Die Augen des Computers, Teil 2

Im zweiten Teil unserer Grundlagen erfahren Sie mehr über die Theorie des Scannens und Rasterns und erhalten Tips für den täglichen Gebrauch.

Scanner sind Präzisionsinstrumente, die eine Bildvorlage punktgenau in den Computer übertragen. Doch wie funktionieren diese Wunderwerke der Optik und Feinmechanik? Betrachten wir zunächst die grundsätzlichen Arbeitsabläufe beim Scanvorgang.

Der Scanner tastet die Vorlage zeilenweise mit einer Sensorleiste ab und strahlt dabei die Vorlage mit einer starken Lichtquelle an. Auf der Sensorleiste befinden sich lichtempfindliche Bauelemente. Diese Elemente erzeugen je nach dem von der angestrahlten Vorlage reflektierten Licht ein mehr oder weniger starkes analoges Signal. Die im Scanner integrierte Logik digitalisiert diese Informationen.

Um so mehr lichtempfindliche Elemente auf der Sensorleiste nebeneinander stehen, um so höher ist die Auflösung. Man gibt sie normalerweise in dpi = dots per inch oder Punkte pro Zoll an. Die durchschnittliche Auflösung liegt derzeit bei den an den Atari ST angepaßten Scannern bei 300 bis 400 dpi.

Rechnerisch erzielen Sie in Y-Richtung höhere Auflösungen, indem der Scanner den Motor, der das optische System entlang der Vorlage zieht, in der Geschwindigkeit drosselt. So schafft ein 300-dpi-Scanner 600 dpi.

Dieses Verfahren ist jedoch umstritten, da die Mechanik und vor allem der Motor für diesen Einsatz nicht vorgesehen sind. Oft bewegt sich der Motor deshalb ruckartig und ungleichmäßig, ruckelt und verzerrt damit das Bild. Natürlich steigern Sie die Auflösung nur in y-Richtung. Um ein unverzerrtes Bild zu erhalten, vergrößern die Scanner das in x-Richtung mit 300 dpi abgetastete Bild »blind«. Dabei setzt die Software jeden Punkt einfach doppelt.

Eine weit wichtigere Unterteilung ist die Unterscheidung von Bitmap- oder Rasterscannern und Grauton- oder bittiefen Scannern. Ein Raster- oder Bitmapscanner liefert eine Bitmap, ein gerastertes Bild. Ein Grautonscanner liefert echte Grautöne, das heißt, er rastert das gescannte Bild per Software. In einem Rasterbild nimmt jedes Pixel nur die Farben weiß oder schwarz an. Man sagt auch, das Bild habe eine Tiefe von einem Bit oder es besteht aus nur einer Bitplane. Liefert der Scanner jedoch 8 Bit pro Bildpunkt, so kann ein Bildelement 2 hoch 8, also 256 verschiedene Graustufen repräsentieren. Die Tiefe beträgt 8 Bit. Natürlich benötigen diese Bilder auch 8mal mehr Speicherplatz als ein Rasterbild. Rastern Sie dieses Bild zur Darstellung auf dem Bildschirm oder zum Druck, so existiert kein Unterschied zu einem durch einen Bitmap-Scanner gerasterten Bild.

Welche Vorteile besitzen bittiefe Scanner? Scannen Sie ein Rasterbild mit 300 dpi, so geben Sie dieses auch mit 300 dpi aus. Es hat wenig Sinn, Bilder mit 400 dpi zu scannen, um sie danach auf eine geringere Auflösung zu verkleinern. Dabei überlagern weitere Raster, die durch die Verkleinerung entstehen, sich mit dem Originalraster.

Aus dieser Überlagerung entstehen »Moirémuster«. Solche Interferenzmuster stören sehr und machen das Bild unansehnlich (vgl. Bild). Auch höhere Auflösungen von Ausgabegeräten helfen nicht weiter, da diese Muster auch entstehen, wenn das RIP (Raster Image Prozessor) der Fotosatzanlage oder des Postscript-Druckers ein 300-dpi-Rasterbild nochmals rastert.

