Hochschalten: Sieben Beschleuniger-Karten im Vergleich

Wenn komplexe Software den ST bremst, legen Sie mit Turbo-Karten den nächsten Gang ein und geben kräftig Gas. TOS testet sieben Hardware-Beschleuniger und informiert über den zu erwartenden Geschwindigkeitszuwachs, über die Ausstattung, Service und Kompatibilität zu bekannten Standard-Software-Produkten.

Fotografiert im Autohaus Liebscher, Nymphenburger Straße 81, 8000 München 19

Als vor etwa sechs Jahren die ersten STs die Welt erblickten, war eine neue Heimcomputer-Generation geboren, die in Sachen Rechenleistung neue Maßstäbe setzte. Mit der Zeit wuchs jedoch die Komplexität der Software und ist heute bereits in vielen Bereichen an die Leistungsgrenzen des STs gestoßen.

Eine Lösung dieses Problems ist Ataris neuestes Flaggschiff, der TT. Eine preisgünstigere Alternative stellen die zahlreichen Beschleuniger-Karten für den ST dar. Die Auswahl reicht dabei von mit doppelter Frequenz getakteten 68000-Prozessoren bis hin zur Hochleistungskarte, die mit einem mit 25 MHz getakteten 68030-Prozessor und 68882-Mathe-Coprozessor ausgestattet ist. Diese ersetzen den »veralteten« Prozessor - das Herz des Computers -, so daß der ST seine Arbeit nun zwei- bis fünfmal so schnell erledigt.

Um die Beschleuniger-Karten fair und vor allem sinnvoll miteinander zu vergleichen, ist der folgende Test in zwei Teile gegliedert: Im ersten nehmen wir fünf Produkte zwischen 400 und 700 Mark unter die Lupe. Diese bauen auf einem mit 16 MHz getakteten Prozessor auf und beschleunigen den ST um bis zu 100 Prozent. Der zweite Teil des Tests befaßt sich mit den zwei preislich höher angesiedelten 68020/30-Karten, die rund 1900 und 2500 Mark kosten und dem ST einen Geschwindigkeitszuwachs von 250 bis 500 Prozent bringen.

Die Karten erreichen den Geschwindigkeitsgewinn vor allem durch drei Maßnahmen: höhere Taktfrequenz, moderner Prozessor und Cache-Speicher (siehe Textkasten »Der Cache-Speicher«). Atari liefert den ST mit einem mit 8 MHz getakteten 68000-Prozessor aus. »8 MHz« bedeutet in diesem Zusammenhang vereinfacht ausgedrückt, daß der Prozessor pro Sekunde acht Millionen Arbeitsschritte ausführt. Bei einer Taktfrequenz von 16 MHz arbeitet der Prozessor demnach doppelt so schnell. Durch Austausch des 68000 durch einen moderneren Prozessor (zum Beispiel 68020/ 68030) werden die Arbeitsschritte umfassender. Somit benötigt der Prozessor weniger Schritte, um einen Befehl auszuführen.

Solider Durchschnitt: HyperCache ST+

Das erste Produkt unseres Tests trägt den Namen »HyperCache ST+« und ist bereits seit etwa einem halben Jahr auf dem Markt. Wie auch alle anderen Beschleuniger-Karten ersetzt es den 68000-Prozessor auf der Hauptplatine des ST. Dazu müssen Sie zunächst den alten Prozessor auslöten und entfernen. Daraufhin löten Sie an seiner Stelle den mitgelieferten Sockel ein, in den Sie die Karte stecken. Abschließend verbinden Sie die Karte über einen Draht mit dem Soundchip oder mit einem Schalter. Die Anleitung zu HyperCache ST+ erklärt den Umbau in allen Schritten. Sollten Sie jedoch noch keine Erfahrung mit dem Lötkolben haben, so empfiehlt es sich, den Einbau-Service gegen den stattlichen Aufpreis von 260 Mark in Anspruch zu nehmen. HyperCache ST+ basiert auf einem mit 16 MHz getakteten 68000-Prozessor. Dieser wird von einem 16 KByte umfassenden Cache-Speicher unterstützt. Der Karte ist eine Diskette mit vielen Hilfsprogrammen beigelegt. Darunter befindet sich unter anderem der Benchmark »Quick Index 1.5«. Haben Sie die Karte mit dem Soundchip verbunden, so schalten Sie durch ein Accessory oder ein Programm den Cache jederzeit ein und aus; der Prozessor arbeitet jedoch leider permanent mit 16 MHz Taktfrequenz.

Die Karte mißt rund 8,8 x 9,8 x 1,5 cm und paßt somit in alle ST-Modelle außer dem neuen Atari 1040, dem STE und dem ST-Portable »Stacy«. Im Mega ST bleibt der Mega-Bus frei. Während des Betriebs traten keine Schwierigkeiten auf. Kompatibilitätsprobleme gab es lediglich mit zeitkritischen Programmen. Darunter fallen mit einem Dongle geschützte Programme, wie etwa C-Labs »Notator« oder Steinbergs »Cubase«. In solchen Fällen hilft nur eins: Die Karte wieder ausbauen. Der Preis von HyperCache ST+ beläuft sich auf 550 Mark, die stromsparendere CMOS-Variante auf 610 Mark.

Schneller Zwerg: Turbo 16 V2.0

Auch unser zweiter Testkandidat, »Turbo 16 V2.0«, ist bereits ein alter Hase und liegt seit kurzem in der zweiten Version vor. Er arbeitet ebenfalls mit einem mit 16 MHz getakteten 68000-Prozessor und verfügt über 32 KByte (Herstellerangabe) Cache-Speicher. Beim Einbau ersetzen Sie zunächst den alten Prozessor durch die Karte. Da diese allerdings keine eigene 16 MHz-Takterzeugung besitzt, müssen Sie eine Drahtverbindung mit dem Video-Shifter-Chip herstellen, an dem der gewünschte Takt an Pin 39 anliegt.

Über einen weiteren Anschluß läßt sich der sogenannte Fast-ROM-Modus einschalten. Dies ist zu empfehlen, wenn Sie mindestens 100 ns (Nanosekunden) schnelle Betriebssystem-EPROMs besitzen. In diesem Fall greift Turbo 16 V2.0 ohne Zeitverlust (Wait-States) auf die EPROMs zu und bringt einen zusätzlichen Geschwindigkeitsvorteil von rund 10 Prozent. Durch einen weiteren Anschluß zwischen Karte und Soundchip oder mit einem Schalter aktivieren und deaktivieren Sie den Cache-Speicher.

Die Anleitung, die teils gedruckt, teils in einer rund 10 KByte großen Textdatei vorliegt, erklärt den Einbau Schritt für Schritt. Dabei geht sie auch auf den Umbau mit PC-Speed ein und beschreibt, wie Sie eine 8/16 MHz-Umschaltung einbauen. Die mitgelieferte Diskette enthält jede Menge Programme, so u.a. viele Benchmarks, einen Mandelbrot-Generator und ein Accessory zum Ein- und Ausschalten des Cache-Speichers. Außerdem befinden sich »Quick Index 1.8« und »Turbo ST 1.8« auf der Diskette. Turbo ST beschleunigt sämtliche Bildschirmausgaben auf das Drei- bis 18-fache.

Dank seiner geringen Abmessungen paßt Turbo 16 V2.0 in alle ST-Modelle und läßt in Mega STs den Mega-Bus frei. Für den quadratischen Prozessor im STE ist eine entsprechende Adapterplatine erhältlich. Die von uns getestete Software lief problemlos - abgesehen von zeitkritischer Software, wie etwa den Dongle-geschützten Programmen. Abhilfe schafft hier lediglich die in der Anleitung kurz beschriebene 8/16 MHz-Umschaltung. An diese sollten sich jedoch nur erfahrene Techniker wagen. Turbo 16 V2.0 kostet 598 Mark.

