PixArt und TruePaint: Schön bunt hier!

Mit den beiden Farbmalprogrammen PixArt und TruePaint können Pixelkünstler mehr als nur farbig Malen.

TruePaint: jedes Fenster mit eigenem Werkzeugkasten

Farbmalprogramme waren für den ST bisher eher Mangelware, doch im Zeitalter des Falcon und der Farbgrafikkarten wird diese Lücke langsam geschlossen. Die Programme, die dem grauen Atari auf die Sprünge helfen sollen: »TruePaint« von der englischen Firma HiSoft, in Deutschland vertrieben von Shift. Getestet wurde die Version 1.02. Der zweite Kandidat ist »PixArt« von Crazy Bits, das von Omikron vertrieben wird. Im Test hatten wir leider noch nicht die endgültige Version, die aber im Sommer verfügbar sein soll.

Installation

TruePaint gibt’s in einem hübschen blauen Karton, der ein Handbuch und eine Kunststofftasche mit den drei Disketten enthält (davon zwei mit Beispielbildern). Zur Zeit wird TruePaint noch komplett in der englischen Ausgabe geliefert, aber bei Shift wird schon an der Übersetzung gearbeitet. Im Juli soll dann eine deutsche Version inklusive deutschem Handbuch fertig sein. Kunden, die TruePaint vorher kaufen, sollen das deutsche Handbuch nachgeliefert bekommen. Das Handbuch selbst ist ordentlich aufgebaut und führt den Benutzer kontinuierlich in die Arbeit mit TruePaint ein, wobei auch Grundlagen über Computergrafik vermittelt werden. Die Installation ist ebenfalls gut erläutert und wird auch von einem Installationsprogramm einfach und problemlos erledigt.

Der Lieferumfang von PixArt konnte wegen der Vorabversion noch nicht beurteilt werden. Leider stand uns auch kein Handbuch zur Verfügung, so daß wir weitgehend intuitiv testen mußten. Die Testversion bestand aus vier Disketten, wobei der meiste Platz durch Beispielbilder belegt wurde. Die Installation war auch hier problemlos.

Oberflächliches

Beide Programme verfügen über eine saubere GEM-Oberfläche, wenn auch doch beide recht unterschiedliche Konzepte dabei verwenden. PixArt hat einen an Calamus angelehnten Aufbau, es wird also ein eigenes Desktop verwendet, in dem die Icons für die Zeichenfunktionen am linken Rand angeordnet sind und Icons für die Funktionsgruppen am oberen Bildschirmrand. Unter MultiTOS ist das schon etwas störend, da diese Funktionsleisten durch Fenster anderer Programme verdeckt werden können. In den Dialogen werden normale GEM-Dialoge verwendet, wobei auch Popup-Menus Verwendung finden. Bilder werden in einem GEM-Fenster dargestellt, getrennte Fenster für die Lupe und Blockoperationen stehen zur Verfügung.

Nach dem Start von TruePaint hat man zuerst nur die übliche GEM-Menüleiste am Bildschirm, sonst nichts. Erst nach dem Öffnen eines Fensters, Laden oder Neuanlegen eines Bildes sieht man die Werkzeuge von TruePaint, da diese als Icons am linken Fensterrand jeweils für das Fenster dargestellt werden. Im Gegensatz zu PixArt verwendet TruePaint konsequent Fensterdialoge, es werden also alle Dialoge in eigenen Fenstern untergebracht. Insbesondere für die Konfigurationsdialoge für die einzelnen Zeichenwerkzeuge ist das sehr praktisch, sofern der Bildschirm groß genug ist. Dann kann man sehr leicht und sehr schnell die Parameter für ein Werkzeug verändern und direkt weitermalen, indem man schnell das Fenster wechselt.

Funktionsumfang

Beide Programme haben die üblichen Zeichenfunktionen wie Stift, Linien, Sprühdose, gefüllte oder umrandete Flächen. Interessant sind daher eher die Besonderheiten, die die Programme bieten. TruePaint kann beispielsweise Vielecke erzeugen. Dabei haben Sie die Wahl zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Körpern. Weiterhin kann man in TruePaint auch die sog. Marker des VDI (das ist der Grafikteil des TOS) verwenden, wobei auch die Größe dieser Marker einstellbar ist. Darüber hinaus bietet TruePaint noch die Möglichkeit, ein regelmäßiges Gitter zu erstellen. Unter FontGDOS oder SpeedoGDOS kann TruePaint auch Bezierkurven darstellen. Die einzelnen Funktionen löst man entweder durch einen Klick auf ein Icon aus oder durch Betätigen der entsprechende Taste.

