Cubase 2.0: Kreativ und druckvoll

Erster Bericht über Cubase 2.0 mit Komponierhilfe und Notendruck

Es ist beeindruckend, mit welchem Tempo sich »Cubase« weiterentwickelt. Aut der diesjährigen Frankfurter Musikmesse sahen die Anwender bereits die Version 2.0. Bedeutende Neuerungen waren der integrierte Notendruck und ein »Interactive Phrase Synthesizer« zum Komponieren.

Der Interactive Phrase Synthesizer variiert vorgegebene Musikstücke

Drei Monate später steht uns eine einigermaßen stabile Version 2.03b(eta) zur Verfügung, die der endgültigen Version bereits so nahe kommt, daß wir Ihnen einen »Vorbericht mit Testcharakter« nicht vorenthalten wollen. Cubase-Anwender rühmten sich bisher, das vielleicht innovativste und benutzerfreundlichste »Desktop Recording System« zu besitzen. Beim Thema Notendruck warfen sie jedoch neiderfüllte Blicke auf die Notationskünste der Konkurrenzprodukte wie z. B. »Notator«. Doch ab sofort hat diese »Aus-druckslosigkeit« ein Ende. Das Notendruck-Fenster rufen Sie wie gewohnt auf, indem Sieden »Score-Editor« aktivieren. Die schon in der Version 1.5 vorhandenen Funktionen zur Bearbeitung des Notenbilds sind noch einmal tüchtig erweitert. So blendet man jetzt die musikalischen Sonderzeichen über den Button »Symbols« am rechten Bildschirmrand ein. Der »Bleistift« aus der Toolbox holt sie in die Partitur. Die zur Zeit verfügbaren Symbole sind sinnvoll ausgewählt und genügen für die meisten Aufgaben. Wer seine Songs mit Text versieht, darf einen Font seiner Wahl aussuchen. Der Noteneditor arbeitet objektorientiert, so daß sich Symbole und Text auch nachträglich in die erforderliche Position schieben lassen.

Ist die Partitur Ihren Wünschen entsprechend eingerichtet, bestimmen Sie mit »Page Format« die vorläufig endgültige Form. Songtitel, Copyright-Vermerke und Noten erscheinen in bester WYSI-WYG-Manier auf dem Bildschirm. Unglücklicherweise kommt hierbei der »What You See«-Teil auf einem normalen Monitor zu kurz. Da der jeweils sichtbare Teil der Partitur klein ist, bleibt dem Anwender nichts anderes übrig, als sich per Maus oder Cursortasten durch den Notentext zu hangeln. Abhilfe schafft hier ein Großbildschirm, der auch eine Doppelseiten-Darstellung gestattet. Oder eine Software-Lösung wie »Bigscreen«, »Protos« etc. Steinberg erwägt, jedem Cubase ein Bigscreen beizulegen. Die Seitenformatierung läßt sich bei Nichtgefallen rückgängig machen.

Freunde aufwendiger Schlagzeug-und Percussion-Arrangements, die nun schon im Geiste ihre neuesten Kompositionen zu Papier bringen, müssen leider auf ein späteres Update warten. In der Version 2.0 unterstützt Cubase diese Notationsform nicht.

Das eigene Werk Schwarz auf Weiß: Der Score-Editor lernt DTP und Drucken

Neu hinzugekommen ist der »Interactive Phrase Synthesizer«, kurz IPS genannt. Beim IPS handelt es sich um ein algorithmisches Kompositionsprogramm. Es variiert das vorgegebene musikalische Material nach einstellbaren Vorgaben rhythmisch, melodisch und dynamisch. Das musikalische Material besteht aus Parts, die Sie per »Copy to Phrase« im Edit-Menü in den IPS übernehmen. Im IPS-Window entscheiden Sie per Mausklick, in welchen Bereichen Sie Variationen der Phrase wünschen. Für melodische Änderungen wählen Sie zunächst im »Pitch«-Modul die Skala aus, deren Tonmaterial der IPS heranziehen soll. Über den LFO-Button sowie den Frequency-und Density-Schieber bestimmen Sie nun, mit welcher Intensität (qualitativ und quantitativ) der IPS seine Arbeit aufnimmt.

Sind Sie mit mit einem »Einfall« des IPS zufrieden, läßt sich das Ergebnis in das Arrangement übernehmen. Beim IPS handelt es sich um zwei völlig unabhängige Module (IPS A + IPS B), die Sie nach Bedarf getrennt oder synchron miteinander einsetzen. So laden Sie beispielsweise IPS A mit einem Basspart und IPS B mit einem Bläser-Riff und lassen beide Strukturen gleichzeitig abspielen und variieren. Möchten Sie später mit einer bestimmten IPS-Einstellung Weiterarbeiten, sichern Sie Ihr komplettes IPS-Set-Up als »Combi« auf Diskette oder Festplatte. Sorgen wegen zu wenig Speicherplatz sind unbegründet. Im Menü-Punkt »Preferences« lassen sich der »Dynamic MIDI Manager«, der »Score-Editor« sowie der »IPS < aus dem Speicher entfernen. Löschen Sie alle drei Programmteile, stehen etwa 19000 Events mehr zu Ihrer Verfügung.

Steinberg ist mit Cubase 2.0 eine erhebliche Aufwertung ihres Programms geglückt. Der Notendruck ist auch in der Beta-Version brauchbar, die Druckqualität gut. Der IPS stellt einen der gelungensten Vertreter der Rubrik »algorithmische Kompositionshilfen« dar, sowohl was die Bedienung als auch die musikalischen Ergebnisse betrifft. Die Updatekosten für registrierte Anwender betragen nur 60 Mark, der Ladenpreis der Version 2.0 liegt bei stattlichen 980 Mark- für Software dieser Leistungsklasse allerdings nicht zu viel. (wk)


Kai Schwirzke
Aus: TOS 08 / 1990, Seite 128

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