Willkommen zum zweiten Teil unseres Kurses über die Anwendung von Tabellenkalkulationen. Dieses Mal bekommen Sie einen Einblick in Leistungsfähigkeit von Kalkulationsprogrammen am Beispiel einer Depotverwaltung.
Anhand einer Aktienverwaltung zeige ich Ihnen nicht nur das Lösen mathematischer Probleme, sondern ermuntere Sie auch, etwas für die optische Aufbereitung der Ergebnisse zu tun. Denn wie jeder weiß, ißt das Auge mit.
Viele private Kleinanleger suchen Ihr Glück mit Aktiengeschäften. Die Spekulation mit Aktien ist allerdings riskant und erfordert ständige Beschäftigung mit den aktuellen Kursen. Wer sich nicht auf das Wort eines Anlageberaters verlassen will, der muß schon sein eigener Broker sein, um wirklich Geld mit den Aktien zu verdienen.
Eine Tabellenkalkulation kann nicht die Entscheidungen über Kauf und Verkauf treffen, aber sie liefert, richtig eingesetzt, eine solide Entscheidungsgrundlage. Setzen wir voraus, daß in einigen Monaten ein größerer Betrag verfügbar ist, den Sie in Aktien investieren wollen. Zur Vorbereitung notieren Sie sich ab sofort die Kurse der in Frage kommenden Aktien und werten sie regelmäßig aus. Für das Beispiel verwende ich folgende Aktien: AEG, Siemens, Nixdorf, BASF, Bayer, Hoechst, Daimler, BMW Stämme, VW Stämme, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, Kaufhof Stämme, Karstadt, Massa.
Wie das geübte Auge erkennt, sind die Aktien nach Bereichen gegliedert, jeweils drei Aktien der Bereiche Elektro, Chemie, Automobil, Banken und Kaufhäuser. Diese Unterteilung hat einige Bedeutung, auf die ich später eingehe. Wichtig ist jetzt, sich vor Beginn der Arbeit Gedanken über das Aussehen der Tabelle zu machen. Es kommt leicht zu unliebsamen Überraschungen, wenn man einfach loslegt und zu spät merkt, daß ein Punkt nicht berücksichtigt wurde. Laden Sie Ihre Tabellenkalkulation, um das Beispiel nachzuvollziehen. Die im Text beschriebenen Funktionen beziehen sich auf »LDW-Power Calc«, sind aber fast immer in gleicher oder ähnlicher Form mit anderen Programmen wie »Becker-Calc/3« oder »K-Spread« durchführbar.
In der ersten Spalte (Spalte A) tragen Sie ab Zeile 2 die Namen der oben genannten Aktien ein. Zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen lassen Sie eine Zeile Zwischenraum, die wir später benötigen. Nachdem alle Namen eingetragen sind, ist die horizontale Beschriftung mit dem Datum an der Reihe. Da Tabellenkalkulationen eine Eingabe wie »20.7.90« mit einer Fehlermeldung beantworten, vergessen Sie nicht das vorangestellte Hochkomma ('), um eine Interpretation als Text zu erzwingen.
Unsere Aufzeichnung der Aktienkurse beginnt am Freitag, den 20. Juli 1990. Jeder guten Tageszeitung entnehmen Sie die Tageskurse der regionalen Börse, womit für das Zahlenmaterial gesorgt wäre. Auf der beiliegenden Diskette ist auch eine Tabelle mit Kursen der Düsseldorfer Börse ab dem 20.7.90 vorhanden. Die gesamte Stimmung an der Börse zeigt einen sog. Aktien-Index. An der Frankfurter Wertpapierbörse gibt es z. B. den »Deutschen Aktien Index« (DAX). Der Index in unserem Beispiel ergibt sich durch den Mittelwert aller verwendeten Kurse eines Tages. Unterhalb der letzten Zeile mit Aktienkursen (Zeile 20) fügen Sie dazu eine weitere Zeile an. Den Mittelwert der Tageskurse erhalten Sie mit der Funktion »MITTELWERT«. In der Zelle B22 sollte zum Beispiel »MITTELWERT(B2..20)« stehen. Diese Zelle kopieren Sie in alle anderen Zellen dieser Zeile. Die Tabellenkalkulation paßt die Formel automatisch an.
