HDU-Backup: Alptraum-Bremse

Der Alptraum für jeden Festplattenanwender: unter mehr oder J2 weniger großer Geräuschentwicklung stellt der Massenspeicher seinen Betrieb ein - abgesehen vom materiellen Schaden sind alle Daten unwiederbringlich verloren. Gegen den Festplattentod ist jede Software machtlos, dem Datenverlust läßt sich jedoch vorbeugen. »Backup« heißt die Devise. Alle Dateien werden von der Festplatte auf Disketten kopiert, so daß im Notfall der Datenbestand auf den Sicherheitsdisketten vorliegt. Allerdings ist das Anfertigen solcher Backup-Disketten eine zeitraubende und langweilige Tätigkeit. Abhilfe verspricht das HDU-Utility von Application Systems Heidelberg.

Nach dem Start erscheint eine Bedienungsoberfläche, die für jedes angeschlossene Laufwerk und jede angemeldete Festplatten-Partition ein Icon auf dem Bildschirm zeigt. Dann legen Sie die Quell-Partition fest und markieren deren Inhalt nach Wunsch, das heißt Sie legen fest, welche Dateien mitzukopieren sind. Hier ist der Clou der Sache zu finden, denn die Dateien lassen sich nach verschiedenen Parametern wie Datum, Dateiart etc. auswählen. Aber dazu später mehr. Schließlich geben Sie das Ziel-Diskettenlaufwerk an. Das Programm unterstützt zwei Laufwerke gleichzeitig, was den Diskettenwechsel erleichtert.

Das Menü »Backup« enthält alle Kopierbefehle. Auf zwei verschiedene Weisen (Verify nach Formatieren oder nach Schreiben) kontrolliert das Programm die laufende Kopie. Hier stellen Sie ein, ob der Computer die Zieldisketten formatiert, die Daten komprimiert und ob er im File-Attribut das sogenannte Archiv-Bit benutzt. Ein Klick auf »Backup« startet jetzt den eigentlichen Vorgang. Der Computer »schätzt« die voraussichtlich zu bespielende Anzahl Disketten und zeigt diese als »maximal benötigt« an. Hat der Benutzer nicht genügend Disketten eingekauft, sollte er den Programmablauf mit einem Klick auf »Abbruch« beenden. Sind Sie dagegen ausreichend gerüstet, bittet das Programm in üblicher GEM-Manier um Einlegen der ersten Diskette und beginnt nach dem Quittieren dieser Aufforderung mit seiner langwierigen Tätigkeit.

Ein Backup-Info zeigt die gerade in Arbeit befindliche Datei und ihre Länge an. Zusätzlich erscheint in der unteren linken Bildschirmecke ein Icon, das über die Nummer der gerade eingelegte Diskette Auskunft gibt. Das Fenster »Backup-Vorgang beendet« signalisiert dem geplagten Anwender das erfreuliche Ende der Aktion.
Soweit zur Bedienung. Im Test muß ein Backup-Programm seinen Nutzen beweisen, indem es die normalerweise anfallende Mühe verringert. Das HDU-Utility verspricht eine beträchtliche Zeitund Platzersparnis. Es komprimiert die kopierten Dateien mit einem vergleichsweise simplen Verfahren und schreibt die Daten blockweise auf Diskette.

Anzahl Datenart Gesamtgröße % Bytes % Anzahl
3 Bilder unkompaktiert 96.000 11,9 8,1
3 Bilder kompaktiert 27.463 3,4 8,1
3 0-Files 20.997 2,6 8,1
9 Programme 562.642 69,8 24,3
6 Resource-Dateien 40.058 4,9 16,2
13 Textdateien 59.412 7,4 35,2
37 Summe: 806.572 100,0 100,0

Tabelle 1. Inhalt eines Testordners

Für unseren Test haben wir auf einer Festplattenpartition eine Sammlung von vier identischen Ordnern vorbereitet, die genau auf eine Diskette passen. Etwa 70 Prozent der 28 Ordner mit insgesamt 148 Dateien stellen eine muntere Sammlung verschiedener Programme dar, von Texteditoren über Compiler bis zu Utilities. Die restlichen 30 Prozent der gut 3 MByte verteilen sich auf Textdateien, RSC-Files sowie einige gepackte und nicht gepackte Bilder (vgl. Tabelle 1). Dabei richtet sich die zur Verfügung stehende Speicherkapazität der Disketten nach dem vom HDU-Utility verwendeten Format: 81 Spuren mit je 10 Sektoren im zweiseitigen Laufwerk ergeben zirka 830 KByte. Diese Formateinstellung läßt sich übrigens in Grenzen ändern.

