Am Bildschirm kleben - Stark verbessert: der PCB-Editor zum Leiterplatten-Entwurf

Der MPK Printed Circuit Board Editor (PCB-Editor) von Marek Petrik stand uns schon einmal in der Version 4.2F-Standard zu einem Test zur Verfügung. Mittlerweile gibt es eine völlig neue, in weiten Teilen überarbeitete Version: den PCB-Editor II Version 2.0.

Das Softwarepaket enthält ein Handbuch, eine Programm- und eine Library-Diskette sowie die übliche Registrier- bzw. Lizenzvereinbarung. Doch halt — da war noch etwas: Ein unscheinbares silbernes Kästchen, laut Handbuch zwischen Computer und Drucker zu schalten, entpuppt sich als Schutz gegen Raubkopierer. Dieser Kopierschutz arbeitet nur dann korrekt, wenn ein betriebsbereiter eingeschalteter Drucker angeschlossen ist. Auch während der Entflechtung fragt das Programm immer wieder den Schutz ab, so daß der Drucker ständig laufen muß. Das schränkt die Flexibilität des Programmes ein. Erfahrungsgemäß ist bei Software, für die nur ein bestimmter Anwenderkreis Interesse hat, die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung von Raubkopien sehr gering. Die Methode des »userfreundlicheren« Kopierschutzes per Registrierkarte erscheint uns bei dieser Anwendung sinnvoller, zumal diese Art von Kopierschutz sich direkt auf den Preis des Produktes auswirkt. Um den neuen PCB-Editor II zu erwerben, muß der Anwender tief in die Tasche greifen: Das Programm kostet inklusive Mehrwertsteuer beachtliche 723 Mark. Verbilligte Upgrades von älteren Versionen auf den Editor II sind möglich, sofern Sie eine Registriernummer nachweisen.

Der Inhalt der beiden Disketten teilt sich in eine Programm- und in eine Library-Disk. Die LIB.-Disk enthält vordefinierte Bestückungs- und Layoutbauteile (SMD, SMT und Dual-Inline), Schriften, Kreise, vordefinierte Normblätter und Symbole aus der Elektronik zum Zeichnen von Schaltplänen. Auf der anderen Diskette befindet sich neben dem Setup-Programm zur Einstellung der Grunddaten (Platinengröße etc.) eine Shell, aus der man den Editor, das Druckprogramm und ein Finder-Programm aufruft. Der PCB-Editor II arbeitet ohne Autorouter.

Als Hardware-Voraussetzung sind ein Atari ST mit mindestens 1 MByte RAM (TOS im ROM), ein Monochrom-Monitor und ein Laufwerk notwendig. Verfügt der Anwender über eine Festplatte, erschwert das »speicherfressende« Programm einen vernünftigen Betrieb, da der ST zur Verwaltung der Hard-Disk etlichen Speicher für sich beansprucht. Bei solch einer Konfiguration lassen sich nur kleinere Platinen bearbeiten. Abhilfe schafft laut Handbuch nur der Erwerb eines Mega-ST mit mehr als 1 MByte RAM. Die abgebildete Demoplatine jedoch ließ sich auch auf einem 1040er mit SCSI-Festplatte problemlos bearbeiten.

Die maximale Auflösung bei der Entflechtung der Leiterplatte beträgt 180 Inch. Alle Informationen wie Lötaugengröße und -form, Leiterbahnstärke oder Textdesign sind mittels Fonts auf Diskette Speicher- und abrufbar. Mit dem integrierten Font-Editor lassen sich diese Elemente beliebig verändern.

Im Hauptmenü (Bild 1) stehen dem Anwender die grundsätzlichen Arbeitsfunktionen wie Lötaugen setzen, Leiterbahnen ziehen, Block- und Fülloperationen (für Masseflächen) und Texteingabe zur Verfügung. Als sehr gute Arbeitshilfe ergab sich der kombinierte Einsatz des linken und rechten Maustasters jeweils zum Setzen und Löschen von Lötaugen. Die Auflösung beim Layout wählen Sie zwischen 1/10-Zoll und 1/180-Zoll. Beim Routen entscheiden Sie zwischen sechs verschiedenen Leiterbahngrößen und acht verschiedenen Lötaugenformen. Die Leiterbahnen verlegt der Editor automatisch im 45-Grad-Winkel. Als sehr hilfreich erweist sich, daß die Lötaugenmittelpunkte beim Überdecken mit Leiterbahnen automatisch freigehalten werden. Die Blockoperationen stehen wahlweise für die Ober- oder Unterseite sowie beidseitig zur Wahl. Sie teilen sich in Bewegen, Drehen, Löschen, Speichern und Lesen von Platinenausschnitten auf. Aus diesem Menüpunkt erfolgt auch der Zugriff auf die reichhaltige Bibliothek. Das Einlesen und Plazieren der Bauteile geschieht in akzeptabler Geschwindigkeit und vervollständigt die gute Bedienbarkeit des Programmes.

