Vergleichstest: ATonce gegen AT-Speed - Hochseilakt

Emulatoren übertragen Programme aus anderen Computerwelten in den ST und bringen sie hier zum Laufen. TOS prüft, wie der Macintosh-Emulator Spectre und die beiden AT-Emulatoren ATonce und AT-Speed diesen Balance-Akt bewältigen.

Beide AT-Emulatoren finden ihren Platz Huckepack auf dem MC 68000 des STs. Beim Einbau sind daher Lötkenntnisse erforderlich. Vortex entwickelte eigens für den ATonce [links] einen Custom-Chip.

Zum Lieferumfang des 549 Mark teuren AT-Speed gehören neben der Emulator-Platine eine DIL64-Fassung, eine Diskette mit der Treibersoftware und ein etwa 40seitiges Benutzerhandbuch. Das Manual erklärt auf 15 Seiten den Einbau des Emulators in die unterschiedlichen ST-Typen. Fotografien verdeutlichen das Beschriebene, so daß man mit etwas Löterfahrung in der Lage sein sollte, den AT-Speed in den ST einzubauen. Trauen Sie sich den Einbau nicht selbst zu, so übernimmt der Computerfachhandel gegen Honorar diese Arbeit. Besitzen Sie einen Mega ST, erlaubt die Speed Bridge von Digital Image den Einbau ohne Lötkolben. AT-Speed wird in die SpeedBridge gesteckt, und diese findet ihren Platz im Mega-Bus. Der Heim Verlag hat den Vertrieb der Speed-Bridge für 89 Mark übernommen, und Digital Image bietet diesen Zusatz zum selben Preis auch für den ATonce an. Vortex ging hier den gleichen Weg und bietet einen eigenen Steckadapter für die Mega STs, der ebenfalls den lötfreien Einbau sicherstellt, für 98 Mark an. Ein Muß ist der Adapter für die Besitzer eines 1040 STE, da in diesen Geräten der MC 68000 eine andere Bauform hat. Der STE-Adapter kostet 128 Mark.

Doch zurück zum AT-Speed. Die nächsten 16 Seiten des Handbuchs erklären das Arbeiten mit dem Emulator und das Installationsprogramm, das nun endlich vorbildlich in GEM eingebunden ist. Hier stellen Sie ein, ob das Booten von Festplatte oder von Diskette erfolgt. Auch teilen Sie dem Treiberprogramm hier mit, welche TOS-Partition es als logisches DOS-Laufwerk C: behandeln soll und unter welchen Kennungen es die übrigen Partitionen anspricht. Falls Sie einen zum Microsoft Maus-Treiber »Mouse.sys« kompatiblen Treiber besitzen, teilen Sie dies ebenfalls dem Installprogramm mit, da AT-Speed dann die Aktionen der ST-Maus als MS-Maus-Aktionen verarbeitet. Als letztes bleibt nur noch festzulegen, unter welcher Grafikemulation AT-Speed startet.

Der Emulator stellt folgende Modi bereit: CGA, Herkules und Olivetti.

Die CGA- oder Color-Grafik-Karte bietet die Auflösungen 320 x 200 Punkte bei vier Farben, 640 x 200 Punkte bei zwei Farben im Grafikmodus und 80 Zeichen x 25 Zeilen mit 16 Farben im Textmodus. Mit einem Farbmonitor stellt der AT-Speed die Grafikmodi korrekt dar. Im Textmodus stehen allerdings nur vier Farben zur Verfügung, die sich im Installationsprogramm beliebig zuordnen lassen.

Sack Elektronik gelang es, die Leiterplatte des AT-Speed [rechts] gegenüber der des Vorgängers PC-Speed zu verkleinern.

Die Herkules-Karte bietet die 720 x 350 Punkte bei zwei Farben im Grafikmodus, bzw. 80 Zeichen x 25 Zeilen mit zwei Farben im Textmodus. Die Auflösung im Grafikmodus übersteigt die Auflösung des STs. Daher läßt sich mit einer Tastenkombination der Bildschirmausschnitt seitlich verschieben. Besitzern der Grafikerweiterung Overscan steht die Betriebsart »HYPER-HERC« zur Verfügung, die den kompletten Herkulesbildschirm auf dem Monitor darstellt. Die Olivettigrafik unterscheidet sich von der Herkules-Karte nur in der Anzahl der darstellbaren Bildpunkte. Sie bietet eine Auflösung von 640 x 400 Punkten. Damit ist sie besonders für die Benutzer des Monochrom-Bildschirms geeignet, da der ST bekanntlich in diesem Modus über die selbe Auflösung verfügt.

Tips für PC-Speed-Aufsteiger, Literaturhinweise und ein Stichwortverzeichnis runden das Handbuch ab.