Im ersten Durchlauf kopieren wir diese Testordner vom GEM-Desktop auf bereits formatierte Disketten. Erwartungsgemäß sind vier Disketten nötig, der ganze Vorgang dauert knapp 26 Minuten. Das HDU-Utility erledigt den gleichen Arbeitsaufwand in etwas mehr als 13 Minuten. Dabei sollte das Programm die kopierten Dateien komprimieren. Der Platzbedarf fiel mit ebenfalls vier Disketten etwas reichlich aus, wenn man bedenkt, daß die »Packerei« eine spürbare Einsparung ergeben soll.

In Abhängigkeit von Datum und Uhrzeit, Art der Datei (Extension) und/oder Fileattribut sortiert das Utility die zu kopierenden Files aus. Die Parameterdialoge wickelt das Programm über Fenster ab, die dem Zweck entsprechend gestaltet sind. Die Datums- und Zeitangabe ist vergleichsweise trivial, die Extension dagegen wählen Sie aus drei Vorgaben aus.

Um die »platzsparende« Wirkung des Programms auf die Probe zu stellen, lief ein zweiter Test mit der doppelten Datenmenge. Dabei ergab sich ein Bedarf von acht Disketten in gut 26 Minuten - also die doppelte Zeit bei doppeltem Diskettenverbrauch. Zwar war die achte Diskette mit zehn bespielten Sektoren keineswegs ausgelastet, allerdings steht sie aufgrund des Spezialformates der HDU-Disketten für andere Zwecke nicht zur Verfügung. Die Wirkung des Programms ist, das belegt der zweite Durchlauf, mit zirka 12 Prozent bei der genannten Daten-Verteilung klein. Alle Zeitmessungen finden Sie in Tabelle 2.

Soweit zur Anwendung des Programms; kommen wir zur »Manöverkritik«. Obwohl das HDU-Utility von Application Systems recht bekannt ist und viele Festplattenkäufer es zur Hardware gleich miterwerben, sind manche Fehler anzumerken. Meist oberflächliche, aber für den Anwender unangenehme Fehler, die vielleicht in der nächsten Version beseitigt sind? Da verdeckt das Backupoder das Restore-Info-Fenster die Leiste mit den Icons, so daß der Überblick auf die gerade in Arbeit befindliche Festplattenpartition schwindet. Die Informationen zu dem gepackten Dateiformat sind wenig informativ, im Verlauf der »Packerei« zählt das Programm die Dateigröße hoch. Wie groß die Platzersparnis wirklich ausfällt, ist dem Info-Fenster nicht zu entnehmen.

Berührt man unglücklicherweise die Maus und schiebt sie zum unpassenden Zeitpunkt in die Menüzeile, klappt ein völlig überflüssiges Menü herunter und verdirbt den Bildschirmaufbau. Das allein ist noch keine Katastrophe, nur sollte das Programm just in diesem Moment eine Fehlermeldung per Alertbox absetzen, bleibt diese unsichtbar. Für den Anwender ist der Rechner scheinbar abgestürzt. Der Menüpunkt »Verify nach Formatieren« bleibt offenbar ohne Folgen: eine total defekte Diskette formatierte das Programm anstandslos. Erst beim Aufspielen der Dateien stellte HDU einen Defekt fest und reagierte mit einer entsprechenden Anzeige. Für Sicherheit ist also gesorgt: diese Warnmeldung erschien sogar, als im Programm alle Überprüfungen (Verifys) abgeschaltet waren.