Bittiefe Bilder dagegen kennen keine solchen Schwierigkeiten. Selbst beliebig verzerrt und gezoomt, entstehen keine Moires. Zur Ausgabe auf einem Drucker ist es jedoch sinnvoll, das Bild zunächst auf die richtige Größe zu zoomen und erst danach zu rastern.

Moirémuster durch Überlagerung mit einem Raster
Raster Graustufen Rasterweiten in lpi (lines per inch)
180 dpi 300 dpi 1250 dpi 2500 dpi
4x4 17 45 75 317,5 635
8x8 65 22,5 37,5 158,7 317,5
16x16 257 11,25 18,7 79,4 158,7

Tabelle. Die Abhängigkeit zwischen Raster, Graustufen und Rasterweite

Mit welcher Auflösung und mit wievielen Graustufen soll man nun scannen? Auch hier müssen Sie auf die Art Ihres Scanners Rücksicht nehmen. Der Ausdruck eines Rasterbildes wird optimal, wenn Sie mit genau der Auflösung scannen, in der Sie ausdrucken wollen. Da fast alle Laserdrucker eine Auflösung von 300 dpi besitzen, sollten Sie auch die Vorlage mit 300 dpi scannen. Dies trifft für eine 1:1-Abbildung zu. Soll das Bild später die halbe Größe der Vorlage besitzen, so scannen Sie es mit 150 dpi, um es mit 300 dpi auszugeben; bei einem Viertel der Größe verwenden Sie 75 dpi.

Fotos scannen Sie mit mindestens 32 Graustufen. 16 Graustufen reichen für professionelle Anwendungen nicht aus. Daraus folgt auch, daß ein Scanner mit 300 dpi und 64 Graustufen bei Fotos bessere Resultate liefert als ein 600-dpi-Scanner mit nur 16 Graustufen.

Wollen Sie ein Bild bei 300 dpi ausdrucken, und soll das Bild 65 Grautöne enthalten, so wählen Sie ein 8 x 8-Raster. Dies bedeutet: Das Bild ist mit einer Auflösung von 38 dpi(!) zu scannen, da es bei der Rasterung um den Faktor der Kantenlänge (hier 8) vergrößert wird. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen Graustufen, Scannerauflösung und Rasterweite (siehe Tabelle).

Bei Laserdruckern ist ein 8 x 8-Raster angebracht. Scannen Sie jedoch Strichzeichnungen (Lineart Bilder), sollte der Scanner das Bild rastern, da hier gilt: Scannerauflösung = Druckerauflösung

Dies ist einleuchtend, da eine Strichzeichnung enorm an Schärfe verliert, wenn man sie als Raster darstellt.

Bei unseren vorherigen Überlegungen gingen wir von einer Rasterung des Bildes aus, haben aber die verschiedenen Dither-Verfahren ausgeschlossen. Wie schon erwähnt, wird für die Vergrößerung eines Bildes jeder Punkt der Vorlage durch mehrere Punkte im Raster dargestellt. Beim Dithering entspricht jedem Bildpunkt genau ein Pixel. Dabei gibt das Bild wesentlich mehr Feinheiten wieder, falls Sie über ein hochwertiges Ausgabegerät verfügen. Diesem Verfahren sind jedoch Grenzen gesetzt. Wollen Sie eine DIN-A4-Seite mit 300 dpi und 8 Bit Tiefe einscannen, so benötigen die Bilddaten ca. 8 MByte, bei 400 dpi sogar 14 MByte. Dies ist selbst für einen Mega ST4 zu viel. Ein Ausweg: Lagern Sie das Bild auf die Festplatte aus und bearbeiten Sie es Stück für Stück im Speicher des Computers.

