Nüchtern und sachlich: GD-Fibu, eine leistungsfähige Finanzbuchhaltung

Die doppelte Buchführung gehört seit Jahrhunderten zum Grundbestand des betrieblichen Wirtschaftens. War es vor einigen Jahrzehnten noch üblich, Kassenbücher und Journale mit der Hand zu führen, so hat inzwischen der Computer im Betrieb Einzug gehalten. Noch heute reißt ein komplettes System der etablierten Computergiganten ein großes Loch in die Firmenkasse, und da will der Soft- und Hardwarekauf gut überlegt sein.

Weniger betuchte Firmen haben sich schon seit langem nach Alternativen jenseits der großen Anbieter umgeschaut. Es hat nach der Markteinführung des Atari ST einige Zeit gedauert, bis sich beide Seiten zusammengefunden haben: Ein potentieller Käuferkreis und Softwarehäuser, die maßgeschneiderte Lösungen für den Betrieb entwickeln.

Dazu gehört etwa die Bielefelder Firma gdat (»Gesellschaft für dezentrale Daten-Technik«). Sie hat sich auf Klein-und Mittelbetriebe spezialisiert und bietet deshalb ihren Kunden oftmals mehr Service und Beratungsleistung als ein großes Softwarehaus. Bei der Softwaregestaltung hat man sich eigene Gedanken gemacht und Wege beschritten, um jeden einzelnen Kunden möglichst individuell und optimal zu versorgen.

Benutzerfreundlichkeit wird großgeschrieben. Eine wichtige Rolle spielt auch die Arbeitsergonomie.

Unter diesen Gesichtspunkten lag uns »GD-Fibu« zum Testen vor. Ein erster Überblick zeigt, daß GD-Fibu eine mandantenfähige Finanzbuchhaltung ist, die mehr als eine Firma verwalten kann. Sie eignet sich für kleine Kapitalgesellschaften und berücksichtigt das neue Bilanzrichtliniengesetz. In der Anlage der Kontenpläne stehen die Standardvorgaben nach Datev SKR 03 oder SKR 04 zur Verfügung. Das Programm beherrscht natürlich die Bilanzierung wie auch die Gewinn- und Verlustrechnung, nicht aber die Einnahme-Überschuß-Rechnung und die Verwaltung von Abschreibungsgütern.

Die gdat-Finanzbuchhaltung wird zusammen mit einem guten Handbuch auf zwei Disketten geliefert. Zusätzlich erhält man ein ROM-Modul, das in den Cartridge-Port des STs gehört. Wer jetzt an einen Kopierschutz denkt, liegt nur teilweise richtig. Tatsächlich steckt in dem kleinen grauen Kästchen ein Lade-Programm, das von der ersten Diskette eine neue Benutzeroberfläche installiert. Sie heißt GD-SYS und stellt eine Art »Shell« für den Aufruf von APL-Programmen dar. APL ist eine sehr leistungsfähige Programmiersprache, die vor allem durch die Kürze ihres Programmcodes immer wieder Aufsehen erregt. Dies gelingt durch eine spezielle Notation, die auf den ersten Blick wie Hieroglyphen aussieht.

Davon bleibt der Endanwender glücklicherweise verschont. Er muß nur das gewählte Programm aus der Shell anklicken. Anschließend gilt es, eine Datendiskette bereitzustellen oder entsprechenden Platz auf der Festplatte zu reservieren. GD-Fibu richtet automatisch die notwendigen Ordner ein und fragt schließlich, in welchem Jahr die Buchführung beginnen soll. Gleich bei der Anlage eines neuen Datenordners entscheidet man sich, ob die Kontenrahmen nach Datev SKR 03 oder 04 geführt werden sollen. Die Eingabe der Firmendaten (Anschrift, Telefon und Bankverbindung) folgt als nächstes, sie erscheinen später auf den Ausdrucken. Mit diesen wenigen Schritten ist die Installationsphase schon abgeschlossen.

