Die Zeiten, in denen ein Entwickler technische Zeichnungen mühsam per Tusche und Reißbrett fertigte, sind längst Legende. Heutzutage bedient er sich eines modernen CAD-Systems und eines Plotters wie dem »MP 4300«.
Da besitzt der Zeichner einen Computer, der in grafischen Gefilden wie kein anderer zu Hause ist, und trotzdem bringt er seine Zeichnungen immer noch per Drucker zu Papier.
Ungewöhnlich, alle Grafikprogramme für Atari-Computer kennen doch fast ausgezeichnete Software-Treiber zur Plotterausgabe. Warum wird so viel gezögert? Liegt es an mangelnder Information oder dem Irrglauben, daß Plotter immer noch zu den Luxusartikeln eines EDV-Sy-stems zählen? Dabei stellt die Anschaffung eines Plotters finanziell keine großen Anforderungen. Gute Typen sind heutzutage schon für knapp über 1000 Mark zu haben. Für uns war dies Anlaß genug, für Sie auch einmal einen Plotter heißlaufen zu lassen.
Dafür wählten wir ein Gerät der mittleren Preiskategorie aus: Den DIN-A3-Plotter »MP 4300« von »Graphtec«. Dieses Gerät entstammt der 4000er Serie von Graphtec, die die Typen MP 4100 (Grundgerat), MP 4200, MP 4300 und das Prunkstück MP 4400 umfaßt. Die Plotter dieser Serie unterscheiden sich hauptsächlich in puncto Antrieb, Geschwindigkeit, Papierhalterung und Elektronik, wobei die effektive Zeichenfläche bei allen Geräten gleich ist.
Da der Einsatz von Plottern in ST-Kreisen noch relativ selten ist, und dadurch sicherlich noch ein Mangel an Grundlageninformation herrscht, vorab einige Bemerkungen über die prinzipielle Funktionsweise dieser Zeichengeräte.
Im Laufe einer langen Entwicklungsperiode, die ihren Anfang bei einfachen x-y-Schreibern nahm, kristallisierten sich zwei technisch verschiedene Arten von Plottern heraus: raster- und vektororientierte Geräte. Die einen laden das Bild komplett in ihren Speicher und geben es dann wie bei Laserprintern in einem Zug aus. Vektorplotter dagegen zeichnen die Linien Schritt für Schritt hintereinander aufs Papier.
Als Standard bei der Ansteuerung von Plottern etablierte sich im Laufe der Zeit eine spezielle Computersprache — die Hewlett-Packard-Graphics-Language, kurz »HPGL«. Diese Sprache ist streng vektoriell orientiert, d.h. die Information über die Lage von Linien, Kreisen, Schrift etc. liegen in vektorieller Form (also in X-Y-Daten) vor. In der Plotterelektronik wandelt eine entsprechende Software diese Befehle dann in die Signale für die Plottmechanik um. Bei Rastergeräten sorgt die Plotter-Software dafür, daß die Vektorkoordinaten zuerst in Rasterinformationen konvertiert und danach erst zur Weiterverarbeitung gelangen.
Wichtige Kriterien der Plottertechnik sind hohe Geschwindigkeit, Wiederholgenauigkeit und größtmögliche mechanische Auflösung. Speziell die Wiederholgenauigkeit gilt es, vor dem Kauf exakt zu überprüfen, da mechanische Toleranzen, bedingt durch zu schwache Materialien (die mitunter sehr schnell verschleißen), und Trägheitskräfte diese Genauigkeit schnell mindern.
Doch nun zu unserem vektororientierten Penplotter. Mit in der Verpackung ein ganzes Arsenal von Zusatzteilen: Neben dem eigentlichen Plotter handelte es sich hierbei um eine deutsch- und zwei englischsprachige Dokumentationen, acht verschiedenfarbige Plotterstifte (mit Gummieinlegscheiben und Pinzette) einschließlich 25 Blatt DIN-A3-Plotterpapier, zwei Stützen, um das Gerät auch in einer 60°-Schräglage zu betreiben, einen Adapterstecker (25polig auf neunpolig), eine Abdeckplane, einen Demoplott und eine Begleitdiskette. Doch diese Diskette hilft uns Atari-Anwendern leider sehr wenig, da sie nur für MS-DOS-Computer geeignet ist.