Durch einen Doppelklick auf das Icon erreicht man immer in die zugehörige Parametereinstellung. Zusätzlich zu den Tools am Fensterrand kann man in TruePaint eine Koordinatenanzeige, ein Gitter, ein Lineal und einen sog. Hot-Spot einblenden. In diesem Hot-Spot befindet sich ständig eine Vergrößerung der Umgebung des Mauszeigers, wobei sowohl die Größe des Ausschnitts als auch die Vergrößerung frei einstellbar ist. Auch die Toolbox mit den Zeichenwerkzeugen läßt sich abschalten, so daß man die gesamte Fensterfläche zum Arbeiten nutzen kann. Wem das immer noch nicht reicht, dem bietet TruePaint einen Fullscreen-Modus, in dem man das Bild ohne störende Fensterränder und Menüzeile bearbeiten kann. Auch auf einer Grafikkarte funktioniert das problemlos.

Interessant ist ferner der Pinsel von TruePaint. Mit diesem kann man nicht nur malen, sondern auch andere Effekte erzeugen. So lassen sich zum Beispiel Bereiche aufhellen oder abdunkeln, Farben vertauschen, Umrandungen erzeugen oder Bereiche verschmieren.

Dabei haben Sie die Wahl zwischen einem runden oder eckigem Pinsel oder auch einem Bereich, den man mit der Maus aufziehen kann. Bei Kreisbögen kann man vor dem eigentlichen Zeichnen auch noch die Anfangs- und Endwinkel und die Position verändern. Auch bei den regelmäßigen Vielecken kann man die Position und den Rotationswinkel noch verändern, bevor das Objekt gezeichnet wird.

PixArt: ein wenig Calamus-Feeling

Für interessante Effekte sorgt bei TruePaint ferner die Regenbogenfunktion. Mit dieser Option wird bei den Zeichenoperationen die Zeichenfarbe ständig in einem frei wählbarem Bereich umgeschaltet, so daß man sehr einfach Farbverläufe damit erstellen kann. Bei gefüllten Rechtecken geht der damit erzeugte Verlauf jedoch von außen nach innen, so daß man mit dieser Funktion leider keinen Verlauf von oben nach unten (oder rechts nach links) erzeugen kann. Dies kann man jedoch erreichen, wenn man ein Gitter mit Regenbogen erstellt und die einzelnen Linien des Gitters dicht genug nebeneinander legt. Dadurch lassen sich dann auch horizontale und vertikale Verläufe erzeugen.

Bei PixArt sind die Grundfunktionen ebenso vorhanden wie bei TruePaint. In der Iconübersicht von PixArt befinden sich zwar ein paar mehr Icons, aber all diese Funktionen lassen sich auch in TruePaint so einstellen, auch wenn man dort eventuell das Menü bemühen muß.

Die Auswahl der Zeichenfunktion in PixArt geschieht entweder durch einen Klick aufs Icon oder durch Drücken der entsprechenden Taste. Alternativ dazu kann man auch die rechte Maustaste betätigen und erhält dann ein Popup, in dem die viele Funktionen direkt erreichbar sind. Der Benutzer kann dabei auch selbst einstellen, welche Funktionen er wo in diesem Popup haben möchte, das ist im Konfigurationsdialog machbar.

Durch einen erneuten Klick mit der rechten Taste kann man das Menu auch wieder verschwinden lassen, wenn man es doch nicht braucht.

Im Gegensatz zu TruePaint finden bei PixArt alle Zeichenfunktionen mit der gerade eingestellten Stiftform statt, so daß man bei Kreisen und Rechtecken interessante Effekte alleine durch die Wahl der Stiftform erreichen kann.

Diese Form ist bei PixArt frei einstellbar, jedoch ist der Stift maximal 16 x 16 Pixel groß. Farbverläufe bei den Zeichenfunktionen unterstützt PixArt nicht. Dafür bietet es jedoch die Möglichkeit, ein Wacom-Digitalisiertablett anzuschließen, wobei man auch die Drucksensitivität dieses Tabletts ausnutzen kann. Allerdings stand uns für den Test kein Grafiktablett zur Verfügung. Ebenfalls ist es in PixArt möglich, direkt per GDPS-Treiber zu scannen, was viel Arbeit erspart. Ein solcher Treiber sollte mit jedem neueren Scanner geliefert werden, da dies ein Standard für Scannertreiber auf dem ST ist, und von allen wichtigen Programmen unterstützt wird.