An MS-DOS-Utilities liefert Sack Elektronik »ADD-PART.SYS«, »MEGADISC.SYS« und »VID-MOD.COM«. Mit dem Programm VIDMOD läßt sich nun endlich die

Grafikemulation unter MS-DOS wechseln. Dies stellt eine erhebliche Arbeitserleichterung dar: Unter PC-Speed mußte man für diese Aktion MS-DOS verlassen, das Install-Programm starten, hier die Grafikemulation ändern, die Änderung speichern und erneut die Treibersoftware starten. Mit dem Treiber ADD-PART stehen Ihnen unter MS-DOS alle TOS-Partitionen zur Verfügung. Binden Sie diesen Treiber nicht in die Datei CONFIG.SYS ein, erkennt AT-Speed nur die Partitionen C: und D:. Für Besitzer von STs mit Arbeitsspeichern größer 1 MByte ist MEGADISC von Interesse: Mit diesem Treiber installieren Sie eine RAM-Disk im verbleibenden Arbeitsspeicher des STs.

Die Speed Bridge [links] macht die Lötarbeiten beim Einbau beider Emulatoren in Mega STs überflüssig.

Bei einem Speicher größer als 1 MByte kommt folgende Neuerung zum Zuge: Das Treiberprogramm läßt sich nun auch als Accessory installieren. Reserviert eine laufende Applikation nicht den gesamten verbleibenden Arbeitsspeicher, so läßt sich der Emulator aus dem GEM-Programm heraus starten. Um von MS-DOS zur GEM-Anwendung zurückzukehren, lösen Sie einen Reset mit der Tastenkombination < Control Alternate Delete > aus und drücken dann die < Escape >-Taste. Augenblicklich befinden Sie sich wieder an der Stelle, an der Sie das ST-Programm verlassen haben. Dies ist zwar nicht mit dem Parallelprocessing des Super-Chargers zu vergleichen, aber sicher ein Schritt in Richtung Anwenderfreundlichkeit. Allerdings erkaufen Sie sich diese Bequemlichkeit mit Arbeitsspeicher, da AT-Speed den durch die GEM-Applikation belegten Speicher nicht nutzen kann.

An ST-Peripherie unterstützt AT-Speed alle gängigen Festplatten und wie bereits festgestellt die Grafikerweiterung Overscan. Die Ansteuerung von Druckern funktioniert unter dem Emulator korrekt, allerdings unterstützt er den Atari-Laser SLM 804 nicht. Der Entwickler kündigte dies für eine der nächsten Treiberversionen an. Weniger überzeugt die Tatsache, daß man entweder die ST-Maus als Microsoft-kompatible Maus anspricht oder aber die RS 232-Schnittstelle mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 9600 Baud. Hier ist die Lösung des ATonce eleganter: Man teilt dem Treiberprogramm mit, ob die Maus als COM1 oder COM2 angesprochen wird. Die freie Schnittstelle steht dann für den Betrieb eines Modems oder Akustikkopplers bereit.

Bei unseren Benchmark-Tests erwies sich der AT-Speed als schneller als der ATonce. Die genauen Werte entnehmen Sie der Tabelle. Größer sind derzeit die Unterschiede in Bezug auf die Kompatibilität. Hier schneidet der AT-Speed deutlich besser ab als der ATonce. Dies kommt daher, daß Sack Elektronik bereits seit über einem Jahr Erfahrungen mit dem PC-Speed sammeln konnte, wohingegen Vortex den ATonce neu entwickelte. Mit der Zeit wird die Treibersoftware des ATonce stabiler, da die Entwickler anhand der Benutzerrückmeldungen die Fehler erkennen und gezielt ausmerzen. Dies war auch beim PC-Speed und SuperCharger nicht anders.

Nun präsentiert sich auch das Installationsprogramm des AT-Speed im schicken GEM-Gewand: Unsere Hardcopy [rechts oben] zeigt die bequeme Zuordnung der TOS-und DOS-Partitionen per Maus.
Beim ATonce sind Hardcopies und Laserausdrucke [rechts unten] mit dem SLM 804 kein Problem.

Als sehr wichtiges Anwendungsprogramm versagt MS Windows seine Dienste unter ATonce. Dies ist bedauerlich, da es für ATs Programme gibt, die ohne diese Benutzeroberfläche nicht laufen.

Daß keine Geschwindigkeitsprobleme mit dem Emulator entstehen, beweist der AT-Speed beeindruckend. Lediglich Programme mit viel Ton-Ausgabe bremsen das Tempo stark ab. Schaltet man den Sound aus, ist dieses Problem behoben. Unsere Tabelle zeigt einen kleinen Ausschnitt über das Laufverhalten von MS-DOS-Programmen unter den beiden Emulatoren. Als Fazit bleibt festzustellen, daß beide AT-Emulatoren knapp die Geschwindigkeit eines IBM-ATs erreichen. Diese genügt in der Regel, um vernünftig mit Standardprogrammen zu arbeiten.

