Software zum Nulltarif: Public Domain-Programme im Test

Public Domain-Programme gewinnen auf dem Atari ST mehr und mehr an Bedeutung. Die Zeit, als die Public Domain-Software noch in den Kinderschuhen steckte (fehlerhafte Programme, tausende von Vokabeltrainern etc.), ist vorbei. Die heutigen Programme brauchen einen Vergleich mit teurer kommerzieller Profisoftware nicht mehr zu scheuen. Deshalb finden Sie ab sofort in jeder Ausgabe des ST-Magazins eigene Public Domain-Seiten. Hier stellen wir Public Domain-Programme der unterschiedlichsten Kategorien vor. Für jedes Programm geben wir eine Bezugsadresse sowie den Preis an, wobei mit »Preis« selbstverständlich der legale Unkostenbeitrag für Datenträger und Kopieraufwand gemeint ist. Doch was ist eigentlich Public Domain?

Unter Public Domain-Software versteht man Programme, die jeder beliebig oft kopieren und weitergeben darf. Die Autoren geben ihre Software umsonst weiter, sie vermerken lediglich ihre Adresse sowie einen Betrag zwischen 10 und 50 Mark (je nach Umfang) im Programm. Gefällt Ihnen ein Public Domain-Programm, und Sie wollen öfter damit arbeiten, dann sollten Sie so fair sein und dem Autor den gewünschten Betrag zukommen lassen. Dieser revanchiert sich in der Regel mit dem Quelltext, einer ausführlichen Dokumentation oder einer aktuelleren Version. Außerdem spornt das Honorar ihn an, auch weiterhin qualitativ hochwertige Public Domain-Software auf den Markt zu bringen.

Haben Sie selbst schon ein Programm als Public Domain-Software in Umlauf gebracht? Dann schicken Sie uns doch eine aktuelle Version zu. Entspricht das Programm unseren Qualitätsvorstellungen (fehlerfrei, nützlich, sinnvoll etc.), sind wir gerne bereit, es den anderen Lesern vorzustellen. In diesem Fall benötigen wir von Ihnen eine Erklärung, daß wir Ihre volle Adresse als Bezugsquelle angeben dürfen. Nennen Sie uns auch einen Preis sowie den Lieferumfang (zum Beispiel zwei doppelseitige Disketten und Dokumentation für 25 Mark). Bitte haben Sie Verständnis, daß wir aus Platzgründen nicht jedes Programm vorstellen können.

Weiterhin fordern wir Sie auf, uns Ihre Erfahrungen mit Public Domain-Software zu schildern. Schreiben Sie uns, welche Programme Sie sich besorgt haben und ob sie Ihren Erwartungen gerecht wurden. Wie sehr »pflegen« Programmierer ihre Software? Und inwieweit helfen sie dem — ehrlich zahlenden — Anwender bei Problemen mit der Software?

Kampf den Viren

Auf der Diskette PD-100, der PGS-Public Domain-Reihe für den Atari ST, finden Sie verschiedene Virenkiller-Programme. Wir wollten wissen, ob diese Diskette alles bietet, was Sie im Kampf gegen die gefürchteten Parasiten benötigen, und nahmen die Diskette (die übrigens zu 100 Prozent frei von Viren ist) genauer unter die Lupe.

Auf der Diskette befinden sich zwölf Virenkiller. Acht befassen sich nur mit dem Bootsektor, vier erkennen auch Linkviren, indem Sie beliebige Dateien untersuchen. Die meisten Programme bieten Ihnen die Gelegenheit, einen sogenannten »Antivirus« in den Bootsektor zu schreiben. Bei jedem Bootvorgang erscheint eine Meldung wie »Kein Virus im Bootsektor« auf dem Bildschirm. Fehlt einmal diese Meldung, dann ist Vorsicht geboten, ein anderes Programm hat den Bootsektor überschrieben — ein Virus?

Die Programme bieten Hilfe gegen die häufigsten Viren, zum Beispiel Milzbrand oder Erreger des VCS (Virus-Construction-Set), das käuflich zu erwerben ist.

Auch das Programm VDU (Virus Destruction Utility) von Richard Karsmakers (siehe ST-Magazin, Ausgabe 9/88) findet sich in Form der Version 2.0 auf der Diskette wieder. Hervorheben möchten wir auch das Programm »Viruskill 1.0« von Frank Advena, das zwischen TOS- und Aladin-Bootsektoren unterscheidet. Zu fast jedem Programm finden Sie eine kurze Readme-Datei, in der Sie einige Daten über Entstehung und Arbeitsweise des jeweiligen Virenkillers nachlesen können.

Alles in allem bietet die Diskette PD-100 (PGS) einen wirksamen Schutz gegen die gebräuchlichsten Viren. Schade ist nur, daß das bekannte »Sagrotan« fehlt.

Ein neues Zeichenprogramm für den Monochrom-Monitor macht der kommerziellen Profisoftware Konkurrenz. »The ArtiST« von Stefan Posthuma benötigt TOS im ROM oder — bei Disk-TOS — mindestens 1 MByte RAM. Das Programm entstand vollständig in GFA-Basic. In einer umfassenden Readme-Datei schildert der Autor die Entstehungsgeschichte seines Programms. Außerdem finden Sie hier eine ausführliche (englische) Anleitung für ArtiST, die keine Fragen offen läßt. ArtiST wird fast vollständig mit der Maus bedient.