Gut ausgestattet: Mach 16

Von Maxon stammt die dritte Beschleuniger-Karte namens »Mach 16«. Auch sie erweitert den ST um einen 16 MHz-Prozessor und 32 KByte Cache-Speicher. Weiterhin besitzt sie serienmäßig einen Sockel für den mit 16 MHz getakteten Mathe-Coprozessor 68881. Der Einbau der Karte in den ST beschränkt sich auf das Auslöten des alten Prozessors und dem Einsetzen der Karte - eine 16 MHz-Takt-Zufuhr ist nicht nötig.

Atari verwendet seit geraumer Zeit neben ihren eigenen auch Chipsätze von Fremdherstellern. Vor allem der DMA-Chip der Firma »IMP« (siehe Aufdruck auf den Chips) verursacht oft Betriebsstörungen. Um dies im Umgang mit Mach 16 zu verhindern, liefert Maxon neben der Beschleuniger-Karte einen speziellen Sockel für den DMA-Chip mit.

Die Anleitung zu Mach 16 ist vorbildlich. Eine ausführliche Erklärung mit vielen Fotos vereinfacht den Einbau enorm. Neben dem Einbau geht die Anleitung auch detailliert auf die mitgelieferte Software, bekannte Probleme und die Verwendung der PC/AT-Emulatoren ein. Auf Diskette liefert Maxon ein Accessory und ein Programm mit, durch das Sie den Cache-Speicher des Mach 16 ein- und ausschalten. Außerdem geben Sie darin für bis zu 32 Programme individuell an, ob der Cache beim Programmstart ein oder aus sein soll.

Mach 16 ist sehr kompakt und findet dank seiner Abmessungen in allen ST-Modellen (außer STE und Stacy) Platz. Im Test erwies sich die Karte als hochgradig kompatibel. Auch der nachgerüstete Mathe-Coprozessor verrichtet problemlos seinen Dienst. Probleme gab es lediglich bei mit einem Dongle geschützter Software. Die Karte kostet 598 Mark.

Klein und oho: AdSpeed

Brandneu ist die Beschleuniger-Karte »AdSpeed ST« von ICD (nicht zu verwechseln mit dem AT-Emulator »AT-Speed«). Darauf befindet sich ein mit 16 MHz getakteter CMOS-Prozessor und ein 32 KByte großer Cache-Speicher. Der Einbau in den ST beschränkt sich auf das Einstecken anstelle des Prozessors. Eine Versorgung mit einem 16 MHz-Taktsignal ist nicht erforderlich. Auf der Karte befinden sich zwei als Jumper ausgeführte Schalter. Mit dem ersten bestimmen Sie, ob die Karte mit 8 oder 16 MHz getaktet wird. Den zweiten Schalter aktivieren Sie, wenn Sie Betriebssystem-EPROMs mit einer Zugriffszeit von maximal 70 ns besitzen. In diesem Fall arbeitet die Karte im Fast-ROM-Modus, der einen zusätzlichen, wenngleich geringen Geschwindigkeitszuwachs bringt. Leider stand uns zum Test nur ein Prototyp ohne Anleitung zur Verfügung. Die dem Gerät beigelegte Software machte einen sehr guten Eindruck. So erhält der Käufer unter anderem die neueste Version des Bildschirm-Ausgabe-Beschleunigers »Quick ST«. Durch ein Auto-Ordner-Programm können Sie zu jeder Zeit per Tastendruck die Taktfrequenz zwischen 8 MHz (und Cache aus) und 16 MHz (und Cache ein) hin-und herschalten. Ein Accessory blendet auf Wunsch die aktuelle Taktfrequenz in der linken oberen Ecke ein und verwaltet eine Konfigurationsdatei. Darin geben Sie zu jedem beliebigen Programm an, mit welcher Taktfrequenz es gestartet werden soll und ob die Anzeige sichtbar sein soll. AdSpeed ist die kleinste Karte im Test und kaum größer und höher als der Prozessor. Deshalb paßt sie problemlos in alle ST-Modelle. Für den STE plant ICD, einen Adapter anzubieten. In Vorbereitung ist auch eine 68881-Zusatzplatine. Die Karte hatte mit keiner Software Probleme und lief im Testbetrieb einwandfrei. Dadurch, daß der Anwender per Soft- oder Hardware den Takt auf normale 8 MHz zurückschalten kann, liefen selbst mit Dongle geschützte Programme (allerdings eben nicht schneller). AdSpeed kostet 598 Mark.

