Die Scanner am Atari ST sind in Auflösung begriffen! Denn kaum haben sich die ersten digitalen Bildabtaster in den Kampf um Punkte und Grauraster gestürzt, buhlt bereits die nächste Hardware-Generation um die Gunst der Mega STs. War bis vor kurzem ein Auflösungsvermögen von 200 Punkten pro Zoll (200 dpi) das Maß der (Bilderfassungs-)Dinge, so brüsten sich die neuen Geräte mit Werten von 300 oder 400 dpi.
Lassen Sie sich durch die vergleichsweise geringe Steigerung der nackten Zahlen nicht täuschen. Die dpi-Angaben messen nämlich lediglich die lineare Auflösung, ein Bild stellt jedoch bekanntlich eine Fläche dar. So erzeugt ein Scanner der 200-dpi-Klasse Computerbilder mit 200 x 200, das sind 40000 Punkte pro Quadratzoll. Ein 300-dpi-Scanner sorgt mit 90000 Punkten für eine Steigerung um 125 Prozent, verfügt also über eine mehr als doppelt so hohe Auflösung. Bei 400 dpi erreicht man sogar eine Vervierfachung (160000 Punkte pro Quadratzoll) der 200-dpi-Auflösung.
Leider gehorcht die Steigerung in der Belastung des Anschaffungsetats ebenfalls dem Quadrat der dpi-Beträge. Die Preise für die 200-dpi-Scanner am ST haben sich nach heftigen Kämpfen inzwischen bei etwa 1500 Mark stabilisiert, für 300 oder 400 dpi müssen Sie zwischen 3000 und 4000 Mark investieren. Wir haben ein 300-dpi-Gerät getestet, den Professional Scanner von Print Technik. Für knapp 4000 Mark liefert Print Technik einen Flachbett-Scanner der japanischen Firma Pentax, ein Kabel zum Anschluß der Hardware an den ROM-Port des ST, eine deutschsprachige Bedienungsanleitung sowie die Betriebssoftware, die neben dem Steuerprogramm für den Scanner einen integrierten Grafikeditor für die gescannten Bilder enthält.
Im Gegensatz zur 200-dpi-Lösung aus gleichem Hause auf der Basis eines umgebauten Tischkopierers mit Thermo-Drucker stellt das Pentax-Gerät einen spezialisierten Scanner ohne Druckwerk dar. Zum Scannen legt man die Vorlage (bis DIN-A4-Format) auf eine Glasplatte, unter der die Abtasteinheit beim Scannen mit konstanter Geschwindigkeit vorbeifährt. Die Konstruktion der Abdeckklappe erlaubt die Abtastung von Einzelblättern, Zeitschriften und sogar Buchseiten.
Der Pentax-Scanner arbeitet wie die meisten Geräte dieser Preisklasse mit einer Signaltiefe von 1 Bit pro Abtastpunkt. Daher ist die maximale Bildauflösung nur beim Scannen mit Schwarzweiß-Kontrast erreichbar. (Die Kontraststärke läßt sich in fünf Stufen einstellen.) Dennoch kann er Bildvorlagen in 16 Graustufen wiedergeben und rastert dabei die gemessenen Grauwerte in Pixelmuster auf.
Es stehen vier Rastertypen zur Wahl. Die Umwandlung der Grauwerte in Pixelraster geht natürlich zu Lasten der Bildauflösung. Rein rechnerisch benötigt man für 16 Grauraster eine Matrix von 4 mal 4, also 16 Pixel. Daraus ergibt sich eine reduzierte Auflösung von 75 dpi (entsprechend 5625 Punkte pro Quadratzoll). Mit geeigneten Rasterungs-Algorithmen ist diese Grauraster-Auflösung jedoch zu verbessern. Die effektive Auflösung bei Grauraster-Bildern hängt von der Helligkeitsverteilung in der Vorlage ab.
Das Anschlußkabel verbindet den Scanner mit dem ROM-Port des ST. Alle Steuersignale für Scannereinstellung, Scannerbetrieb und die abgetasteten Bilddaten laufen über dieses Kabel. Dadurch bleibt der Parallel-Port zum Anschluß eines Druckers frei.
Die mitgelieferte Betriebssoftware »PSCAMAI.PRG« unterstützt alle Eigenschaften des Pentax-Scanners. Sie besitzt eine Benutzeroberfläche mit Maussteuerung, Pull-Down-Menüs und Dialogboxen. Die Texte sind (wohl aus Gründen der Internationalität) in englischer Sprache abgefaßt. Die Benutzerführung ist verbesserungswürdig.
So fehlt beispielsweise einigen Dialogboxen der Abbruch-Knopf. Der Versuch, einen nicht angeschlossenen Matrix-Drucker mit Daten zu versorgen, läßt sich nur über die Reset-Taste abbrechen.
Offensichtlich verstößt der Programmierer an einigen Stellen gegen die Richtlinien der GEM-Programmierung. Der Ganzseitenbildschirm der Firma Matrix läßt sich nämlich nicht ansteuern, für einige professionelle Anwendungen ein sicherlich ärgerliches Manko. Die uns vorliegende Version des Programms reagierte auf Fehlbedienungen während der Testphase einige wenige Male mit Abstürzen. Davon einmal abgesehen darf man PSCAMAI.PRG als betriebssicher und funktionsgerecht bezeichnen.
Gescannte Vorlagen erscheinen auf dem Bildschirm als kleiner Ausschnitt in 1:1-Darstellung, die linke Bildschirmhälfte zeigt in einem ausblendbaren Fenster eine komplette Übersichtsdarstellung. Das 1:1-Bild läßt sich durch den Hauptbildschirm scrollen, allerdings äußerst unwillig und nur ruckweise.
Als sehr nützlich erwies sich während unseres Testes der »Scan Window«-Befehl. Nach Markieren eines bestimmten Bereichs im Übersichtsfenster scannt der Professional Scanner lediglich den markierten Bereich. Auf diese Weise kann man eine Textseite mit Bildern zunächst ohne Graustufen scannen (für optimale Textauflösung) und anschließend die Bildbereiche in der geeigneten Grauwerteinstellung nachscannen.
Zur Nachbearbeitung der Bilder bietet PSCAMAI.PRG in zweiter Funktionsebene ein integriertes Grafikprogramm (»the fantastic picture editor«), das alle wesentlichen Malwerkzeuge bereitstellt. Leider beschränken sich die maussteuerbaren Blockfunktionen auf den jeweils sichtbaren Bildschirmbereich.
Gescannte Bilder lassen sich als Speicherauszug (Dateigröße eines DIN-A4-Scan gut 1 MByte) oder im GEM-IMG-Format speichern und laden. PSCAMAI benötigt als Minimal-Computerhardware einen Mega ST4. Eine Festplattenstation ist wegen der enormen Dateigrößen sehr zu empfehlen.
Integrierte Druckertreiber steuern Epson-FX- und NEC-P6-kompatible Matrix-Drucker, den HP-Laserjet und dazu befehlskompatible Laserdrucker an. Die Druckertreiber bei der Ausgabe rechnen komplette Bilder oder Bildausschnitte auf frei wählbare Ausgabeformate um. Allerdings führen einige Kombinationen zwischen Bildauflösung und Druckformat zu Verzerrungen und (bei Graurasterbildern) zu den bekannten »Schachbrettmustern«.
Der Atari-Laserdrucker ist über einen besonderen Menüpunkt direkt zugänglich. Das Scanner-Programm steuert den DMA-Port unmittelbar an, benutzt also keine Druckeremulation. Der Programmierer hat dabei auf jede Format-Umrechnung verzichtet: Ein Bild- oder Rasterpixel im ST-Speicher entspricht genau einem Druckerpixel auf dem Laserausdruck. Eine in 300 dpi gescannte DIN-A4-Vorlage (2456 x 3472 Punkte) ergibt also auf dem 300-dpi-Atari-Laserdrucker eine 1:1-Kopie in DIN-A4-Größe.
Die Abtastung von Textvorlagen mit Schwarzweiß-Kontrasteinstellung bringt einwandfreie Ergebnisse. Nur 28 Sekunden nach Start des Scan-Prozesses befindet sich das elektronische Abbild des Textes im ST-Speicher. Mit geeigneter Texterkennungs-Software (bei Print Technik in der Entwicklung) stellt der Professional Scanner eine hervorragende Eingabeeinheit für gedruckte Texte dar.
Als Vorlage für Scan-Versuche von Halbton-Bildern wählten wir ein kontrastarmes Farbfoto mit Hauttönen und weichen Farbverläufen im Gelbbereich. Der Professional Scanner und seine Software setzten dieses Bild in eine feinabgestufte Grauraster-Darstellung um. Es fällt jedoch auf, daß die hellen Spitzen fehlen und das Bild etwas zu dunkel geraten ist. Ähnliche Effekte traten auch bei Vorlagen mit größerem Farbkontrast auf. Eine neuere Version von PSCAMAI, die uns jedoch noch nicht zum Test vorlag, soll hier bessere Ergebnisse liefern.
Der Professional Scanner der Firma Print Technik machte seinem Namen in unserem Test zumindest auf der Hardwareseite alle Ehre. Für 3000 Mark erhält der professionelle Anwender ein universell einsetzbares Scanner-System. Die mitgelieferte Software ist zwar durchaus leistungsstark und funktionsgerecht, läßt aber in einigen Elementen den hohen Bedienungskomfort maßstabsetzender GEM-Programme vermissen. Sollte es den Print Technik-Programmierern gelingen, auch auf diesem Gebiet Fortschritte zu machen, werden ihnen weitere Punktgewinne sicher sein. (uh)
Vertrieb: Print Technik, Nikolaistraße 2, 8000 München 40