Handarbeit ade: Score Perfect Professional

Langsam wächst das Angebot an Notensatz- und Notendrucksoftware auch auf dem ST. »Score Perfect Professional« ist eines der preiswertesten Programme dieser Gattung. Es wendet sich mit ausgewähltem Funktionsumfang an eine eindeutige Zielgruppe.

Die Frage der Zielgruppe ist bei Notensatzsoftware um so wichtiger, als die meisten Programme sich einfach »an alle richten, die Notendruck benötigen«. Wie unsinnig eine solche Verallgemeinerung ist, zeigt das differenzierte Notenangebot der diversen Musikverlage. Score Perfect Professional, kurz SPP, schränkt sich, in weiser Voraussicht ob der Unmöglichkeit solcher Ansprüche, auf eine Zielgruppe ein: Anwender, die kleine Musikstücke in traditioneller Notation sauber notieren wollen. Angesprochen sind Musiker, Musiklehrer (der Programmautor ist selbst einer), Chorleiter etc.

SPP ist genau das Richtige für diesen Notensatz-Alltag. Vollständig GEM-gesteuert bietet es dem Anwender eine leichte Bedienung. Der grundsätzliche Arbeitsablauf ist weitgehend dem traditionellen Notenschreiben nachempfunden. Zunächst bestimmt man das Aussehen der maximal 31 stimmigen Partitur, wählt für die benötigten Systeme Schlüssel und Tonart und schreibt die gewünschten Noten per Mausklick in die Systeme. Natürlich lassen sich alle Einstellungen später verändern, aber erst einmal sollen ja Noten auf den Bildschirm. SPP bietet nicht nur die »normale« Notation, sondern unterstützt auch kreuzförmige Notenköpfe z. B. Schlagzeugnotation und rautenförmige Köpfe. Alle drei Kopfformen lassen sich sogar innerhalb eines Akkordes mischen. Wer über ein MIDI-Instrument verfügt, kann die Stimmen auch direkt einspielen. Dabei unterscheidet SPP zwischen Aufnahmen mit und ohne Pausen. Diese beiden Modi wirken sich auf die Erkennung der Tonlängen aus. Rhythmisch nicht ganz exakte Einspielungen nimmt man besser ohne Pausen auf und fügt die, falls nötig, später per Maus ein. Auch der Mischbetrieb dieser beiden Modi ist, gesteuert durch ein MIDI-Pedal, vorgesehen. Und wer seine Aufnahmen lieber mit einem richtigen Sequenzer macht, weist seinen Daten via MIDI-Standard-File den Weg nach SPP.

Der Anschluß eines MIDI-Instruments ist nicht nur bei der Eingabe hilfreich, sondern auch für die akustische Kontrolle der Stimmen. Alle Notensysteme lassen sich auf einem frei wählbaren MIDI-Kanal wiedergeben, auch wenn sie nicht unbedingt angezeigt werden. Eine Wiedergabe über den eingebauten Soundchip ist nicht vorgesehen.

Ob mit oder ohne MIDI, spätestens bei der Nachbearbeitung der Stimmen kommt man auf die Maus zurück. Hier erweist sich die gewählte Anordnung der musikalischen Zeichen als sehr praxisnah. Es stehen Notenwerte von der Ganzen bis zur 128stel-Behalsung zur Verfügung. Alle Werte lassen sich auch triolisch und, mit Ausnahme der 128stel, punktiert einsetzen. In Verbindung mit der automatischen Balkensetzung, die für jedes System anders einstellbar ist, sind auch andere »...iolen« zugelassen. SPP faßt dann z. B. sieben triolisch gekennzeichnete Noten zu einer Heptole zusammen, falls die Balkenautomatik auf solche großen Gruppen eingestellt ist.

Zum Schreiben einer Melodielinie oder gar einer mehrstimmigen Partitur gehören eine Reihe von Sonderzeichen, die nach Gruppen wie Dynamik, Artikulation, Sonderzeichen, Triller, Ziffern sowie »andere Zeichen« geordnet sind. Hinter der letzten Bezeichnung verbergen sich, über ein Auswahlmenü vorsortiert, insgesamt 134 musikalisch sinnvolle Zeichen. Neben diesen Zeichen gehören meistens auch Legatobögen zum Erscheinungsbild einer Partitur. SPP bietet neben den einfachen Bögen auch sogenannte »hohe Bögen«, die sich in nahezu beliebiger Form in das Notenbild einfügen lassen. Diese flexible Gestaltung beruht auf der Verwendung von Splines, für die Sie soviele Stützpunkte wie benötigt einfügen. Die Anwendung erfordert ein wenig Übung, da sich Stützpunkte zwar außerhalb des Zeichenfeldes plazieren lassen, dort aber nicht mehr erreichbar sind. Wer solche Bögen braucht, findet sich schnell in die Handhabung ein.

Selbstverständlich beherrscht SPP Taktklammern, und zwar bis zur dritten Klammerebene. Außerdem gibt es vier verschiedene Taktstrichformen: die normal durchgezogenen, einzelnen Striche pro System, Mensurstriche und eckige Klammern, die den Akkoladenklammern am Anfang der Systeme entsprechen. Insgesamt weist das Programm sehr viel Liebe zum Detail und Genauigkeit nach traditioneller Notenschreibweise auf. Das drückt sich z. B. in der Darstellung von Triolen aus. Sie stehen in Balkengruppen entweder mit oder ohne Bogen und sonst in der Mitte der Überbalkung.

Eine wichtige Funktion für die Bearbeitung der Partitur ist die Markierung eines »Bereichs«. Hier stehen eine Reihe von Befehlen zum Kopieren, Verschieben, Umkehren der Behalsung oder zum Balkensetzen zur Verfügung. Außerdem kennt SPP einige globale Veränderungen wie Größe der Anzeige ändern, Systeme transponieren, tauschen etc. Natürlich lassen sich die Stücke jederzeit auch komplett transponieren.

Mit der Kunst der Noten sind die Fähigkeiten von SPP allerdings noch nicht erschöpft, auch die »Lyrics« wollen gesetzt sein. Mit der gleichnamigen Funktion plazieren Sie Text gebunden an die Noten, alternativ gibt es noch eine freie Texteingabe, wahlweise in einer normalen Schrift oder als Überschrift. Auch hier arbeiten die Automatiken so gut, daß man sich kaum mit der leidigen Textverteilung aufhalten muß.

Nachdem alles richtig steht, kommt der letzte Schritt im Satz, die Verteilung auf Papier und der anschließende Druck. Über den Arbeitsgang »Formatieren« bestimmen Sie die Verteilung der Takte und Systeme auf den Seiten. Es stehen verschiedene Blattformate zur Auswahl, oder man verwendet ein freies Format. Durch Dehnung innerhalb einzelner Systeme erreichen Sie einen genau gewünschten Seitenumbruch. Verschiedene Automatiken sorgen beim Formatieren dafür, daß sich keine Noten ineinander schieben. Überstehende Vorzeichen rückt das Programm allerdings vorbildlich ein.

Der Druck selbst erfolgt in verschiedenen Auflösungen und unterschiedlicher Qualität. Beim Grafikdruck in höchster Auflösung auf einem 24-Nadel-Drucker sind die Ergebnisse absolut professionell. Leider hat diese Qualität ihren Preis - im schlimmsten Fall sitzen Sie eine dreiviertel Stunde an einer Seite. Aber dafür kann man auch die kleinste Stichnote oder den engsten Vorschlag klar erkennen. Leider unterstützt SPP nur 9-Nadel- und 24-Nadel-Drucker. Eine Laseranpassung sollte noch folgen. Wer darauf nicht warten möchte oder ganz einfach die Noten auch in anderen Programmen verwenden will, speichert die Partitur als Grafik im STAD-, Signum- oder GEM-Image-Format. Doch Achtung, so eine Imagedatei sprengt schnell die Grenze einer Diskette. Wer Partiturseiten in DTP-Programme einbinden möchte, sollte genügend RAM-Speicher und eine große Festplatte haben.

Insgesamt ist Score Perfect Professional für die angestrebte Zielgruppe ein sehr empfehlenswertes Programm.

WERTUNG

Name: Score Perfect Professional Preis: 398 Mark
Hersteller: Soft Arts
Stärken: Leichte Bedienung * sehr gute Druckergebnisse * alle musikalischen Zeichen * viele sinnvolle Automatiken * stark am traditionellen Notensatz orientiert
Schwächen: Kein Laserdrucker unterstützt * Handbuch sollte mehr Praxisteile aufweisen * kein direkter Einzelstimmenauszug aus einer Partitur
Fazit: In dieser Preisklasse ist SPP der Spitzenreiter


Wolfgang Klemme
Aus: TOS 12 / 1990, Seite 46

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