Der Mathe-Coprozessor

Ein Arithmetik-Coprozessor (auch FPU, »Floating Point Unit« genannt) ist ein Zusatzprozessor, der den Hauptprozessor durch viele mathematische Maschinenbefehle ergänzt. Oie Zahlen stellt er in Fließkomma-Notation, wie etwa 0.4545 und 0.4E-44, dar. Er beherrscht alle wichtigen Rechenarten und viele trigonometrische Funktionen, wie etwa »sin« und »tan«.

Der ST besitzt normalerweise keinen Mathe-Coprozessor. Seit längeren ist jedoch eine FPU-Einsteckplatine für den Mega ST-eigenen Megabus erhältlich. Eine zweite Möglichkeit bieten einige der hier vorgestellten Beschleuniger-Karten, die einen Sockel für den Coprozessor besitzen. Diesen müssen Sie dann lediglich dort hineinstecken. Der Vorteil: Wie auch der neue Hauptprozessor wird der Coprozessor auf der Beschleuniger-Karte mit höherer Taktfrequenz betrieben und ist somit schneller.

Mehr als ein Beschleuniger: Speed+

Die fünfte und letzte Beschleuniger-Karte der unteren Preisklasse heißt »Speed+«. Treffender als »Beschleuniger-Karte« ist eigentlich die Bezeichnung »Erweiterungs-Karte«. Auf der Platine findet nicht nur ein 16 MHz-Prozessor samt 16 KByte Cache-Speicher Platz, sondern (gegen einen geringen Aufpreis) auch der Sockel für einen 16 MHz-Mathe-Coprozessor und ein in schnelle (unter 100 ns) EPROMs gebranntes Betriebssystem. Außerdem gibt es eine Variante, die zusätzlich die Mega-ST-kompatible Real-Time-Clock und den Megabus enthält.

Der Einbau der Karte entspricht dem Einbau des »Turbo 16 V2.0«: Prozessor auslöten, Karte einstecken und Drahtverbindung mit Video-Shifter (16 MHz-Takt) herstellen. Wollen Sie den Cache-Speicher per Software ein- und ausschalten, so müssen Sie außerdem einen Draht zum Soundchip legen. Leider war dem uns zum Test vorliegenden Speed-i- noch keine Anleitung oder Programmdiskette beigelegt. Laut Entwickler wird neben einer mit zahlreichen Bildern versehenen Anleitung auch eine Diskette mit einem Umschaltprogramm für den Cache-Speicher und einer Liste mit problematischen Programmen und deren Patches mitgeliefert.

Die kompakte Karte mit den Abmessungen 12,7 x 6,3 x 1,7 cm ist so gestaltet, daß sie in alle ST-Modelle außer dem STE und dem Stacy paßt. Im Gegensatz zu den übrigen Karten hatte Speed+ keinerlei Probleme mit der von uns getesteten Software. Selbst die mit einem Dongle geschützten Programme liefen einwandfrei.

Die Grundversion des Speed+ (16 MHz CPU, 16 KByte Cache und EPROMs) bietet Jotka Computer für 448 Mark an. Der Megabus kostet 20 Mark, die Real-Time-Clock 40 Mark, der FPU-Sockel 20 Mark und der Mathe-Coprozessor 248 Mark Aufpreis. Die komplette Version kostet somit 748 Mark.

DIE BENCHMARKS

Um den Geschwindigkeitsgewinn durch Beschleuniger-Karten gegenüber der Standard-Konfiguration zu ermitteln, verwendeten wir zwei Methoden. Zum einen nutzten wir vier unabhängige Standard-Benchmarks (Dhrystone. Miller, Quick Index 1.8 und Smalltalk) als Referenztests. Zum anderen ermittelten wir den Geschwindigkeitszuwachs in vier Standard-Programmen.

Unter dem Texteditor Tempus scrollten wir zunächst ein rund 4500 Zeilen umfassendes Dokument. Anschließend ersetzten wir 36288mal die Zeichenkette »1234567890« durch »abcdefgh«. In der Textverarbeitung Script blätterten wir ein langes, mit mehreren Zeichensätzen, -großen und Bildern versehenes Dokument seitenweise durch. Für Desktop Publisher ist vor allem die Beschleunigung von Calamus wichtig. Aus diesem Grund stellten wir fest, wie lange Calamus zum Aufbau und Drucken einer komplexen Seite auf einer Linotronic 300 (1270 x 1270 DPI) und für das Trennen eines langen Textes benötigt. Als letztes prüften wir, um wieviel sich die Programmentwicklung beschleunigt. Dazu haben wir ein rund 100 KByte umfassendes Turbo C-Projekt compiliert, assembliert und gelinkt.

Fazit (68000)

In der Praxis hat sich herausgestellt, daß alle vorgestellten Beschleuniger-Karten der unteren Preisklasse nahezu gleich schnell sind. Aus diesem Grund konzentriert sich der Vergleich vor allem auf den Preis, die Kompatibilität und die Ausstattung der Produkte. Die bei weitem preiswerteste Karte ist »Speed+«. Da sie außerdem mit allen von uns getesteten Programmen einwandfrei funktionierte und gegen Aufpreis sogar mit Megabus, Batterie-gepufferter Uhr und Mathe-Coprozessor ausgeliefert wird, ist sie - mit einer Einschränkung -als die beste Wahl zu empfehlen. Diese Einschränkung besteht darin, daß die Karte keine eigene Takterzeugung besitzt, und der vom Shifter abgezwackte 16 MHz-Takt den Bauteil-Schwankungen der ST-Chips unterliegt. Dadurch kann es Vorkommen, daß Speed-f in manchen ST-Exemplaren nicht einwandfrei funktioniert.

Besitzen Sie ein Stacy- bzw. STE-Modell oder haben Sie arge Platzprobleme auf der Hauptplatine (zum Beispiel in Mega STs mit eingesteckten Erweiterungskarten), dann sollten Sie »AdSpeed« der Konkurrenz vorziehen. Diese Karte benötigt ein Minimum an Platz und läßt sich - als einziger Testkandidat - jederzeit auf 8 MHz und somit auf hundertprozentige ST-Kompatibilität umschalten. Weitere Gründe, die für »AdSpeed« sprechen, sind der geplante 68881-Adapter sowie die hervorragende Software (unter anderem Quick ST 2.2). Zudem ist die Karte dank der eigenen 16 MHz-Takterzeugung sehr betriebssicher und kompatibel zu allen von uns getesteten ST-Exemplaren.

Wer sowohl auf hohe Betriebssicherheit aufgrund eigener Takterzeugung als auch auf einen Mathe-Coprozessor Wert legt, sollte »Mach 16« in die engere Wahl ziehen, jedoch ist zu bedenken, daß durch die fehlende Rückschaltbarkeit auf 8 MHz eine Kompatibilität zu einigen Dongle-geschützten Programmen bei dieser Karte nicht gewährleistet ist.

