Editorial - Vision: Spiele, die mitdenken

Zugegeben: Die Atmosphäre eines Spieleabends, das hämische Grinsen des Gewinners, das Zähneknirschen des schlechten Verlierers kann der Computer nicht simulieren. Andererseits verwirklichen die Spieleprogrammierer auf ihren Maschinen Ideen, die auf dem herkömmlichen Spielbrett unmöglich umzusetzen sind. Wie soll man sich beispielsweise »Elite« als Würfelspiel vorstellen?

Uns geht es hier nicht darum, Computerspiele gegenüber Gesellschaftsspielen aufzuwerten. Ob Sie sich lieber in geselliger Run de vergnügen oder als einsamer Sternenkämpfer durch den Bildschirmkosmos jagen - als Mitglied unserer modernen Freizeitgesellschaft stellen Sie sich wohl bei den Herausforderungen. Für die Joystick-Kämpfer unter Ihnen haben wir in dieser Ausgabe einen besonderen Leckerbissen zu bereitet. Wir stellen Ihnen die Leute vor, die hinter so bekannten Spielen wie Arkanoid, Carrier Command oder Return to Genesis stehen.

Im Bereich der Gesellschaftsspiele küren Kritiker jedes Jahr eine neue Erfindung zum »Spiel des Jahres«. Den Ausschlag bei der Wertung gibt die originellste Spielidee. Wenn sich Computerspiele an diesem Wettkampf beteiligen würden, stände es um ihre Chancen bestimmt ziemlich schlecht. Seit einigen Jahren erleben wir immer schnellere Ballerspiele, immer perfektere Autorennen und immer kompliziertere Adventures, also immer neue Umsetzungen längst verbrauchter Konzepte. Wirklich neue Ideen sind selten geworden. Eine Idee wäre, auch Action-Spiele intelligenter zu machen. Wenn ich einmal eine Strategie gefunden habe, wie ich die automatische »Armee« des Computers schlagen kann, geht sie mir immer wie der in die Falle. Nach einiger Zeit wird das Spiel eintönig und wandert in die Schublade.

Wenn dagegen der Computer schon nach wenigen Sekunden die Spiel stärke des Gegners einschätzt und den weiteren Verlauf entsprechend anpaßt, sieht jede Partie anders aus. Selbstlernende Schachspiele gibt es schon seit einiger Zeit. Warum also nicht auch einmal ein intelligentes Schieß-Spiel? Dank seiner schnellen 68000-CPU und seinem großen Speicher bietet der ST alle Voraussetzungen, um diese Idee zu verwirklichen.

Vielleicht ist dieser Gedanke für den einen oder anderen Programmierer eine Überlegung wert.

Herzlichst, Ihr Thomas Bosch
Volontär


Thomas Bosch
Aus: ST-Magazin 01 / 1989, Seite 3

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