E-Labor II: Datenerfassung leicht gemacht

Mit dem »E-Labor II« bietet Rhothron ein universelles Multifunktions-Interface für Hardware-Bastler, die ihren Computer zum Meßsystem erweitern wollen.

Kunststoffgehäuse für »E-Labor II«, die Platine alleine als Grundversion
Die Software wertet die Daten während der Messung aus

Die Firma Rhothron hat sich in der Atari-Szene einen Namen durch hochwertige Steuer- und Regeltechnik gemacht, sowie mit Hardware-Erweiterungen und professionellen Atari-Umbauten (19-Zoll-Rack etc.). Seit einiger Zeit vertreibt Rhothron auch das E-Labor II, das im Vergleich zum Vorgängermodell in Hard- und Software um viele interessante Features bereichert wurde.

Die Zielgruppe, für die das E-Labor entwickelt wurde, ist mit Sicherheit nicht beim professionellen Elektroniker zu finden, sondern viel eher beim lernenden Studenten, der seine Meßwerte auf komfortable Weise erfassen will bzw. einen Funktionsgenerator benötigt.

Das E-Labor II präsentiert sich in einem fast quadratischen und ebenso eleganten wie soliden Tischgehäuse und findet über ein externes ROM-Port-Interface Anschluß an den Computer. Die verschiedenen I/O-Buchsen sind an der Vorderseite des Gehäuses angebracht, so daß sich das Meßlabor auch bei Platzmangel schnell in den Atari-Gerätepark integrieren läßt. Allerdings ist der Anschluß der Interfacebox an den ROM-Port etwas gewöhnungsbedürftig und umständlich, da die extrem kurzen und unflexiblen (Flachband)Kabel immer wieder zu entnervendem Geräteschieben veranlassen. Laut Herstellerauskunft ist aber bereits ein Redesign der Interfacebox in Arbeit.

Das E-Labor II bietet vier gemultiplexte analoge Eingänge (BNC-Buchsen), die mit 8-Bit-Auflösung abgetastet werden. Über die Software lassen sich dazu an jedem Eingang (Ri größer 10k) die Spannungsbereiche 0 bis +250mV, 0 bis 2,5V, 0 bis 9,25V und 0 bis 25V einstellen. Über einen Widerstand kann auch ein Strom von 0 bis 25mA, 0 bis 250mA sowie 0 bis 2,5A abgefragt werden. Auf Wunsch sind alle diese Eingänge auch als bipolare Ausführungen erhältlich, beispielsweise von -2,5V bis +2,5V.

Die maximale Meßgenauigkeit liegt mit 2mV in einem Bereich, der bei mittleren Anforderungen durchaus akzeptabel ist. Auch die Wandlungszeit ist mit 2us (500kHz) zumindest für Anwendungen im NF-Bereich völlig ausreichend.

Bei den vier gemultiplexten analogen Ausgängen, die wie die Analog-Eingänge in Form von vier BNC-Buchsen an der Frontplatte erscheinen, handelt es sich ebenfalls um 8-Bit-D/A-gewandelte analoge Ausgänge. Ihr Spannungsbereich ist festgelegt auf 0 bis 2,5V, bzw. in der bipolaren Ausführung auf -2,5V bis +2,5V. Die Ausgangs-Impedanz liegt ebenfalls bei Werten größer lOkOhm, wobei die Einschwingzeit des Wandlers maximal 1us beträgt.

Beim einkanaligen Zähler-Eingang handelt es sich um einen TTL-kompatiblen Zähler, mit dem sich Frequenzen bis 20 MHz erfassen lassen. Die Meßzeit beträgt 0,1s bzw. ls mit einer Auflösung von 10Hz bzw. 1 Hz. Die Impulsbreiten liegen mit 8us bis 62s in einem Bereich, der die meisten Anwendungen abdecken dürfte. Auch eine Ereigniszählung von 1 bis 1 hoch 24 ist möglich.

Der Rechteck-Ausgang ist TTL-kompatibel und besitzt eine über die Software einstellbare Frequenz von 62,5 kHz bis 0,001Hz sowie eine Auflösung von 16 us.

