Grafstar: Mehr als Daumenkino

Mit einem einfachen Malprogramm wie »Grafstar« kann man heutzutage durchaus ansehnliche Animationen herstellen. Eine Reihe Hilfsmittel erleichtert dabei die Arbeit.

Im Gegensatz zu einem speziellen Animationsprogramm kann »Grafstar« keine Objekte auf vordefinierten Bahnen in Bewegung setzen. Die Animationsfunktion von Grafstar erinnert mehr an eine Zeichentrickfilm-Produktion: Bis zu 41 Bilder, jeweils 640 x 400 Punkte groß und monochrom, können wie bei einem Daumenkino nacheinander abgespielt werden, wobei sich die Geschwindigkeit mit der Maus regeln läßt. Durch das unterschiedliche Tempo ist allerhand drin — von der simplen Diashow bis zum flüssig animierten Bewegungsablauf.

Im Ablaufplan legt man die einzelnen Bewegungsschritte fest

Der angehende Trickfilmregisseur sollte sich allerdings schon vor Arbeitsbeginn darüber im klaren sein, welch irrsinnige Arbeit auch der winzigste Streifen macht: Um nämlich dem menschlichen Auge eine einigermaßen fließende Bewegung vorzutäuschen, sind mindestens 24 Bilder pro Sekunde notwendig. Mit den 41 Einzelbildern des Grafstar lassen sich also nach Adam Riese gerade mal 2 Sekunden flüssige Animation produzieren — vorausgesetzt, der Arbeitsspeicher spielt mit (jedes Bild benötigt 32 KByte). Die rund 17 möglichen Bilder eines ST 1040 sollten jedoch reichen, um erste Erfahrungen mit Animationssequenzen zu sammeln.

Natürlich kann man zu Tricks greifen, um eine Sequenz künstlich zu verlängern: Man wiederholt die gespeicherte Szene endlos oder läßt sie abwechselnd vorwärts und rückwärts abspielen. Geeignet für diese kleine Schummelei sind natürlich nur zyklische Bewegungen, die mit der letzten Bewegung wieder ihren Ausgangspunkt erreichen. Ein Trickfilm mit Grafstar verlangt also vor allem gute Planung der Szenerie. Beim Anfertigen der Einzelbilder greift das Programm dem Zeichner dann mit ausgefeilten Block- und Kopierfunktionen unter die Arme.

Der Hintergrund des Films kann, wenn er sich nicht ebenfalls verändern soll, einmal gezeichnet und dann immer weiter ins nächste Bild kopiert werden. Doch auch Lichtwechsel und ähnliches sind sehr einfach zu erzeugen, indem man ein Grundbild erstellt, eine Kopie davon einfärbt und als Muster für die Malfunktionen benutzt. So kann man Teile eines Bildes quasi »durchrubbeln« und dadurch tolle Effekte erzielen. Leider werden die Möglichkeiten dieses Hilfsmittels im Handbuch völlig totgeschwiegen.

Bewegte Objekte im Vordergrund erstellt man am besten auf einem Extrabildschirm und fügt sie dann über die Blockfunktionen in die bereits vorgefertigten Hintergrundbilder ein. Um jedoch gleichmäßige Bewegungen zu erreichen, ist der Bastler auch hier gut beraten, die einzelnen Bewegungsphasen sorgfältig zu planen. Grafstar hilft dabei auf mancherlei Art. Drehungen wie in unserem Beispiel kann man über »Block drehen« ziemlich einfach herstellen. Die Winkelanzeige ermöglicht dabei von Bild zu Bild eine genau definierte Veränderung des Drehwinkels. Die Koordinatenanzeige wiederum erlaubt es, bei einer linearen Bewegung über den Bildschirm das Objekt punktgenau zu plazieren.

Noch einfacher kann man es sich allerdings mit der »Hilfsblock«-Funktion machen, indem man die Bahn des Objekts zeichnet und als Hilfsblock einblendet. Entlang dieser Bahn läßt sich das animierte Objekt, in unserem Fall eine schwarzweiße Scheibe, ohne Probleme in seinen einzelnen Bewegungsphasen plazieren.

Man sieht also - schon mit einem kleinen Programm wie Grafstar sind ordentliche Animationen möglich, wenn man die Möglichkeiten richtig zu nutzen weiß... (hu)

Grafstar bietet alle wesentlichen Zeichenstandards

Grafstar

Hersteller: Tommy Software

Preis: 99 Mark

Stärken: einfache Animation möglich

Schwächen: Zahl der Bilder vom Arbeitsspeicher abhängig

Fazit: angenehmes Werkzeug für kleine Sequenzen oder Diashows

Tommysoft, Selchower Str. 32, 1000 Berlin 44


Arnd Bär
Aus: ST-Magazin 12 / 1990, Seite 28

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite