Twist Database: Raider beißt jetzt Twix

Zur CeBIT wußten wir von einer neuen Datenbank namens »Spirit Database« zu berichten. Mittlerweile heißt sie »Twist Database«. Das Konzept ist gleich geblieben: leicht bedienbar.

Einen Tod muß man sterben: Entweder ist eine Datenbank simpel zu bedienen, kann aber nicht sonderlich viel, oder sie kann theoretisch alles, nur kommt kein normaler Anwender in vertretbarer Einarbeitungszeit mit der Bedienung klar. Meist drücken sich die Unterschiede bereits deutlich in D-Mark aus (obwohl die teuerste Datenbank natürlich nicht immer auch die beste ist). Wer in Karteikastenmanier Videos, Urlaubsbilder, Schallplatten, Musikcassetten oder ein paar Geburtstagstermine nebst Adressen verwalten will, greift am besten auf das reichhaltige Angebot des PD- bzw. Shareware-Markts zurück und wird es selten bereuen.

Twist Database sucht die Lücke zwischen den sogenannten Alleskönnern und allzu starren Maßanzügen und rückt damit in die Nähe von Oliver Victors »1st Base«. Maßgeblich bei der Entwicklung waren Benutzerkomfort und intuitive Erlernbarkeit, trotzdem will das Konzept flexibel genug für eigene Applikationen sein. Harald Schneider, Geschäftsführer bei Maxon: »Twist Database läßt sich in etwa mit dem File Maker auf dem Macintosh vergleichen: Diese Datenbank wurde zum Hit, weil sie sehr einfach zu bedienen ist und den meisten Anforderung genügt. Die Leute arbeiten wesentlich lieber damit, als z. B. mit dBase-Versionen, die auf dem Apple herumgeistern«.

Definition von Feldnamen mit Rechenverknüpfungen
Twist Database glänzt vor allem durch ausgefeilte Optik

Twist hält seine Daten nicht ständig im RAM, wie z.B. »1st Base«, »1st Address« oder »Easybase« das tun, sondern verwaltet sie auf Festplatte. Ein intelligenter Cache nutzt dabei aber den gesamten freien Arbeitsspeicher: Beim Suchen oder Scrollen etc. liest er die aktuelle Datei soweit wie möglich ins RAM. Bei allen weiteren Operationen entfallen dann Lesezugriffe auf das Speichermedium und Twist ist so schnell wie eine echte RAM-Datenbank.

Zum Testzeitpunkt lag der Redaktion allerdings nur eine englischsprachige Betaversion von Twist Database vor und es war noch keinerlei Anleitung vorhanden. Aussagekräftige Meßwerte beim Suchen, Sortieren oder Indexieren sparen wir uns daher für die deutschsprachige Version auf, die Ende November fertig sein soll Dann werden wir anhand einiger typischer Anwendungsbeispiele konkrete Vergleichswerte liefern.

Twist Database arbeitet idealerweise als selbständiges PRG, kann bei Bedarf aber auch als Accessory installiert werden. Accessory-Betrieb dürfte jedoch eher die Ausnahme bleiben, da allein das Hauptprogramm ohne Daten und Masken bereits rund 290 KByte verschlingt. Zum Vergleich: 1st Base benötigt knappe 50 KByte. Außerdem dient der Accessorymodus meist dazu, Daten per Clipboard in andere Applikationen, vornehmlich Textprogramme zu übernehmen. Und das geht auch einfacher: Mit dem integrierten Textsystem bzw. Editor lassen sich im Handumdrehen Serienbriefe anfertigen. Der Editor steht jederzeit zur Verfügung, nimmt Adressen und errech-nete Werte auf und bringt die Daten mit proportionalem Druckerfont zu Papier. Ein externes Textprogramm wird damit eigentlich überflüssig.

Nicht relational

Twist Database erlaubt keine direkten relationalen Verknüpfungen einzelner Dateien wie das beispielsweise 1st Base vorsieht (im Messebericht zur Atari-Messe hatten wir das irrtümlich behauptet). Allerdings bietet die intelligente Import-Exportfunktion durch ihre zahlreichen Operatoren die Möglichkeit, Datensätze selektiv und je nach Bedarf zwischen mehreren Tabellen zu tauschen. Damit entsteht zwar noch keine echte Relationalität, immerhin müssen gleiche Datensätze aber nicht für verschiedene Applikationen doppelt eingegeben werden — eine Lösung durch den Rücken ins Auge.