Lupenrein

Beide Programme bieten zum Zeichnen auch eine Lupe an. Dabei ist die Lupendarstellung von TruePaint beschränkt auf eine Vergrößerung des aktuellen Bildes, in dem man dann einzelne Punkte in den möglichen Farben setzen kann. Die Vergrößerung kann man dabei in verschiedenen Stufen einstellen. Dies ist natürlich nicht sehr komfortabel, dieser Nachteil wird aber durch den einstellbaren Hot-Spot teilweise wieder ausgeglichen.

PixArt bietet auch in der Lupe den Zugriff auf alle Zeichenfunktionen, so daß man diese wesentlich besser nutzen kann. Sie können die Lupe in einem separaten Fenster darstellen, wobei die Änderungen nach jeder Zeichenoperation in das jeweils dazugehörende Fenster übernommen werden. Alternativ kann man auch direkt eine Vergrößerung für das Arbeitsfenster einstellen, so daß man das gesamte Bild in der Vergrößerung - oder Verkleinerung - bearbeiten kann.

Blockweise

Blöcke lassen sich in PixArt komplex verformen

In beiden Programmen können Sie Blöcke aus den Bildern kopieren oder ausschneiden und an anderen Stellen wieder einsetzen. Dabei kann man in True-Paint die Blockmarkierung noch verschieben und auch die Größe des Blockes verändern, bevor man ihn ausschneidet oder kopiert. Wenn man dann einen Block einfügt, hat man mehrere Möglichkeiten, diesen Block zu bearbeiten. Man kann diesen verkleinern oder vergrößern, oder auch vertikal oder horizontal verbiegen oder abknicken. PixArt bietet neben dem rechteckigen Block auch noch ein Lasso an, mit dem man mittels Linienzügen einen unregelmäßigen Bereich ausschneiden kann. Nachdem man in PixArt einen Block ausgeschnitten hat, öffnet sich ein neues Fenster und man kann man den Block auf vielfältige Art und Weise verformen. Man hat die Wahl zwischen einfach Größenveränderungen und Verzerrungen über Drehungen und schrägen Verzerrungen bis hin zu komplexen Projektionen. Dabei steht eine Vielzahl von vordefinierten Projektionsformen zur Verfügung, die teilweise auch durch Parameter beeinflußbar sind. Weiterhin kann man auch die einzelnen Stützpunkte des Transformationsgitters noch mit der Maus verschieben, so daß eigene Formen auch möglich sind. Sehr sinnvoll ist es auch, daß man diese Transformationen mehrmals hintereinander auf einen Block anwenden kann. Beeindruckend ist dabei die Geschwindigkeit. Nach einer kurzen Berechnung erscheint das neue Bild. Leider kann man die Anzahl der Gitterpunkte nicht einstellen.

Schreib’ mal

Ab und zu will man ja auch mal einen Text in einem Gemälde unterbringen. Für diesen Zweck bieten beide Programme die Möglichkeit, Texte einzufügen. Aber auch dabei verfolgen sie wieder ziemlich unterschiedliche Konzepte. True-Paint benutzt zur Ausgabe GDOS-Schriften, wobei SpeedoGDOS wegen der freien Einstellung der Schriftgröße bevorzugt wird: mit Speedo kann man in TruePaint die Größe, die Breite und auch den Winkel der Texte frei wählen. Allerdings unterstützt TruePaint bei der Schrift nicht die Regenbogen-Funktion, so daß Texte immer einfarbig sind. Leider akzeptierte TruePaint das von uns verwendete NVDI als GDOS nicht, so daß damit nur der Zugriff auf den Systemzeichensatz möglich war.

PixArt geht bei den Schriften einen ganz anderen Weg und verwendet Signum-Fonts. Dabei können sowohl Bildschirm- als auch Druckerzeichensätze verwendet werden. Da es Signum-Zeichensätze wie Sand am Meer als PD gibt, sind auch damit sehr viele Möglichkeiten zum Texteinsatz gegeben. Wenn man mit PixArt einen Text schreiben will, geht ein kleiner Texteditor auf, in dem man dann den gewünschten Text schreiben kann. Man kann auch Texte laden, allerdings dürfen sie dann nicht allzu lang sein. Als weiteres Feature bietet PixArt auch noch die Möglichkeit, für den Text einen Farbverlauf anzugeben. Dabei kann man für die einzelnen Zeilen der Zeichen festlegen, in welcher Farbe sie dargestellt werden sollen. Auch Verläufe kann man damit automatisch generieren, so daß es sehr einfach möglich ist, bunte Texte zu schreiben. Allerdings sind Drehungen nur über nachträgliches Bearbeiten als Block möglich.

