Public Painter Monochrom 2.0: Pixelwunder

Man könnte meinen, daß der ST in Sachen Malprogramm schon lange ausgereizt sei, doch »Public Painter Monochrom 2.0« folgt der alten ATARI-Philosophie »Power without the Price«. Es besticht durch interessante Ideen, durchdachte Bedienung und niedrigen Preis.

PPM bearbeitet bis zu 9999 Pixel große Bilder

Das Programm Public Painter Monochrom 2.0 von Hans-Joachim Berndt gehört zur Kategorie der pixelorientierten Malprogramme. Auf den ersten Blick scheint es ein »normales« Programm zu sein: es lassen sich Kreise und Linien Zeichen, Flächen füllen und Zeichnungen beschriften. Doch selbst bei solch trivialen Dingen unterscheidet es sich von anderen Programmen durch angenehme Bedienung, die fast alles ermöglicht, aber den Anwender nicht durch funktionsüberladene Menüs erschlägt: ein Klick auf ein Icon des Werkzeugkastens wählt die Funktion an, ein Doppelklick präsentiert das zugehörige Parametermenü. Zusätzlich lassen sich die meisten Funktionen auch wahlweise per Tastendruck aufrufen.

Überschaubar

Wer möchte, kann vieles bis ins kleinste beeinflussen. Bei den Linien beispielsweise läßt sich neben der Stärke auch die Art frei definieren (Striche, Punkte). Ebenso sind Anfang und Endpunkt rund, eckig oder in Pfeilform einstellbar. Bei der Beschriftung kann man bis zu zehn verschiedene Typen per Tastendruck anwählen, wobei natürlich ebenfalls die sog. Attribute (schräg, fett, outline etc.) und verschiedene Größen zur Auswahl stehen. Die Fülloption stellt neben den Standardmustern eine raffinierte Funktion zur Verfügung: statt mühsam in einem Editor eigene Muster punktweise zusammenzupixeln, kann man sich mit »Fill Catch« ein beliebiges Muster irgendwo auf dem Bildschirm ausschneiden.

Funktionsplotter inklusive

Mit vier unscheinbaren Schaltern des Werkzeugkastens wird jede geometrische Figur schon beim Zeichnen automatisch mit einem Muster oder Grauverlauf ausgefüllt. Bei Bedarf erscheint außerdem ein Schattenwurf. Als Arbeitshilfe steht neben einer permanenten Koordinatenanzeige eine Lupe mit verschiedenen Vergrößerungen zur Verfügung. Außerdem zeigt ein Informationsfenster das gesamte Bild mit allen interessanten Daten an. Im Vollbildmodus kann man durch das gesamte Bild scrollen.

Natürlich gibt es auch Blockoperationen. Neben Spiegeln und trickreichem Biegen findet man dort auch eine Glätten-Option, die Treppchenbildung bei Vergrößerungen nahezu wieder ausgleicht. Interessant für Programmierer ist die Möglichkeit, Blöcke in einem RCS-kompatiblen Format von Digital Research oder ins Klemmbrett abzuspeichern. Darüber hinaus gibt es dort weitere Möglichkeiten zur Manipulation von Buchstaben: Wenn man einen Zeichensatz wie ein Bild lädt, kann man ihn einfach ändern und anschließend wieder als neuen Zeichensatz abspeichern — ungewohnt, aber nicht schlecht.

Ungewöhnlich

Doch der Programmautor hat noch weitere Überraschungen auf Lager. Es gibt einige Situationen, die man normalerweise nicht mit einem Malprogramm in Verbindung bringt, die sich dort aber leichter lösen lassen. So kann man vorbereitete ASCII-Texte direkt in ein Arbeitsfenster einiesen. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn man kleine Handzettel oder Hinweisschilder mit grafischen Elementen ausschmücken möchte.

Nicht immer, wenn man ein paar Daten grafisch aufbereiten möchte, ist eine Tabellenkalkulation angebracht. Oft benötigt man nur ein einfaches Diagramm. PPM 2.0 kann kleine Tabellen mit 5 x 12 Daten auf vielfältigste Weise darstellen: Torten-, Linien-, Balkengrafiken mit Hilfslinien und Beschriftungen — wie man es gerade braucht. Geradezu ideal ist, daß sich die Größe über einen Gummibandrahmen frei bestimmen läßt. Auch hier kann man dann komfortabler als in den meisten anderen Programmen Teile ändern oder hervorheben, da sich viel mehr Möglichkeiten bieten.

Flexibel

Kleine Tabellen im Griff

In dieselbe Kerbe schlägt auch der integrierte Funktionsplotter. Er kann mindestens soviel wie die anderen Programme, bietet aber als Teil eines Malprogrammes bessere Möglichkeiten zum Experimentieren.

Hardwaremäßig verträgt sich das Programm, laut Autor, auch mit einem ATARI TT, Großbildschirmen und diversen Grafikerweiterungen wie z. B. Pixelwonder. So zeigt sich das Programm dann auch bei den Grafikformaten sehr flexibel. Neben dem üblichen Screen-Format mit 640 x 400 darf das Bild bis zu 9999 x 9999 Pixel groß sein (die nötigen 12 MByte lassen sich auf einem TT noch recht preisgünstig per virtueller Speicherverwaltung realisieren). Auch hier trifft man auf zwei ungewöhnliche Funktionen: einerseits lassen sich Bonito-FAX-Bilder bearbeiten, andererseits kann man auch Bilder im GEM-Vektor-Format importieren. Sie sind dann natürlich keine Vektorgrafiken mehr, aber so ist es möglich, sie bequem mit Pixelbildern zu kombinieren (vgl. »Meta-Bit«).

Leider ist diese Funktion nicht ganz problemlos, denn die Konvertierung benötigt in der Regel mehrere Minuten und die Grafik fallt unabhängig von der wirklich benötigten Fläche oft etwas groß aus: Die GEM-Testgrafik mißt im Original 56 x 120 mm und benötigt als GEM-Datei 2046 Byte. Nach 3 Minuten Rechenzeit präsentiert PPM ein 1800 KByte verschlingendes Fenster, obwohl der relevante Teil noch normalen Bildabmessungen entspricht. Über eine einfache Kopieraktion — bei der nur ein Ausschnitt berücksichtigt wird — läßt sich das aber wieder ausbügeln.

Während die PD-Version von PPM (ST-PD # 81[1]) die Druckausgabe noch eher stiefmütterlich behandelte, werden jetzt Druckertreiber für Epson FX 80, NEC P2200 und den Atari SLM 605 mitgeliefert. Sollte es trotz dieser Standards zu Problemen kommen, lassen sich die Treiber den eigenen Bedürfnissen anpassen. Beim Ausdrucken wird in einem kleinen Fenster das Fortschreiten des Druckvorgangs grafisch angezeigt. Es lassen sich mehrere Qualitäten wählen, wobei der Druck jederzeit abgebrochen werden kann.

Fazit: Für schlappe 35 Mark erhält der kreative Atarianer ein ingeniöses Malprogramm, das in vielen Punkten den Bezug zur Praxis erkennen läßt. Abgerundet wird der gute Eindruck durch zusätzliche kleine Accessorys sowie eine umfangreiche Anleitung. Ein Programm, das auch ohne bunte Prospekte überzeugt. (thl)

Sonderdiskette #66,
Maxon Computer GmbH,
Schwalbacher Straße 52,
6236 Eschborn,
35 Mark,
[1] Luhm, PD Royale, Seie 45 ff


Thorsten Luhm
Aus: ST-Magazin 07 / 1992, Seite 28

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