Abweichung von der Norm: Variana, ein Statistik-Programm

Eine reichhaltige Funktionenauswahl zeigen drei der sieben Pull-Down-Menüs aus Variana

Keine wissenschaftliche Fachrichtung kommt heute ohne die Untermauerung ihrer Forschungsergebnisse mit statistischen Analysen aus. Nicht nur Naturwissenschaftler, sondern auch Techniker, Geisteswissenschaftler und Mediziner bedienen sich dieses Werkzeuges in zunehmenden Maße. Doch gerade die »Gelegenheits«-Statistiker, deren erstes Interesse nicht unbedingt die Mathematik ist, plagen sich allzu oft noch mit unübersichtlich vielen und nicht immer durchschaubaren statistischen Verfahren. Die GP-Elektronik bietet besonders für diese Zielgruppe seit kurzem das Statistik-Programm »Variana«, das die Analyse von statistischen Daten erleichtern soll.

Das Berliner Unternehmen entwickelte »Variana« ursprünglich für den Commodore 8032. Die erheblich größere Rechenleistung des STs veranlaßte die GP-Elektronik, das Programm in einer wesentlich erweiterten Form auf den ST zu übertragen.

In der Tat läßt das Funktionsangebot von »Variana« kaum Wünsche offen. Das Programm stellt einen Editor für die Erfassung und Korrektur der Daten zur Verfügung. Eine Datei besteht aus mehreren Stichproben, die sich aus Einzelwerten zusammensetzen. Diese Stichproben lassen sich sowohl getrennt analysieren, als auch untereinander vergleichen. Sie können nicht nur statistische Parameter bestimmen, sondern den ST auch Diagramme wie Histogramme, Summenkurven und Verteilungskurven zeichnen lassen. »Variana« öffnet gleichzeitig bis zu fünf verschiedene Fenster für die Darstellung der Grafik. Dann lassen sich jedoch vorübergehend keine Accessories mehr anwählen.

Undo schließt alle Fenster, bis auf das Editorfenster. Für die gängigsten Drucker liegen Treiber bei, die eine saubere Grafik (doppelte Dichte) zu Papier bringen. Außerdem lassen sich auch seltene Drucker anpassen. Ein ausgeschalteter Drucker zwingt nicht, wie sonst üblich, zu einer längeren Wartezeit, sondern wird sofort angemahnt. Werte in Millionengröße bereiten bei unserer getesteten Version Schwierigkeiten, die Zahlen sind zu lang und stehen über. Variana hat auch Schwierigkeiten mit sehr kleinen Zahlen, da es die Exponentialdarstellung offenbar nicht korrekt beherrscht. Zahlen wie 0,792 gibt es als 0,7919999 aus. Für den Computerlaien ist das etwas verwirrend. Teilweise sind die Algorithmen sogar leicht fehlerhaft.

Wir haben zwei identische Proben als Histogramm darstellen lassen. Hierbei zeigte sich bei einem Datensatz eine erhebliche Abweichung.

Variana ist so konzipiert, daß auch Computer-Laien vor der Arbeit mit diesem Statistik-Paket nicht zurückschrecken brauchen. Das gesamte Programm ist in der GEM-Benutzeroberflä-che eingebunden. Alle Funktionen lassen sich über Pull-Down-Menüs anwählen. Die Auswahlmenüs sind funktional und praktisch gestaltet. Die Programmdiskette ist nicht kopiergeschützt, der Installation auf einer Festplatte steht nichts im Wege, jedoch ist zum Programm-Betrieb ein Hardwaremodul notwendig. Der ROM-Port ist dadurch belegt und ist so für weitere Module wie zum Beispiel »1st Address« nicht zugänglich. Trotz der reichhaltigen Auswahl an Funktionen ist Variana nicht für alle Naturwissenschaftler geeignet. Physiker vermissen einige Funktionen, wie Berücksichtigung von statistischen Meßfehlern, Anpassung an Polynom- oder Exponentialkurven. Die Manipulation der Stichproben, wie sie das Programm vorsieht, ist dafür nicht immer ausreichend. Am Beispiel der Physiker bestätigt sich nochmals Varianas Zielgruppe der Gelegenheits-Statistiker.

Wirkliche Fachleute schreiben und programmieren sich ihre maßgeschneiderten Lösungen meist selbst. Variana richtet sich vor allem an die nicht programmierenden Anwender, die mit den Problemen der Statistik vertraut sind.

Denn auch ein Werkzeug wie Variana verlangt einen Statistik-kundigen Bediener. Das mitgelieferte (vorläufige) Handbuch stellt nur kurz die verwendeten Formeln dar und ist als Einführung für den Anfänger nur wenig tauglich. Das endgültige Handbuch illustriert jede Funktion mit konkreten Beispielen.

Wegen des recht hohen Preises von fast 500 Mark ist Variana vor allem für Institute interessant, die viele Datensätze auszuwerten haben. (Tarik Ahmia/hb)

GP-Elektronik, Schönleinstr. 12, 1000 Berlin 61

Wertung

Name: Variana
Preis: 498 Mark
Hersteller: GP-Elektronik
Anwendung: statistische Auswertung

Stärken:
□ reichhaltige Funktionenauswah □ einfache Bedienung □ gute Grafik □ auch auf Drucker GEM-Oberfläche

Schwächen:
□ Rechen-Ungenauigkeiten □ kein Exponentialformat □ ROM-Port belegt □ hoher Preis

Fazit: bisher umfangreichstes Statistik-Paket für den ST, das sich auch für Computer-Laien eignet


Michael Pfeiffer
Aus: ST-Magazin 01 / 1989, Seite 53

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite