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Das Midi-Buch

Fit in Sachen Midi macht Sie das »Midi-Buch« von Christian Braut, das Anfang dieses Jahres in Frankreich im Original veröffentlicht wurde und seit kurzem auch in einer deutschen Übersetzung vorliegt. Der Autor ist Chefredakteur der französischen Fachzeitschrift Keyboards - Homerecording und Computer. Sowohl als Programmierer wie auch als Musiker ist Braut weit über die Grenzen des Landes bekannt. Die deutsche Übersetzung wurde von Andreas Schmidt, Musiker und Midi-Programmierer, überarbeitet und um einige Themen ergänzt.

Die Produktion von Musikstücken mit Hilfe der neuen digitalen Technik steht im Mittelpunkt des Buchs. Christian Braut deckt in der Einleitung Hintergründe und Geschichte der Musik-Schnittstelle auf. Anschaulich wird geschildert, wie die Idee elektronischen Musikinstrumente einen gemeinsamen Nenner zu geben, 1983 geboren wurde und mit der Zeit voll ins Schwarze traf. Der Standard machte den geistigen Midi-Vater Dave Smith (Entwickler einer ganzen Reihe von renommierten Synthesizern) zum Millionär. Endlich war Schluß mit dem Chaos in der Musikwelt: Die Initialen MIDI stehen für »Musical Instrument Digital Interface« (deutsch: numerisches Interface für Musikinstrumente). Die Idee entstand Hand in Hand mit der Entwicklung der integrierten Logik, einer Grundvoraussetzung für ein digitales Interface, und wurde schnell zum Standard und zu einer der folgenreichsten Innovationen in der Geschichte der Musikelektronik.

Die Kommunikation in Informatik und Bürotechnik war damals längst soweit: Die RS-232-Schnittstelle und einige weitere galten schon seit geraumer Zeit weltweit als Standard. Mit dem Midi-Protokoll wurde endlich auch den Musikerbedürfnissen entsprochen. Midi sollte alle Elemente der musikalischen Improvisation auf einer Keyboard-Tastatur digital übertragen können und in der Lage sein, die Verwaltung der elektronischen Klänge zu übernehmen. Mit dem Midi-Protokoll wurde eine Universalsprache für Synthesizer, Sampler, Rythmusmaschinen, Computern, Bandmaschinen geschaffen.

Das Buch macht deutlich, wie die Midi-Schnittstelle zu einer ganzen Reihe neuer Anwendungsmöglichkeiten führte: Sequenzer und Toneditoren sind dafür die besten Beispiele. Die Funktionsweise elektronischer Musikinstrumente wird dabei ausführlich beschrieben und erklärt. Viele Geräte haben heutzutage nichts anderes zur Aufgabe, als Midi-Informationen zu übertragen und zu ver- und bearbeiten.

Midi war auch der Auslöser für eine weitere große Innovation: Homestudios wurden zu einer Realität, die heutzutage jeden zugänglich ist. Natürlich entwickelt sich Midi und seine Anwendungen immer weiter. Letzter Clou: das integrierte Harddisk-Recording. Die Beherrschung der Midi-Norm gibt dem Musiker die Möglichkeit, die Nutzung seiner Werkzeuge zu optimieren und sich voll auf den kreativen Aspekt beim Musikmachen zu konzentrieren. Natürlich sind dafür immer umfassendere Kenntnisse vonnöten.

Ein großer Teil des Buchs dient der Vermittlung der Theorie. Akkustischen Phänomenen, die mit der Erzeugung eines Tons zu tun haben, wird auf den Grund gegangen. Interessant geschildert ist die Entwicklungsgeschichte der Musikinstrumente innerhalb der letzten zwanzig Jahre. Der Leser wird dabei auch in die Prinzipien der Interface-Technik eingeführt.

Ein weiterer Abschnitt durchleuchtet gründlich die Midi-Norm auf Soft- und Hardwarebene. Der Inhalt beruht auf der offiziellen Dokumentation der Internationale Midi Association. Außerdem beschäftigt sich der Autor mit Midi-Material und allen damit verbundenen Anwendungsmöglichkeiten wie z.B. Instrumente, Sequenzer, Editoren, Synchronisation etc. Besonderes Gewicht legte der Autor auf die Programmierung von »System Exclusive«-Befehlen. Bislang gab es zu diesem Thema nur sehr wenig und meist nur unzureichendes Material. Berücksichtigt werden auch die neuesten Erweiterungen der Midi-Norm: Midi Show Control ist in einem ausführlichen Abschnitt abgehandelt und auch dem General Midi Standard wurde ein komplettes Kapitel gewidmet.

Einzelheiten über die neuen Dauer-Controller, MTC Cueing Real Time, und Wissenswertes über Tonband-und Video-Sychronisation per Midi-Time-Code bzw. SMPTE-Code runden das Werk ab. Auch Kaufempfehlungen für Einsteiger durften nicht fehlen. Auf über 30 Seiten gibts am Ende Tabellen und Zahlenmaterial für Profis. Zwei Disketten sind dem Midi-Buch beigefügt. Damit nicht nur Atari-Anwender in deren Genuß kommen, wurde eine davon für PC-User konzipiert. Geeignet ist das Midi-Buch hauptsächlich für Einsteiger und Fortgeschrittene. (Ingrid Sitte-Nadler/uw)


Ingrid Sitte-Nadler
Aus: ST-Magazin 08 / 1993, Seite 68

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