Dreifache Leistung: Board 20

Die bis jetzt vorgestellten Beschleuniger-Karten mit 16 MHz-68000-Prozessor bringen eine Geschwindigkeitssteigerung bis zu rund 100 Prozent. Wem das nicht genügt und wer auch nicht vor größeren Geldausgaben zurückschreckt, dem hat Maxon mit ihrem »Board 20« einiges zu bieten. Diese Karte krönt ein mit 16 MHz getakteter 68020-Prozessor, der auf 32 KByte 32 Bit breit organisierten Cache-Speicher zugreift Außerdem enthält die Karte ein an den neuen Prozessor angepaßtes Betriebssystem (TOS 1.6).

Zum Einbau des Board 20 müssen Sie lediglich den alten Prozessor auslöten und stattdessen die gesockelte Karte einsetzen. Wie auch beim »Mach 16« liefert Maxon einen speziellen Sockel für den mit Vorsicht zu genießenden DMA-Chip von IMP mit. Die Anleitung zum Board 20 ist ausführlich, mit vielen Bildern versehen und insgesamt als sehr gut zu bezeichnen. Auf der Diskette liefert Maxon ein Accessory und ein Programm mit, über das Sie den Cache-Speicher ein- und ausschalten. Diese Einstellung läßt sich für bis zu 32 Programme individuell bestimmen.

Die Karte verfügt über die Abmessungen 12,1 x 8,3 cm und findet somit in allen ST-Modellen außer dem STE und dem Stacy Platz. Board 20 arbeitet auch mit den PC/ AT-Emulatoren zusammen. Die von uns getesteten Programme liefen allerdings nur zum Teil. Probleme hatte die Karte hauptsächlich mit »schlampig« programmierter Software, wie etwa Omikron-Basic und Easybase. Auch die mit einem Dongle geschützte Software funktionierte nicht. Dies liegt teilweise daran, daß der 68020 zwar über eine zum 68000-Prozessor ähnliche, nicht aber identische interne Architektur verfügt. Für solche Fälle wäre es ideal, wenn der Anwender auf einen 8 MHz 68000-Prozessor zurückschalten könnte.

Das Board 20 kostet 1895 Mark. Sollten Sie sich den Einbau nicht Zutrauen, so können Sie gegen einen Aufpreis von 100 Mark einen Einbauservice in Anspruch nehmen, den unter anderem die Firma Eickmann durchführt.

Was ist ein Cache?

Der Cache ist ein Speicher, der extrem schnelle Zugriffe auf die darin enthaltenen Daten erlaubt. Diese Eigenschaft nutzen moderne Prozessoren dazu, um häufig benötigte Daten und Maschinenbefehle zwischenzuspeichern. Dadurch sparen sich die Prozessoren den Zugriff auf den bedeutend langsameren Hauptspeicher des Computers und erhöhen somit die Rechenleistung.

Führt der Prozessor etwa eine kurze Programmschleife aus, so liest er beim ersten Durchlauf die entsprechenden Befehle vom Hauptspeicher in seinen Cache-Speicher. Beim nächsten Durchlauf erkennt er, daß die Befehle bereits im Cache liegen und liest sie dementsprechend schneller aus.

Einige der hier vorgestellten Beschleuniger-Karten besitzen 16, einige sogar 32 KByte Cache-Speicher. In der Praxis erweist sich der Unterschied zwischen 16 und 32 KByte als äußerst gering und dient meistens nur als werbetechnische Maßnahme.

Durch Verwendung eines Cache-Speichers treten allerdings auch Probleme auf. So führt der Prozessor beispielsweise zeitlich genau abgestimmte Programmteile schneller aus und macht etwa einige Spiele unangenehm schnell. Andererseits funktionieren viele geschützte Programme nicht mehr - so auch ein Großteil der Dongle-Software. Aus diesem Grund läßt sich der Cache-Speicher per Programm oder Schalter auch deaktivieren.

