Supra Drive 20/105: Megabytes gekonnt verpackt

»Supra Drive 20/105«, kreiert von der US-amerikanischen »Supra Corporation«, liegt voll im aktuellen Trend speicherhungriger Anwendungen: Hard-Disk samt Datensicherungssystem sind in einem Gehäuse untergebracht.

Das »Supra Power-Pack Subsystem« mit der sinngemäßen Frontaufschrift 20/105 beinhaltet in unserer Version eine 105-MByte-Hard-Disk und ein S^-Zoll-Disketten-Laufwerk mit 20 MByte Speicherkapazität als Datensicherungssystem.

Betrachten wir das Subsystem zuerst einmal von außen: Auffallend und ungewohnt ist das verwendete Slimline-Gehäuse, wie es eigentlich nur in PC-Kreisen zum Einsatz kommt. Bei den ersten Versuchen, das gewohnte Mega-Festplatten-Monitor-Gebäude aufzubauen, mit dem Mega als unterste Stufe, erfolgte die erste Überraschung, denn das Supra-Gehäuse überragt den Mega an allen vier Seiten um ca. 5 cm. Die Begründung für das übergroße Gehäuse lautet — seitens Supra —, daß das vergrößerte Platzangebot somit für Erweiterungen wie den MS-DOS-Emulator »Supercharger« etc. bereitsteht. Dieses ist sicherlich ein ernstzunehmender Aspekt für all diejenigen Anwender, die sich zu den notorischen Tüftlern zählen. Hat man sich aber einmal mit dem Design des Gehäuses angefreundet, bleibt sein professionell wirkender Charakter nicht verborgen: Sauber in die Frontplatte integrierte Bedienelemente, keine überstehenden Kanten, sondern runde Formen, eine solide und relativ kratzfest lackierte Abdeckhaube sowie ein ziemlich stabiles Bodenblech unterstreichen diesen Eindruck. Auch die verschiedenen LED-Anzeigen plazierten die Entwickler unauffällig in die Gehäusefront und vermieden dadurch den leider überhandnehmenden »Lichtorgeleffekt« anderer Festplattenprodukte. Der Hersteller bietet ein technisch identisches Gerät auch im Mega ST-ähnlichen Gehäuse an.

Das Megadrive 20/105 präsentiert sich im ungewöhnlichen aber praktischen Gehäuse

Komfortable Bedienelemente

An der rechten Fronthälfte des Supra-Drive befindet sich der Netztaster mit übergeordneter Anzeige-LED, mittels der sich das System zum Leben erwecken läßt.

Weiter findet interessanterweise auch der in PC-Gehäusen standardmäßig eingebaute Schlüsselschalter bei dieser Hard-Disk als Lockmechanismus Verwendung, Daten gegen fremden Zugriff zu schützen. Ist der Schlüssel in entsprechender Stellung, erkennt der Atari ST keine Partitionen mehr und bringt eine Fehlermeldung auf den Bildschirm. Diese Funktion wirkt sowohl auf die Hard-Disk als auch auf das Disketten-Laufwerk. Verständlicherweise darf dieser Schutz niemals bei einem Datenzugriff aktiv sein, da sonst ein Datenverlust die Folge wäre. Wir meinen, daß der Einbau eines solchen Schalters und seine Funktion als Lock-Mechanismus eine sehr sinnvolle Bereicherung dieses Systems darstellt. Atari selbst ist scheinbar nicht in der Lage, eine in allen Bereichen der EDV bereits übliche Sperre einzubauen.

Direkt über dem Schlüsselschalter, befindet sich die LED-Zugriffsanzeige für die eingebaute Hard-Disk. Der neben dem Schlüsselschalter befindliche »Turbo-Taster« besitzt keine Funktion. Über ihm erscheint eine zusätzliche Zugriffsanzeige für das Disketten-Laufwerk. »Zusätzlich« deshalb, weil bereits das Disketten-Laufwerk über eine solche Anzeige verfügt.

Supra vergaß leider die diversen Anzeigen mit ihren Funktionen zu beschriften, wodurch der Anfänger sicherlich einige Male zur Dokumentation greifen muß. Da unser Testgerät noch ein Vorserienmodell war, besteht Hoffnung, daß der Hersteller hier noch nachbessert.

