Farbseparation - Getrennt drucken, vereint leuchten

Wenn Ihnen schöne Bilder aus dem ST-Magazin farbig entgegenstrahlen, steckt dahinter ein Trick, der Ihre Augen betrügt. Die Lupe bringt es an den Tag: winzige Pünktchen in drei Farben und Schwarz, das ist alles, was die Druckerei Ihnen liefert.

»Farbseparation« und »Rastern« heißen die Verfahren, die bunte Bilder druckbar machen. Lehrerfrage im Physikunterricht: »Welche Farbe hat grüner Lack in der Farbdose, wenn der Deckel geschlossen ist?« Wie immer hält der wackere Pädagoge eine überraschende Antwort parat: »Schwarz!« lautet die richtige Lösung.

Denn Farbe, so wie wir sie sehen, existiert nur bei Licht. »Kein Licht« interpretiert unser Gehirn als Schwarz, »Sehr viel Licht« als Weiß. »Ein bißchen Licht« ergibt Grau. Dies gilt für das »weiße Licht«. Laut Physikunterricht setzt es sich aus einem Gemisch aller nur erdenklichen Farben zusammen, und zwar mit gleicher Intensität für jede Farbe.

Farben entstehen dadurch, daß mit weißem Licht bestrahlte Farbstoffe bestimmte Farbanteile dieses Lichtes reflektieren und andere Farbanteile »verschlucken« bzw. absorbieren. Die Farben Rot, Grün und Blau sind die Grundfarben der additiven Farbmischung, mit der sich alle Farben darstellen lassen. (Das gilt nicht beim Druck auf Papier.)

Sie können den Effekt auf jedem Farbfernsehgerät oder Farbmonitor beobachten.

Bei genauem Hinsehen durch eine Lupe zerfällt das bunte Fenster zur Welt in eine große Fläche kleiner Dreiecke, die sich aus je einem roten, grünen und blauen Punkt zusammensetzen. Da das menschliche Auge ab einer gewissen Entfernung die Einzelpunkte nicht mehr als Punkte wahrnehmen kann, vermischen sich die Punkte zur Farbfläche. Auf weißen Bildschirmbereichen leuchten die drei Farbpunkte gleich hell, auf roten Flächen leuchten nur die roten Punkte, auf grünen nur die grünen und auf blauen nur die blauen. Bei Schwarz leuchtet keiner der Bildschirmpunkte.

Leuchten lediglich zwei der Farbpunkte in den Punktdreiecken einer Fläche, so entstehen aus der optischen Vermischung neue Farben. Beispielsweise ergeben rote und grüne Punkte eine gelbe Fläche, Rot und Blau ein leuchtendes Lila mit Namen Magenta und Grün und Blau ein Wasserblau, das als Cyan bezeichnet wird. Leuchten die Grundfarbpunkte in unterschiedlichen Intensitäten, so lassen sich — zumindest in der Theorie — sämtliche Farben des menschlichen Farbsehvermögens wiedergeben. Dazu reichen 256 Intensitätsstufen pro Grundfarbe aus.

Bei der additiven RGB-Farbmischung addieren sich also die Grundfarben je nach Intensität und Mischung zu neuen Farben.

Bei Farben auf Papier kann man sich der additiven Farbmischung nicht bedienen. Denn dort haben wir es, anders als bei Farbbildschirmen, nicht mit selbstleuchtenden Farben zu tun, sondern mit Farben, die bestimmte Farbanteile des auftreffenden Lichts reflektieren und andere absorbieren. Zwei Grundfarben übereinander addieren also nicht die Lichtintensitäten, sondern nehmen jeweils ihren Anteil vom aufgestrahlten Licht weg. Daher spricht man in diesem Falle von »subtraktiver Farbmischung«.

Die Grundfarben der subtraktiven Farbmischung sind Cyan, Magenta und Yellow (Gelb). Die drei Grundfarben übereinander absorbieren alle Farbanteile des weißen Lichts. Das Ergebnis ist folgerichtig Schwarz.

Weiß erzielt man dadurch, daß keine Farbe aufs Papier kommt. Dazwischen liegen Grautöne und Farben, wenn die relativen Intensitäten der Grundfarben sich ändern.

Für die Druckwiedergabe müssen Bilder gerastert werden. Da die Druckmaschine anders als der Bildschirm die Farben nicht gleichzeitig erzeugt, sondern in mehreren Arbeitsgängen hintereinander aufs Papier bringt, gerät die Druckrasterung zur komplexen Rechenaufgabe. Erschwerend kommt hinzu, daß die Druckmaschine im Grunde genommen »digital« arbeitet und einen Punkt entweder aufs Papier setzt oder nicht. Die Farbintensitäten der Grundfarben werden durch die Punktgröße simuliert. Die Druckvorlagen für die drei Grundfarben bezeichnet man als Farbauszüge.

Wegen der Kompatibilität zur additiven RGB-Farbmischung der Computerbildschirme verwenden auch Desktop-Farbscanner wie der »Microtek MSF 300 Z« oder der »Epson GT-6000« das RGB-Verfahren und liefern Farbauszüge in den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau. Beim Scannen wird ein Bild mit drei Lichtfarben abgetastet. Bei der Abtastung mit rotem Licht »sieht« die lichtempfindliche Zeile nur die Bildteile, die rotes Licht reflektieren, bei Grünbeleuchtung die grün reflektierenden Bereiche, bei Blaulicht entsprechend die blauen Re-flektionen.

Die Umwandlung der RGB-Farbauszüge des Scanners in die CMY-Auszüge einer Dreifarb-Separation für die Druckausgabe, läßt sich nach drei einfachen Formeln vornehmen (100% = maximale Intensität): Cyan-Intensität = 100 % — Rot-Intensität Magenta-Intensität = 100 % — Grün-Intensität Yellow-Intensität = 100 % — Blau-Intensität Zumindest in der Theorie. Die professionelle Praxis ist aus verschiedenen Gründen, die hier nicht diskutiert werden können, weitaus differenzierter und erfordert eine komplexe Algorithmik der Farbseparations-Formeln.

(uw)


Wolfgang Fastenrath
Aus: ST-Magazin 09 / 1990, Seite 102

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