John Phillips ist ein echtes Multitalent. Von der Idee, dem Programmcode über die Grafik bis zur Musik programmiert er seine Spiele am liebsten selbst und auf unterschiedlichen Computern. So verwundert es nicht, daß John auch die brillante ST-Version von »Nebulus« in die Hand nahm.
1962 in London geboren, interessierte sich John schon mit 12 Jahren für Computer. Mitte der 70er Jahre baute er sich seinen ersten eigenen Computer Erst sechs Jahre später kaufte er sich seinen ersten »fertigen« Computer, einen Sinclair ZX81. Zu dieser Zeit, er war 19 Jahre alt, studierte John bereits an der Universität von Kent Kybernetik, eine Mischung aus Informatik, Robotik und Künstlicher Intelligenz.
In den folgenden Jahren programmierte John den »Acorn BBC B«, den C 64, Sinclair Spectrum und den Amstrad CPC ebenso fließend in Assembler, wie er auf der Uni die 68000er-Systeme mit Maschinensprache fütterte. »Die Uni hat mir aber das Interesse an 'ernsthaften’ Anwendungen genommen. Ich wollte etwas Angenehmeres programmieren«, so John Phillips rückblickend.
Erst nach dem Studium erwachte sein Interesse für Computerspiele. Über ein Jahr programmierte er im stillen Kämmerlein und brachte Ende 1986 bei dem Softwarehaus »Hewson Consultants« »Impossible Mission« und 1987 »Nebulus« für den C 64 heraus. Erst seit Anfang 1988 beschäftigt er sich mit den 68000er-Heimcomputern.
68000er-Spiele entwickelt er nur auf dem ST: »Auf dem ST ist es viel einfacher, Spiele zu entwickeln, denn das Betriebssystem ist besser und die Hardware behindert mich nicht. Es ist auch die einzige Methode, ein Spiel für den Amiga zu programmieren: Ich schreibe das Programm auf dem ST und passe es dann an den Amiga an.«
John hält einen besseren Soundchip und Hardware-Scrolling für die dringlichsten Verbesserungen des ST. Von einer höheren Auflösung ist er nicht sehr begeistert: »Sie würde mehr Speicher verschlingen. Beim Scrollen müßten dann noch viel mehr Daten bewegt werden, Scrolling würde langsamer.«
John Phillips momentanes Lieblingsspiel ist »Super Hang On«. Besonders hoch schätzt er auch die Programme von Paul Woakes, Autor von »Mercenary«, wegen ihrer spielerischen und technischen Brillanz ein. Die anderen 3D-Spiele schaut sich John zwar gerne an, hält sie aber für ziemlich langweilig. »Ein prinzipielles Problem von Spielen mit 3D-Festkörper-Grafik«, so John Phillips. In seiner Freizeit fördert John sein musikalisches Talent: Er spielt neben Keyboard auch Gitarre und tritt gelegentlich mit einer Band auf.
Die Idee zu Nebulus kam John Phillips vor zwei Jahren, als er mit einer Routine für einen drehenden Zylinder experimentierte Ursprünglich sollte dieser Zylinder horizontal scrollen, John verwarf diese Idee aber wegen technischer Schwierigkeiten: Heraus kam dann ein Spiel, dessen Handlung auf einem vertikal rotierenden Zylinder aufbaut.
Nach dem Erfolg der C 64-Version von Nebulus beauftragte Hewson einen ST-Spezialisten mit der Umsetzung des Programms. Als ein halbes Jahr spater immer noch kein Ende abzusehen war und die Zeit drängte, nahm John Phillips die Umsetzung selbst in die Hand. Schon sieben Wochen und ungezählte Nachtschichten später, lieferte er das fertige »Nebulus ST« ab.
Am schwierigsten erwies sich bei der ST-Version die Programmierung des Timings: »Nebulus sollte mit 25 Bildern in der Sekunde laufen. Nur mit Tricks habe ich diese Geschwindigkeit erreicht. Rechenzeit spare ich dadurch, daß ich in einigen Bereichen nur vier Farben verwende. Übrigens, die Spiegelung auf der Wasseroberfläche basiert einfach nur auf dem Kopieren der oberen Bildschirmhälfte. Da der ST 25mal pro Sekunde den gesamten Bildschirm neu zeichnet, flackert die Grafik nicht.«
John liebt es, neue Ideen zu programmieren. »Um etwas Originelles zu machen, mußt Du alles meiden, was andere Programmierer tun.« Eine neue Idee probiert er mit fertigen Routinen seiner Sammlung aus. Taugt sie für ein Spiel, so schreibt er das Programm von Grund auf neu, um effizienten und schnellen Code zu erhalten. Schon nach zwei bis drei Wochen hat er ein erstes Demo, die richtige Arbeit geht erst danach los. Viel Überlegung, Experimentieren und vier Stunden tägliches Programmieren steckt er in das Programm, nach vier bis fünf Monaten sollte das Spiel fertig sein. Jung-Profis rät John Phillips, sich ihre Motive vorher genau zu überlegen: »Selbständige Programmierer müssen alles können und leben in finanzieller Unsicherheit. Wem es nicht nur auf den Ruhm, sondern aufs Geld ankommt, sollte seine Talente lieber bei einem Softwarehaus entwickeln.«
(T. Bosch/hb)