Nun präsentiert sich eine Arbeitsoberfläche, die tatsächlich einen nüchternen und sachlichen Eindruck macht. Alle Funktionen sind in vier Pull-Down-Menüs versteckt, ergänzt durch ein zusätzliches Menü namens »System«, das hilfreiche Utilities wie Taschenrechner oder Kalender enthält.

Sinnvollerweise erfassen Sie als erstes die wichtigsten Konten und Gegenkonten, um danach mit dem Buchen zu beginnen. Dabei kommt es zum ersten Kontakt mit der Editorsteuerung, die mustergültig aufgebaut ist und sich - bis auf die Belegung der ESC-Taste - an den obligaten GEM-Standard hält. Im Unterschied zu vielen anderen Finanzverwaltern ist sogar das Springen von Wort zu Wort installiert. Leider mußten wir schon bei der Kontenerfassung und auch in anderen Eingabemasken feststellen, daß der recht träge reagierende Editor einer schnellen Datenerfassung entgegensteht. Es dauert immer einige Sekundenbruchteile, bis der Cursor im nächsten Eingabefeld erscheint und die Maske ihre neue Form angenommen hat. Positiv hervorzuheben ist die halbautomatische Vorgabe der Kontenbezeichnungen je nach Datev-Rahmen und eine Routine zum Abfangen von unsinnigen Eingaben noch während der Kontenerfassung. Vermißt haben wir zwei Funktionen. Zum einen sogenannte »Autotexte«, also sich wiederholende Belegbezeichnungen für ein bestimmtes Konto, die beim Buchen vorgegeben werden und zum anderen die Funktion, bestimmte Buchungen automatisch in einem bestimmten Zeitabschnitt vornehmen zu lassen (»Autobuchungen«).

Nur für die Kontenpflege erscheint ein Bildschirmfenster. Ansonsten sind Listen auszudrucken.

Nach der Kontenerfassung steht der eigentlichen Buchführung nichts mehr entgegen. Sobald Sie den entsprechenden Menüpunkt gewählt haben, erscheint ein zweigeteiltes Arbeitsblatt. In der oberen Hälfte lassen sich wahlweise die letzten vierzehn Buchungssätze in der Reihenfolge ihrer Eingabe oder das jeweils zuletzt bebuchte Konto mit Saldo anzeigen. Das erste Erscheinungsbild heißt »Buchen ohne Anzeige«, das zweite »Buchen mit Anzeige«. Die untere Bildschirmhälfte bleibt in jedem Fall einheitlich. Dort ist das erste Eingabefeld die Kontonummer. Sie tragen hier die gewünschte Ziffer ein. Ist das Konto (noch) nicht vorhanden, erscheint ein Hinweis mit der Funktion, dieses Konto noch während des Buchens einzurichten. Haben Sie nur die Kontobezeichnung, nicht aber die Nummer im Kopf, so tippen Sie in das Zahlenfeld die Bezeichnung ein und es erscheint automatisch das gewünschte Konto. Fehlt Ihnen gar jegliche Angabe, so geben Sie ein Fragezeichen ein und erhalten eine Liste aller erfaßten Konten. Das ist eine äußerst praktische Angelegenheit, die sicherlich nur noch dadurch im Komfort zu steigern wäre, wenn sich das angezeigte Konto mit einem Mausklick automatisch übernehmen ließe.

Nach der Geldkontenerfassung bestehen die nächsten Schritte darin, das Datum, den Betrag, das Gegenkonto, die Mehrwertsteuerklasse und schließlich Buchungsbeleg und -text einzugeben. Mit der Return-Taste wandert man dabei von Feld zu Feld und könnte sicherlich etwas schneller arbeiten, wenn nur die Bildschirmaufbereitung flotter vonstatten ginge. Weil die obere Hälfte des Arbeitsblattes stets die letzten Buchungen anzeigt, steht jede Buchung im Zusammenhang mit der bereits geleisteten Arbeit. Dies bezeichnet gdat als »Kontext-Anzeige«.

