MS-DOS im Schongang - mehr ist, wie böse Zungen gerne behaupten, beim emulatorgesteuerten ST nicht drin. Die erste 32-Bit- Emulatorplatine schließt nun zur fast schon enteilten AT-Technologie auf.
Die Automobilbranche kennt folgende Konvention: Je mehr Buchstaben hinter der Typenbezeichnung, je leistungsstärker und luxuriöser das Transportmittel. Eine Erfahrung, die sich bei Computern ins Gegenteil verkehrt. Schlecht für Imagebewußte: Der Zusatz »SX« degradiert echte 386er Prozessoren zur Sparversion. Das leistungs-mindernde Kürzel sorgt nun auch beim »ATonce-386SX« für spürbare Einschränkungen.
Zunächst jedoch hat Vortex mit eindrucksvollen Künstgriffen die ehedem gemächliche Gangart von AT-Emulatoren der ersten Generation in den Griff bekommen. Die steckbare Platine, die's seit wenigen Tagen zum gleichen Preis für Rechner der gesamten ST-Baureihe gibt (zum Test stand uns bis Redaktionsschluß allerdings nur die Mega-STE-Version zur Verfügung), verfügt über eine mit 16 MHz getaktete 32-Bit-CPU. Zusätzliche Cache-RAM-Unterstützung und diverse Erweiterungsmöglichkeiten rücken Obergrenzen des High-Tech-Bereichs in greifbare Nähe.
Das untermauert zumindest der Norton-SI-Faktor. Die System-Performance liegt nun bei 12,3. Mit zusätzlich installiertem Vortex-Fast-RAM sogar bei 15,6.
Im Vergleich zu 16-Bit-Platinen haben sich die Spitzenwerte nahezu verdoppelt.
Dem Anwender wird's recht sein. Trotzdem lohnt die direkte Gegenüberstellung von Original und Emulation. Ein mit 12 MHz getakteter 286er AT zumindest braucht sich vor dem Vortex-Hardware-Emulator nicht zu verstecken. Mit einem Rechenindex von 13,7 liegt er sogar noch deutlich über den vom ATonce erzielten Werten. Dementsprechend schließt er auch den unmittelbaren Vergleich mit einem echten 386er (Rechenindex 18,6) nur als zweiter Sieger ab.
Man darf durchaus geteilter Meinung sein, ob die Kunstharzplatine damit das Klassenziel verfehlt hat. Fraglos bietet der ATonce-386SX die schnellste und gleichzeitig kompatibelste derzeit erhältliche Einbaulösung. Selbst bekannte Einschränkungen bei Programmen, wie Windows 3.0, die das gesamte Leistungsspektrum der 80386-Prozessoren nutzen, sind nun passe.
Vergessen auch Lötorgien von einst: Der ATonce-Einbau läßt sich nun lötfrei, dank »surface mounted technology«, von nahezu jedermann durchführen. Der Hersteller rät allerdings zum antistatischen Arbeitsplatz.
Bedenklich ist indes der Ausbau der Mutterplatine des Mega STE ohne geeignetes Spezialinstrument. Praktisch, aber für den empfindlichen CPU-Sockel gefährlich: Statt eines PLCC-Ausziehwerkzeugs tut's zur Not auch ein feiner Schlitzschraubenzieher. Wenn's einmal kräftig knackt, ist's allerdings bereits zu spät.
Ansonsten wird die sorgsam entfernte CPU in den freien Steckplatz auf der ATonce-Platine gesetzt. Die wiederum landet im nunmehr freien CPU-Sockel, der VME-Slot bleibt ungenutzt. Mit diesem letzten Arbeitsgang ist der Emulator bereits betriebsbereit.
Im DOS kompatiblen Betriebsmodus stehen gewohnte Leistungsmerkmale früherer Platinen zur Verfügung: insgesamt sechs Videoemulationen, vom verbreiteten VGA-Standard bis zum weniger gebräuchlichen Toshiba-T3100-Modus. Klaglos unterstützt der ATonce HDD-3,5-Zoll-Floppies und externe Hard-disk-Subsysteme. Der Atari-Laserdrucker funktioniert auch unter DOS, die Atari-Maus wird integriert.
Neben einem zusätzlichen Geschwindigkeitsschub durch Integrierung des Atari-Blitter-Chips lassen sich Grafikausgaben auch durch nachträglichen Einbau eines arithmetischen Koprozessors beschleunigen. Dafür gibt's eigens einen freien Steckplatz.
Bereits frühere Emulatorgenerationen dokumentierten eindrucksvoll, daß mit Ausnahme weniger Ausreißer kaum noch Kompatibilitätsprobleme bestehen. Lediglich Funktionserweiterungen der 80386er Prozessoren bereiteten den Platinenherstellern Kopfzerbrechen. Sorgen in erster Linie um den Flaschenhals des Systems: der von Windows initiierte Multitasking-Betrieb bei gleichzeitiger Nutzung des Atari-Arbeitsspeichers.
Mühelos wies der Testkandidat nach, daß »Windows 3.0« die 32-Bit-CMOS-CPU der Einbau-Hardware akzeptiert. Um mehrere Programme gleichzeitig zu betreiben, erwartet die. Applikation allerdings neben 640 KByte Hauptspeicher zusätzliche 1024 KByte Extended Memory, (uw)
AT-Emulator für Mega STEs
Hersteller: Vortex Computersysteme
Platinenpreis: 798 DM
Einbau: lötfrei
CPU: 32-Bit-CMOS-80386SX
Taktfrequenz: 16 MHz
I/O: AT-kompatibles BIOS mit erweiterten 386-Funktionen
Erweiterungen: Steckplätze für arithmetischen Koprozessor 80387SX-16 (Vortex-Best.-Nr. 8153) und vier Fast-RAMs 51425-70 ns (Best.-Nr. 8154)
Software: Installations- und Treiberprogramm, DOS-Tools, Hyperswitch-Utility für Pseudo-Multitasking (STE-Modus), Fonteditor zur Entwicklung eigener Bildschirmschriften
RAM: bis zu 704 KByte DOS-Speicher; bis zu 3 MByte Ex-tended/Expanded Memory (abhängig vom Speicherausbau)
Videoemulationen: EGA- und VGA-Monochromgrafik, CGA, Hercules, Olivetti, Toshiba T3100
Blitter: Einbindung des Atari-Grafikchips
Sonstiges: Unterstützung des Atari-Laserdruckers unter DOS; Emulation der AT-Echtzeituhr und des CMOS-RAM; nutzt das Cache-RAM des Mega STE
letzte Meldung: Kurz vor Redaktionsschluß kündigte der Hersteller eine Platinenversion für alle Rechner der ST-Baureihe an.
Preise für Erweiterungen: Vortex-Fast-RAM 98 DM
arithmetischer Koprozessor 328 DM
Stärken: nutzt erweiterte Möglichkeiten der 80386-Prozessoren, Extended- bzw. Expanded-Memory-Management, Blitter-Unterstützung, Steckplätze für Erweiterungen, lötfreier Einbau
Schwächen: erreicht nicht ganz die Geschwindigkeit eines Original-AT mit 386SX-Prozessor
Fazit: konkurrenzlos leistungsstarke Steckplatine