Interessant ist die Kursentwicklung der einzelnen Wirtschaftsgruppen. So beeinflußt es die Kaufentscheidung, ob ein einzelner Wert mit dem Strom schwimmt, oder sich gegensätzlich zu den anderen Kursen verhält. Jetzt kommen die freigelassenen Zeilen zwischen den einzelnen Gruppen zum Zuge. In den Zellen der ersten freien Zeile tragen Sie den Mittelwert der drei entsprechenden Werte ein. In Zelle B5 kommt also »MITTELWERT(B2..B4)«, in C5 »MITTELWERT(C2..C5)« usw. Durch Kopieren der Zellen läßt sich diese Anpassung wieder vereinfachen. Die so entstandene Zeile 5 kopieren Sie dann insgesamt in die anderen freien Zeilen 9,13,17 und 21. Jetzt haben Sie schon genügend Zahlenmaterial zusammen, um sich ein Bild von dem Verlauf an der Börse zu machen. Von Interesse ist auch die Dividende, die eine Aktie einbringt. Dazu fügen Sie neben der Spalte mit dem Aktiennamen eine Spalte mit dem Dividendenbetrag ein.
Die Tabelle sieht jetzt allerdings völlig ungeordnet aus. Die Zahlen in der Tabelle haben kein einheitliches Format und lassen sich in dieser Form nur schwer lesen. Die Namen der Aktien ragen in die nächste Zelle hinein. Letzteres ist schnell behoben. Verbreitern Sie die erste Spalte, in der die Namen stehen. Dazu wählen Sie bei LDW-Power im Menü »Arbeitsblatt« den Punkt »Spalte«. Die Tabellenkalkulation erfragt hier die neu einzustellende Breite. In unserem Beispiel genügen 15 Zeichen. Anschließend möchte LDW-Power wissen, welche Spalten es verbreitern soll. Wahlweise mit Maus oder Tastatur bewegen Sie den Zellzeiger auf eine Zelle in der ersten Spalte und bestätigen mit der Eingabetaste. Darauf verbreitert LDW-Power die erste Spalte. Auch die Zahlen lassen sich in ein gleichmäßiges Format bringen. Im Menü »Bereich« unter »Format« bietet LDW-Power dazu vielfältige Einstellungen. Für unseren Zweck bieten sich die Festkomma-Darstellung mit zwei Nachkommastellen oder die Währungs-Darstellung an. Um alle Zahlen im gleichen Format darzustellen, selektieren Sie den Bereich ab B2 bis zur letzten Zeile und Spalte und verändert mit der oben beschriebenen Funktion die Darstellung. Haben Sie das Währungsformat gewählt, ist eine größere Zellenbreite notwendig, etwa zwölf Zeichen.
Sehr praktisch ist in unserem Beispiel auch die Einführung eines sogenannten »Titels«. Den Nutzen des Titels erkläre ich anhand des Problems, das er löst. Stellen Sie sich vor, die Tabelle hätte über 100 verschiedene Kurse und die Werte von einem Jahr (mehr als 200 Werte). Sie stecken mitten in dieser Zahlenflut und wollen wissen, zu welcher Aktie bzw. zu welchem Datum ein bestimmter Wert gehört.
Selbst der größte Bildschirm zeigt nicht die vollständige Tabelle und kein Mensch kann sich immer merken, in welcher Zeile welche Aktie und in welcher Spalte welches Datum liegt. Also gibt es nur eines: an den Anfang der Zeile oder Spalte springen, nachsehen und wieder zurück zur gewünschten Stelle. In einer Tabellenkalkulation lassen sich Zeilen und Spalten als »Titel« definieren. Gleichgültig, wie sie sich jetzt in dem Arbeitsblatt bewegen, die Titel bleiben sichtbar. Sie sind von den Verschiebungen auf dem Bildschirm ausgeschlossen. Um das Ganze praktisch zu erproben, deklarieren wir die erste Zeile und die erste Spalte in unserer Tabelle als Titel. Bewegen Sie den Zellzeiger in die Zelle B2 und wählen bei LDW-Power in dem Menü »Arbeitsblatt« den Punkt »Titel«. In den gewünschten Titelbereichen verschwinden jetzt die Trennlinien. Die Namen der Aktien und die Datumsanzeigen bleiben immer auf dem Bildschirm. Damit ist die optische und funktionale Gestaltung der Tabelle abgeschlossen. Zur besseren Übersicht folgt jetzt eine grafische Anzeige der Zahlenkolonnen. Sowohl LDW-Power als auch Becker Calc/3 sind dazu direkt in der Lage. Becker Calc/3 kann sich dabei sogar mit einigen Spezialisten dieser Branche messen.
Zunächst entscheiden wir uns für die Art der Grafik. Für kurze Zeiträume eignen sich Balkendiagramme. Liegen erst einmal die Kurse von mehreren Wochen vor, dann ist nur ein Liniendiagramm sinnvoll. Die ebenfalls denkbaren Kreisdiagramme sind in unserer Aufgabenstellung nutzlos, da hier die zeitliche Entwicklung nicht erkennbar ist. Kreisdiagramme sind vor allem für die Anzeige von Verteilungen zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll.
Als nächstes definieren Sie die Bereiche, die in der Grafik erscheinen sollen. Bei diesem Arbeitsschritt treten Beschränkungen durch die reinen Tabellenkalkulationen auf. Becker Calc/3 erlaubt nur die Selektion von zehn, LDW-Power sogar nur von sechs verschiedenen Bereichen. Damit bekommen wir unmöglich alle Daten gleichzeitig ins Bild. Als Notlösung dient eine Grafik der verschiedenen Wirtschaftsgruppen. Dann sind es nur noch die fünf Gruppen und der Gesamt-Index, also sechs Bereiche, die in der Grafik auftauchen - gerade passend für LDW-Power. Selektieren Sie den Bereich B5-F5 und wählen im Menü »Grafik« den Punkt »A«. Die Zeile mit den Elektro-Werten entspricht jetzt dem Grafikbereich A. Gleiches geschieht mit dem Bereichen B9-F9, B13-F13, B17-F17, B21-F21 und B22-F22. Als letztes definieren Sie den Bereich A2-F2 als Grafik-Bereich »X«. Dieser Bereich dient in der Grafik als Beschriftung der X-Achse. Unter Grafik-Typ wählen Sie »Linie«, und dann bringt F10 die Grafik auf den Bildschirm.
Jetzt kommen die Feinheiten. Eine Titelzeile und ein Untertitel sagen dem Betrachter sofort, was die Grafik zeigt. Eine Legende oder eine Beschriftung der Linien verbessern das Aussehen erheblich. All diese Funktionen sind bei LDW-Power etwas versteckt eingebaut. Sie befinden sich unter »Grafik«-»Optionen«. Haben Sie die jeweiligen Punkte angewählt, erfragt LDW-Power den entsprechenden Text. Sogar an die Achsen dürfen Sie noch einen zusätzlichen Text schreiben. Doch achten sie darauf, daß vor lauter Beschriftung noch die eigentliche Grafik erkennbar ist. Das fertige Bild speichern alle Programme als sogenanntes Metafile. Diese Dateien mit der Endung »*.GEM« sind das Standardformat für Vektorgrafiken. Nahezu jedes Programm, das Vektorgrafiken verarbeitet, ist in der Lage, diese Grafiken zu lesen. Programme, die diese Funktion nicht beherrschen, sollten Sie sowieso meiden. Die besten Grafiken einer reinen Tabellenkalkulation bietet ganz klar Becker Calc/3. Wer aber flexibel und komfortabel Grafiken in hervorragender Qualität anfertigen möchte, sollte einen Blick auf »SciGraph« werfen. Die abgebildeten Grafiken zeigen nur einen kleinen Teil der Fähigkeiten, die in diesem Programm stecken. Damit wären wir am Ende des zweiten Kursteils angekommen. In der nächsten Ausgabe geht es um die Programmierung von Makros und den Umgang mit komplexeren Funktionen. (wk)
Teil 1: Elementare Bedienung □ praktisches Beispiel
Teil 2: Komplexe Problemlösung □ grafische Auswertung
Teil 3: Verwendung und Programmierung von Makros