Ein Hauch TT: HyperCache 030

Die größte Beschleuniger-Karte stammt von der Firma proVME und heißt »HyperCache 030«. Wie auch in Ataris Flaggschiff, dem TT, verrichtet hier der Motorola 68030-Prozessor seine Arbeit. Er wird mit 25 MHz getaktet und erhält von einem 16 KByte 32 Bit breit organisiertem Cache-Speicher Unterstützung. Ein 68882-Mathe-Coprozessor läßt sich problemlos in den dafür vorgesehenen Sockel einstecken. Da der 68030-Prozessor einige Unterschiede zum 68000 aufweist, befindet sich auf der Karte zusätzlich ein angepaßtes Betriebssystem (TOS 1.4). Um trotz allem eine hundertprozentige ST-Kompatibilität zu gewährleisten, befindet sich noch ein mit 8 MHz getakteter 68000-Prozessor auf der Karte. Über einen Schalter wechseln Sie zwischen den beiden Prozessoren. Auf der mitgelieferten Diskette befindet sich neben vielen Benchmark- und Testprogrammen ein Accessory zum Ein- und Ausschalten der Cache-Speicher sowie der Prozessor-internen Cache-Flags. Zum Handbuch läßt sich leider nichts sagen, da es uns zum Zeitpunkt des Tests nur in einer kurzen Rohfassung vorlag. Es wird laut Hersteller auch eine Liste aller problematischen Programme enthalten und Hinweise, um diese Probleme zu beheben.

Die Karte ist nicht nur bei weitem am schnellsten (siehe Tabelle), sondern benötigt auch den größten Platz: Mit 15,8x15,8x1,7 cm paßt sie lediglich in Mega STs, läßt jedoch den Megabus frei und erlaubt die Verwendung von Großbildschirmkarten. Im Test arbeitet HyperCache 030 äußerst zuverlässig.

Zu Programmabstürzen kam es lediglich bei Software, die prozessorbedingt nicht läuft, etwa vielen Spielen und mit Dongle geschützten Programmen. Doch dies ist nicht weiter schlimm, da Sie in diesen Fällen auf den vollkompatiblen 68000-Prozessor umschalten können. »HyperCache 030« kostet 2498 Mark. Dabei übernimmt proVME auf Wunsch - und ohne Aufpreis - den Einbau in den ST.

Fazit (68020/30)

Für Mega-ST-Besitzer, die ihrem Computer gehörig Dampf machen wollen, und bereit sind, auch etwas mehr Geld auszugeben, ist »HyperCache 030« die beste Wahl. Es ist zwar rund 600 Mark teurer als das »Board 20«, hat jedoch einiges mehr zu bieten: Zum einen ist HyperCache 030 bedeutend schneller, und Sie können problemlos einen Mathe-Coprozessor nachrüsten. Außerdem erhalten Sie das neueste ST-Betriebssystem (TOS 1.4) und können bei problematischen Programmen auf die Standardkonfiguration umschalten. Zu bedenken ist allerdings, daß das Board fast keinen Platz für andere Erweiterungen läßt. Besitzen Sie keinen Mega ST, so treffen Sie mit dem Erwerb von »Board 20« sicherlich keine schlechte Entscheidung. Sie sollten in diesem Fall jedoch zuvor überlegen, ob die Anschaffung eines TT oder eines Mega ST mit HyperCache 030 für Sie nicht sinnvoller ist. Der Preisabstand wird sich ab Januar 1991 um mindestens 100 Mark erhöhen, das Board 20 kostet dann voraussichtlich »nur« noch 1798 Mark.