Der Clou des Systems ist nicht zu übersehen. An der rechten Gehäusehälfte »residiert«, in die Frontseite integriert, das Disketten-Laufwerk mit seinen beachtlichen 20 MByte. Die verwendeten 5,25-Zoll-Disketten ähneln in ihrer schützenden Plastikummantelung sehr an 3,5-Zoll-Disketten. Doch werfen Sie dieses Medium nicht mit einer Wechselplatte in einen Topf: Es handelt sich hier wirklich noch um eine Diskette, die zwar Festplattencharakter hat, jedoch immer noch zu den Floppies zählt. Doch nicht nur die Frontseite überrascht mit Neuheiten, auch auf der Rückseite sind Trümpfe verborgen. Neben dem üblichen Kaltgerätestecker für den Netzanschluß befindet sich eine DMA-Ausgangs-Buchse und eine Sub-D-SCSI-Busschnittstelle. An diesen SCSI-Bus lassen sich leicht weitere Geräte (SCSI-Standard) anschließen. Kontakt an den ST findet die Supra Drive über ein festverdrahtetes Kabel von ca. 40 cm Länge. Die feste Verkabelung bedeutet in jedem Fall eine deutliche Beeinträchtigung der Anwenderfreundlichkeit des Systems. Bei künftigen Versionen sollte Supra hier unbedingt ein beidseitig steckbares Kabel vorsehen.

Die komfortable Formatier-Software läßt kaum noch Wünsche offen

Der Blick unter die Haube — sprich ins Innere der Festplatte — ernüchterte allerdings unsere Meinung über die solide Verarbeitung. Hier waltete beim Testgerät nicht gerade die beste Sorgfalt: Zwar fixierten die Entwickler alle Bauteile wie die Hard-Disk und das Disketten-Laufwerk exakt und stabil am Bodenblech, doch schenkte man einer sauberen Verdrahtung dieser Komponenten keine Beachtung. Weder Kabelbinder noch Isolierschlauch (außer auf der Netzseite) halten hier die Signal- oder Flachbandkabel zusammen. Eine kleine Zusatzplatine brachten die Konstrukteure gar nur mit Kleber an. Die teilweise nötigen Steckverbindungen — realisiert mittels Stiftleisten und Gegenstücken — erhielten keine Fixierung und könnten sich selbständig öffnen. Auch hier sollte der Hersteller in der Serie etwas mehr Sorgfalt walten lassen. Doch wenigstens der Einbau der verwendeten Baugruppen beruhigte unsere Gemüter wieder. Hier zeigte sich eine gehörige Portion Profi-Technik. Ein großzügig dimensioniertes Netzteil, das im übrigen noch über zwei weitere freie Spannungs-Normstecker für eventuelle Erweiterungen verfügt, sichert eine ausreichende Stromversorgung. Der im Netzteil an der Gehäuseunterseite eingebaute Lüfter arbeitet fast geräuschlos. Das SCSI-Interface mit integriertem Uhrenchip ist für Nicht-Mega-Besitzer interessant, da auch diese Computer beim Start die korrekte Zeit übermittelt bekommen. Dieses Interface ist ebenfalls sehr sauber aufgebaut und vermittelt einen zuverlässigen Eindruck.

Eine hardwaremäßige Einschaltverzögerung, wie sie bereits von vielen Anbietern realisiert ist, fanden wir bei der Supra-Drive leider nicht.

Als Hard-Disk erhielt unser Testgerät ein 3V2-Z011-Laufwerk der Firma »Conner« vom Typ »CP3100«. Das edle Disketten-Laufwerk vom Typ »HF24DR« stellte »Qume« bereit.

Doch genug der Hardwarekritik. Wenden wir uns im weiteren den Leistungen zu, die das Subsystem im Testbetrieb erzielte. Grundsätzlich sind vorab einige prinzipielle Bemerkungen zu der Konstellation Hard-Disk-Disketten-Laufwerk nötig. Das Disketten-Laufwerk läßt sich softwareseitig genauso behandeln wie eine Hard-Disk oder Wechselplatte. Das heißt, das Disketten-Laufwerk läßt sich sowohl partitionieren wie auch als bootfähiges Laufwerk definieren. Bei der Arbeit ist es jedoch sicherlich sinnvoll, immer die Hard-Disk als Bootlaufwerk zu definieren und das Disketten-Laufwerk nur zur Datensicherung zu verwenden. Der obligaten Frage nach der Geschwindigkeit der beiden Sicherungssysteme gingen wir im folgenden mittels des »Rate-HD«-Programms von »Rhothron« auf den Grund. Unsere Messung bezüglich der Übertragungsrate ergab bei der Hard-Disk 549 KBit/s, bei dem Disketten-Laufwerk 104 KBit/s. Die mittlere Zugriffszeit lag bei der Hard-Disk bei 29 ms und bei dem Floppy-Laufwerk bei 104 ms.

Diese Werte zeigen deutlich die klare Überlegenheit des »staubfreien« Hard-Disk-Systems.

Komfortable Software

In der Praxis läßt sich die Kombination Hard-Disk- und Diskette äußerst angenehm handhaben. Programme, Dateien oder Files, die nur selten benötigt werden bzw. zu sichern sind, lassen sich schnell und zeitsparend auf die Diskette »schieben«. Ebenso ist natürlich auch der umgekehrte Weg von der Floppy zur Hard-Disk anwendbar.

Softwareunterstützung großgeschrieben heißt das Ergebnis, nachdem wir uns eingehend mit der beiliegenden Software befaßt haben.

Da die Supra-Drive, wie bereits erwähnt, keine Hardware-Einschaltverzögerung besitzt, ist diese softwareseitig durch ein Programm realisiert. Das weitere Booten von der Festplatte stellt danach kein Problem dar. Die DMA-Gerätenummer ist ab Werk für beide Drives eingestellt und läßt sich leider nur durch Öffnen des Gehäuses an den Platten ändern. Für die Manipulation der »SCSI-Device« oder der »logical unit Number« steht im Formatierprogramm ein Menü bereit.

Zusätzlich sind da eine Menge nützlicher Utilities: Neben einem mit allen Features versehenen Formatierprogramm unterstützt es die Definition der Grundeinstellungen an den Laufwerken. Vorhanden ist auch ein Accessory, das einen Softwarecache für beliebige Partitionen erlaubt und auch noch diverse Dienstleistungen anbietet. Um die Hard-Disk bei einem Transport zu schützen, liegt ein Parkprogramm auf der beiliegenden Diskette. Versuche, die Festplatten mit der original Atari-Hard-Disk-Software Version 3.0 anzusprechen, scheiterten bereits im Ansatz.

Die deutsche Bedienungsanleitung des Sub-Systems lag uns für den Test leider nur in ausgedruckter Form vor, wodurch eine Beurteilung nicht objektiv ist. Doch läßt sich aus dem momentanen Begleitmaterial durchaus entnehmen, daß Supra alle Komponenten sowie Tips und Tricks ausreichend erläutert. Die Dokumentation der Software lag nur in englischer Sprache vor, was für viele Anwender sicherlich ein Manko darstellt. Supra ist gut beraten, ihren künftigen Festplatten eine deutsche Version dieses Handbuchs beizulegen.

Praxisgerechtes Subsystem

Zusammenfassend ist dieses Festplattensystem als praxisnah konstruiertes Sub-System zu bezeichnen. Dank der hervorragenden Softwareunterstützung sind alle Einsatzbereiche und Funktionen abgedeckt. Bis auf kleine Mängel in der Verarbeitung — die Supra in Zukunft sicherlich beseitigt — ist dieses System besonders für professionelle Anwendungen geeignet, (uw)

Makro C.D.E., Schillerring 19, 8751 Großwallstadt

Wertung

Name: Supra Power-Pack Subsystem

Preis: 3398 Mark

Vertrieb: Makro C.D.E.

Technische Daten:

105-MByte-Hard-Disk, 20-MByte-Disketten-Laufwerk

Zugriffszeiten: Festplatte: 549 KBit/s

Disketten-Laufwerk: 104 KBit/s

Stärken: □ solider Aufbau □ gute Softwareunterstützung □ anspruchsvolles Design

Schwächen: □ festes DMA-Kabel □ mäßige interne Verdrahtung □ zu große Gehäuseabmessungen

Fazit: Solide und schnelle Festplatte mit integriertem Datensicherungssystem, die nach Beseitigung kleiner Mängel auch hohen Ansprüchen genügt.


Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 07 / 1990, Seite 36

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