Der 7 kg schwere Plotter steckt in einem ansprechenden Kunststoffgehäuse, das trotz der offensichtlichen Leichtbauweise einen sehr soliden, stabilen Eindruck macht. Alle beweglichen mechanischen Teile lagern exakt in ihren Führungen und versprechen aufgrund der gewählten Lagermaterialien eine lange Standzeit. Selbst beim Dauereinsatz ist der Verschleiß sehr gering, wodurch sich die mit der Zeit auftretenden Toleranzen in Grenzen halten. Auf den ersten Blick lassen sich aber noch weitere, auffallende Details erkennen. So z.B. der Anschluß ans Netz: Diesen findet der Plotter über ein externes Netzteil, dessen Niederspannungsseite an der linken Gehäuseseite anzuschließen ist. Der dadurch entstehende Kabelsalat ließe sich leicht vermeiden, da das Gehäuse des Plotters eigentlich genug Platz für ein internes Netzteil hätte.
Direkt neben der Buchse für die Versorgungsspannung befinden sich die Schnittstellen zur Kommunikation mit dem Computer: Richtig, wir sprechen hier im Plural, da alle MP-4000er Plotter über eine RS232- und eine Centronics-Schnittstelle verfügen. Das lästige Umstöpseln von Drucker-, Plotter- oder Modemplotterkabel entfällt — das ist anwenderfreundlich. Daß auch ein Plotter nicht ohne »Mäuseklavier« (DIP-Schalter) auskommt, beweist ein Blick an die Unterseite des Gehäuses. Hier stehen dem Anwender zwei Reihen acht-poliger DIP-Schalter zur Verfügung, mit denen sich Einstellungen der RS232-Konfi-guration (Übertragungsrate, Protokoll etc.), der Centronics-Schnittstelle und der Kommandosprache treffen lassen.
Für diesen Sprachstandard stehen drei verschiedene Modi zur Wahl: der »GP/GL (Modus MP)«, der »GP/GL (Modus FP)« und der übliche »HP/GL (Modus HP7475A)«. Einschränkung: Das deutsche Handbuch gibt für MP- und FP-Einstellung keine Erläuterungen.
An der Oberseite des Geräts befindet sich das Multi-funktions-Bedienfeld. Mittels verschiedener Folientasten, die teilweise mehrfach mit Funktionen belegt sind, lassen sich Einstellungen am Plotter vornehmen. Zu diesen zählen u.a. das Bewegen des Stiftarms in x- und y-Richtung, Pen up/down, Skalieren bzw. Spiegeln des Plots, Chart Hold, Pause und vieles mehr. Seinen Betriebszustand teilt der Plotter über einige Leuchtdioden und ein mehrstelliges LC-Display mit. In diesem Display kann man während des Betriebs die aktuellen Koordinaten verfolgen und per Tastatur gewählte Einstellungen überprüfen.
Das Einsetzen der acht Plotterstifte gestaltet sich durch eine magnetische Halterung recht einfach. Bei Verwendung von Keramik- oder Tuschestiften empfiehlt sich, unbedingt die mitgelieferten Gummiplättchen zu benutzen. Mit der im Lieferumfang enthaltenen Pinzette lassen sie sich leicht in die Stifthalterung einlegen. Dadurch trocknet der Stift in der Halterung nie ganz aus.
Das Plotterpapier wird von einem elektrostatischen Feld auf der Zeichenfläche festgehalten. Das Papier kann während des Plottvorgangs nicht verrutschen. Mit Disketten sollten Sie jedoch nie in die Nähe der Zeichenfläche kommen, da sonst ein Datenverlust vorprogrammiert ist. Nach Beendigung des Plottvorgangs und der Deaktivierung des E-Feldes, läßt sich das Papier leicht abziehen. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, da es einige Konkurrenzprodukte gibt, deren Feld auch nach dem Ausschalten noch teilweise erhalten bleibt und das Abziehen des Papiers schwerfällt.
Die gute alte Sitte, Plotter mit Schrittmotoren anzusteuern, ist — wie so vieles — im Zeitalter der Computerisierung längst überholt. So auch im MP 4300: Hier steuert ein 16-Bit-Mikroprozessor die digitalen Servomotoren an, die für die präzise Bewegung des Zeichenarms in x- und y-Richtung sorgen. Der Vorteil dieser Technik liegt eindeutig in der höheren Auflösung, die erst durch den Einsatz digital gesteuerter Motoren vollziehbar ist. Der MP 4300 kann hier mit einer mechanischen Auflösung von 0,005 mm aufwarten. Als Vergleich sei hier der mit konventionellen Schrittmotoren ausgestattete kleinere Bruder des MP 4300, der MP 4200, aufgeführt, der in dieser Disziplin »nur« 0,00625 mm erreicht. Auch in puncto Geschwindigkeit schlägt sich der MP 4300 mit satten 64 cm/s sehr gut. Ohnehin ist dieser Wert nur eingeschränkt erreichbar, da die meisten Stifte ein Zeichnen mit dieser Geschwindigkeit nicht zulassen. Doch macht sich der Geschwindigkeitsvorteil vor allem bei reinen »move«-Fahrten angenehm bemerkbar. Auch die sonstige Elektronik, mit der Graphtec den Plotter bestückt, zeigt sich von der besten Seite. Erwähnt seien beispielsweise der bereits standardmäßig vorgesehene 40-KByte-Speicherplatz, oder die zusätzlich erhältliche Bestückung des Plotters mit einem eigenen 3,5-Zoll-Disketten-Laufwerk. Ist dieses vorhanden, lassen sich nach Belieben Dateien vom Computer zum Plotter übertragen, wodurch auch das Plotten ohne angeschlossenen Computer möglich ist.
