Ob es in einigen Jahren »Ultima CXXXVII« geben wird? Immerhin findet der Rollenspiel-Klassiker »Ultima« mit »Back to Britannia« bereits seine sechste Fortsetzung.
Wie nicht anders zu erwarten, geht’s auch diesmal zurück in finstere Zeiten, geht es in die Welt von dunklen Mächten und feuriger Magie. Alte Rollenspielhasen können ihren Heldencharakter aus dem fünften Teil verwenden. Wer mit Folge sechs seine erste Bekanntschaft mit dem Klassiker macht, entwirft zuerst eine Spielfigur, indem er ihr Name, Geschlecht und ein Porträt zuordnet. Eine reagenzglasschüttelnde Zigeunerin mixt dann den eigentlichen Charakter in einem speziellen Trank zusammen, auf den der Spieler durch Beantwortung von mehreren Schlüsselfragen Einfluß nehmen kann.
Was den Held (oder die Heldin) im Spielverlauf erwartet, vermittelt ein kunterbunt animierter Vorspann: Im schönen Britannia kreuzte vor langer Zeit der dämonische Mondain auf, wurde jedoch vom mächtigen und guten Ayatar (dem Spieler) immer wieder bezwungen. Diesmal schleudert ein Gewitter magische Mondsteine zur Erde. Als der Ayatar daraufhin in die Parallelwelt Britannia eilt, regnet es bereits aggressive Monster. Aber wozu hat Mandrei alte Freunde? Zu viert eilt die Party zum königlichen Hof von Britannia, zu Lord British. Ab da mischt sich der Spieler wieder ein. Er stellt fest, daß die Monsterplage ein landesweites Problem ist. Keiner weiß, wie man den mordlüsternen Untieren beikommt.
Während der Held und seine Kumpane Monster oder Bewaffnete niedermetzeln, sammeln sich die Erfahrungspunkte. Im Kampf geht die Heldenparty entweder computergesteuert vor oder verläßt sich auf den Rollenspielinstinkt des Spielers. Hin und wieder gibt’s sogar neue Waffen. Zombieherden allerdings sollte man meiden wie die Pest. Da hilft nur der richtige Zauber, gebraut mit Hilfe von Formel und Zutaten. Zaubern erfordert etliche Erfahrungspunkte.
Im Lande Britannia sind nicht alle 200 Figuren einfach gut oder böse. Vieles entscheidet sich z. B. über das geniale Kommunikationssystem, das leider nur in Englisch läuft. Es beugt zeitraubenden Irrtümern und dämlichen Fragen automatisch vor. Unterhält sich die Party mit einem fremden Charakter, sind alle Stichworte rot markiert, bei denen sich Nachhaken lohnt — praktischer geht’s kaum.
Aus den Gesprächen kann sich manch nützliche Freundschaft entwickeln: Trifft die Party nette Leute, können sie dem Vierergespann durchaus hilfreich sein — und sei es nur zum Tragen der gesammelten Gegenstände. Außerdem ist es immer sinnvoll, in größeren Trupps aufzutreten, denn Feinde haben dann schweres Spiel. Allerdings lauern schon mal Meuchelmörder im Hinterhalt. In seinem kleinen Grafikfenster bemerkt der Spieler das erst, wenn er schon davorsteht. Ansonsten betrachtet er die Landschaft aus der Vogelperspektive.
Fast immer schlägt sich der Trupp zu Fuß durch. Bei bestimmter Konstellation beider Monde geht’s aber mit einem Affenzahn durch die Gegend, indem die Helden Dimensionstore nutzen. Wo solche Teleporter stehen, ist auf einer Karte zu finden, die der Spieler auf Tastendruck über den Ereignisbildschirm einblenden kann.
Die Geschichte entwickelt sich Stück für Stück auf die Ereignisse aufbauend weiter. Ultima VI ist wie ein Buch, in dem man die Geschichte selbst steuert und das man deswegen nicht mehr aus der Hand legen kann. Allerdings kann es auch wie ein Buch mit Seiten aus Blei sein — wenn der Computer zu langsam ist. Mindestanforderung an den Arbeitsspeicher ist ein MByte, sonst passiert überhaupt nichts. Mehr Ausstattung mit RAM ist aber empfehlenswert, da der Rechner dann nicht ständig nachladen muß — ein Opfer an die, zumindest für’s Genre, detaillierten Grafiken und netten Animationen.
Nicht zu vergessen die Sounds, die fein aus dem Lautsprecher zirpen und flöten. Immerhin sieben hübsche Stücke sind geboten. Alles in allem ist »Ultima VI« ein sehr komplexes und gut durchdachtes Spiel, das hervorragend umgesetzt wurde. Es ist so intelligent konzipiert, daß nicht nur eine einzige unverrückbar festgelegte Lösungsreihe zum Ziel führt: Wie in Wirklichkeit führen viele Wege nach Rom. Neben dem luxuriösen Frage-Antwort-System verdient auch die Steuerung Lob.
Kaum mit Worten zu beschreiben ist die dichte Atmosphäre: Ebenso wie die Handlung verwebt sie sich mit fortschreitender Spieldauer immer mehr zu einer echten Parallelwelt. Sowas hat natürlich seinen Preis — und damit ist nicht nur das Geld gemeint: Abgesehen von den Anforderungen an Speicher und Prozessor, beansprucht Ultima 6 auch die Nerven. Das fangt damit an, daß drei Disketten Daten entpackt und am besten auf Festplatte verstaut werden müssen. Übrigens: Für ST-Besitzer ist Ultima 6 das letzte auf Diskette. Nachdem die Spiele immer komplexer werden, soll auch die Technik nicht zurückstehen. Origin wird die Fortsetzungen wohl nur noch für PC-CD-ROM entwickeln. Wie schade für alle eingefleischten ST-Jünger! (hu)
WERTUNG
Ultimq VI — Back to Britannia
TT ✘ STE ✓ ST ✓
Hersteller: Origin
Preis: ca. 120 Mark
Mono: nein
Genre: Rollenspiel
Grafik: 4 von 6
Sound: 3 von 6
Motivation: 6 von 6
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