Der AT-Speed hat hier die Nase vorne. Kommt es beim Einsatz des Emulators auf sehr hohe Kompatibilität an, sollte man sich im Moment noch für den AT-Speed entscheiden. Wer einen Atari-Laser besitzt, wird dem ATonce den Vorzug geben, da dieser Emulator den SLM 804 vorbildlich unterstützt. Spielt der Preis bei der Anschaffung die entscheidende Rolle, dann hat ebenfalls der ATonce mit seinen 498 Mark die besseren Trümpfe.

Zu diesem Preis sind - wie zu den 549 Mark, mit denen der AT-Speed zu Buche schlägt - die Anschaffungskosten des Betriebssystems MS-DOS zu rechnen. Dieses gehört bei keinem der Testkandidaten zum Lieferumfang.

Letzte Meldung

Weit nach Redaktionsschluß erreichte uns die neue Version 1.14 der ATonce-Treibersoftware. Nun läuft nach Aussage von Vortex MS Windows 3.0 uneingeschränkt in Real-Modus. Das bedeutet, daß bei einem Speicher von mehr als 1 MByte das Extended-Memory korrekt unterstützt wird.

Heim Verlag, Heidelberger Landstraße 194,6100 Darmstadt Eberstadt
Vortex Computersysteme GmbH, Falterstr. 51-53,7101 Flein
Digital Image, Hochheimer Str. 21, 6095 Gustavsburg,

WERTUNG

Name: ATonce
Hersteller: Vortex
Preis: 498 Mark

Stärken: Unterstützt den Atari-Laser SLM 804 □ Handbuch erklärt sehr gut den Einbau in den ST □ Video-Modi lassen sich unter DOS umschalten
Schwächen: Treibersoftware noch nicht so ausgereift wie beim AT-Speed
Fazit: Der preisgünstigere AT-Emulator für den ST.

Name: AT-Speed
Hersteller: Sack Elektronik
Preis: 549 Mark

Stärken: Läßt sich als Accessory starten □ hohe Kompatibilität □ Install-Programm ist in GEM eingebunden □ Video-Modi lassen sich unter DOS umschalten.
Schwächen: Kein MS-DOS im Lieferumfang enthalten
Fazit: Der zur Zeit schnellste AT-Emulator für den ST.

Programm ATonce AT-Speed
Adimens GT plus ja ja
Blockoutjaja
GEM 3.13 ja ja
MS-Chart ja ja
MS-Windows 2.03 nein ja
MS-Word 5 0 ja ja
Norton Commander 3.0 ja ja
Norton Utilities Advanced Edition jaja
Sidekick plus nein nein
Tetris ja ja
Turbo Pascal 5.0 ja ja
Chip-Benchmark nein ja

Bei der Kompatibilität (Tabelle oben) hat im Moment der AT-Speed noch die Nase etwas vorne. Das selbe gilt auch für die Geschwindigkeit jedoch ist das höhere Tempo in der Praxis kaum zu bemerken.

Landmark: ATonce AT-Speed
vgl. IBM AT 4,4 MHz 8,0 MHz
vgl. IBM 4,7 MHz XT 2,2x 4, Ix
Checkit: ATonce AT-Speed XT mit V30 8 MHz-AT
Dhrystones 1151 1163 1023 1492
Whetstones 23,OK 23,2K 20,4K 30,04

Die Werte, die ATonce beim Landmark-Test (unten) liefert, stimmen mit Sicherheit nicht. Die drei Werte beim MIPS-Benchmark (unten) stammen vom ATonce, AT-Speed und vom Atari AT ABC 286/30

MIPS-Test
Performance Relative ToIBM/PC 4,7 MHz IBM/AT 8 MHz Compaq 386 Actual MIPS
General Instructions 2,59 2,67 3,39 0,75 0,78 0,99 0,38 0,39 0,50 0,43 0,44 0,56
Integer Instr ctions 5,55 5,75 6,35 0,87 0,90 0,99 0,38 0,39 0,44 0,93 0,96 1,07
Memory to Memory 2,48 2,56 3,19 0,76 0,79 0,98 0,43 0,44 0,55 0,59 0,61 0,76
Register To Register 6,52 6,76 7,59 0,85 0,88 0,99 0,36 0,37 0,41 1,17 1,21 1,36
Register to Memory 2,61 2,71 3,29 0,78 0,81 0,99 0,43 0,45 0,54 0,80 0,83 1,01
Overall Performance 3,32 3,43 4,09 0,80 0,83 0,99 0,39 0,41 0,48 0,78 0,81 0,95

Ulrich Hofner
Aus: TOS 09 / 1990, Seite 32

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