Komprimierungsprogramme: Gesundschrumpfen

Packer dienen in erster Linie zur preisgünstigen Übertragung von Daten per DFU. Sie lassen sich aber auch anderweitig sinnvoll einsetzen.

xShell macht das Packen zum Kinderspiel

Wer keine DFÜ (Datenfernübertragung) betreibt, dem wird der Begriff »Packer« nicht so ganz geläufig sein: Packer sind Programme, die Daten oder ganze Unterverzeichnisse in einer Datei komprimiert zusammenfassen. So lassen sich Übertragungszeiten verkürzen, Geld sparen und es wird keine Datei vergessen. Auch klar: Die komprimierten Daten müssen vor ihrer Benutzung wieder entpackt werden. Aber auch für die Anwender, die keine DFÜ betreiben, sind Packer durchaus zu empfehlen. Die Datenmengen auf der heimischen Festplatte werden immer gewaltiger und nicht jeder hat das Geld, sich immer größere Kapazitäten jenseits der 200-MByte-Grenze anzuschaffen. Sicherlich kann man die selten benutzen Daten auf Disketten auslagern, was aber auch eine nur bedingt taugliche Alternative ist. Sinnvoller ist es da schon, wenig benutzte Programme und Daten zu archivieren, was neben einem geringeren Platzbedarf auch eine bessere Übersicht erlaubt. Wer z. B. häufiger über den Postweg PD und Shareware tauscht, kann durch Einsatz von Packern Disketten und Porto sparen. DFÜ-fremde Anwendungsbereiche gibt es also genug, so daß es sich auch für »modemlose« Atarianer lohnt, einen genaueren Blick auf die Komprimierer zu werfen.

Über die Wirkungsweise von Packern soll an dieser Stelle nichts geschrieben werden [1], vielmehr möchten wir die verbreitetsten Komprimierungsprogramme auf ihre Leistungsfähigkeit hin untersuchen und versuchen herauszufinden, welcher Packer sich für welchen Zweck am besten einsetzen läßt.

Die bekanntesten Packer sind LHarc, ARC, ST-ZIP und ZOO, wobei seit einiger Zeit LHarc- (.LZH) und ZIP-Archive in Mailboxen ganz klar dominierend sind.

Für den Test lagen uns folgende Versionen der Packer vor: LHarc 2.011, ST-ZIP 1.1, ZOO 2.1 Rel.4, ARC 6.02. Alle diese Packer sind übrigens in der Lage, Pfadstrukturen zu speichern und beim Entpacken wieder zu restaurieren. Darüber hinaus sind sie alle Public Domain, ST-ZIP ist »Postcardware«, d.h. der Autor möchte vom Anwender eine Postkarte aus dem Wohnort zugesandt bekommen. Der für den Test verwendete Rechner war ein alter 520er mit TOS 1.04, 2.5 MB RAM und einer neuen 48er Seagate Festplatte.

Bei unserem ersten Test haben wir den Packern exakt ein MByte Daten vor-gesetzt, die sich zu 20 Prozent aus Bildern (alle verbreiteten Formate), zu zehn Prozent aus Sounddaten (*.SND, *.MUS, *.MOD), zu 10 Prozent aus Texten (ASCII), zu 30 Prozent aus Programm- und Accessory-Files und zu 30 Prozent sonstigen Daten (Resourcen, GFA-Sourcen, Parameterdateien, Fonts, usw.) zusammensetzen. Dies sollte ein repräsentativer Querschnitt dessen sein, was der Durchschnitts-User auf seiner Festplatte hat.

Wie aus der Tabelle ersichtlich, komprimierte LHarc dieses Datenpaket am besten (Packrate von 59 Prozent), brauchte dazu aber auch fast acht Minuten. Der direkte Konkurrent, ST-ZIP, verfrachtete die Testdaten in ein Archive mit der Länge von 470315 Byte (Packrate: 53 Prozent), schaffte dies allerdings in vergleichsweise schnellen 4:48 Minuten.

Die beiden anderen Packer ARC und ZOO komprimierten unsere Datensammlung mit einer nahezu gleichen Leistung von 43 Prozent und liegen damit weit abgeschlagen hinter LHarc und ST-ZIP. Um den Test abzurunden, haben wir auch die Zeit gemessen, die die Packer zum Dekromprimieren des Archives benötigten.

Sparsam in der Anwendung

In unserer zweiten Testreihe haben wir untersucht, wie sich das Packverhalten der einzelnen Datenpacker auf bestimmte Datentypen auswirkt. Dazu haben wir die in der Datensammlung vorkommenden Daten (Bilder, ASCII Texte, Sound-Daten, Programme und Ac-cessorys, diverse Daten) getrennt packen lassen. Damit wollten wir untersuchen, ob sich Packer für bestimmte Daten besser eignen, als andere. Ein Heimanwender, der nicht auf bestimmte Archivtypen in Mailboxen festgelegt ist, könnte so seine Datensammlung optimal verkleinern.

Unsere Ergebnisse ersehen Sie aus der zweiten Tabelle. Bei ihm ergaben sich die gleichen Tendenzen wie im Durchschnittstest. LHarc hat bei allen Datentypen die höchste Komprimierungsrate, braucht dazu aber auch wesentlich länger, als ST-ZIP, das in Sachen Komprimierfähigkeit nur knapp hinter dem Quester-LHarc liegt. Besonders bei der Komprimierung von Bilddateien und bei Sound-Daten hat LHarc einen relativ großen Abstand zu den anderen Packern. Die beiden »Oldies« ARC und ZOO sind auch bei diesem Test weit abgeschlagen und haben somit auf der Suche nach dem effektivsten Packer nur noch Erinnerungswert.

In einem dritten und letzten Test haben wir LHarc und ST-ZIP unter »Alltagsbedingungen« verglichen. Beide bekamen ein »Maus-Tausch«-File mit etwas mehr als einem MByte Länge aufgetischt. Für alle nicht DFÜ ler: Ein MausTausch-File (Outfile) beinhaltet sämtliche Nachrichten aus dem »MausNet« eines bestimmten Zeitraumes und besteht aus ASCII-Text. LHarc schrumpfte das File in 7:24 Minuten um 59,7 Prozent, ST-ZIP in vergleichsweise rasanten 3:26 Minuten auf 59,1 Prozent — in der Packrate also nahezu identisch, ST-ZIP jedoch benötigte weniger als die Hälfte der Zeit, die LHarc den Rechner blockierte. Und wer ein schnelles Modem hat und womöglich an einer Atari-Maus pollt, der nimmt die 0,6 Prozent mehr Daten sicherlich gerne in Kauf, wenn er fast vier Minuten beim Tausch spart!

Die Packer ARC, LHarc und ZOO sind TTP-Programme und verfügen somit über keine Bedienungsoberfläche. Die Kommandos werden über die TOS-Parameterbox eingegeben. Dies schreckt viele Anwender sicherlich zuerst einmal ab, da man dies als Rückschritt in Richtung MS-DOS pur erachtet. Obwohl die direkte Eingabe der Kommandos sehr wohl Vorteile hat (unbequem, dafür aber schnell), gibt es selbstverständlich auch sogenannte Packer-Shells. Dies sind Programme, in denen der Anwender in gewohnter GEM-Manier einstellen kann, was der Packer tun soll, und die dann dem Packer eine entsprechende Kommandozeile übergeben. Die Arbeit des Anwenders besteht dann lediglich aus Knöpfedrücken, das Studium der Kommandos für den Packer entfällt.

Packer-Shells gibt es viele und sie haben alle ihre Vor-und Nachteile. Meistens jedoch sind sie nur auf einen bestimmten Packer ausgerichtet. Anders »XShell«, die mit allen gebräuchlichen Packern zurechtkommt und außerdem auch noch auflösungsunabhängig und TT-tauglich ist. Zwar ist die Oberfläche dieser Shell nicht gerade erbauend, dafür aber funktionell und einfach zu bedienen — und darauf kommt es schließlich an. Zur Installation müssen lediglich alle Packer in den XSHELL-Ordner verfrachtet werden und schon kann nach herzenslust ge- und entpackt werden, ohne sich mit den unterschiedlichen Packerkommandos aufhalten zu müssen.