HDU verwendet ein eigenes Diskettenformat mit entsprechendem Inhaltsverzeichnis. Das hat zur Folge, daß vom GEM-Desktop nur ein Eintrag (z.B. »BACKUP-Hl«) zu sehen ist. Ist dies durchaus im Sinne des Anwenders, bleibt ein ärgerliches Manko: Ein normales Disketten-Inhaltsverzeichnis kann das Utility nicht lesen. Sie sollten also vor dem Backup-Vorgang Ihre Disketten aussortieren. Bei der Übernahme der Backup-Datein auf die Festplatte spielt das Programm dem Anwender einen üblen Streich: legt er versehentlich nicht die letzte der beim Backup verwendeten Disketten ein, erscheint die lapidare Meldung »Kein Verzeichnis auf dieser Diskette«. Wer sich auf die Sicherheit des Programms verlassen hatte, der fühlt sich jetzt herb getäuscht. Auch bei wiederholtem Versuch bleibt das Programm stur. Ironischerweise erscheint die beruhigende Meldung »Bitte legen Sie die letzte beim Backup-Vorgang verwendete Diskette ein« genau dann, wenn die letzte Diskette im Laufwerk liegt - wahrlich eine merkwürdige Art von Benutzerführung, auch wenn das Handbuch auf diese »Tücke« hinweist.

Sind Teile der Festplatte aufgrund eines Formatfehlers nicht zugriffsfähig, erscheinen die Namen der zu schreibenden Dateien in Windeseile im betreffenden Info-Fenster, eine Warnung allerdings erwartet man vergebens. Erst wenn der verdutzte Benutzer seine Daten auf der betreffenden Partition sucht, wird der Mangel offensichtlich. Angekommen sind die so zügig genannten Dateien überall, nur nicht auf der Festplatte. Zudem erweist sich der Menüpunkt )Disk Info« als wenig informativ. Er gibt lediglich die Kennung des angeklickten Laufwerks (z.B. »C«) und die Zahl der noch freien Bytes aus. Dabei ist die »Belegungs-Rate« im Hinblick auf eine Kopierroutine viel interessanter. Daß sich das HDU-Utility an die übliche Konvention hält und sich auf vier gleichzeitig dargestellte Fenster beschränkt, ist kein Fehler, ärgerlich dagegen, daß das Programm mehr als zwei angeklickte Icons (Quelle und Ziel) ablehnt; mehrere Partitions lassen sich nicht auf einmal sichern.

Genug gemeckert. Neben dem Preis gibt's durchaus weiteres Positives zu bemerken. Die bequeme Auswahl der Dateien per Markierungsmenü vereinfacht das Kopieren, die Ausgabe aller auf einer Partition enthaltenen Dateien mit Angaben zu Größe, Datum und Uhrzeit läßt sich über das Tree-Info nicht nur auf den Bildschirm, sondern auch auf den Drucker ausgeben. Eine kleine Druckeranpassung beseitigt Probleme beim Ausdruck. Unterm Strich ist das HDU ein durchaus zuverlässiges Programm, das jedoch in einigen Punkten der Überarbeitung bedarf.

(wk)

Application Systems, Englerstr. 3, 6900 Heidelberg

Wertung
Name:HDU-Utility 2.1
Preis:69 DM
Hersteller:Application Systems Heidelberg

Stärken:
- Zeitersparnis
- komplette Mausbedienung
- bequeme Dateiauswahl
- Tree-Info auf Monitor und Drucker
- läuft in hoher und mittlerer Monitor-Auflösung
Schwächen:
- Programmierfehler in der Bedienungsoberfläche
- jeweils nur eine Partition pro Durchgang kopierbar
- normale Directories werden nicht, gelesen
- Unsicherheiten beim Zurückkopieren
Fazit: komfortables Utility, das in manchen Punkten Probleme bereitet

Anzahl Testordner Programmlauf Zeit Diskettenverbrauch
4 GEM Desktop Direktkopie 25:50 4
4 HDU Backup komprimiert 13:04 4
4 HDU Backup nicht kompr. 11:50 4
4 HDU Restore 13:15 -
8 HDU Backup komprimiert
GEM Desktop Formatieren
HDU Formatieren
26:10
1:42
1:07
8
1
1

Tabelle 2: Die Ergebnisse auf einen Blick


Ulrich Hilgefort
Aus: ST-Magazin 05 / 1989, Seite 117

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