Tripod Grafiktablett

Freihandzeichnen mit der Maus — oft genug so schwierig, wie eine Großstadt-Parklücke ohne Rückspiegel zu belegen. Jetzt gibt's ein Grafiktablett, das sich fast wie Papier und Bleistift bedienen läßt.

Für viele Grafikfreunde gehört der Handscanner zum etablierten Werkzeug. Denn er liest schnell und einfach auch komplexe Bilder in den Rechner ein. Doch gerade bei einfachen Strichzeichnungen — z.B. Schaltplänen oder manchen Logos — liefert der Scanner eher zuviel: etliche überflüssige Pixel verunzieren das Ergebnis und erfordern langwierige, nervtötende Radieraktionen.

All das kann mit einem Grafiktablett nicht passieren. Denn das Erkennen von Kanten, Ecken und Übergängen überläßt dieses Eingabegerät dem Benutzer. Das Grafiktablett verspricht bessere Ergebnisse (Talent vorausgesetzt), wenn verwaschene Vorlagen in dunklen Tönen zu klaren Strichzeichnungen umzuarbeiten sind. Aus Berlin kommt jetzt das »Tripad«, ein sehr preiswertes Grafik- und Digitalisiertablett. Es bietet zum einen den sog. Cursor, der — mausähnlich in der Bedienung — mit Fadenkreuz und Lupe exakte Arbeitsweise erlaubt, außerdem für engagierte Freihandzeichner ein adäquates Werkzeug dargestellt. Nach dem Anschluß an die serielle Schnittstelle genügt der Start des Treibers, um der Maus ein weiteres Medium zur Seite zu stellen. Die Software emuliert die Originalmaus so gründlich, daß sich alle sauber geschriebenen Programme mit dem Tripad steuern lassen. Eine kurze Probe aufs Exempel ergab: Von »Cadja« über »GFA-Draft« bis »Technobox CAD«, von »Graffiti« über »Touch Up« bis »Arabesque« reicht die Liste der Software, die mit dem Grafiktablett zusammenarbeitet. Auch »Calamus« oder »Tempus« verweigern sich nicht. Bei den Zeichenprogrammen fallen nur die Klassiker »Stad« und »Imagine« sowie »Piccolo« aus dem Rahmen; letzteres benutzt eine eigene Routine, um die Mausklicks abzufragen, und schickt die Emulation in die Irre.

Die technischen Eckdaten lassen ahnen, daß das Tri-pad-Tablett auch für anspruchsvollere Aufgaben geeignet ist. So arbeitet das interne Meßsystem mit einer Auflösung von maximal 0,025 mm. Davon bleibt je nach Arbeitsweise eine Genauigkeit von 0,4 mm (beim Cursor) bzw. 0,8 mm beim Stift übrig. Die Arbeitsfläche umfaßt maximal 320 x 210 mm.

Das Zeichnen mit dem Tablett erfordert zwar Eingewöhnungszeit — nach wenigen Stunden klappt aber alles wie am Schnürchen. Mit besonderem Interesse haben wir den Makromodus ausprobiert, der Mausklicks und Tastatureingaben zusammenfaßt. Wie bei den meisten Makrorecordern speichert Tripad lediglich Mausklicks und ihre jeweilige Position. Freihandzeichnungen, bei denen die Mausbewegungen allein genügen, um Linien auf dem Schirm zu zaubern, übernimmt der Makromodus nicht. Dafür schickt ein Cursor-Klick auf eines der Kommandofelder wie »Return«, »ESC« oder »UNDO« genau diese Tastatur-Codes an den Rechner.

Die ursprüngliche Zielgruppe des Tripad bildet der übergroße Markt der PC-Kompatiblen. Folglich versteht sich das handliche Zeichengerät auch mit PC-Emulatoren ausgezeichnet. Auf der diesjährigen Atari-Messe zeigte Tritec diverse Treiber für MS-DOS, die auch mit Emulatoren kooperieren.

Im Test versah die »Berliner Flunder« klaglos und ohne Mucken ihren Dienst — bis auf zwei Punkte: System- bedingt erscheint der Zeichencursor auf dem Bildschirm etwas zittrig, wenn der Zeichenstift aktiv ist. Mit etwas Übung bleibt dieser Effekt aber nahezu folgenlos. Schlimmer der zweite Fehler: die Treibersoftware verweigerte — zumindest in der vorliegenden Fassung — die Zusammenarbeit mit Großbildschirm oder »Overscan«. Zwar ließ sich der Bildschirmcursor über die gesamte Fläche führen, ein Klick auf die Steuertasten 3 oder 4 des Tripad-Cursors läßt den Rechner aber bei Auflösungen, die vom Standardformat 640 x 400 abweichen, gnadenlos abstürzen. Daran wird jedoch gearbeitet.

Für knapp 600 DM ist Tripad ein interessantes Eingabemedium, das sich für alle grafisch orientierten Aufgaben empfiehlt, (uw)

Tripod Grafiktablett

Hersteller: Robotron/TriTec Vertrieb: Tritec, Berlin

Preis: 599 DM inkl. Treiber (auch für PC-AT)

Stärken: einfache Handhabung, emuliert die Originalmaus, doppeltes Eingabegerät (Fadenkreuzcursor/ Stift), günstiger Preis, Makromodus

Schwächen: Treiber noch nicht auflösungsunabhängig, beim Zeichenstift reagiert der Bildschirmcursor etwas ruckelig

Fazit: interessantes Zeichenmedium zum niedrigen Preis



Aus: ST-Magazin 10 / 1991, Seite 26

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