Drei ST-Diskmonitore im Vergleich: Vom Sanitäter zum Facharzt

Bild 1. Die Funktion des G Diskmon II auf einen Blick

Immer mehr Benutzer von Computern beschäftigen sich nicht nur mit ihren erworbenen Programmen, sondern wollen tiefer in das »Innere« ihres Computers hineinschauen. Um für dieses Vorhaben gerüstet zu sein, benötigt man natürlich entsprechendes Werkzeug. Wir betrachten drei Programme, die sich grob mit dem Begriff Diskmonitore charakterisieren lassen. Hierbei handelt es sich um »The Last Disk Utility« (im folgenden kurz als T.L.D.U. bezeichnet) von Focus, den »G-Diskmon II« von G Data und das Programm »Disk Royal+« von Boston Computer.

Der G-Diskmon II von G Data wird auf einer einseitigen Diskette geliefert. Nach einer Anleitung sucht der Käufer in der Verpackung vergeblich. Diese wurde vermutlich aus Kostengründen nur einmal als Text- und einmal als Ist Word plus-Datei auf Diskette kopiert. Besitzt man keinen Drucker, muß man sich mit dem Lesen auf dem Bildschirm begnügen.

Der G-Diskmon II meldet sich nach dem Start mit zwei Fenstern, die jeweils die Diskettendaten anzeigen. Dies erweist sich als praktisch, wenn man mit zwei Laufwerken arbeitet, da so jedes ein eigenes Fenster erhält. Die einzelnen Funktionen wählt man über Dropdown-Menüs. Mit »Ausgabe« stellt man beispielsweise das Format ein, in dem die Daten im Fenster erscheinen. Man hat hier die Wahl zwischen ASCII, dezimaler und hexadezimaler Ausgabe oder einer gleichzeitigen Anzeige von HEX/ASCII und DEZ/ASCII. Ferner stehen drei Schriftgrößen zur Verfügung.

Unter der DISK-Menüleiste stellt man das Format der Disketten ein. Diese Einstellungen beziehen sich dann auf einige Funktionen wie beispielsweise »Suchen und Ersetzen«. Eine automatische Einstellung dieser Parameter, die durch das Lesen des Bootsektors leicht zu erreichen wäre, würde die Arbeit mit diesem Programm erleichtern.

Beim Lesen/Schreiben sehr variabel

Nach einem Klick auf »Lesen« liest G-Diskmon einen oder mehrere Sektoren von der Diskette in einen Puffer. Meist gelingt es auch noch, Sektoren zu lesen, die bei anderen Programmen Fehlermeldungen hervorrufen. Eine Voraussetzung, will man Daten retten. Gelesene Daten muß man nach einer eventuellen Korrektur wieder auf Diskette zurückschreiben. Hier zeigt sich der G Diskmon sehr variabel: Ein gelesener Sektor läßt sich auf die gleiche oder auf eine andere Diskette an eine beliebige Stelle zurückschreiben.

Die obligatorische Kopierfunktion findet man auch bei diesem Programm. Allerdings ist man mit G Diskmon II in der Lage, auch Teilkopien anzufertigen oder nur einzelne Sektoren zu kopieren.

Dabei ist Vorsicht geboten, denn kopiert wird nach den Parametern, die im Disk-Menü vom Anwender eingestellt sind und nicht nach dem tatsächlichen Format der Diskette.

Nach Aufruf von »Bootsektor« wird dieser gelesen und die dort abgelegten Parameter ausgegeben. Eine weitere sehr praktische Funktion ist das Suchen und Ersetzen von Strings. Dabei sucht G Diskmon II auf der Diskette in einem einstellbaren Bereich nach Strings oder Bytekombinationen und ersetzt diese, sofern man das wünscht, durch andere Daten. Der Sektor, in dem die Daten stehen, erscheint dabei im aktuellen Fenster. Weiter lassen sich bestimmte Tracks formatieren, sogar mit 11 Sektoren pro Spur. Dabei stoßen aber einige Diskettenlaufwerke an ihre Grenzen. Selbstverständlich lassen sich mit dem G Diskmon II die Daten, die normalerweise in den Fenstern erscheinen, oder auch ein bestimmter Bereich einer Diskette, übersichtlich auf dem Drucker ausgeben.

Schon das Erscheinungsbild von Disk Royal + beeindruckt den Anwender. Pompöses GEM-Gewand, mit liebevoll gestalteten Icons und tollen Hilfsgrafiken. Doch wer denkt, dies sei nur eine Fassade, die ungenügende Leistungen verdecken soll, täuscht sich. Um es vorweg zu sagen: Disk Royal + bietet alles, was man sich von einem guten Diskmonitor als fortgeschrittener Anwender wünscht. Die Bedienung gestaltet sich äußerst einfach und ist innerhalb kürzester Zeit zu erlernen.

Bild 2. Im komfortablen GEM-Gewand präsentiert sich Disk Royal +

Ein besonderes Leistungsmerkmal dieses Programms ist, daß es auch sogenannte »relative Devices«, also Geräte, bei denen man statt der absoluten Track-und Sektornummern die logische Sektoren angibt, unterstützt. Daher kapituliert Disk Royal + auch nicht vor Festplatten oder RAM-Disks. Ein weiteres Icon ist für den Modulschacht des ST vorgesehen. Die nächsten Versionen von Disk Royal + sprechen auch Ataris CD-ROM-Laufwerk an.

Reich an Funktionen

Die üblichen Operationen zum Lesen und Schreiben von bestimmten Sektoren verstehen sich von selbst. Die Sektordaten erscheinen dabei in einem GEM-Fenster wahlweise in großer oder kleiner Schrift. Diese Daten lassen sich einfach durch Anfahren mit der Maus editieren. Dabei hat man die Wahl zwischen der hexadezimalen oder der ASCII-Eingabe. Als besonders praktisch hat sich eine Funktion erwiesen, die Sektordaten als Datei auf Diskette schreibt. Man ist somit in der Lage, beispielsweise einen ausführbaren Bootsektor zunächst als Datei abzulegen und diese danach mit einem Debugger oder Disassembler genauer zu untersuchen. Eine gute Methode, verschiedene Viren zu analysieren.

Aber nicht nur track- oder sektororientiertes Arbeiten unterstützt Disk Royal+. Der »Filemodus« bearbeitet Dateien und führt verschiedenste Operationen mit ihnen aus. Sogar die Datei-Attribute lassen sich ändern. Wer möchte nicht mal einen ahnungslosen Genossen verblüffen, indem »DESKTOP.INF« nicht sichtbar ist, aber trotzdem ausgeführt wird. Doch Vorsicht ist geboten. Da die Dateiauswahl über die Standard-Betriebssystemfunktion vorgenommen wird, sieht man »Hidden-Files« nicht mehr.

Entweder merkt man sich den Namen oder man muß mit der Directory-Funktion nachsehen.

»Recall-Files« rettet gelöschte Dateien, sofern diese noch nicht überschrieben sind. Praktisch ist auch eine weitere Funktion, mit der sich die Cluster einer Datei anzeigen lassen. Sind zu große Sprünge darin, ist es mal wieder an der Zeit, die Platte »aufzuräumen«.

Bild 3. Gegen die beiden anderen Monitore verfügt The Last Disk Utility über spartanische Benutzerführung

Daten retten per Knofpdruck

Weitere Besonderheiten von Disk Royal + sind verschiedene Track-Operationen, mit denen sich auch Spuren reparieren lassen. Such- und Ersetzbefehle, die sowohl mit Dateien als auch mit Spuren und Sektoren arbeiten und Vergleichs- und Kopierfunktionen. Wem die vielen Mausbewegungen für sich wiederholende Abläufe zu monoton sind, definiert sich Makros. Dazu wählt er »Record«, und das Programm merkt sich alle folgenden Operationen (bis zu 380). Ein so zusammengestelltes Makro aktiviert man mit »Ausführen«. Schöne Hilfsgrafiken, die den Disketten-, Directory- und FAT-Aufbau beschreiben, runden das durchweg positive Erscheinungsbild von Disk Royal + ab.

Als letzter (schon des Namens wegen) unserer drei Testkandidaten, kam »The Last Disk Utility« auf den Prüfstand. Schon das äußere Erscheinungsbild unterscheidet sich von den anderen beiden Programmen. Der GEM-Freund wird enttäuscht, denn T.L.D.U. wird vollständig über die Tastatur gesteuert. Dies bedeutet, daß zum Erlernen der einzelnen Kommandos eine gewisse Zeit aufzuwenden ist. Das exzellente Handbuch bietet hier eine gute Hilfestellung. Nach einem kurzen Tutorium, das dem wißbegierigen Anwender einen Schnelleinstieg verschafft, finden sich im zweiten Teil der Anleitung alle Befehle ausführlich und gut verständlich erklärt. Wünschenswert wäre eine Tastaturschablone oder eine Referenzkarte mit den häufig benutzten Tastenkombinationen.

Eine reichhaltige Funktionsvielfalt bietet das Utility dem Anwender. Neben den normalen Lese- und Schreibbefehlen für Sektoren hat man auch einen sogenannten Folgemodus implementiert, in dem man Dateien bearbeitet. Das Editieren der dargestellten Sektordaten ist vorbildlich gelöst. Ändert man bestimmte Bytes, so erscheinen diese invers. Änderungen lassen sich jederzeit mit der UNDO-Taste rückgängig machen. Eine sehr nützliche Funktion ist der »Buffer«-Interpreter, der die Sektorinformationen auch in disassemblierter Form anzeigt. Such- und Directory-Funktionen fehlen natürlich auch nicht. Besonders gut hat uns die EATAnzeige gefallen. Hier werden in übersichtlicher Form belegte, frei oder defekte Cluster ausgegeben. Wählt man einen belegten Cluster aus, so erscheint in einer Zeile der Name der Datei, die diesen enthält.

Eine Besonderheit von T.L.D.U., die die große Leistungsfähigkeit dieses Programms erst ausmacht, ist die integrierte Programmiersprache. Mit ihr programmiert sich jeder Anwender Funktionen, die er noch vermißt, oder Operationen, die sich immer wiederholen. Wer mit Sprachen wie »C«, »Pascal« oder strukturiertem Basic vertraut ist, findet sich auch mit der Makro-Spache von T.L.D.U. sofort zurecht. Variablen, Zeichenketten, Vergleichsoperatoren und Programmstrukturen wie WHILE, LOOP, IF-ELSE sind nur ein Auszug der zur Verfügung stehenden Befehle. Makros dürfen auch andere Makros aufrufen und diesen Werte übergeben. Viele Funktionen sind vorgegeben. So liest NEXT beispielsweise den nächsten Sektor oder liefert FREE den nächsten freien Cluster. Zum Programmieren der Makros ist ein Editor im Programm integriert. Als Einschränkung ist zu sehen, daß Makros nicht länger als eine Bildschirmseite sein dürfen — modulare Programmierung ist daher angesagt.

Bild 4. Mit diesem Editor schreibt man sich seine Makros in der integrierten Programmiersprache

Für jeden etwas

Fazit: G Diskmon bietet als billigster Testkandidat nur die allernotwendigsten Funktionen. Wichtige Kommandos für Datei-Operationen fehlen. Außerdem arbeitet er nicht mit Hard- oder RAM-Disks zusammen. Sehr gut gefallen hat Disk Royal+. Er hat alle wichtigen Funktionen in sich vereint und bietet neben einer schön gestalteten Benutzeroberfläche eine einfache und logische Bedienung. Wer auf luxuriöse Aufmachung verzichtet und tiefer in die Materie einsteigen will, der ist durch die hervorragende Programmiersprache mit dem T.L.D.U. am besten bedient. (uh)

Bezugsquellen:

G Dislcmon II: G Data Software, Siemensstn 16, 4630 Bochum 1„ Tel.: 02325/60098

Disk Royal+: Boston Computer Handelsgesellschaft m.b.H., An zinger Str. 1, 8000 München 80, T.L.D.U.: Focus Computer GmbH, Friesenstr. 14, 3000 Hannover 1

Wertung

Produktname: G-Diskmon II
Preis: 99 Mark
Hersteller: G Data

Stärken:
□ günstiger Preis □ einfache Bedienung □ gute Leseroutine

Schwächen:
□ unterstützt keine Hard- oder RAM-Disk □ manuelles Einstellen des Diskettenformats □ zuwenig Funktionen

Fazit: Einfacher Diskettenmonitor, der die wichtigsten Funktionen bereitstellt.

Wertung

Produktname: Disk Royal+
Preis: 89 Mark
Hersteller: Boston

Stärken:
□ einfache Bedienung □ ansprechend gestaltete Oberfläche □ Hilfsgrafiken □ viele praktische Funktionen □ Schnittstelle zu Debug Royal

Schwächen:
□ bessere File-Select-Box wünschenswert

Fazit: Neben den zahlreichen Funktionen zeichnet sich dieses Programm besonders durch seine einfache Bedienung aus.

Wertung

Produktname: The Last Disk Utility
Preis: 149 Mark
Hersteller: Focus

Stärken:
□ eigene Programmiersprache □ integrierter Disassembler □ auch ACC-Version im Lieferumfang □ gutes Handbuch

Schwächen:
□ keine Druckerausgabe □ Makros auf eine Bildschirmseite beschränkt

Fazit: Durch die integrierte Programmiersprache für alle, die tiefer in die Materie einsteigen wollen, das geeignetste der hier vorgestellten Programme.


Robert Stähler
Aus: ST-Magazin 10 / 1988, Seite 32

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