SGSNet-Netzwerk: Diskettentausch - passé

Der Atari-MIDI-Port läßt sich auch als Kommunikations-Schnittstelle nutzen: Mit einem Netzwerk von »PCs« können maximal 32 STs verbunden werden. Beim Probelauf wartete der Testkandidat mit bemerkenswerten Funktionen auf.

Große Leistung bei sparsamer Hardware: Starterkit des SGSNet

Einige Firmen bieten Netzwerke verschiedener Form und Güte an. Wir haben das Low-Cost-Netzwerk »SGSNet« herausgegriffen und einem gründlichen Test unterzogen.

Das SGSNet-Starterkit von »Paradise Computer Systems« (USA) besteht aus zwei Anschlußboxen — kleine Kunststoff-Gehäuse mit je zwei »BNC-Buchsen«, über die maximal zwei Computer vernetzbar sind. Daneben sind ein 2 m langes Koaxkabel zur Verbindung der Anschlußboxen, eine Diskette mit der erforderlichen Software und eine englische Dokumentation im Lieferumfang enthalten. Eine deutsche Kurzanleitung liegt in Form eines »Doc«-Files auf der Diskette bei.

Für jeden zusätzlichen Computer benötigen Sie eine weitere Anschlußbox. Für einen Vollausbau — der Verbindung von 32 Atari-Computern — also 32 Anschlußboxen. Auf der Oberseite der Miniaturgehäuse befindet sich eine 5-mm-LED-Anzeige zur Zugriffskontrolle. An den MIDI-In- und MIDI-Out-Port des Atari ST läßt sich eine solche Box über zwei vorverdrahtete, fest angelötete MIDI-Kabel (ca. 50 cm) anschließen. Haben Sie Ihren Computer mit diesen Boxen vernetzt, darf sich das Gesamtsystem über beachtliche 150 m erstrecken. Gemäß der MIDI-Transferrate von 31,5 KBaud, ist die Übertragungsgeschwindigkeit etwa dreimal so hoch wie bei einem 9600-Baud-Modem. Übertragungsfehler sind angesichts solcher Kabellängen und der hohen Datengeschwindigkeit natürlich nicht auszuschließen. Darum verfügt das Netzwerk über ein fehlertolerantes Software-System, das Datenübertragungsfehler minimiert.

Die prinzipielle Funktionsweise des SGSNet: Ein Computer — genannt File-Server — verfügt über eine ansprechbare Festplatte oder RAM-Disk, von der dann Daten für alle anderen Teilnehmer nutzbar sind. SGSNet unterstützt hierbei maximal zwölf Festplatten oder RAM-Disk-Partitionen. Ataris, die ausschließlich die vom Server bereitgestellten Daten verarbeiten, heißen im Fachjaigon »NODE«. Neben dem Server spricht SGSNet also noch 31 NODEs an.

Sollte einmal ein Computer (NODE) ausfallen oder die Datenleitungen Fehler aufweisen, verhindert eine intelligente Software-Steuerung den totalen Netzwerk-Crash.

Desktopaufruf der Netzwerk-Software

Um die Datensicherheit zu optimieren, darf per File-Locking ein Schreibzugriff auf eine Datei immer nur von einem einzigen Computer aus erfolgen. Da ein Zugriff der verschiedenen NODE-Computer auf die Festplatte des Servers über die normale BIOS/Sektor-Ebene zu schwerwiegenden Datenverlusten führen kann, entschieden sich die Programmierer für die Übertragung auf GEM-DOS-Ebene. Die Berechtigung per BIOS auf die Festplatte zuzugreifen, hat ausschließlich der Server.

Nun zu Installation und Test: Zuerst verbinden Sie nur die MIDI-Kabel der Anschlußboxen mit den entsprechenden Gegenstücken Ihres Computers, denn zu einem ersten Test der Anschlußboxen bedarf es noch keiner Kabelverbindung.

Nachdem das Programm >MIDITERM.PRG« gestartet ist, folgt ein beliebiger Tasten-Klick: Jetzt sollte die Kontrollanzeige auf den Anschlußboxen aufleuchten und der entsprechende Code der Taste am Bildschirm erscheinen. Dieser Test ist auf sämtlichen Computern des Netzwerkverbundes durchzuführen, denn er gibt Auskunft über die Sende- und Empfangsbereitschaft der Anschlußboxen. Danach geht’s ans Verlegen des mitgelieferten Koaxkab 1s. Schwierigkeiten bezüglich der Kabellängen gibt es nicht, da bei diesem Netzwerk ohnehin nur gebräuchliches Kabelmaterial zum Einsatz kommt. Es sollte nicht über Geräte führen (Trafos, Schaltregler, Drosseln), die extrem starke elektrostatische oder magnetische Felder erzeugen, da sich sonst Übertragungsfehler nicht vermeiden lassen. Ist die Verdrahtung ordnungsgemäß abgeschlossen, folgt der Test der verbundenen Computer: hierbei ist das Programm »MIDITERM« behilflich. Erfolgt bei einem der Netzteilnehmer ein Tastendruck, muß der Code auf dem auslösenden Computer zweimal und auf allen anderen Ataris einmal am Bildschirm zu beobachten sein. Ist dies nicht der Fall, muß die Verbindung nochmals überprüft werden. Verläuft diese Funktionskontrolle positiv, ist es an der Zeit, einen Computer mit dem Server bzw. die weiteren Computer als NODEs per Software zu definieren.