Grautonbilder enthalten zu jedem Bildpunkt wesentlich mehr Informationen als Rasterbilder, die nur die Information »Punkt weiß oder schwarz« besitzen. Um das Bild zu retuschieren, rechnet das Programm die gerasterte Information durch Vergleich von benachbarten Bereichen wieder in eine Grautoninformation um. Dieses Verfahren ist jedoch nicht mit echten Grautonbildern zu vergleichen.

Grautonbilder bieten ganz andere Bearbeitungsmöglichkeiten: Bereiche aufhellen oder im Kontrast verstärken, der Einsatz digitaler Filter zur nachträglichen Erhöhung der Schärfe, zur Verminderung der Schärfe (Softfilter) oder zur überhöhten Anzeige von Ecken und Kanten — das alles sind nur einige der verfügbaren Befehle.

Trotzdem benötigen Sie noch immer Raster, um unsere gescannten Bilder auszugeben. Raster sind die nächste Form der Bearbeitung.

Auch an diesem Punkt müssen wir die Scanner in zwei Gruppen teilen: Bitmapscanner und Grautonscanner. Bitmapscanner rastern das Bild intern und fassen die erhaltene Information in einer Ebene zusammen. Scanner mit echten Graustufen geben diese Information mehr oder weniger unverändert an den Computer weiter, das Rastern erfolgt hier über die Software.

Bisher übliche Ausgabegeräte wie Drucker oder Laserbelichter geben Graustufen nicht direkt wieder. Durch ihre Bauart bedingt setzen sie nur schwarze Punkte. Um Flächen verschiedener Helligkeit zu simulieren, rastern Sie die digitalen Informationen. Ausgeklügelte Algorithmen setzen an definierten Stellen Punkte und täuschen dem Auge mehr oder weniger helle Flächen vor.

Besonders leicht erkennen Sie in den Bildern von Tageszeitungen evtl. unter Zuhilfenahme einer Lupe ein feines, manchmal auch gröberes Raster. Raster täuschen das Auge, weil in einigem Abstand vom Bild die Einzelpunkte zu einer Graufläche verschmelzen. Wie gut diese optische Täuschung gelingt, hängt, neben der Auflösung Ihres Ausgabegerätes, in erster Linie vom verwendeten Raster, dem Rasterverfahren ab.

Simulierte Grautöne

Das einfachste Verfahren bei der Simulation von Graustufen besteht in der Verwendung von Rasterzellen. Eine Rasterzelle oder Matrix mit einer Kantenlänge von 2x2 Punkten umfaßt 4 Pixel. Besitzt ein Bildpunkt den Wert für Weiß, so ist in dieser Matrix kein Pixel gesetzt, bei einem schwarzen Bildpunkt sind alle Pixel gesetzt. Die zwischen weiß und schwarz existierenden Grautöne simulieren Sie durch Setzen verschieden vieler Pixel. Da es für eine 2 x 2-Matrix fünf Zustände gesetzter Pixel gibt, lassen sich somit die Grautöne 0, 20, 40, 60, 80 und 100 Prozent (entsprechend 0,1,2,3,4 Pixel gesetzt) simulieren. Mit einer 8 x 8-Matrix simulieren Sie bereits 65 Graustufen und mit einer 16 x 16-Matrix 257 Graustufen. Allgemein berechnet sich die Anzahl darstellbarer Graustufen nach folgender Formel:
Anzahl der simulierten Graustufen = Rasterbreite x Rasterhöhe + 1.

Bei diesem Verfahren entspricht ein Bildpunkt nicht mehr einem Pixel, sondern einem Rasterpunkt, der je nach verwendeter Matrix seine Größe ändert. In Analogie zur Druckerauflösung gibt man die Rasterauflösung in lpi (lines per inch) an. Dies ist ein Maß für die Anzahl der pro Zoll dargestellten Rasterpunkte. Mit diesem Verfahren vergrößern Sie das Bild. Beispielsweise enthält ein Bild mit einer Kantenlänge von 100 Bildpunkten bei der Darstellung mit 65 Graustufen durch eine Bitmap eine Kantenlänge von 800 Pixel.

