Crack Art: Farben-Crack

Frische Farben für Atari bietet das Shareware-Malprogramm »Crack Art«. Die Funktionsvielfalt läßt kaum Wünsche offen.

Die Steuerungszentrale von Crack Art

Während im Ausland der Atari standardmäßig mit einem Farbmonitor ausgeliefert wird, dominiert hierzulande der Schwarzweißmonitor SM 124. Vielleicht ist das — oder die englische Aufmachung — der Grund, weshalb das Malprogramm »Crack Art« von Jan Borchers und Detlef Röttger im Ausland bekannter ist als bei uns. An Funktionsarmut kann es jedenfalls nicht liegen, zumal farbtaugliche Malprogramme sowieso rar sind.

Natürlich können Sie Crack Art wie die meisten Atari-Programme starten und dank Iconsteuerung einfach loslegen. Wenn Sie dann feststellen, daß an dem Programm doch nichts Besonderes sei, sollten Sie sich das 130 KByte umfassende Handbuch ausdrucken. Auf rund 50 Seiten bekommen Sie Informationen über Programm, Autoren und alle Funktionen. Dabei betreiben die Autoren keine Seitenschinderei, sondern fassen sich teilweise schon fast zu kurz. Bei solch hoher Informationsdichte vermißt der Neuling allerdings ein Inhalts- und Stichwortverzeichnis.

Leider wird nicht auf GEM zurückgegriffen

Das für die niedrige Farbauflösung konzipierte Programm läuft auf allen Ataris einschließlich TT. Beim Speichern trägt es mit einem eigenen Grafikformat zu weiterer Verwirrung im Bilddatendschungel bei, kann dafür aber auch sehr viele Fremdformate wie Neochrome (.NEO), Degas (.PI?/PC?) und Artdirector (.ART) oder auch reine Schwarzweißformate wie Stad (.PAC) und GEM-Image (*.IMG) verarbeiten. Wird dabei die normale Bildschirmgröße überschritten, können Sie wahlweise einen Ausschnitt in die aktuelle Seite übertragen oder die Grafik auf mehrere Bildschirme verteilen. Wenn Sie eine Grafik in einen bereits belegten Speicher einlesen möchten, werden Sie vor drohendem Datenverlust gewarnt. Kleiner Schönheitsfehler der Laderoutine: man muß vor ihrem Aufruf den Dateityp festlegen, und kann nicht kreuz und quer aus seiner Sammlung laden.

Je nach Speicherausbau stehen bis zu neun Arbeitsbildschirme zur Verfügung. Dort zeichnen Sie mit diversen Standardfunktionen wie Freihandzeichnen, Linien, Kästen, Polygonen etc. Ihre neuen Kreationen.

Viele Schriften

Selbstverständlich gibt’s auch eine Textfunktion, die entweder den Systemzeichensatz verwendet oder auf den nahezu unerschöpflichen Vorrat von Signum-Schriften zurückgreift. Wegen der etwas eigentümlichen Verwaltung via Pufferseite, können Sie auch gut Modifikationen nach eigenen Vorstellungen vornehmen. Damit Sie bei einem größeren Projekt nicht den Überblick verlieren, läßt sich jederzeit eine verkleinerte Übersicht aller belegten Bildschirme aufrufen. Dabei können Sie wählen, ob Sie eine Graustufenumrechnung wünschen oder eine Farbdarstelluung, bei der aber nur die aktuelle Farbpalette beachtet werden kann (die anderen Bilder erscheinen in »Falschfarben«).

Bei genügend RAM kann man neun Bilder bearbeiten

Die Stärken von Crack Art aber liegen im Verborgenen: eine ausgefeilte Blockmanipulation läßt kaum Wünsche offen. Das fangt mit der Blockdefinition an, die auf vier Arten möglich ist. Neben »normalen« viereckigen, sind außerdem runde und unregelmäßig geformte Bereiche möglich. Als Besonderheit können Sie einen Block auch anhand seiner Farbe definieren. Anschließend gibt es zwei grundsätzliche Arbeitsmethoden: entweder Sie ändern nur die Formgebung oder aber die Bildinformation des Blocks. So können Sie die Größe verändern, ihn drehen, verzerren, auf einen Tubus oder eine Kugel projizieren.

Verfremdungen

Auf der anderen Seite kann man die Bitmap mit mehr als 40 Effektfunktionen verbessern, verfremden, verändern. Dazu gehören beispielsweise umfangreiche Dither-, Filter- und Antialising-Operationen. Aber auch das Umrechnen eines Farbbildes in Graustufen oder das Einfarben eines (Schwarzweiß-) Bildes mit einem beliebigen Farbverlauf ist kein Problem. Auch beim letzten — oft unterschätzten — Schritt, dem Einpassen in ein vorhandenes Bild, zeigen die Autoren besondere Einfalle: hervorzuheben ist dabei eine Funktion, die den Blockpuffer genau in eine beliebige Lücke einpaßt.

Um vorhandene Bilddaten zu bearbeiten, wartet Crack Art mit weiteren Sonderfunktionen auf: ein grafischer Dateimonitor unterstützt die Suche nach Grafikdaten und Farbpaletten in Dateien, ein grafischer Diskettenmonitor hilft entsprechend beim Forschen auf Diskette. Sofern Sie trotz dieser Funktionsvielfalt noch immer etwas vermissen, bietet der Tausendsassa auch eine Benutzerschnittstelle für Profis: wenn Sie über solide Programmierkenntnisse in Assembler oder C verfügen, können Sie eine bis zu 5000 Byte lange Routine in das Programm nachladen. Die meisten Funktionen lassen sich übrigens auch per Tastatur erreichen. — Haben Sie sich nach mehreren Stunden der Pixelei eine kleine Verschnaufpause verdient, können Sie unter »Relax« eines von drei Spielchen zur Entspannung nutzen.

Crack Art bietet viele Manipulationsmöglichkeiten

Eine Option, die bei Farbprogrammen immer etwas mager ausfallt, ist das Drucken. Die Farbenpracht des Bildschirms läßt sich leider nicht ohne weiteres aufs Papier bringen. Bei Crack Art erfolgt der Druck über ein Assemblerprogramm, das individuell ans jeweilige Ausgabegerät angepaßt werden muß. Da die Autoren hier gerade das Konzept umgestellt haben, ist das Angebot an Treibern momentan noch gering. Immerhin bietet sich über vom Programm berechnete Farbauszüge eine einfache Möglichkeit, farbige Bilder auch mit einem Schwarzweißdrucker und unterschiedlichen Farbbändern (schwarz, rot, grün, gelb) in drei bzw. vier Durchgängen auszudrucken.

Unterm strich

Crack Art präsentiert sich als umfassendes Farbgrafikprogramm, das kaum Wünsche offen läßt. Kritische Benutzer mögen bemängeln, daß es leider nur die niedrige Auflösung unterstützt, auch auf dem TT. Auch die starke Abweichung von GEM wird manchen vielleicht stören, da Probleme mit MultiTOS vorprogrammiert sind. Natürlich sind die vielen Sonderfunktionen ohne genaues Handbuchstudium kaum zu nutzen, doch das ist eben der Preis für die überdurchschnittliche Auswahl an Grafikwerkzeugen, die sonst kaum ein Programm bietet. Wer in Farbe kreativ sein möchte, kommt an diesem Programm kaum vorbei, (thl)

Jan Borchers, Vititorwall 10,3380 Goslar Detlef Röttger, Vienenburger Str. 27, 3387 Vienenburg 2

FTP-Server des Rechenzentrums der Techni sehen Universität Clausthal: sun.rz.tu.claus-thal.de oder 139.174.1.3
Maxon ST-PD # 550, Schwalbacher Str. 52, 6236 Eschborn


Thorsten Luhm
Aus: ST-Magazin 10 / 1992, Seite 120

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