Der Server — ein Accessory — läßt sich sehr komfortabel über ein Installprogramm auf dem System installieren. Hierbei kopiert das Programm alle notwendigen Dateien, die der Server benötigt, an die entsprechenden Stellen bzw. Ordner des Boot-Laufwerks. Gleichzeitig lassen sich auch die angeschlossenen Nodes definieren. Bei einer Erweiterung des Systems um einen oder mehrere Nodes, verwenden Sie die Funktion Add-Node, um weitere Computer in das Netzwerk einzubinden. Alle für den Server erforderlichen Daten legt das Programm in einer »Serve. Dat«-Datei ab und liest diese jeweils beim Booten ein. Sollten Sie also Änderungen an den Grundeinstellungen vornehmen, läßt es sich nicht vermeiden, das komplette System neu hochzufahren.

Die Installation der Software auf den Node-Computern lösten die Programmierer ebenso einfach wie beim Server: Um Zugriff auf den Server zu erlangen, ist lediglich das Programm »NInstall« für »Node installieren« zu starten. Hieraus wird der Offset der Server-Partition definiert.

Starke Software — schwache Dokumentation: die Netzinstallation

Nach diesen Vorarbeiten ist nur noch das Programm »NODE.PRG« auf dem Node-Computer zu aktivieren und Ihr Atari loggt sich in das Netzwerk ein. Für Anwender, die ihr System aus Gründen der Datensicherheit ohne jeden Zugriff von außen absichern müssen — sprich nur Daten-Terminals ohne Disketten-Laufwerke einsetzen —, steht die gesamte Software-Palette auch in einem ROM-Modul zur Verfügung.

Die beiliegende englischsprachige Dokumentation ist für alle, die noch keine Erfahrung mit Netzwerken haben, Makulatur. Die erforderlichen Grundprinzipien der Netzwerktechnik kommen hier nur sehr eingeschränkt zur Sprache und lassen den Anwender mit vielen Fragen allein. Für Experten jedoch enthält das Handbuch sinnvolle Informationen über die Filezugriffe und das Interrupthandling. Unterstützend wirken sich hier auch einige abgedruckte Beispielprogramme in C oder Assembler aus.

Auf der Diskette gibt es eine deutsche Kurzanleitung mit einigen Installationstips, die wir jedoch nicht empfehlen können. Enttäuschend, daß der deutsche Vertrieb keine taugliche Dokumentation liefern kann.

Die Software, die dem System beiliegt, macht durch ihr sehr gutes Handling, die einfache Installation und die zuverlässige Fehlererkennung mit Sicherheit den Preis des Starterkits von 448 Mark akzeptabel. Doch konnten wir nicht verstehen, daß der Anwender für jeden weiteren anzuschließenden Computer nochmal 298 Mark auf den Tisch legen muß. Bei einem Vollausbau wären dies fast 10000 Mark. Würden die Anschlußboxen über eine hochgezüchtete Elektronik verfügen, könnte man darüber reden. Doch weit gefehlt: Nicht einmal billige Treiberbausteine kommen zum Einsatz. Die gesamte Technologie in den Boxen besteht aus einer Leiterplatte, die einzig dazu dient, die Verdrahtung der beiden Koaxstecker sowie die der MIDI-IN- und OUT-Kanäle zu vereinfachen. Hier sollte der Vertreiber seine Preispolitik noch einmal überdenken, (uw)

Macro C.D.E., Schillerring 19. 8751 Großwallstadt

Wahl zwischen Accessory- und Auto-Ordner-Aufruf

Wertung

Name: SGSnet
Vertrieb: Macro C.D.E.
Preis: Starterkit 448 Mark

Stärken: □ günstiger Preis für das Starterkit □ gute Software □ leichte Installation □ hervorragende Fehlerredundanz

Schwächen: □ Erweiterungen sind kostspielig □ mangelhafte Dokumentation □ spärliche Hardware.

Fazit: Ein MIDI-Netz-werk, das dank seiner guten Software speziell für den Einsteiger geeignet ist.


Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 11 / 1990, Seite 38

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