eLAN arbeitet nicht nach dem Ethernet-Standard und bietet zudem mit 1 MBit eine wesentlich niedrigere Übertragungsrate. TOS wollte von Herrn Drösler, Geschäftsführer der GTI, wissen, wie sich das GTI-eigene Prinzip in der Praxis bewährt.
**TOS:**eLAN arbeitet nicht nach dem verbreiteten Ethernet-Standard. Gehtdie Firma GTI damit nicht das Risiko einer verminderten Akzeptanz beim Kunden ein?
GTI: Es ist richtig, daß die weitaus größte Zahl der heute installierten PC-Netze nach dem Ethernet-Prinzip arbeiten. Deshalb schmücken sich viele Anbieter auch sehr gerne mit diesem Schlagwort. Was damit aber eigentlich gemeint ist, ist das der Datenübertragung zugrundeliegende Leitungsprotokoll. Die höheren Ebenen des Kommunikationsprotokolls werden von Hersteller zu Hersteller fast immer unterschiedlich gehandhabt. Deshalb finden sich auch kaum zwei Netzwerke verschiedener Hersteller, die man direkt miteinander verbinden kann, obwohl sie alle auf Ethernet basieren. Da in einem Netzwerk im allgemeinen nur eine Leitung für alle Teilnehmer zur Verfügung steht, müssen Regeln für den Zugriff auf diese Leitung definiert sein, um ein heilloses Datenchaos zu vermeiden. Ethernet-Netzwerke benutzen dabei ein Verfahren, das sendebereite Teilnehmer im Falle von Kollisionen zufallsgesteuert verzögert, in der Hoffnung, daß beim nächsten Versuch die Leitung frei ist. Ethernet-Netzwerke werden aufgrund ihres Leitungsprotokolles bei zunehmendem Datenverkehr auf der Leitung immer langsamer, weil die Zahl der Kollisionen immer mehr zunimmt. eLAN arbeitet dagegen nach dem Token-Passing-Prinzip, das die Sendeerlaubnis, das Token, innerhalb einer genau definierten Zeit von Teilnehmer zu Teilnehmer weitergibt. Damit ist eLAN berechenbar und echtzeitfähig. Unsere Entscheidung für ein echtzeitfähiges Leitungsprotokoll ergab sich schon aus der Tatsache, daß wir ein für den industriellen Einsatz geeignetes Netzwerk anbieten wollten.
TOS: Sie sprechen gerade das Thema Geschwindigkeit an. Im allgemeinen werden 10 MBit als Datenübertragungsrate angegeben. Beim eLAN steht in den Datenblättern aber nur eine Übertragungsrate von 1 MBit. Ist das Netzwerk dadurch nicht ein bißchen langsam?
GTI: Bei der rohen Übertragungsrate auf dem Draht ist eLAN in der Tat langsamer als die von Ihnen angesprochenen Ethernet-Systeme. Die höhere Geschwindigkeit des Ethernet wird aber mit einem weitaus schlechteren Störabstand, geringeren Leitungslängen sowie einem deutlich höheren Aufwand bei der Verkabelung bezahlt. eLAN können Sie praktisch auch mit Klingeldraht betreiben. Vor dem Hintergrund des industriellen Einsatzes haben für uns Störsicherheit und Zuverlässigkeit absoluten Vorrang vor dem Streben nach höchster Geschwindigkeit.
TOS: Aber wirkt sich die geringere Übertragungsrate nicht auch auf die Arbeit im Netzwerk aus? Letztendlich interessiert mich als Anwender doch nur, wie schnell ich meine Daten von einer fremden Festplatte geladen bekomme.
GTI: Und es dürfte Sie als Anwender auch interessieren, ob die Daten zuverlässig bei Ihnen ankommen. Denn was nützt die beste Geschwindigkeit, wenn Sie Ihre Zeit immer wieder mit dem Neustart des abgestürzten Netzwerkes verbringen? Aber davon abgesehen, muß man sich bei Geschwindigkeitsvergleichen davor hüten, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die effektive Netzwerkgeschwindigkeit hängt weniger von der Übertragungsrate als vielmehr von der Konzeption des Gesamtsystems und der eingesetzten Software ab. Und hier entscheidet schließlich die Anwendung, ob das verteilte oder das zentralistische System den Vorzug erhält. eLAN kann jedenfalls beides. (tb)
Mit Manuel Drösler, Geschäftsführer von GTI sprach Bernhard Reimann