Comdex: Showtime in Las Vegas Teil 2

Wie wir Ihnen bereits in unserem Hauptbericht zur Las Vegas-Comdex in der vorigen Ausgabe berichteten, warteten viele angekündigte und überraschende Neuheiten auf die Besucher. Leider präsentierte Atari selbst keine Neuheiten und begründete uns gegenüber die Zurückhaltung mit einer kurzfristigen Konzeptänderung des neuen Atari TT. Beim Laptop fiel erst nach der Messe die Entscheidung zwischen zwei Gehäuseversionen. Aber andere Hersteller zeigten Produkte, die in der Atari-Szene noch eine große Rolle spielen werden.

Ein herausragendes Produkt der Comdex war Spectre 128, ein neuer Macintosh-Emulator. Spectre soll auch Programme auf dem Atari ST lauffähig machen, bei denen bisherige Emulatoren scheiterten, wie »HyperCard«, »Pagemaker« oder »Excel«. Der Grund dafür sind die unterschiedlichen ROM-Versionen des Macintosh. Die ROM-Cartridges der Konkurrenten »Aladin« und »Magic Sac« arbeiten nur mit den 64-KByte-ROMs, während für die genannten Programme Apples neue 128-KByte-ROMs unerläßlich sind.

Für den praxisgerechten Einsatz von Pagemaker ist ein Laserdrucker unerläßlich. Spectre unterstützt in der jetzigen Version Ataris Laserdrucker zwar noch nicht, die Anpassung ist aber in vollem Gange.

»Wordflair«, eine Mischung aus Textverarbeitung, Desktop-Publishing-Software und Datenverwaltung soll den Atari noch besser für den Büroeinsatz prädestinieren

»Kompatibler als ein Mac«

Der Hersteller, Gadgets by Small, unterstreicht, daß sein Emulator »kompatibler« zur Mac-Software ist, als ein Macintosh II. Als Beispiel dient Excel 1.0, das nicht auf einem Macintosh II läuft aber mit Spectre 128 auf einem Atari ST. Dasselbe gilt für »Word 3.0«. Teilweise arbeitet jetzt sogar der »Multifinder«.

Trotz der Emulation läuft auf einem Atari ST mit Spectre 128 Macintosh-Software um 20 Prozent schneller als auf einem Macintosh Plus und 4 Prozent schneller als auf einem Macintosh SE. Bei den Disk-Operationen schlägt Spectre Magic Sac haushoch: Um eine Datei mit 500 KByte auf einer Festplatte zu kopieren, benötigt Magic Sac 2 Minuten und 29 Sekunden und Spectre 8 Sekunden.

Disketten-Tuning

Für den Spectre gilt leider dasselbe Problem, wie für alle anderen Mac-Emulatoren: das ungewöhnliche Diskettenformat des Macintosh. Dateien müssen auf das ST-Format übertragen werden, um sie lesen zu können. Der Hersteller kündigte auf der Comdex eine Hardwarelösung an, die aber erst zur nächsten Comdex im Mai verfügbar sein soll. Allerdings bietet das ST-Format einen großen Vorteil: Diskettenzugriffe erfolgen schneller als auf dem Macintosh-Format.

Während der hiesigen Apple-Niederlassung der Mac-Emulator Aladin ein Dorn im Auge ist, und der Hersteller mit gerichtlichen Schritten in die Schranken gewiesen wurde, gibt man sich in USA offener. Man habe nichts gegen einen Mac-Emulator für den Atari ST, denn wenn die Atari-Besitzer Mac-Software verwenden, bremse dies die Entwicklung von ST-Software und das helfe wiederum Apple, lautet die Begründung.

In einer der nächsten Ausgaben veröffentlichen wir einen detaillierten Test über Spectre 128, den neuen Mac-Emulator für knapp 180 Dollar.

Antic zeigte einen neuen Editor für die Objekte des 3D-Grafikprogramms »CAD-3D«. Das Erzeugen von komplexen Objekten vereinfacht sich durch die große Funktionsvielfalt beträchtlich. Herausragend ist beispielsweise eine Magnet-Funktion. Durch den Mauspfeil üben Sie damit auf ein Objekt eine Magnetwirkung aus. In Echtzeit verformt sich der Körper durch diese imaginäre Magnetwirkung. Wesentlich verbessert wurde die Funktion, um mehrere Körper zu verknüpfen. Antic demonstrierte eine Beta-Version von »Cyber-Sculpt«, die einen sehr guten Eindruck hinterließ.

Von der Ganzseitendarstellung träumen ganze Generationen von Textverarbeitungs-Anwendern. Das integrierte Handbuch erleichtert den Einstieg.

Ein weiteres, angekündigtes Produkt von Antic kombiniert die Leistungsmerkmale einer Textverarbeitung mit DTP-Ambitionen und einer Datenverwaltung. Wie man bei Antic richtig erkannte, möchte ein Büroanwender über ein gutes Schriftbild verfügen, auf eine Adreßdatei schnell zugreifen und gestalterische Freiheiten ausnützen. Das Ergebnis heißt »Wordflair«. Es zeichnet sich durch eine ansprechende Benutzeroberfläche aus. Die gute Druckqualität erreicht Wordflair durch den geräteunabhängigen Treiber GDOS. Wer Rechnungen entwerfen und schreiben möchte, schätzt die integrierte, auf Felder bezogene, Rechenfähigkeit. Für das grafische Umsetzen der Zahlen sorgt eine schnelle und einfache Box, die Balken-, Kuchen- und Liniengrafiken generiert. Diese Box läßt sich in bezug zu einem Rechenfeld setzen. Immer wenn sich die Zahlen ändern, erscheint die Grafik mit den aktuellen Werten. Für 149 Dollar bietet Wordflair beachtliches. In den USA erfolgt der Vertrieb voraussichtlich über Atari.

Einfache Bedienung, ansprechende Optik und genügend Leistung für den MIDI-Einsteiger bietet »The Final Cut«

Legend Software Systems präsentierte mit »The Final Cut« einen neuen MIDI-Sequenzer. Seine maximal editierbaren Spuren liegen mit 16 zwar unter dem am Markt erhältlichen Programmen, die optische Aufbereitung spricht aber auch verwöhnte Atari-Besitzer an. Mit nur 89,95 Dollar liegt dieser Sequenzer im unteren Preisbereich und ist die ideale Einsteigersoftware für den Hobbyisten.

Viele haben von dieser Messe mehr Neuheiten erwartet. Zweifellos aber ist der europäische, spezifischer der deutsche Markt, für Atari immer noch der einträglichste. Also ist die Entscheidung, die Neuheiten in Deutschland auf der CeBIT zu präsentieren, verständlich und als Bonbon an die treuen, deutschen Käufer zu werten. Übrigens verfährt ein anderer wichtiger Hersteller, dem Jack Tramiel lange Zeit Vorstand, nach demselben Schema: Commodore.

Ausblick

Alle Neuheiten wurden von Jack Tramiels ehemaligen Mannen immer auf der CeBIT präsentiert. Zweifellos ist das deutsche Publikum auch wesentlich aufnahmebereiter für den neuen Atari TT und den ST-kompatiblen Laptop, als die amerikanischen Messebesucher. Atari wird in den USA leider immer noch als Spielehersteller betrachtet. Freuen wir uns also auf eine tolle CeBIT, auf der nicht nur Atari TT, Laptop, sondern auch... Lassen Sie uns nicht zuviel verraten. (hb)

# Neuer Mega ST1

Während der Comdex entschied man sich bei Atari für eine neue Variante des Mega ST. Bisher in der Version mit 2 oder 4 MByte RAM erhältlich, erweiterte Atari die »Mega-Palette« um ein Modell mit 1 MByte RAM. Dieses Modell wird bereits seit Weihnachten für 1998 Mark inklusive Monochrom-Monitor ausgeliefert. Der Preis mit Farbmonitor liegt bei 2298 Mark.

Der Preis zum 1040 ST differiert demnach nur um 200 Mark für die vergleichbare Ausstattung. Der Mega ST unterscheidet sich gegenüber dem 1040 ST durch eine bessere, abgesetzte Tastatur, den herausgeführten Systembus und RAM-Bänke für bis zu 4 MByte RAM. (hb)



Aus: ST-Magazin 02 / 1989, Seite 10

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