Der Atari ST ist durch seine fortschrittliche Technologie, seine komfortable Entwicklungsumgebung und ein großes Softwareangebot geradezu prädestiniert für den professionellen Einsatz.
Die Firma »rhothron« strafte der Ruf des »Spielcomputers« Lügen und entwickelt bereits seit der Markteinführung des ST Applikationen und komplexe Anwendungen auf Basis des Atari ST. Ob in kompletten Normgehäusen oder komfortabler Modulbauweise zur individuellen Anpassung an die Bedürfnisse der Industrie, bietet rhothron eine Vielzahl von Hard- und Softwareentwicklungen für den gehobenen Praxiseinsatz an. In dieser und den nächsten Ausgaben des ST-Magazins betrachten wir in lockerer Folge einige Entwürfe dieser Firma. Zum Einstieg in die Serie der rhothron-Computersysteme wenden wir uns »rho-Prof« zu. Der rho-Prof-Rechner, wie auch die Computer der rho-Modul-Serie, weisen vom Grundkonzept alle Wesensmerkmale eines Mega ST bzw. kompatiblen Atari auf. Das heißt, daß rein softwareseitig keinerlei Unterschiede zu einem »normalen« Mega ST existieren. Dieser Grundsatz — den Atari möglichst unverändert als Grundmodell zu verwenden — erlaubt für viele Anwender, die bereits einen ST besitzen, den schrittweisen und damit kostengünstigen Einstieg in die Welt der Meßdatenerfassung, Weiterverarbeitung und Datenausgabe.
Aber nun zurück zu unserem rho-Profi-Rechner: Daß ein fast normaler Mega »unter der Haube ruht«, ist wirklich das einzige, was dieses Profi-System mit dem ehemaligen Atari-Computer gemeinsam hat.
Als erstes verpaßten die Entwickler dem Mega ein genormtes Gehäuse in 19-Zoll-Ausführung, das in verschiedenen Höheneinheiten (2,4 oder 7 HE) erhältlich ist. Der ST ist in diesem Normgehäuse als unterste Komponente eingebaut, wobei alle vom ST gewohnten Schnittstellen von außen zugänglich sind. Teilweise behielten die Schnittstellen ihre ursprüngliche Steckerform bei, wie es sich beispielsweise bei dem ROM-Port, Centronics- und Modemschnittstelle sowie Monitor- und Midibuchse erkennen läßt. Der Mega wurde derart günstig montiert, daß die meisten Schnittstellen nicht zusätzlich verdrahtet werden mußten, sondern direkt durch paßgenaue Ausbrüche zu erreichen sind. Nur der ROM-Port verlangte eine externe Verdrahtung und liegt jetzt an der Rückseite des 19-Zoll-Gehäuses erreichbar. Der einfache Telefonanschluß des Tastaturkabels, samt Mega-Tastatur, mußte einem soliden Sub-D-Steckersystem an der Frontseite des rho-Prof weichen. Ist der Computer nicht nur als Tischgerät vorgesehen, so steht eine Gehäuseform bereit, die den Einbau in Schaltschränke oder ähnliche Geräteträger erlaubt. Der Computer an sich ist mit einem Arbeitsspeicher bis zu 15 MByte erhältlich und kann bei rechenintensiven Aufgaben mit einem Coprozessor erweitert werden. Dieser Arbeitsspeicher teilt sich in verschiedene Bereiche auf: Einmal ist hier der normale ST Speicher in seinen verschiedenen Konfigurationen von 1 bis 4 MByte Kernspeicher gemeint. Doch damit nicht genug: Über ein externes Bussystem lassen sich weitere 11 MByte zusätzlich adressieren. Alle Mega-spezifischen Aufrüstungen wie etwaige Grafikkarten sind bereits vorgesehen und je nach Bedürfnis der Anwender erhältlich. Die speziell von rhothron entwickelte Software für die diversen Hardwarekarten und deren Anwendung ist ebenso an diese Grafik-Erweiterungen angepaßt. Daß Kompatibilität zur Außenwelt für ein Profisystem unentbehrlich ist, weiß jeder ST-Anwender. Deshalb ist auch der rho-Rechner auf Wunsch mit einem V30-Zweitprozessor-System (Nortonfaktor 4.7) zu haben, um dem Anwender auch einen Blick in die MS-DOS-Welt zu gestatten.
Nachdem sich mit dem reinen Mega-Bus nicht viele Applikationen realisieren lassen und dieser leider auch keinem Standard-Bussystem entspricht, lag nichts näher als die Anpassung des ST an ein genormtes, weitverbreitetes Bus-System. Rhothron wählte hier den zukunftsweisenden »VMEbus« als Grundlage für alle folgenden Erweiterungen. Über diesen Bus lassen sich neun bis zwanzig Steckplätze — je nach Gehäuseabmessung — ansprechen. Momentan ist jeder Steckplatz des VMEbus allerdings nur für die Aufnahme von Einfach-Europakarten vorgesehen. Dadurch, daß sich viele Industriecomputer auf das VMEbus-System spezialisierten, ist es zu erwarten, daß künftige komplexe Entwicklungen seitens der VME-Steckkarten das Format der Einfach-Europaplatine sprengen. Diesen Umstand erkannte auch rhothron richtig und konzipierte einige der Computergehäuse zur Aufnahme von Doppel-Europa-Karten um. Eine »Mixtur« zwischen Einfach- und Doppelkarten ist leider nicht im Lieferprogramm. Dies wäre zu empfehlen, da durch die schnelle Miniaturisierung die Doppelkarte von heute bereits morgen das Format einer Einfachkarte aufweisen könnte.
Für den bereits eingebauten VMEbus entwickelte rhothron einige sehr interessante Einschubkarten samt Software, die wir allerdings erst später genauer betrachten. Daß das ST-Netzteil einer Vielzahl von Zusatzgeräten nicht gewachsen ist, erscheint logisch. Nach dem Öffnen der Abdeckung des Gehäuses erblickten wir deshalb sofort zwei große Netzteilplatinen und zwei sehr geräuscharme Lüfter für deren Kühlung. Um eine hohe Spannungsstabilität zu garantieren und eventuelle Störimpulse zu minimieren, wurden sekundär getaktete Schaltnetzteile, die ihre Primärspannung über Ringkerntransformatoren erhalten, eingesetzt. Als Besonderheit für externe Anwendungen des rho-ProfRechners ist ein 24-Volt-Gleichspannungsbetrieb erhältlich, der den bequemen Betrieb des kompletten Computersystems an jedem Ort zuläßt.
In puncto Datenspeicherung und -Sicherung hat sich rhothron einiges einfallen lassen. Zuerst ist da natürlich das obligatorische 3 1/2-Zoll-Disketten-Laufwerk. Dazu gibt es eine ansehnliche Festplattenpalette mit den verschiedensten Leistungsdaten, je nach Kundenwunsch von 60 bis 160 MByte und Zugriffsgeschwindigkeiten von 40 bis 15 ms. Daß bei solchen Datenmengen ein solides Sicherungssystem nicht fehlen darf, beweist die integrierte 44-MByte-Wechselplatte, die ebenso wie die Hard-Disk über den schnellen SCSI-Bus angesprochen wird. Allen Anwendern, denen die Sicherheit ihrer harten Forschungsergebnisse und Meßdaten über alles geht, bietet rhothron auch noch einen 60-bis 155-MByte-Tape-Streamer an, der ebenfalls in die Frontseite integriert ist. Die gesamten Datensicherungsgeräte liefert rhothron mit einer ausgezeichneten Software und genügend Begleitmaterial.
Wenn der Datenaustausch mit Disketten — oder der einfachen RS232-Schnittstelle nicht mehr den Erfordernissen entspicht, ist gewöhnlich ein Netzwerk erforderlich. So auch bei rhothron: Für alle Computer ist ein Netzwerk-Adapter vorhanden, der den Anschluß an ein Hochgeschwindigkeitsnetzwerk oder ein heterogenes »Ethemet-Netzwerk« erlaubt. Das lokale high-speed-Netzwerk bringt es auf eine Übertragungsgeschwindigkeit von 2 MBit/s und verwendet handelsübliche Koaxkabel als Medium. Der Anschluß erfolgt am DMA-Port des Atari und erlaubt die Vernetzung von bis zu 127 STs, wobei die maximal zu überbrückende Entfernung 2000 m nicht überschreiten darf. Das fortschrittliche Ethernet-Netzwerk erreicht gar 10 MBit/s Übertragungsgeschwindigkeit und gestattet den Anschluß an alle dem »IEEE-802.3-Standard« gehorchenden Computer. Entsprechende Software, um eine Datenkompatibilität zu garantieren, sind z.B. das Standardprotokoll »TCP/IP« oder »VAX/ VMS«-Server.
Da das rhothron Computersystem über den VMEbus als Datenerfassungs- und Ausgabesystem fungiert, stellt rhothron selbst über 40 verschiedene VME-Baugruppen wie A/D, D/A, Opto-I/O, Relaiskarten etc. einschließlich der erforderlichen Software her.
In künftigen Folgen unserer Serie werden wir einige dieser Karten und deren Software genauer unter die Lupe nehmen.
Allgemein kommen Daten — sei es in analoger oder digitaler Form — nicht in der Pegelnorm vor, wie es die allgemeinen VME-Karten oder Computereingänge erfordern.
Die Daten sind also vor der Weiterverarbeitung durch sog. Vorverstärker und eventuell Filter aufzubereiten. Von rhothron sind hier Thermoelement-, Thermowiderstand-, Brücken-, Differenz-, Trennverstärker und Impedanzwandler erhältlich.
Diese so aufbereiteten Signale lassen sich dann beispielsweise in einem schnellen 70-MHz-A/D-Wandler weiterverarbeiten. Für die softwareseitige. Verarbeitung dieser nun in digitaler Form vorliegenden Daten sorgen dann mächtige und komfortable Programme wie der »rho-Datenlogger« oder das Transientenanalyse- bzw. Oszilloskop-Programm. Sind etliche Meßwerte bekannt, so hilft »rho-DATA« diese Werte in grafischer Form darzustellen: möglich ist hierbei die Eingabe von 10000 Meßwerten und deren Interpolation, Approximation, Regression und eine Vielzahl von Statistikfunktionen zur weiteren Auswertung.
Ein anderer, von rhothron unterstützter Arbeitsbereich, ist die Erfassung und Visualisierung von Prozessen der Steuer- und Regelungstechnik. Die Software arbeitet — wie Sie es vom Atari gewöhnt sind — streng nach dem »WYSIWIG«-Prinzip, so daß Sie z. B. den Steuerungsablauf einer ganzen Chemiefabrik am Bildschirm verfolgen können. Unterstützt wird diese Software durch eine entsprechende Daten-I/O-Hardware.
Es ist schon beachtlich, was mit dem ST alles zu verwirklichen ist. Wir staunten teilweise nicht schlecht über das, was wir an Hard- und Softwareprodukten seitens Rhothron zu sehen bekamen. Somit verwunderte es uns nicht, als wir über die Einsatzgebiete dieser Produkte erfuhren, die sich durch alle Sparten der Industrie und den Bildungsbereich ziehen. Alle Applikationen vermittelten einen konsequent »durchkonstruierten« Eindruck, (uw)
Rhotron GmbH, Entenmühlstr. 57, 6650 Hom-burg/Saar