Black-Box für bunte Blüten - Wie funktioniert ein Farbkopierer?

Woran denken Sie bei Farbkopierern? Geldscheine, Aus weise, Dokumente? Fälschung... ?
Ja, ja, das Verbotene lockt. Doch bei den Farbkopierern, die sich seit dem letzten Jahr auf dem deutschen Markt befinden, erscheint die Verlockung nur allzu menschlich. Zwei Konzerne wagten sich bisher in das Neuland des farbigen Kopierens. Obwohl jede Firma eine unterschiedliche Kopiermethode verwendet, erfüllen die beiderseits brillanten Ergebnisse einen alten technologischen Traum.

Farbkopieren feierte 1987 auf dem CeBIT-Stand des japanischen Elektronikriesen »Canon« Premiere. Anfang dieses Jahres präsentierte der amerikanische Kodak-Konzern den ersten farbigen Konkurrenten. Obwohl die den Originalen zum Verwechseln ähnlich sehenden Kopien wohl bei jedermann andächtiges Staunen hervorrufen, sind Farbkopierer für die Mehrheit unter uns noch eine »Black-Box«. Was geht also prinzipiell in den großen Truhen vor, wenn sie vor sich hin rumoren und nach kurzer Zeit ein zweites »Original« liefern?

Von der Alchemie des Lichtes

Während Canon die Grundlagen ihres »Colour Laser Copier« (CLC) auf die Digitalisierung der Kopiertechnologie abstimmte, beschreitet Kodak mit dem »Ektaprint Farbkopierer« den Weg der elektrofotografischen Vervielfältigung.
Canons CLC, dessen Fähigkeiten vor einigen Monaten die Illustrierte »Stern« anhand eines »fälschungssicheren« Personalausweises demonstrierte, ist eine Kombination aus Flachbett-Scanner und Farbdrucker. Ein CCD-Element (Charged Coupled Device) des Scanners tastet jede beliebige Vorlage ab und wandelt sie in Digital-Werte um. Ein anhand dieser Daten gesteuerter Laserstrahl belichtet in einer separaten Druckeinheit eine fotoempfindliche Halbleitertrommel. Der Laserstrahl erzeugt auf ihr ein Abbild des Originals mit einer Auflösung von 400 Punkten pro Zoll. Für jede der Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb löst das Lasersystem die Vorlage auf, die der CLC auf der fertigen Kopie in 64 Halbtonstufen wiedergibt. Ein zusätzliches Schwarz gibt den Kopien die nötige Dichte und Tiefe. Elektrostatisch mit Toner entwickelt, auf Normalpapier übertragen und schließlich heiß fixiert, entsteht die fertige Kopie. Ein sogenannter »Vierfarb-Rotationsentwickler« mischt dabei die Grundfarben. Durch die digitale Umwandlung einer Vorlage ist der CLC in der Lage, beliebige Veränderungen an den Farben und dem Format des Bildes vorzunehmen. Der CLC vergrößert und verkleinert von 50 bis zu 400 Prozent, wandelt Farben um, mischt Monochrom- und Farbausgabe und produziert Poster bis zu einem Format von doppelt DIN AO. Während der CLC sich mit seiner bescheidenen Kopierleistung von fünf Bildern pro Minute besonders für die Bildbearbeitung eignet, läßt Kodaks Farbkopierer in einem anderen Bereich die Muskeln spielen: Der Ektaprint Farbkopierer verzichtet auf Digitaltechnik und Laserstrahl und nennt sich dafür »schnellster Farbkopierer der Welt«. Die fast fünfmal höhere Kopierleistung von 23 Bildern pro Minute erklärt sich durch das Kopierverfahren. Es funktioniert im wesentlichen nach dem gleichen Prinzip wie bei Schwarzweiß-Kopierern: Eine starke Lichtquelle belichtet die Farbvorlage in drei Belichtungsgängen durch farbzerlegende Filter (Gelb, Magenta, Cyan). Ein Spiegelaufbau leitet jede Belichtung auf ein anorganisches, fotoleitfähiges Filmband, dessen Bildbereiche dann mit einer elektrischen Ladung versehen sind. Das Filmband mit den drei Farbauszugsfiltern bewegt sich daraufhin zu einem Satz von drei Toner-Sta- tionen, die die drei Grundfarben auf die Farbauszüge bringen. Anschließend läuft das Band zu einer Transfereinheit. Sie überträgt den Toner jedes Auszugs mittels einer Walze auf ein Blatt Papier und brennt ihn dann mit einer anderen beheizten Walze in die Kopie ein. Der gesamte Vorgang dauert bis zum »zweiten Original« keine drei Sekunden.

Eine wichtige Rolle beim Ektaprint spielen laut Kodak auf Polyester-Basis aufgebaute, mikrofeine Tonerpartikel, die so lichtdurchlässig sind, daß sie als Filter wirken und so eine große Palette feinster Farbabstufungen liefern. Farbkopierer stehen, wenn man Marktforschungen glauben darf, am Anfang eines Booms. Allein für die USA ist innerhalb der nächsten drei Jahre die Versiebenfachung der verfügbaren Farbkopierer prognostiziert. Bis Sie so einen Zauberkasten an Ihren ST anschließen, vergehen allerdings noch ein paar weitere Heimcomputer-Generationen. Denn für Kodaks Ektaprint müssen Sie etwa 60000 Dollar auf den Tisch legen, der Canon LCL kostet immerhin noch 40000 Mark.
(am)


Tarik Ahmia
Aus: ST-Magazin 09 / 1988, Seite 148

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