Stefan Brück, der »Zoo« auf den Atari portiert hat, berichtet exklusiv für das ST-Magazin über den neuen Verpackungskünstler.
Im gutsortierten Computerhaushalt darf heute ein Archivprogramm nicht fehlen. Durch die komprimierte Zusammenfassung vieler Einzeldateien sparen Sie wertvollen Speicherplatz. Speziell bei der Datenfernübertragung gilt »Zeit ist Geld«. Die Übertragung gepackter Dateien ist in diesem Bereich bereits seit Jahren Standard. Doch warum ein neues Archivprogramm wie »Zoo« an den ST anpassen, wenn es das altbewährte und leistungsfähige Arc 5.21 schon lange gibt? Ein Vergleich mit der ST-Anpassung von Zoo 2.01 zeigt Gründe für den Umstieg.
Beide Archivatoren stammen ursprünglich aus der MS-DOS-Welt. Tom Henderson von SEA (System Enhancement Associates, Inc.) vertreibt Arc als Shareware. Das Programm ist entgegen landläufiger Meinung nicht Public Domain. Jüngst hat SEA sogar einen Prozeß gegen den Konkurrenten PKWare gewonnen, der ein verbessertes, erheblich schnelleres Arc-Derivat für MS-DOS entwickelte. Bei Zoo von Rahul Dhesi hingegen sind die Copyrightregeln längst nicht so restriktiv. Sogar eine kommerzielle Nutzung, beispielsweise bei der Auslieferung gepackter Software, ist ohne Lizenzgebühren gestattet. Besonderen Wert legt Rahul Dhesi allerdings auf folgende zwei Regeln: Niemand darf eine inkompatible Zoo-Version verbreiten und die regelgemäße Nutzung von Zoo und dem Quelltext muß uneingeschränkt gewährleistet bleiben.
Neben den Standardfunktionen, wie Einpacken, Auspacken und Anzeigen von Archiven verschlüsselt nur Arc die Dateien im Archiv durch einen XOR-Mechanismus. Diese Form des einfachen Datenschutzes gegen allzu neugierige Blicke kennt Zoo nicht. Für eine sichere Datenaufbewahrung außerhalb des Hobbybereichs ist allerdings auch der
Algorithmus von Arc zu schwach. Zoo läßt sich mit zwei verschiedenen Sätzen von Kommandos starten. Die Anfängerbefehle wie »-extract«, »-list« oder »-add« entsprechen den Arc-Kommandos, sind aber wegen der ausgeschriebenen Befehlsworte leichter zu merken. Die eigentlichen Stärken von Zoo nutzen Sie jedoch nur über die »Experten«-Kommandos.
Im Experten-Modus ergänzen Sie beispielsweise die einzelnen Kommandobuchstaben durch mehrere einfach zu merkende Zusätze (sog. Modifiers). So sprechen Sie gezielt Dateien an, die ein neueres Datum als die Archivdatei besitzen, von denen noch keine archivierte Form vorliegt, oder die bereits als gelöscht markiert sind.
Betrachten wir drei spezielle Anwendungen von Zoo 2.01 etwas genauer. Zu jeder Datei im Archiv und zum Archiv selbst lassen sich Kommentare anfügen. Ein Kommentar ist ein bis zu 64 KByte langer Text, den Arc auf Wunsch auch im Inhaltsverzeichnis des Archivs anzeigt. Kurze Mitteilungen, die man sonst zuvor getrennt entpacken müßte, sind so direkt mit einer Datei verbunden und gehen nicht verloren.
Zu jeder Datei lassen sich auch mehrere Generationen verwalten. Wenn nicht anders verlangt, erscheint immer nur eine Version im Inhaltsverzeichnis. Auf Wunsch sprechen Sie jede einzelne Generation an. Benötigen Sie in der Entwicklungsphase eines Programms beispielsweise die dritte Fassung des Quelltextes, sprechen Sie durch Anhängen von »:3« an den Dateinamen diese Version direkt an. Ohne Namenszusatz erreichen Sie immer die neueste Version.
Als wichtigster Vorteil gegenüber Arc übernimmt Zoo den kompletten Zugriffspfad der Dateien in das Archiv. Damit retten Sie die komplette Ordnerstruktur eines Softwarepakets und stellen sie beim Auspacken sofort wieder her. Dabei dürfen Sie die Ordner wahlweise auch im aktuellen Verzeichnis anlegen. Zoo paßt Dateinamen und Pfade fremder Systeme (beispielsweise *NIX) an das TOS an.
Mit dem Hilfsprogramm FNAMS (gehört zum Umfang von Zoo 2.01 auf dem ST) legen Sie rekursiv eine Liste aller Dateien eines Laufwerks an. Diese Liste dient Zoo zum Einpacken der aufgeführten Dateien. Dazu benötigen Sie einen Kommandozeileninterpreter mit Ein-/Ausgabeumleitung. Einfacher geht’s mit der Zooshell. Für GEM-Freunde gibt es eine GEM-gesteuerte Zooshell von Hyperfox, die sämtliche Anfängerbefehle beherrscht.
Zwei weitere Hilfen ergänzen das Zoo-Paket: Booz ist ein einfacher kleiner Entpacker und leicht auf ganz kleine Rechner (mit weniger als 64 KByte RAM) zu portieren. Fiz erlaubt die Rekonstruktion defekter Archive: Sind Passagen eines Zoo-Files nicht mehr lesbar, lokalisieren Sie die nachfolgenden Teile mit Fiz und packen mit Zoo aus.
Mehrere der Hilfsprogramme sind bereits Neuentwicklungen für die Atari-Portierung. Eine Besonderheit ist die Verwendung der Public Domain-BSD-Routinen von Michael Rendell (BSD: *NIX-Dialekt). Mittels »opendir()« lesen Sie ein komplettes Inhaltsverzeichnis ein, so daß nachfolgende Zugriffe auf Datum und Dateiattribute nur noch im Speicher erfolgen. Diese BSD-Routinen sind zusammen mit dem kompletten Zoo-Quelltext erhältlich, der ein Musterbeispiel portabler Programmierung darstellt. Zoo-Versionen laufen bereits unter Unix, VMS, MS-DOS und Amiga-DOS, so daß die Archive leicht auszutauschen sind. Sogar eine Alphaversion für ST-Minix ist bereits lauffähig.
Zoo ist die Alternative zu Arc und kämpft lediglich noch als das neuere Programm mit der geringeren Verbreitung. Mittlerweile ist Zoo in jeder gut sortierten Mailbox (zum Beispiel in der Zerberusmailbox »Eierkocher« oder in der »Maus«) zu finden — der Siegeszug wird also kaum aufzuhalten sein.
(Julian Reschke/wk)
Packen | Entpacken | Größe |
---|---|---|
Zoo | 2:49s | 2:00s |
Arc | 3:37s | 2:35s |