Datenaustausch

Sowohl PixArt als auch TruePaint unterstützen eine Vielzahl von Dateiformaten, in denen sie Grafiken lesen und schreiben können. Dabei werden von PixArt neben vielen ST-spezifischen auch einige rechnerübergreifende Formate unterstützt. Die wichtigsten Verbindungen zu anderen Rechnerwelten sind dabei TIFF, IFF, PCX und (X)-IMG. Auch das Targa-Format wird von PixArt genutzt. TruePaint versteht ebenfalls alle oben genannten Formate. Allerdings fehlt noch die Unterstützung für das Degas-Format, welches PixArt bietet. TruePaint lädt Bilder über Module ein, die bei Bedarf nachgeladen werden. Dadurch ist auch eine leichte Erweiterung um andere Formate möglich. Beim Speichern werden bei TruePaint leider nicht alle Formate verwendet, aber immer noch eine ausreichende Auswahl. Vor allem die TIFF-Unterstützung ist bei TruePaint noch besser als bei PixArt. Denn leider ist TIFF nicht immer gleich TIFF, da man im TIFF-Format die Daten auf verschiedene Weisen packen kann. In TruePaint gibt es jedoch eine Möglichkeit, ein simples, unkomprimiertes TIFF zu verwenden, das sich normalerweise von jedem Programm lesen läßt.

Zu guter letzt...

Zusätzlich zu den schon angegebenen Funktionen haben beide Programme auch noch weitere Features. Mit TruePaint kann man einfache Animationen erstellen, bei denen Bilder hintereinander abgespielt werden. Dabei kann man die Wiederholfrequenz und das Verhalten am Ende der Animation einstellen. Weiterhin unterstützt TruePaint beim Zeichnen auch noch Spiegel- und Schatteneffekte. Man kann festlegen, ob und wie eine Zeichenoperation gespiegelt werden soll, und beim Schatten kann man die Farbe, die Richtung und den Abstand festlegen.

PixArt kann zusätzlich zu den schon besprochenen Möglichkeiten auch Bilder drucken. Auch ein Farbausdruck ist dabei möglich, sofern Sie über einen farbigen HP DeskJet verfügen. Weiterhin kann man in PixArt auch Seitenformate festlegen, so daß sehr leicht passende Bilder in den richtigen Auflösungen für eine weitere Verarbeitung möglich sind. Damit ist es kein Problem, direkt eine passende Bildgröße für DIN A5 in 300 dpi zu erzeugen. Beide Programme unterstützen ein »magnetisches« Raster fürs paßgenaue Zeichnen.

WERTUNG

TruePaint

Stärken: leicht zu bedienen, Fensterdialoge, vielfältige Optionen, Modulkonzept für Dateiformate

Schwächen: z. Zt. nur in Englisch, Lupe ist eingeschränkt

Preis: 199 Mark

TruePaint: Shift GmbH, Unterer Lautrup-weg 8, 2390 Flensburg

Fazit

TruePaint ist ein sehr gutes Malprogramm für diejenigen, die eine leichte und flüssige Bedienung bevorzugen und gerne auf ihrem Rechner Bilder malen wollen oder auch kleine Animationen erstellen. PixArt wendet sich mehr an diejenigen, die semiprofessionell Bilder erstellen und bearbeiten möchten, was vor allem durch die Seitenformatwahl und die Option des Scannens und des Digitalisiertabletts hervorgehoben wird.

Für eine professionelle Bildbearbeitung fehlen jedoch noch einige Funktionen. Optimal wäre sicherlich ein Programm, daß die guten Eigenschaften beider Programme in sich vereint, so z. B. den Bedienungskomfort und die Regenbogenfunktion von TruePaint mit den Blockfunktionen und der Lupe von PixArt.

Was bei beiden Programmen fehlt, ist die Möglichkeit, auch True-Color-Bilder in Auflösungen mit weniger Farben zu bearbeiten.-thl

PixArt: Omikron Soft + Hardware GmbH, Sponheimstr. 12, 7530 Pforzheim

WERTUNG

PixArt

Stärken: hervorragende Blockfunktionen, Lupe mit allen Zeichenfunktionen, verkleinerte Darstellung möglich, individuelles Seitenformat

Schwächen: keine Fensterdialoge, keine Vektorzeichensätze, keine Schriftdrehungen

Preis: 298 Mark


Dirk Steins
Aus: ST-Magazin 07 / 1993, Seite 26

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