Für einfache Schaltfunktionen verfügt das E-Labor über vier Relais-Ausgänge (steckbare Lüsterklemmen), die Belastungen bis zu 5A bei 250V AC bzw. 60V DC standhalten. Die Schaltzeit beträgt weniger als 100ms. Die übrigen Lüsterklemmen an der Frontplatte dienen als digitale Opto-Eingänge (zwei Kanäle) mit einem Eingangspegel von 0 bis 5V und einem Eingangsstrom von weniger als 5mA. Spannungen kleiner 2,4V werden hierbei als Low und Spannungen größer 4V als High interpretiert.

Das E-Labor II läßt sich auch zur rein digitalen Steuerung verwenden. Hier kommen acht TTL-Ein- und Ausgänge zum Einsatz. Den aktuellen digitalen Pegel kann der Anwender über acht Leuchtdioden kontrollieren.

Das Innere des Geräts ist sauber aufgebaut, die Platine ein Schmuckstück in Multilayertechnik. In der ersten Version des E-Labors übernahm noch der Atari-Computer die Spannungsversorgung des Geräts, so daß das schlecht gesiebte und zu schwache dimensionierte Netzteil des ST für die teilweise ungenügenden Meßergebnisse des E-Labor I verantwortlich war. Deshalb verabreichten die Entwickler dem Nachfolger eine eigene Stromversorgung.

Rhothron liefert das E-Labor II mit rund drei MByte-Software. Konkret umfaßt das Paket einen Datenlogger (Mehrkanal-Schreiber), einen Transientenrecorder (NF-Oszillograph) und eine Prozeßsoftware für Steuer- und Regelungsaufgaben.

Am ausführlichsten wollen wir den Transientenrecorder in der Version vom November ‘92 unter die Lupe nehmen, da der Datenlogger in einem späteren Testbericht eigens besprochen werden soll. Vorab ist allerdings zu erwähnen, daß es sich bei der neuen Version des Transientenrecorders immer noch um eine Betaversion handelt, die im Test noch nicht stabil mit dem E-Labor II funktionierte.

Grundsätzlich läuft der Transientenrecorder auf allen Atari-Computern (auf einem TT natürlich in Farbe) mit min. einem MByte RAM. Die eingeschränkte Version, die dem E-Labor beiliegt, verfügt im Gegensatz zur Vollversion über keine Pre/-Postfecht-Triggerung und keine Frequenz- bzw. Amplitudenanalyse.

Die Transientenrecorder-Software unterstützt 16 analoge und 24 digitale Eingänge, die nahezu gleichzeitig erfaßt und am Bildschirm dargestellt werden können. Weiterhin ist die Definition von 24 digitalen und zwei analogen Ausgangssignalen möglich.

Grundsätzlich wurde die Software so programmiert, daß sie sich dem Anwender soweit wie möglich wie ein richtiges Oszilloskop präsentiert. Daneben ist aber auch noch die Darstellungsform früherer Versionen per Menü möglich, so daß sich der Anwender seine individuell bevorzugte Darstellung aussuchen kann und meist keine Umgewöhnung notwendig ist.

Meßbereich und die Darstellung der Meßdaten bestimmen
Die Software erlaubt analoge und digitale Darstellung
Der Triggerpegel läßt sich frei bestimmen
Fast-Fourier-Transformation bietet erst der Falcon 030

Im Menü »Datei« bestimmen Sie die obligatorischen Dateioperationen wie auch das Abspeichern der Voreinstellungen. Wie in der alten Version unterscheidet die Software zwischen reinen Binärdaten und ASCII-Datenformat. Unter »Eingang« bestimmen Sie — falls Sie nicht zu den E-Labor-Benutzern gehören und die Software alleine nutzen — den angeschlossenen A/D-Wandler und Timer, wobei ein Doppelklick in das Konfigurationsmenü (Meßbereich, Darstellung) der jeweiligen Hardwarebaugruppe fuhrt.

Analog zu diesem Menüpunkt arbeitet das »Ausgangmenü«, in dem Sie ähnliche Einstellungen bezüglich der Signalausgabe treffen. Unter »diverse Funktionen« bietet die Software einige komfortable Meßoperationen: So wählen Sie hier z.B. unter der Funktion »Averaging« verschiedene Online-Analysearten an. Außerdem findet sich hier der Menüpunkt »FFT«, der in der Testversion allerdings noch ausgeblendet war. Dabei handelt es sich um eine Fast-Fourier-Transformation, die nur auf dem Falcon 030 aktiv sein wird und eine

Echtzeit-FFT durchführen soll. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls eine Wasserfall-Darstellung geplant. Im letzten Menüpunkt »Optionen« bestimmen Sie u. a. die Adressen der Hardware Baugruppen sowie grundlegende Einstellungen wie Farbe und Darstellung. An der linken Seite, neben dem eigentlichen Oszilloskop-Fenster, befinden sich einige Icons bzw. Anzeigeelemente, die Sie vor/bei- und nach erfolgter Messung über verschiedene Werte (Effektivwerte, Maxima, Minima etc.) der gemessenen Funktion informieren.

Hervorragende Dokumentation

Selbstverständlich lassen sich die gemessenen Kurven auch nachträglich bearbeiten. Neben dem Zoom, bei dem zwischen den Stützstellen interpoliert wird, sind noch verschiedene Statistikfunktionen vorhanden. Haben Sie beispielsweise eine Funktion in den Speicher eingelesen, ermitteln Sie später mittels frei verschiebbarer Cursorlinien für Sie interessante Werte bzw. Differenzwerte in Amplitude und Frequenz. Für eine eventuell notwendige Dokumentation der Kurven ist in diesem Zusammenhang auch der beiliegende Hardcopytreiber von großer Hilfe.

Ein besonderes Lob verdient die zum E-Labor II gehörende Dokumentation. Neben der obligatorischen Beschreibung aller implementieren Funktionen erfährt der Leser auch allgemeines über die korrekte Messung von Signalen und ihre theoretischen Hintergründe (Nyquist-Kriterium etc.), die speziell bei der Digitalisierung von analogen Signalen zu beachten sind.Ebenfalls positiv fallt die Hardwarebeschreibung des E-Labors auf, da sie sich nicht nur auf die bloße Beschreibung der Leistungsmerkmale beschränkt, sondern sich auch umfassend auf die einzelnen Hardwarebaugruppen bezieht, deren Schaltbilder in der Dokumentation vorhanden sind.

Beim Einsatz des E-Labor II sollte man sich stets vergegenwärtigen, daß es sich nicht um ein High-Tech-Digital-Oszilloskop im Zehntausendmark-Bereich handelt. Einer Messung von Frequenzen oberhalb 10 kHz ist daher schon allein aus Gründen der realisierten (in der derzeitigen Version) Hardware (keine Schirmung etc.) nicht zu trauen. Im unteren NF-Bereich jedoch steht die Glaubhaftigkeit der Meßergebnisse außer Frage.

Im wesentlichen profitiert das E-Labor von der ausgezeichneten Software, die mit ihrer Funktionsvielfalt weit über den reinen Bastlerbedarf hinausreicht. Besonders interessant dürfte das Sytem in Zukunft mit dem Falcon 030 werden, da der neue Atari bereits einen hervorragenden internen A/D-D/A-Wandler besitzt, (hu)

Rhothron GmbH, Entenmühlstr. 57, 6650 Homburg/Saar

WERTUNG

E-Labor II

Hersteller: Rhothron

Preise: Plus: 998 Mark nur Platine: 498 Mark Preise zzgl.MwSt.

Stärken: ausgezeichnete Software mit guter Dokumentation, solide Hardware mit vielen I/O-Funktionen

Schwächen: oberhalb 10 kHz treten Meßfehler auf.

Fazit: für den gehobenen Bastler und Studierenden durchaus ein alternativer Einstieg (zur Vielzahl von DOS-Systemen) in die computergesteuerte Meßdatenerfassung.

Die Grenze des Glaubhaften: 20-kHz-Rechteck
Messung auf dem Ozilloskop als Vergleich

Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 04 / 1993, Seite 44

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