Um die lästige Berechnung von Mehrwert- und Vorsteuer muß man sich mit der computerunterstützten Finanzbuchhaltung in der Regel nicht kümmern. Das gilt auch für GD-Fibu. Zunächst entscheidet der Anwender schon bei der Anlage von Konto und Gegenkonto, ob in diesem Fall die Mehrwert- oder Vorsteuer zu buchen ist. Wenn Sie dem Konto einen festen Mehrwertsteuerschlüssel zuweisen, wird die Steuer automatisch errechnet und angezeigt. Dennoch sind auch manuelle Korrekturen vorgesehen. Die Daten für die Umsatzsteuervoranmeldung werden bei Bedarf lediglich ausgedruckt, nicht aber auf den Monitor ausgegeben. Praktisch wäre es, wenn GD-Fibu auf eine zum Monatsoder Jahresabschluß noch nicht getätigte Umsatzsteuervoranmeldung hinweisen würde.

Insgesamt gesehen zeigte sich während des Buchens tatsächlich ein hohes Maß an Transparenz und Benutzerfreundlichkeit, vor allem durch das große Fenster mit der Anzeige der letzten Vorgänge. Diese übersichtliche Darstellung ist leider mit einem gravierenden Nachteil verbunden. Jeden Buchungssatz hält GD-Fibu zunächst nur im Speicher. Erst wenn der Anwender das Untermenü »Datei ablegen« anwählt, gelangt der Datenbestand auch auf Festplatte oder Diskette. Kommt es zwischendurch zum Stromausfall oder vergißt man die Datensicherung vor dem Ausschalten, war alle Arbeit vergeblich. Außerdem hält GD-Fibu grundsätzlich alle Buchungen komplett im RAM. Dies schränkt die Zahl der Konten und der Buchungssätze unnötig ein. Mit 1 MByte Speicherplatz lassen sich bei 300 Konten rund 3000 Buchungen erfassen. Das ist weitaus weniger, als bei vergleichbaren Programmen.

Wie schaut es mit Auswertungen und Abrechungen aus? Es zeigte sich, daß unser Testkandidat Bildschirmausgaben grundsätzlich nicht vorsieht. Journal und Bilanz, Kontenblätter, Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Summen- und Saldenlisten erscheinen in Tabellenform auf dem Papier, nicht aber, der schnellen Übersicht halber, wahlweise auf dem Bildschirm oder als Textdatei auf Diskette. So muß der Anwender vermutlich öfter den Drucker strapazieren, wo es auch ein sinnvoll strukturiertes und verschiebbares GEM-Fenster getan hätte. Allerdings entschädigen die sehr ordentlichen und mustergültigen Druckresultate für diesen kleinen Aufwand. Im übrigen liefert gdat fast 30 Druckertreiber zum Programm aus und programmiert unter Umständen eine weitere Anpassung für den noch nicht dazugehörenden Firmendrucker.

Summa summarum erwies sich GD-Fibu als ein ausgesprochen zuverlässig arbeitendes Buchführungsprogramm, das schon längere Bewährungsproben in der Praxis hinter sich gebracht hat. Der Firmenphilosophie entsprechend fehlen »unnütze Schnörkel«, es fehlen allerdings auch einige Funktionen, die den Umgang mit dem Paket leichter und schneller machen könnten. (uh)

Vertrieb: gdat, Stapelbredc 39, 4800 Bielefeld 1

Wertung

Produktname: GD-Fibu
Preis: 1000 Mark
Hersteller: gdat

Stärken:
□ einfache und benutzerfreundliche Bedienung □ Routinen zum Abfangen von Eingabefehlern □ individuelle Kundenbetreuung durch den Hersteller

Schwächen:
□ träger Editor und langsamer Bildschirmaufbau □ keine Verwaltung von Abschreibungsgütern □ keine Autotexte und Autobuchungen

Fazit: Eine Finanzbuchhaltung für kleine und mittlere Firmen, mit der man eine individuelle Betreuung durch den Hersteller erhält.

Soll und Haben: der sehr übersichtliche Bildschirm zum Buchen, der weitgehend auf GEM-Fenster verzichtet

Michael Spehr
Aus: ST-Magazin 10 / 1988, Seite 139

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