Geld für Synthi-Sounds

Geld verdienen mit dem Computer so ganz nebenbei — im Musikbereich bieten sich Chancen

Seit etwa drei Jahren beherrscht ein Computer die gesamte Musikszene mit bis dahin ungekannter Totalität. Durch seine Rechenleistung, das gute Preis-/Leistungsverhältnis und vor allem durch die eingebaute MIDI-Schnittstelle avancierte der Atari ST bereits kurz nach seinem Erscheinen zum Musikcomputer Nummer eins. Diese Entwicklung erlaubt es den Musikfirmen, Synthesizer und Expander, also Synthesizer ohne Tastatur, zu entwickeln, die zu ihrer vollständigen Bedienung und Nutzung auf begleitende Computersoftware angewiesen sind. Zahlreiche Firmen bieten deshalb »Editorsoftware« an, die eine einfache Bedienung, Programmierung und Fernsteuerung der über MIDI angeschlossenen Musikinstrumente gestattet.

Durch das große Angebot an unterschiedlichen Klangerzeugern (Synthesizer, Expander, Drumcomputer etc.) entstand im Musikmarkt ein riesiges Interesse an immer neuen Klängen. Aktuelle Musiktitel gleichen oftmals wahren »Soundschlachten«, und der Bedarf an Sounds ist sowohl im professionellen wie auch im Hobbybereich immens.

Die Musiker selbst sind häufig aus Zeitgründen nicht in der Lage, ihren Soundbedarf zu decken. Sie kaufen deshalb Klänge. Produzenten sind die Soundingenieure, die sich darauf spezialisieren, für bestimmte Instrumente immer neue Klänge zu programmieren. In diesen Markt dringen häufig auch Soundbastler, die Klänge sammeln, herstellen und als Nebenverdienst privat vertreiben.

Nehmen wir zum Beispiel Robert, unseren Hobbymusiker. Sie kennen ihn bereits aus dem Artikel »Geldverdienen nach Feierabend«. Wie kam der als Klangprogrammierer eher unbedarfte Hobbymusiker dazu, nach Feierabend Soundengineering zu betreiben? Robert selbst dazu: »Nahezu jede Editorsoftware kennt einige Befehle, die nach dem Zufallsprinzip aus vorhandenen Sounds neue erzeugen. So schafft beispielsweise die Kombination mehrerer Pianosounds neue Pianovarianten, kombiniert man jedoch Piano, Streicher und Glocken, entstehen ganz neue, reizvolle Klänge, die wiederum sehr begehrt sind.« Hat der ambitionierte Soundbastler eine Palette neuer Klänge ausgetüftelt, stellt sich natürlich die Frage, wie er seine tollen Sounds an den Musiker bringt. Auch hier verrät Robert uns einen einfachen Weg: »In den Kleinanzeigen der einschlägigen Musikzeitschriften wie Keyboards, Soundcheck oder Musiker Fachblatt inserieren immer eine Reihe von Interessenten. Eine eigene Kleinanzeige in der Rubrik "biete Software" erhöht die Absatzchancen ebenfalls. Ich selbst biete meine Sounds auf Diskette und als Ausdruck aller Parameter (Datenblatt) an.« Der Vertrieb auf Diskette setzt natürlich ein bestimmtes Editorprogramm voraus. Für findige Programmierfreaks, die ihren Atari ST gut kennen, ist es aber ein leichtes, einen universellen Bankloader zu programmieren und auf der Diskette mit zu verschicken. Als Bankloader bezeichnet man Programme, die unabhängig von einem speziellen Editor die Sounds vom Computer in das MIDI-Instrument und umgekehrt übertragen sowie die Daten auf Diskette speichern. Wie sieht es denn mit den Preisen aus, was verdient man an einer Sounddiskette? Dazu Robert: »Preismäßig bewegen sich die angebotenen Soundsammlungen zwischen 20 Mark und weit über 100 Mark, das hängt natürlich stark von der Zahl der angebotenen Klänge ab. Vor allem aber sollte die Qualität der Klänge über den Preis entscheiden. Es ist niemandem damit geholfen, wenn ständig schlechte oder alte Klänge auf den Markt kommen. Der Musiker ist unzufrieden, wenn er keine attraktiven Sounds bekommt, und man selbst verdient nichts damit.«

Kleinanzeigen für den Soundmarkt

Jeder, der sich in diesem Bereich einen kleinen Nebenverdienst schaffen möchte, benötigt eine technische Grundausstattung. Sie besteht im Regelfall aus Computer, Editorsoftware und natürlich dem MIDI-Instrument, für das er Klänge produzieren will. Daneben sollte er auch ein wenig musikalisches Gespür und Gefühl für einen guten Klang besitzen. Das bedeutet nicht, ein perfekter Instrumentalist zu sein. Robert: »Es ist absolut nicht notwendig, ein Instrument zu spielen, aber man sollte schon in der Lage sein, ein Saxophon von einer Kuhglocke zu unterscheiden. Leider sind häufig Sounds auf dem Markt erhältlich, bei denen man das Gefühl hat, der Programmierer war zu dieser Unterscheidung nicht fähig.«

Die Konkurrenz in dieser Branche ist groß, aber der Bedarf der Hobby- und Amateurmusiker sowie auch professioneller Abnehmer wie Rundfunkanstalten und Studios ist erheblich. Vor allem ändern sich die Ansprüche relativ schnell. Ein Instrument, das neu auf dem Markt ist, benötigt mehr Sounds als ein Instrument, das schon seit zwei Jahren existiert. Nochmal die Frage an den Experten, wie bekommt man die benötigten Geräte? Robert: »Es ist sicher nicht nötig, für die Soundprogrammierung alle Instrumente zu kaufen. Musikgeschäfte vermieten die Instrumente, auch Bekannte verleihen sicherlich einmal ein Gerät, vor allem, wenn die "Miete" in neuen Sounds gezahlt wird.«

Es gibt zahlreiche Beispiele wie Robert, die zeigen, daß aus dem Hobby »Soundbasteln« ein durchaus lohnenswertes Neben- oder Hauptgeschäft Sound-Engineering geworden ist. Der Atari ST bietet als Musikcomputer dafür ausgezeichnete Voraussetzungen. Seine eingebaute MIDI-Schnittstelle, die verbreitete gute MIDI-Software und seine hohe Akzeptanz durch Musiker und Studios schaffen eine solide Grundlage für erfolgreiche Klangprogrammierung. Zum Abschluß unseres Gesprächs meinte Robert noch: »Das wichtigste bei der ganzen Sache ist aber der Spaß an Musik und am Computereinsatz. Vielleicht entwickelt sich dann der lukrative Nebenjob zu einem lohnenswerten Hauptberuf.« (wk)


Wolfgang Klemme
Aus: ST-Magazin 04 / 1989, Seite 51

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