Das Hauptmenü zeigt alle grundsätzlichen Arbeitsfunktionen übersichtlich aufgelistet
Unsere Beispielplatine entstand auf einem 1040 ST und wurde mit einem 24-Nadel-Drucker zu Papier gebracht

Im Kontrollmenü (Bild 3) stellt der Anwender Maus- und Bildschirmaktivitäten ein. Neben der Scrollgeschwindigkeit des Arbeitsfensters definiert er hier auch die jeweilige Platinenvorderseite und -rückseite (im Grauraster). Außerdem besteht Zugriff auf zwei weitere fiktive Bildschirme (Screens), die wiederum zum Kopieren etc. von Ausschnitten dienen. Ein weiterer Punkt ist die Zoomfunktion: Aktiviert man sie, so ist bei allen Arbeiten in einem kleinen Seitenfenster in der Menüleiste ein vergrößertes Umfeld des Cursorbereiches zu sehen. Die Funktion »Area« hilft dem Anwender, seine Platine über den ganzen bereitgestellten Arbeitsbereich, auch größer als der sichtbare Bereich, zu verschieben.

Selbstverständlich lassen sich die gesamten Zeichenfunktionen einschließlich der bereits vordefinierten Bibliotheken ausgezeichnet zur Herstellung von Schaltplänen verwenden. Diese gelingen leicht mit den auf der LIB-Diskette bereitgestellten Norm-Blättern (DIN A4 etc.).

Was nützt ein Layout Programm, bei dem der Ausdruck der Platine keine ausreichende Qualität aufweist? Der PCB-Editor legt von vornherein fest, daß die ausreichende Druckqualität nur mit einem 24-Nadler zu erreichen ist. Daß dadurch die 9-Nadel-Drucker auf dem Abstellgleis stehen, ist bedauerlich. Ein Druckprogramm, das 9-Nadler unterstützt, sei es nur, um einen Ausdruck im Maßstab 2:1 anzufertigen, ist wünschenswert.

Das aus der Shell heraus aufrufbare Druck-Programm (Bild 4) wartet mit erstaunlichen Features auf: Neben der freien Wahl der Vergrößerungsfaktoren in x-und y-Richtung ist der Druck in Grau oder Schwarz und in vier verschiedenen Dichten vorgesehen. Ebenso lassen sich hier die Screens sowie Blöcke der Platine ausdrucken. Die Form und Größe des gedruckten Pixels ist bei einem Vergrößerungsfaktor von größer/gleich 2.0 frei bestimmbar. Für alle Besitzer von Tintenstrahldruckern ist eine weitere Funktion eingebaut: Die Zeit zwischen zwei Drucken ist frei definierbar. Dies vermeidet ein Verwischen der Tinte. Alles in allem — man sieht es auch am Beispielausdruck — erfüllt das Druckprogramm alle Erfordernisse, um die entworfene Platine in hochwertiger Form auf das Papier zu bringen.

Die im Lieferpaket eingeschlossene Dokumentation ist ausführlich geschrieben und gibt dem Anwender nebenbei auch noch etliche Tips zur praxisgerechten Platinenentflechtung und einer eventuellen Filmherstellung. Alle im Programm vorkommenden Funktionen sind aufgeführt, ihre Beschreibung läßt keine Fragen offen. Speziell auf die Handhabung des Druckprogramms geht der Autor erschöpfend ein. Für Anwender, die selbst »weiterprogrammieren« wollen, sind im Anhang etliche Tips vorhanden.

Abschließend sei festgehalten, daß der PCB-Editor alle nötigen Funktionen besitzt, um auch Layoutprojekte, die den semiprofessionellen Bereich überschreiten, ohne Probleme zu gestalten. Alle Funktionen sind leicht erlernbar und mittels der ausgezeichneten Menüführung in kurzer Zeit verständlich. Zwar schreckt der Preis — und vor allem der hinderliche Kopierschutz — manchen Interessenten ab, doch ist dem Programm zu wünschen, daß hier noch eine Korrektur erfolgt.

Zum Redaktionsschluß wurde uns bekannt, daß es mittlerweile eine weitere Version des Layoutprogrammes gibt: den »MPe II Plus«. Dieses als Evaluation-Kit für 277 Mark (für Einfach-Platinen bis 115 x 175mm) und als Vollversion für 877 Mark erhältliche Programm besitzt in der Vollversion folgende Funktionen: 20 frei nutzbare Ebenen, Multilayer (zwölf Kupferlagen), zwei Bestückungsdrucke, Bauteileplazierung mit Echtzeit-Gummibandverbindungen, Netzlistengenerierung etc. Weiterhin ist ein besserer Druckertreiber für Laser und — dies ist besonders bemerkenswert — für Fotoplotter im Gerber-Format erhältlich.

(wk)

MPK, Marek, Petrik, Vogelsbergstr. 13, 3550 Marburg 7

Das Druckprogramm kennt nützliche Features auch für den Tintenstrahl-Drucker
Im Kontrollmenü nehmen Sie die Grundeinstellungen vor

Wertung

Name: PCB-Editor II
Preis: 723 Mark
Hersteller: Marek Petrik Vogelsbergstr. 1, 3550 Marburg 7

Stärken: hohe Auflösung, umfangreiche Bibliothek, effektive Menüführung, auch für umfangreiche Projekte verwendbar, sehr gutes Druckprogramm

Schwächen: Kopierschutz, relativ hoher Preis, maximal zwei Platinenlagen

Fazit: durchdachtes Layout-Programm das allen Aufgaben des semiprofessionellen Bereichs gewachsen ist


Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 03 / 1990, Seite 55

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