C-Compiler verständlich: Mark Williams C-Compiler mit deutschem Handbuch

Seit seiner Markteinführung hat der »Mark Williams C-Compiler« viele Anhänger gefunden, besonders bei professionellen Software-Entwicklern. Inzwischen ist dieses Profiwerkzeug in der Version 2.1 mit deutschem Handbuch lieferbar.

Die deutsche Übersetzung ist gut gelungen. Der Übersetzer fand den richtigen Mittelweg zwischen einer sturen Eindeutschung und guter Übersetzung. Bei manchen Begriffen verzichtet er leider auf den Gebrauch deutscher Vokabeln. Möchte man beispielsweise etwas über die Kommandos der Micro-Shell wissen, sollte man nicht unter »K« suchen, sondern beim Buchstaben »C« wie »Commands« nachschlagen.

Megamax C erzeugt meist kürzere Programme

Dem Einsteiger in die Programmiersprache C sei dringend geraten, sich Grundlagen-Lektüre zu besorgen, da das Handbuch dem Anfänger wenig bietet. Mit zunehmender Erfahrung ist es ein unentbehrlicher Helfer für den fähigen Programmierer bei der Programmentwicklung.

Die vier System-Disketten enthalten neben Compiler, Linker und Editor viele Hilfsprogramme, die die tägliche Arbeit am Computer erheblich erleichtern. Unter den Hilfsprogrammen befindet sich, wie schon bei den Vorläufer-Versionen, ein Objektcode-Übersetzer, der Objektdateien des DRI-Linkers (auch ST-Pascal und ST-Pascal Plus verwenden dieses Format) in das Mark Williams-Format überträgt. Darüber hinaus offeriert die Version 2.1 ein ähnliches Zusatzprogramm, das Assembler-Quelltexte für den AS68 von DRI in Dialekt des Mark Williams-Assembler umsetzt.

Den guten Eindruck dieses Tools rundet eine Backup-Funktion ab, die die komplette RAM-Disk auf Diskette speichert und für die nächste Programmiersitzung wieder restauriert. Somit entfällt das lästige Hin- und Herkopieren der Dateien bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende.

Das Mark Williams-Entwicklungssystem ist in eine Kommando-Bedienungsoberfläche namens »Micro-Shell« eingebunden, die an Unix-Systeme erinnert. Die Ähnlichkeit geht so weit, daß ein Unix-Experte getrost alle Dokumentationen beiseite legen und in gewohnter Manier seine Arbeit verrichten kann.

Die Micro-Shell ist ein mächtiges Werkzeug, das bereits nach kurzer Gewöhnungszeit schnelles und komfortables Arbeiten erlaubt. So beherrscht die Shell zum Beispiel das sogenannte »Piping«. Nach diesem Prinzip können mehrere Befehle hintereinander geschaltet und die Ausgabe des ersten Befehls als Eingabe für den nächsten Befehl benutzt werden.

Leider mag die Micro-Shell keine Dateinamen, die mit einer Ziffer beginnen. 1st Word läßt sich zum Beispiel nicht starten, da die Micro-Shell die »1« zu Beginn als Anweisung zur Ausgabe-Umleitung interpretiert. Auch die deutschen Umlaute scheinen manchen Shell-Befehlen nicht zu liegen. So werden bei dem Befehl »LS« zur Ausgabe von Directories mit Suchmaske (beispielsweise »LS *.DOC«) alle Dateien unterschlagen, deren Name einen Umlaut enthält.

Als Texteditor liefert Mark Williams den bei Programmier-Profis wohlbekannten Micro-Emacs (kurz ME) mit. Dieser Editor, der auch auf vielen anderen Computern Verbreitung gefunden hat, bietet mit etwa 80 Befehlen eine Fülle von Funktionen zur Textmanipulation. Hervorzuheben ist seine hervorragende Zusammenarbeit mit dem Compiler. Es läßt sich zum Beispiel festlegen, daß der Compiler bei einem Fehler automatisch den Editor aufruft. Die einzelnen Fehler im Programmtext springt man anschließend auf Tastendruck an.

Mark Williams C überzeugt durch Schnelligkeit

Die Micro-Shell und ihre Befehle stehen auch während der Arbeit mit dem MicroEmacs jederzeit zur Verfügung. So ist man beim Editieren des Textes beispielsweise in der Lage, das Directory einer Diskette zu lesen und sogar Disketten zu formatieren.

Das Kern- und Prunkstück des Mark Williams-Entwicklungssystems bildet der Compiler. Entsprechend der Eingabe legt der Mark Williams-Compiler den Stackbereich an und lädt die Bibliotheks-Dateien nach. Sämtliche Systemaufrufe für AES, VDI, BIOS, XBIOS, GEMDOS und LINE-A sind vordeklariert und einsatzbereit. Zusätzlich stehen einige Unix-Funktionen zur Verfügung.

Ein Manko liegt in der Arbeitsgeschwindigkeit des Compilers. Wer nur mit Diskettenstationen arbeitet, sollte mit einer Übersetzungszeit von einigen Minuten bei längeren Programmen rechnen.

Der Mark Williams C-Compiler rechtfertigt seinen Ruf als professionelles Werkzeug zur Programmentwicklung.

Wer auf den Komfort von Maus, Pull-Down-Menüs und Fenster verzichten kann, findet in diesem C-Compiler ein zuverlässiges Entwicklungssystem, dessen Leistungsumfang jedoch erst ausgeschöpft werden will.

(M. Bernards/ W. Fasten rath/U. Hofner)

Anbieter: Markt & Technik Verlag AG, Hans-Pinsel-Straße 2, 8013 Haar bei München

Steckbrief

Programmname: Mark Williams C

Hersteller: Mark Williams Company

Preis: 349 Mark

Stärken:

□ Unix-ähnliche Umgebung □ schneller, kompakter Code □ große Bibliotheken □ viele Utilities □ deutsches Handbuch □ sehr zuverlässig

Schwächen:

□ keine GEM-Oberfläche □ Compiler relativ langsam



Aus: ST-Magazin 05 / 1988, Seite 64

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