Praxistips: Blauer Dunst und Farbennebel

Ein sinnvoller Mix traditioneller Technik mit Computereinsatz prägt das Produkt in unserer Design Werkstatt. Die Firma »ideArt« zeigt, daß die gute alte Airbrush auch in einem DTP-orientierten Grafikstudio noch immer unentbehrlich ist.

Neue Werkzeuge inspirieren den Kreativen. Auf der ständigen Suche nach Innovationen entdeckte das Gründungsteam der heutigen Firma »ideArt« schon sehr früh den Computer als Werkzeug. Seit 1989 werden in einer alten Zigarrenfabrik in Reiskirchen bei Gießen Ideen geboren und umgesetzt. Der Arbeitsschwerpunkt lag anfangs fast ausschließlich im Pre-press-Bereich.

Der Einsatz hochwertiger Technologie vom Satzbelichter über den Schneidplotter bis hin zum Profiscanner machten den Betrieb sehr bald zu einem Full-Service-Unternehmen, in dem die Produktion bis zum seitenglatten Film wesentlicher Bestandteil der Firmenphilosophie wurde.

Diesem Anspruch gerecht zu werden, bedeutete meistens, den schwereren Weg zu gehen. Die zum Teil bitteren Erfahrungen waren ebenso unabdingbar wie notwendig, um das richtige Gefühl für die Möglichkeiten und Grenzen des Computers zu bekommen.

Beim Prepress- und Serviceunternehmen blieb es nicht. Die Zeichen standen auf Veränderung. Im Laufe des Jahres 1991 ergänzten und bereicherten ein Grafiker sowie ein Programmierer das Unternehmen um ihr kreatives Potential. Die Schwerpunkte verlagerten sich entsprechend. Aus der neu strukturierten Zusammenarbeit entwickelten sich erstaunlich schnell Ergebnisse.

Aus der Softwareentwicklung im kleinen Rahmen und für den eigenen Bedarf entstand die dynamische Rechnungsverwaltung »argus«, ein Programm, das weitgehend automatisch den kompletten Rechnungsverkehr mit Mahnverwaltung und betriebswirtschaftlicher Auswertung erledigt.

An grafischen Initiativen ist besonders das kurz vor der Vollendung stehende Kalenderprojekt hervorzuheben. Während einer Entwicklungszeit von ca. vier Monaten entstand ein großformatiger vierfarbiger 13-Blatt-Kalender, der verschiedene Computerthemen aus Soft- und Hardware grafisch auf den Punkt bringt. Das gesamte Anwendungsspektrum der grauen Rechenmaschinen mit all ihren Fähigkeiten und Schwächen sollte so ansprechend und originell visualisiert werden, daß selbst Nicht-Computer-Freaks ihren Spaß daran haben. Dabei wurden folgende Themen gewählt: Netzwerk, Maus, Datenfluß, DTP, Viren, Silicon Valley, Absturz, Scan, Games, Chip, Robot, Images.

Der besondere Reiz bei der Entwicklung des Kalenders lag in dem Gedanken, einen Computerkalender eben nicht mit dem Computer, sondern konventionell grafisch mit Airbrush und Pinsel zu gestalten.

Selbstverständlich stand die Wahl der Arbeitstechnik unter dem Einfluß fehlender Software, mit der der Gestalter seine Ideen entsprechend umsetzen konnte. Insbesondere die Unhandlichkeit der derzeit verfügbaren Eingabemedien hätte die kreative Vielfalt unzulässig eingeschränkt. Die Druckaufbereitung der Kalenderblätter mit Bild und Text war dem DTP-System »Calamus SL« vorbehalten, das die Montage und die Offsetfilmproduktion übernahm.

Spritzgrafik digital

Zu diesem Zweck mußten die Spritzgrafiken erst einmal per Farbscanner digitalisiert werden. Auf Grund seiner hohen Abbildungsqualität und vor allem wegen des großen Originalformats der Grafiken von 50 x 70 cm kam als Scanner lediglich der Optoscan-Scanner von Optotech in Frage. Nur ein Kamerascanner kann durch die optische Erfassung der Daten ähnlich einer Reprokamera ein solches Format bewältigen. Dabei fallen erhebliche Datenmengen an.

Aus diesem Grund, und weil Calamus SL zum Zeitpunkt der Kalenderproduktion Bilder nur bis zu einer Dateigröße von ca. 2 MByte importieren konnte, wurde der Scan gesplittet. Allein die Augenpartie der Katze auf dem Beispielkalenderblatt ergibt beim Scannen über 6 MByte Bilddaten. Als Softwarewerkzeug zum Scannen und Nachbearbeiten setzte ideArt »Cranach Studio« von TMS ein, wobei die Farbkorrektur in Echtzeit sich als besonders nützliches und unverzichtbares Instrument erwies.

Anschließend rechnete Cranach Studio die Scans in niedrigere Auflösung um und splittete die Grafiken in zwei Teile. Die Scanteile wurden in Calamus SL importiert und montiert. Das Setzen von Text und Kalendarium sowie die Verknüpfung dieser Gestaltungselemente mit dem Bild übernahm Calamus SL.

Abschließend wurde das gesamte Dokument mit seinen Text- und Bildanteilen in Calamus SL farbsepariert und im 60er Raster aufgera stert. Die Rasterwinkel betrugen 45° für Schwarz 14° für Cyan 75,96° für Magenta 33,69° für Gelb Die Ausbelichtung auf einem 8-MByte-TT dauerte auf einer Linotronic 300 bei einer Ausgabeauflösung von 2540 dpi etwa vier Stunden. Besonders die wegen der Datenmassen notwendige Verwendung der virtuellen Speicherverwaltung machte die Belichtung sehr zeitraubend. Das Ergebnis dieses Airbrush-Computer-Kombinationsverfahrens zeigen wir Ihnen auf der nächsten Seite, (uw)



Aus: ST-Magazin 10 / 1991, Seite

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