Love the Machine: Atari Hotz Box

Ataris Ausflug in die Musikwelt

Der Name "Atari" wird in erster Linie mit Spielkonsolen und Computern in Verbindung gebracht. Das Unternehmen aus Sunnyvale hat aber noch einige andere Produkte hergestellt, darunter Flipperautomaten, medizinische Messgeräte, Taschenrechner und - man höre und staune - Musikinstrumente.

Ende der 8oer Jahre wurde der amerikanische Musiker Jimmy Hotz von Atari eingestellt, um seine Kollegen von den Vorzügen der MIDI-Technologie und besonders des ST zu überzeugen. Er bereiste die Vereinigten Staaten mit großem Erfolg: Unter anderem zählten Fleetwood Mac, Yes, Tangerine Dream, die Pointer Sisters und B.B. King zu seinen Kunden. Durch die zahlreichen Gespräche mit den professionellen Musikern entstand in seinem Kopf die Idee zu einem intuitiven Medium, das als Schnittstelle zwischen den Kreativen und der Computertechnologie dienen sollte. Das Ergebnis war eine Kombination aus Soft- und Hardware, die unter dem Namen "Hotz Box" verkauft wurde. Atari war so begeistert von der Technologie, dass das Instrument einige Jahre unter dem eigenen Namen verkauft wurde. Als Atari das Interesse verlor, gründete Jimmy Hotz die "Hotz Corporation". Unter dem Namen "Accordance Music Systems" wird die Technologie noch heute weitergeführt.

Die Hardware der Hotz Box war ungefähr so breit wie ein normaler Synthesizer mit 61 Tasten, allerdings wurde mehr Platz in der Tiefe benötigt. Trotzdem ist die Hotz Box auf einem normalen Keyboard-Ständer zu montieren. Die eigentlichen "Tasten" sind absolut flach und bestehen aus Membranen. Auf der Oberfläche sind mehrere Kontrollfelder angebracht, darunter ein simuliertes Piano-Keyboard. Andere Elemente verlaufen horizontal und vertikal dazu. Grundsätzlich können die verschiedene Elemente mit unterschiedlichen Akkorden belegt werden, sodass diese leicht an einen angeschlossenen Synthesizer weitergegeben werden können. Die Tastatur kann in Zonen aufgeteilt und belegt werden. Durch die Membran-Tastatur können extrem schnelle Notenfolgen gespielt werden, die auf einem normalen Keyboard unmöglich wären. Damit die Hardware dieses Tempo auch aufzeichnen kann, enthält die HotzBox 10 (!) parallel arbeitende Prozessoren. Alle Elemente reagieren auf Anschlagdynamik, müssen also nicht gehämmert werden. Auch das Spielen von Drumsounds und -computern ist durch die Flächen extrem komfortabel, aber auch schnelle Gitarrensoli wirken unvergleichlich realistisch, wenn sie auf einer Hotz Box gespielt werden.

Das Gehäuse der Hotz Box bewährt sich auch im härtesten Bühneneinsatz und ist aus massivem Metall gefertigt. An der Rückseite sind insgesamt fünf MIDI-Schnittstellen zum Anschluss von Computern und Klangerzeugern untergebracht. Hinzu kommen nicht weniger als neun AUX-Ausgänge in verschiedenen Formaten (6.3 Klinke, seriell).

Zusammen mit der Hardware wurde die "Hotz MIDI Translator Software" für MS-DOS und den Atari ST ausgeliefert. Die Atari-Version wurde mittlerweile zur Freeware erkärt und findet sich auf den Webseiten von Tim Conrardy [1]. In der grafischen Oberfläche können die verschiedenen Flächen auf der Hotz Box per Software mit Funktionen belegt werden. Praktisch ist dabei, dass die verschiedenen Setups für jeden Song einzeln abgespeichert werden und somit schnell auf der Bühne abgerufen werden können. Natürlich ist die Hotz Box auch ohne Software bzw. angeschlossenem Computer als MIDI-Controller einsetzbar, allerdings bleiben dabei viele Möglichkeiten ungenutzt.

Im Internet finden sich einige Fans des Atari-Instruments, sogar eine eigene Mailingliste [2] für Besitzer hat sich gegründet. Gelingt es Ihnen, eine Hotz Box an Land zu ziehen, ist Ihnen Aufmerksamkeit auf der Bühne auf jeden Fall sicher. Günstig wird das Instrument sicher nicht, aber zumindest die Software ist frei.

Die Hotz Box sollte das einzige Instrument bleiben, das Atari produzierte.

eBay-Kurs: Die Hotz Box gehört zu den absoluten Raritäten unter der Atari-Hardware. Nur sehr selten tauchen Exemplare auf ebay auf, zumeist nur im amerikanischen Dienst. Ob die Besitzer die schwere Hardware verschicken, ist fraglich. Die Hotz Box erzielt in Auktionen locker Preise von über 1000 US-Dollar. Viel Glück also ...

[1] http://tamw.atari-users.net/hotz.htm [2] http://groups.yahoo.com/group/midi-translator/


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 10 / 2003, Seite

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