Im Praxistest zeigte sich der MP 4300 sehr anwenderfreundlich: Die Inbetriebnahme stellt auch für Benutzer, die mit der Hardware auf Kriegsfuß stehen, kein Hindernis dar. Die Stifte lassen sich ohne große Hebelbewegungen oder Kniffe in ihre magnetischen Halter unterbringen. Um Kompatibilitätsprobleme auszuschließen, testeten wir eine Vielzahl von CAD-Programmen: Hierbei handelte es sich z.B. um »Drafter«, »Platon«, »CAD-Project«, »CAD/2« etc. unter der HP/GL-Emulation. Der Graphtec lieferte durchweg gute Ergebnisse.
Nun einige Bemerkungen zu den Leistungsdaten. In unserem Testplott erkennen Sie verschiedene Figuren, die der Plotter mit mehreren Stiftwechseln zu Papier bringen mußte. Betrachten Sie sich das umrandende Viereck, so zeigt sich die präzise Wiederholgenauigkeit, die der Plotter trotz Stiftwechsels (nach jeder Linie mußte der Plotter einen neuen Stift nehmen) erreichte. Auch das Plotten von Kreisen stellte den MP 4300 vor keine Probleme.
Anders jedoch bei der Ellipse: Diese erzeugt der Plotter aus einer Vielzahl von Einzelsegmenten, die sich deutlich sehen lassen. Daß dies bei allen Plottern dieser Preisklasse üblich ist, läßt sich angesichts der anderen hervorragenden Leistungsdaten leicht verschmerzen. Schräge Linien oder Bögen, bei denen ebenfalls ein gleichzeitiger x-und y-Vorschub erfolgt, zeichnet er dann wieder ohne jegliches Manko. Was der MP 4300 wirklich zu leisten vermag, erkennen Sie aus der technischen Zeichnung einer Servolenkung (gezeichnet mit Drafter) oder dem Layout (gezeichnet mit Platon) einer Platine.
Die deutschsprachige Dokumentation des Gerätes ist zwar knapp bemessen, doch führt sie auch für Neulinge sehr gut in die Plottermaterie ein. Neben vielen Erklärungen über die Inbetriebnahme und verschiedene Zusatzmodi kommen auch Tips und Tricks zur ordnungsgemäßen Pflege des Gerätes nicht zu kurz. Wünschen Sie allerdings umfassendere Informationen, bleibt nur der Griff zur englischsprachigen Dokumentation. Hiermit läßt sich anhand einiger Beispiele (Basic) die Programmierung des MP 4300 leicht erlernen.
Graphtec bietet mit seiner MP 4000er Serie und im besonderen mit dem MP 4300 einen ausgereiften Plotter für gehobene Ansprüche an. Selbst durch den Atari-ST mit seinen vielen Grafikanwendungen lassen sich die Leistungsgrenzen nur schwer erreichen. Der gesamte Aufbau, die Bedienung und Leistungsdaten in Verbindung mit einer konkurrenzlosen Ausstattung an Zubehör machen dieses Gerät zu einem Glückstreffer für den ernsthaften, grafikbegeisterten Anwender, (uw)
Wertung
Name: MP 4300
Vertrieb: Graphtec
Preis: 4100 Mark
Genauigkeiten
Wiederholgenauigkeit: <0,1 mm
Abstandgenauigkeit: <± 0,3%
Winkelgenauigkeit: < 1 mm auf 297 mm
Stiftwechselgenauigkeit: < 0,3mm
Stärken: □ umfangreiche Ausstattung □ mehrere Software-Emulationen □ hervorragende Zeichnungsqualität
Schwächen: □ stufige Ellipsen
Fazit: Ein Plotter, der sowohl für den privaten als auch professionellen Bereich geeignet ist.