang ins Bild. Auch die Anzeige des Maßbandes zerlegte sich gelegentlich beim schnellen Scrollen zur Seite in seine Einzelteile.

Bild 4. In der Seitenvorschau läßt sich das Textlayout grob ändern

Positiv dagegen fallen die diversen Komfortfunktionen wie Textbausteine, eine einfach zu bedienende Makro-Aufzeichnung und eine leistungsfähige Rechenfunktion auf, die als eigenständiger Programmteil ausgelagert ist. Angenehm ist auch die Entscheidung für die Langenscheidt-Wörterbücher. Man bekommt damit eine leistungsfähige Silbentrennung und Rechtschreibkorrektur, wenngleich die Langenscheidt-Systeme von Haus aus nicht fehlerfrei sind. Shift sollte sich auch hier nicht mit eigenen Verbesserungen zurückhalten.

Insgesamt fällt die Beurteilung von Cypress ein wenig schwer. Das Programm bietet, gemessen am Preis von 298 Mark, eine große Funktionsvielfalt und schlägt damit seinen direkten Konkurrenten Script II. Viele gute Detaillösungen helfen dem Anwender. Andere Teile halten wir noch für weit ausbaufähig. Die Funktionsmenge hat natürlich auch ihren Preis. Man muß sich mit dem Konzept des Programms beschäftigen und es Stück für Stück erobern. Wer nur schöne Briefe und kürzere Texte schreiben will, der sollte eher zu Script II greifen. Wer von seiner Textverarbeitung vielfältigere Leistung erwartet, findet in Cypress einen Partner mit mehr Reserven. Ein ausführlicher Vergleich der beiden Demoversionen ist angeraten, denn bei dieser Entscheidung spielen persönliche Präferenzen eine wichtige Rolle.

Bild 5. Der Makro-Rekorder ist leicht zu bedienen

Shift, Unterer Lautrupweg 8, 2390 Flensburg

WERTUNG

Name: Cypress
Preis: 298 Mark
Hersteller: Shift

Stärken: Dokumenten- und Editor-Modus □ Schlüsselwörter □ Langenscheidt-Wörterbücher □ Tabellensatz □ Bild und Text frei mischbar □ anwenderfreundliche Benutzerführung

Schwächen: Fenster-Handling □ keine Maße auf der Seitenvorschau □ kein Spaltensatz

Fazit: Eine funktionsreiche Textverarbeitung, die den Leistungsstand in der mittleren Preisklasse nach oben rückt


Wolfgang Klemme
Aus: TOS 07 / 1991, Seite 48

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