Über das Hauptmenü von »The ArtiST« gelangen Sie in mehrere Untermenüs

Das Programm enthält neben den für ein Zeichenprogramm üblichen Funktionen wie Sprühen, Linien, Füllen oder Kreise zeichnen auch einige Spezialfunktionen, die das Arbeiten mit ArtiST komfortabel gestalten. Sie haben beispielsweise Zugriff auf eine leistungsstarke Block-Funktion. Diese behält selbst einen bereits gelöschten Block im Speicher, so daß Sie im Falle einer voreiligen Fehlbedienung wieder Zugriff darauf haben. Dies funktioniert verständlicherweise nur so lange, bis Sie den nächsten Block löschen.

Weiterhin können Sie über Ihre Zeichnung ein Gitter (Raster) legen. Dies erlaubt Ihnen, Vorlagen sehr sauber abzunehmen. Die Größe des Rasters dürfen Sie auch nachträglich verändern.

Ein komfortabler Editor erlaubt Ihnen das Gestalten eigener Patterns (Füllmuster), Linien oder Sprühmuster.

Obwohl ArtiST in Basic geschrieben wurde, wartet das Programm mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit auf. Die Bedienung ist aufgrund der komplizierten Menüstruktur (mehrere Menüs ineinander verschachtelt, etc.) gewöhnungsbedürftig, geht aber nach einiger Zeit flott von der Hand. Wenn Ihre Diskettenbox noch nicht genügend Zeichenprogramme enthält, sollten Sie sich einmal die Diskette PD-075 (PGS) bestellen.

Umsteiger vom 8-Bit-Computer Atari 800 XL erinnern sich vielleicht noch an das Programm »Writer«. Diese Textverarbeitung erfreute sich aufgrund der einfachen Bedienung großer Beliebtheit. Ein findiger Kopf hat das Programm jetzt auf den Atari ST umgesetzt. Es scheint, als habe er »ST-Writer« Bit für Bit vom kleinen Bruder übernommen.

Auf den ersten Blick hält man ST-Writer mehr für einen schlechten Scherz als für eine Textverarbeitung. Der Bildschirm präsentiert sich in Form von sechs Menüpunkten, die durch Drücken des Anfangsbuchstabens angewählt werden. Lediglich der ST-typische Zeichensatz läßt erkennen, daß man nicht vor einem Atari 800, sondern vor einem Atari ST sitzt. Doch nach einem Druck auf »C« (für »Create File«) ändert man seine voreilige Meinung über das Programm recht schnell.

ST-Writer präsentiert sich mit bescheidenem Bildschirmaufbau. Lediglich zwei Zeilen, wobei eine ein Linieal darstellt, bleiben für Systemmeldungen. Dafür bleibt dem Anwender mehr Platz für Text. Das Schreiben mit dem Programm ist angenehm, nicht zuletzt wegen der überdurchschnittlichen Geschwindigkeit. Über die Control- und Alternate-Taste greifen Sie auf verschiedene Funktionen wie Zentrieren oder zeilenweises Löschen zu.

ST-Writer finden Sie auf der Diskette PD-072 der PGS-Public Domain-Reihe. EZ-Track? Ist das nicht der 200 Mark teure Profisequenzer von Hybrid Arts? Was hat der denn in den Public Domain-Seiten zu suchen? Die Antwort ist ebenso einfach wie unverständlich: EZ-Track ist Public Domain. Seit Mitte Mai 1989 darf der bekannte MIDI-Sequenzer beliebig kopiert und weitergegeben werden.

EZ-Track

EZ-Track stellt Ihnen 20 Spuren zur Verfügung, die Sie einzeln gegen ungewolltes Löschen oder Überspielen schützen können. Weiterhin mischen oder kopieren Sie einzelne Spuren, quantisieren einzelne Noten, benennen oder löschen einen Song. Selbstverständlich stellen Sie auch Ihren individuellen MIDI-Mode ein. Die MIDI-Thru-Funktion ist abschaltbar. Per Mausklick haben Sie Gelegenheit, Noten zu transponieren. Ein Metronom sorgt dafür, daß Sie nicht aus dem Takt kommen.

EZ-Track galt bisher als guter MIDI-Sequenzer. Als Public Domain-Programm bezeichnen wir das Programm als Sensation. Sie erhalten die Software, ebenso wie alle anderen vorgestellten Public Domain-Programme bei nachstehender Adresse. (tb)

Alle Programme erhalten Sie bei folgender Adresse:

Musik- & Grafiksoftwareshop, Wasserburger Landstraße 244, 8000 München 82

Jede Diskette kostet 7 Mark (Stand: 1.5.1989)

Der bekannte 20-Spur-MIDI-Sequenzer »EZ-Track« wurde vom Hersteller Hybird Arts jetzt zur Public Domain-Software erklärt
»The ArtiST« eignet sich auch zum Nacharbeiten von digitalisierten Bildern

Thomas Bosch
Aus: ST-Magazin 07 / 1989, Seite 24

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