Wo liegen nun die besonderen Stärken des Programms, insbesondere solche, die Twist von Konkurrenzprodukten abheben? Kurz gesagt: bei der problemlosen flotten Maskengestaltung mit attraktiven optischen Gestaltungsmöglichkeiten, beim integrierten Textsystem für schnelle Produktion von Druckwerken an mehrere Adressaten sowie beim mächtigen Reportgenerator.

Ein kurzer Blick auf Pluspunkt Nummer eins: flotte Maskengestaltung. Nach dem Programmaufruf meldet sich Twist mit eigenem Desktop, der Clipboard, Papierkorb und Drucker-Icon trägt. Die neue Datenbank entsteht mit wenigen Handgriffen. Nachdem der Name feststeht, öffnet sich ein GEM-Fenster, in dem die einzelnen Felder der neuen Maske definiert werden (»edit fields«). Natürlich erhalten sie je einen passenden Datentyp (Text, Zahl, Integer, Datum) sowie einige Attribute. Rechenverknüpfungen, Nachkommastellen etc. werden den Feldern ebenfalls hier zugewiesen. Interessant: Die Maske erlaubt auch Klickboxen und Radio-Buttons. So lassen sich für jeden Satz Bedingungen definieren (z. B., ob ein Vereinsmitglied seinen Beitrag schon bezahlt hat oder ob das Mitglied Anfänger, Fortgeschrittener oder Schachprofi ist).

Besondere Möglichkeiten bietet Twist bei der optischen Gestaltung der Maske (»edit form«): Im Handumdrehen sind Felder zu Gruppenrahmen zusammengefaßt und mit einem gemeinsamen farbigen Hintergrund unterlegt. Hinzugeladene Images geben der Maske ein ansprechendes Äußeres, Fonts ergänzen die Gestaltungsmöglichkeiten.

Über den zweiten Pluspunkt ist das Wichtigste eigentlich schon gesagt. Der integrierte Editor (im GEM-Fenster) hat allerdings noch weitere Vorzüge. So erkennt er z. B. ASCII-Dateien und liest sie ein. Auch hier gibt es diverse Gestaltungsmöglichkeiten (Schriftattribute, Cut/ Copy/Paste etc.).

Ein Kapitel für sich ist der Reportgenerator. Zur Ausgabe von Datensätzen auf Briefpapier, Etiketten und Formulare bietet Twist Database einen grafisch gesteuerten Reportgenerator mit umfangreichen mathematischen und statistischen Funktionen sowie String-Operationen. Anwendungsbeispiele und genauere Erläuterungen werden wir präsentieren, wenn die fertige Programmversion vorliegt.

Twist Database macht einen interessanten ersten Eindruck. Mit 298 Mark liegt der Preis etwas über 1st Base (248 Mark) und deutlich unter Phoenix (448 Mark). Twist läßt sich von allen ST-Datenbanken noch am ehesten mit 1st Base vergleichen. Auf den ersten Blick ist 1st Base etwas schneller als Twist, beschränkt sich im Datenumfang aber auf den Arbeitsspeicher. Außerdem bietet 1st Base weniger Möglichkeiten bei der Maskengestaltung. Der grafisch gestützte Reportgenerator von Twist macht wesentlich weniger Probleme als der von 1st Base. Dafür eignet sich 1st Base wesentlich besser zum Accessorybetrieb, was Twist wiederum durch intelligente und flexible Import-Exportfunktionen ausgleicht.

Letztendlich muß jeder selbst entscheiden, auf welche Features er besonderen Wert legt. Eins jedoch ist sicher: Twist Database wird genauso wie 1st Base auch unter Multi TOS und auf dem Falcon laufen... (hu)

Einfaches Gestalten von Reports mit der Maus ist möglich
Gestaltungsattribute für die Eingabemaske
Definition von Datentypen und Rechenfunktionen
Der integrierte Editor erlaubt diverse Textattribute

WERTUNG

Twist Database

Hersteller: Mermaid Group/Maxon
Preis: 298 Mark

Stärken: Attraktive Maskengestaltung, leicht bedienbar, integrierter Editor, intelligenter Import/Export, mächtiger Reportgenerator

Schwächen: taugt kaum zum Accessorybetrieb

Fazit: Die Betaversion machte einen überzeugenden Eindruck. Wir freuen uns auf die Vollversion!

Maxon Computer GmbH, Schwalbacher Str. 52, 6236 Eschborn


Hartmut Ulrich
Aus: ST-Magazin 11 / 1992, Seite 36

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