Daten, Benchmarks, Kompatibilität

  ST Normal HyperCache ST+ Turbo 16 V2.0 Mach 16 AdSpeed Speed+ TT Normal Board 20 HyperCache 030
Hersteller Atari proVME Makro CDE Maxon ICD MBM Electronic Atari Maxon proVME
Vertrieb GE-Soft CSH Maxon ICD Jotka Computer Maxon proVME
Habsburger Str. 13 Schillerring 19 Industriestr. 26 Am Goldberg 9 Postfach 8183 Industriestr. 26 Bahnhofstr. 44
5216 Niederkassel 8751 Großwallst 6236 Eschborn 6056 Heusenstamm NL-6710 AD Ede 6236 Eschborn 6903 Neckargmund 1
Preis 550 Mark 598 Mark 695 Mark 598 Mark 448 Mark 1895 Mark 2498 Mark
Einbauservice 260 Mark - 100 Mark - 100 Mark kostenlos
umschaltbar Cache an/aus Cache an/aus Cache an/aus 8/16 MHz Cache an/aus Cache an/aus 68030/68000
Benchmarks
Dhrystone 1592 2815 2815.7 2861.6 2811 2889.3 4503 4070 6337.1
Miller 99 s 53 s 53.2 s 53.75 s 53.12 s 53.14 s 29.35 s 33.14 s 22.79 s
Smalltalk 38.78 Pts 64.9 Pts 64.9 Pts 64.7 Pts 64.8 Pts 67 Pts 108 Pts 87 Pts 102 Pts
Quick Index 1.8
CPU mem 100% 164% 164% 164% 164% 163% 568% 281% 497%
CPU reg 100% 204% 204% 204% 204% 203% 827% 406% 642%
CPU div 100% 203% 203% 203% 203% 202% 1024% 504% 792%
CPU shift 100% 207% 207% 207% 207% 206% 3534% 1737% 2697%
TOS text 100% 157% 157% 161% 159% 159% 227% 242% 256%
TOS string 100% 161% 154% 155% 159% 144% 218% 211% 245%
TOS scroll 100% 114% 114% 114% 114% 115% 297% 193% 145%
GEM dialog 100% 167% 165% 163% 167% 164% 257% 244% : 361%
Tempus
seitenweise 16.3 s 11.3s 11.3s 11.3s 11.2 s 11.1s - 7.3 s 4.4 s
suchen/ers. 28.8 s 17.6 s 17.6 s 17.5 s 17.5 s 6.75 s - 11.3s 8.7 s
Script
seitenweise 42.3 s 24.1s 24.13 s 24.1s 24 s 23.5 s 12.5 s 14.6 s 10.5 s
Calamus
drucken 100.63 s 81.49 s 81.39 s 78.2 s 76.95 s 75.51 s 10.79 s 50.45 s 36 s
trennen 36 s 20.3 s 20.3 s 20.2$ 20 s 19.9 s 4.5 s 13 s 9.3 s
Turbo C 108 s 69 s 69 s 69 s 67.5 s 67.5 s 46 s 56 s 39.8 s
Software-Kompatibilität [»+« = lauffähig]
1st Word + + + + + + - + +
Easybase + + + + + + - - -
Gemini + + + + + + + + +
GFA Basic + + + + + + + + +
MegaPaint + + + + + + + + +
Omikron Basic + + + + + + - - -
Outline Art + + + + + + + + +
Oxyd + + + + + + + - +
Quick ST + + + + + + - + +
Rufus + + + + + + + + +
Signum + + + + + + + -
STAD + + + + + + + + +
Turbo ST + + + + + + - + +

Die Testergebnisse der Spalte »Normal« beziehen sich auf einen Mega ST 2, ohne Blitter und mit einem 8 MHz 68000. In der Spalte »TT Normal« finden Sie die auf einem TT030 gemessenen Testergebnisse. Der TT030 enthält 4 MByte ST-kompatibles RAM und einen mit 32 MHz getakteten 68030-Prozessor. Alle anderen Spalten beziehen sich auf die entsprechende Beschleuniger-Karte in einem Mega ST 2 ohne Blitter und TOS 1.4. Generell waren keine Bildschirm-Ausgabe-Beschleuniger installiert.


Martin Backschat
Aus: TOS 01 / 1991, Seite 60

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