ST-ZIP paßt sich in optimaler Weise den Wünschen des Anwenders an. Wird das Programm mit der Extension *.PRG versehen und gestartet, erscheint eine gut zu bedienende GEM-Oberfläche mit wahlweiser englischer, französischer oder deutscher Beschriftung (je nachdem welches Resource-File verwendet wurde). Wer mit ST-ZIP z. B. MausTausch betreibt oder einfach nur ein Fan von Kommandoeingaben ist, kann das Programm mit der Endung *.TTP versehen und umgeht so die Oberfläche. Prädikat: anwenderfreundlich!

Unsere kleine Testreihe ist sicherlich nicht wissenschaftlich, jedoch vermittelt sie einen Eindruck über die vier bekanntesten und meistgenutzten Komprimierungsprogramme. Die drei Tests bestätigen LHarc offensichtlich die beste Komprimierungsrate, aber die längste Packdauer. Wem es also nicht so sehr auf die Zeit ankommt und wer vielleicht auch zu den kreativen Usern gehört, bei dem sich also auf der eigenen Festplatte viele Grafik- und Sound-Daten befinden, dem können wir LHarc uneingeschränkt empfehlen. Die neue Version von ST-ZIP, die gegenüber den Vorgängerversionen von einigen unangenehmen Fehlern bereinigt wurde, verbindet die Packeffektivität mit einer akzeptablen Geschwindigkeit. Durchschnittlich liegt die Packrate von ST-ZIP lediglich drei Prozent unter der von LHarc, ist dafür aber um fast zwei Drittel schneller.

Fazit

Empfehlenswert also für Geschwindigkeitsfanatiker und Leute mit Festplatten, auf denen die unterschiedlichsten Datenarten Vorkommen. Die Packer ARC und ZOO können zwar zeitlich noch mithalten, komprimieren aber einfach nicht gut genug und können deshalb ohne weiteres in der Mottenkiste landen. Die Archive von LHarc und ZIP sind übrigens kompatibel zu ihren Äquivalenten auf anderen Rechnersystemen. Dem regen Datenaustausch in gepacker Form mit dem DOS steht also nichts im Wege, (thl)

[1] siehe z.B. c’t, Heft 7 92, Seite 231 ff. Autoren (Original und/oder Portierung): LHarc 2.011: Thomas Quester, Lampenland 9, 2000 Hamburg

ST-ZIP 1.1: Vincent Pomey, 2 alle’e Vale’ry Larboud, 92260 Fontenay aux roses, Frankreich

ARC 6.02: Darin Wayryen, 10851 N 43rd Ave #211, Phoenix AZ 85029, USA ZOO 2.01: Rahul Dhesi Gereon Steffens

Wer kein Modem besitzt, aber dennoch die neuesten Versionen der hier vorgestellten Packer und der XSHELL ausprobieren möchte, kann eine Diskette mit diesen Programmen beim »Pro Atari Computerclub« gegen zwei Mark in Briefmarken anfordern: Pro Atari Computerclub, Postfach 1453,6908 Wiesloch

Durchschnittliche Komprimierungsrate

gemischte Daten 1 000 000 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate/% Entpack./s
ARC 6.02 380 565945 43,4
LHarc 2.011 475 409001 59,1
ST-ZIP 1.1 284 470315 52.9
ZOO 2.01 378 564511 43.6

Aufschlüsselungnach Typen

Bilder 197 042 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate %
ARC 6.02 60 77590
LHarc 2.011 88 57823
ST-ZIP 1.1 60 67515
ZOO 2.01 61 79005

Diverses 299 346 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate %
ARC 6.02 120 155455
LHarc 2.011 155 107363
ST-ZIP 1.1 96 122943
ZOO 2 01 119 157309

Programme/Accessorys 299 518 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate %
ARC 6.02 125 204445
LHarc 2.011 135 146477
ST-ZIP 1.1 80 156014
ZOO 201 118 202191

Sound 103 794 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate %
ARC 6.02 48 72545
LHarc 2.011 52 54485
ST-ZIP 1.1 25 78106
ZOO 2.01 45 73486

ASCII-Text 100 300 Byte

Zeit/s Archiv/Byte Packrate %
ARC 6.02 41 54197
LHarc 2.011 53 42512
ST-ZIP 1.1 23 44590
ZOO 2.01 38 52912

Michael Vondung
Aus: ST-Magazin 11 / 1992, Seite 52

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