Neben den Verfahren zur Rasterung gibt es auch noch das Verfahren des Dithering. Hier vergleicht man einen Ausschnitt aus dem Bild mit einem gleichgroßen Referenzraster. Ist der einem Bildpunkt entsprechende Wert des Referenzrasters kleiner als der Bildpunktwert, so setzt man in der Druckmatrix einen Punkt, ansonsten nicht.

Auch beim Dithering gibt es wieder unterschiedliche Typen. Ein oft verwendetes Verfahren ist das »ordered dither«-Verfahren. Seine Referenzmatrix ist so berechnet, daß je nach Grauwert die Pixel regelmäßig verstreut in der Druckmatrix gesetzt sind. Dieses Verfahren verwenden einige Scanprogramme für den Atari ST Aufgrund der regelmäßigen Verteilung der Pixel entstehen feinkörnige Bilder. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, daß die Rasterung mit 0 Grad erfolgt (gegenüber dem Betrachter nicht gedreht) und daß bei der Ausgabe auf Druckern die Grautöne zu dunkel erscheinen, mäßig dunkle Flächen verschmieren teilweise sogar nach schwarz.

Andere Verfahren erzeugen Makropixel. Dabei setzen Sie in der Druckmatrix die Pixel im Zentrum zuerst. Die weiter außen liegenden Pixel treten erst bei dunkleren Grautönen in Erscheinung, wodurch sich für den Betrachter in einem Grauverlauf die Makropixel bei zunehmenden Grautönen vergrößern. Betrachten Sie die so erzeugten Bilder auf dem Bildschirm, ergibt sich ein grobkörniges, scheinbar schlecht aufgelöstes Bild. Bei Ausgabe auf einem Drucker sind die Ergebnisse oft wesentlich besser. Andere Algorithmen verwenden Linienmuster, die auch erst ihre Qualität beim Ausdruck offenbaren.

Besonders wichtig ist der Rasterwinkel. Durch alle bisher beschriebenen Verfahren entstehen rechteckige Matrizen, in der die Rasterpunkte überwiegend horizontal verlaufen. Das menschliche Auge erkennt jedoch waagrechte oder senkrechte Muster und Linien wesentlich besser als um einen bestimmten Winkel geneigte Muster. Geneigte Raster bevorzugt man im professionellen Fotosatz. Auch Postscript-Drucker erzeugen dieses Raster.

Aus dem Stegreif immer das beste Raster zu erraten, gelingt kaum jemandem. Es hängt stark von Motiv und Ausgabegerät ab. Detailreiche Bilder benötigen andere Raster als Bilder mit relativ wenig Informationsgehalt.

Besitzen Sie einen leistungsfähigen Bitmap-Scanner, stellt Ihnen dieser eine größere Anzahl von Rastern, ca. 8 bis 12, zur Verfügung. Unter denen wählen Sie das für den jeweiligen Zweck optimale Raster. Die Anzahl der durch die Hardware erzeugbaren Raster zeigt den Qualitätsunterschied bei Scannern sehr deutlich. Der allgemeine Trend bei Scannern geht, wie sollte es anders sein, zu den Grautonscannern hin. Ihre Bildqualität und Leistungsfähigkeit, die sie in Verbindung mit der richtigen Software an den Tag legen, schlägt jeden Rasterscanner. (wk)

Rainer Bergomaz leitet die Entwicklungsabteilung der Firma TmS. Schon während seines Studiums der Biologie und Chemie an den Universitäten in Köln und Regensburg beschäftigte er sich mit Programmierung und digitaler Bildverarbeitung. Nach seinem Diplomabschluß arbeitete er auf diesem Gebiet weiter und spezialisierte sich auf die Einsatzgebiete von Computern im Bereich Grafik und DTE

Rainer Bergomaz
Aus: ST-Magazin 10 / 1989, Seite 46

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite