Computer '91: Interviews mit Richard Miller und Shiraz Shivji

Richard Miller: »Das erwartet Sie auf der Atari-Messe ’91«

»Innerhalb der nächsten zwölf Monate zählt die Darstellung von Echtfarbengrafiken mit 24 oder 32 Bit pro Pixel zu einem fest eingebauten Standard. Wenn Sie wissen wollen, wie das aussieht, dann besuchen Sie doch unseren Transputer-Stand, wo wir ein neues Softwarepaket zur Berechnung realistischer Grafiken mit der ATW (Atari Transputer Workstation) zeigen. Weiterhin dürfen Sie damit rechnen, fotorealistische, animierte Bilder zu sehen - zu Hause, in der Arbeit und in der Schule.

Ich halte die ATW für eine der leistungsstärksten Spielemaschinen der Welt. Viel von der Technik, die wir dafür entwickelt haben, wird in nächster Zeit in Produkte einfließen, die sich jedermann leisten kann.

In puncto Sound erwartet Sie serienmäßig CD-Klangqualität, also 16 Bit Stereo-Sound. Ihr Heimcomputer wird in der Lage sein, beliebige Klänge in Studio-Qualität digital aufzunehmen und zu speichern, also auch Musik und synthetische Sprache. Geben Sie sich in Zukunft bei der Rechenleistung nicht mit weniger als 20 VAX-Mips (Millionen Befehle pro Sekunde) zufrieden. Die CPU alleine muß mindestens 3,5 MFlops (Millionen Fließkomma-Operationen pro Sekunde) beherrschen.

Doch die CPU verliert in einem gut abgestimmten System immer mehr an Bedeutung, da das Silizium stetig billiger und leichter erhältlich wird. Das hat zur Folge, daß wir immer mehr Aufgaben an Coprozessoren und Custom-Chips vergeben. Beispielsweise beschleunigt der DMA-Chip im ST die Ein-/ Ausgabeoperationen, und der Bit-Blitter unterstützt die Grafik. Atari wird digitale Signalprozessoren, Grafik-Coprozessoren und verbesserte DMA-Chips standardmäßig in die neue Computer-Generation integrieren.

Allein ein DSP (Digitaler Signal-Prozessor) ist in der Lage, die System-Rechenleistung um 40 Mips zu erhöhen. DSPs sind sehr wichtige Bausteine, die Sie immer häufiger in Computern antreffen werden. Sie sind für komplexe Soundmanipulationen, Echtzeit-Kompressionen, Hochgeschwindigkeits-Modems, Echtzeit-3D-Grafik und Animationen unverzichtbar. Ich spreche hier nicht nur von zukünftigen Workstations. Ende 1991 finden Sie all diese Funktionen in Computern, die unter 1000 Dollar kosten.«

Übersetzter Auszug aus dem Messe-Vortrag »Neue Produkte und Entwicklungen bei Atari«, gehalten von Atari-Chefentwickler Richard Miller

Entwickler-Prominenz: Ex-Atari-Entwicklungschef Shiraz Shivji [unten] und Atari Entwicklungschef Richard Miller [oben]. Das Bild ganz oben zeigt die Atari-Führungsspitze, ganz unten sehen Sie TOS-Chefredakteur Horst Brandl mit Shiraz Shivji und John F. Rizzo.

Shiraz Shivji: »So sieht der Computer der Zukunft aus«.

Shiraz Shivji, der Vater des ST und jetzt Teilhaber der Momenta Corporation, besuchte uns auf unserem Messestand. Im vorletzten Jahr verließ er Atari wegen gesundheitlicher Probleme, ist aber soweit genesen, ein neues Projekt zu starten: einen Computer mit Stift als Eingabemedium.

Seiner Meinung nach ist die Maus nicht das Eingabemedium der Zukunft, sondern der Stift. Die Maus kann nicht die Tastatur ersetzen, sie ergänzt sie nur. Bei vielen Programmen wechselt die Hand häufig zwischen diesen beiden Eingabemedien. Der Stift, bzw. englisch der Pen, löst dieses Problem. Und: Jeder Anwender kann sofort damit umgehen.

Die Behauptung, ein hervorragendes Team arbeite mit ihm an der Verwirklichung dieses neuen Computertyps, unterstützt sein Begleiter: John F. Rizzo ist neben Steve Woczniak und Steve Jobs einer der maßgeblichen Entwickler des Macintosh.



Aus: TOS 10 / 1990, Seite 21

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