st-computer - ein Rückblick (1985-1993)

ST-Computer - das sind 17 Jahre Magazingeschichte, die zum überwiegenden Teil den Aufstieg (und Fall) von Atari begleitet haben. Zusammengefasst sind es fast 200 Ausgaben, die jeweils sechzig bis zweihundert Seiten hatten. Für viele Redakteure war die st-computer das Sprungbrett in den professionellen Journalismus. Insgesamt ist das Magazin das langlebigste ATARI-Magazin überhaupt (Fanzines und ähnliches einmal ausgenommen). Gleichzeitig war die st-computer auch immer Grund für mehr oder weniger sachliche Diskussionen. Einiges davon lässt sich noch heute im Google-Usenet-Archiv finden.

Die Verleger der st-computer haben um das Magazin herum auch zusätzliche Angebote aufgebaut - ganz gleich ob Maxon oder falke media.

Ein Rückblick auf die Geschichte der st-computer ist auch immer ein Rückblick auf die ST-Geschichte. Lassen wir also einmal 17 Jahre Revue passieren.

1985

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Der erste Chefredakteur der ST-Computer: Uwe Bärtels

Im Jahre 1985 wurden die 8-Bit-Heimcomputer immer beliebter. Commodore 64, Schneider CPC und andere hatten ihre Einführungsphase überstanden und wurden dementsprechend fleißig mit Software versorgt. Auf dem Zeitschriftenmarkt befanden sich hauptsächlich Multi-Format-Magazine wie die Happy Computer. Die 8-Bit-Computer bekamen Nachfolger in Form von 128 KB-Modellen.

Als Atari mit dem ST einen echten 16/32-Bit-Computer vorstellte, war dies eine besondere Herausforderung, denn neue Bücher mussten geschrieben, neue Artikel verfasst werden. Besitzer der ersten Stunde dürften etwas mit ST-Basic (1024 Bytes free) und Dr. Logo herumspielen, wer Anwendungen erwartete musste entweder auf 1st Word warten oder den CP/M-Emulator benutzen. Die Multi-Format-Magazine versuchten natürlich auch den Wissensdurst über die neuen 16-Bit-Computer zu stillen. Da deren Leser jedoch zum größten Teil nur einen 8-Bit-Computer besaßen, war die Berichterstattung nicht sehr ausführlich. So deckte ein Redakteur namens Thomas Tausend (der sich immer mit Thomas 1000 abkürzte) in der "CK - Computer Kontakt" versteckte Befehle im ST-Basic oder brachte fünf ST-Basic-Programme. Einige Verlage brachten Bücher heraus, zum Teil sogar bevor der ST in den Läden stand. Das "Atari ST-Premierenbuch" enthielt praktisch alles, was der Autor über den neuen ST zusammenkratzen konnte. Jahre später brachte der gleiche Verlag (Data Becker) ein ähnliches Buch über den Falcon heraus.

Aus der Leserbrief-Ecke:
Habe beim Kauf des 520ST+ nur TOS, LOGO + BASIC bekommen. Wie komme ich am billigsten zum GEM? Danke im voraus für Antwort!
Sie haben Glück. Aufgrund der Preispolitik von ATARI ist GEM momentan besonders preisgünstig. Sie finden es direkt unter Ihrer Tastatur, wenn Sie das TOS eingeladen haben. Dort ist es sinnigerweise bereits enthalten. Die Redaktion
(STC 4/86)

1986

1986 war mit der Januar-Ausgabe der Startschuß für die ST-Computer gefallen. Mit anfangs 60 Seiten wagte sich die noch kleine Redaktion auf dem Markt. Die Erstausgabe ist mittlerweile schwer zu bekommen, aber wer dennoch in ein relativ frühes Kapitel der STC schauen möchte, findet im ST-Computer Archiv die Ausgaben 4, 9 und 12/86 komplett.

Auch wenn der ST erst ein Jahr alt war, war der Software-Markt schon äußerst lebendig. Ständig neue Anwendungen drängten auf den Markt und für die Programmierer war es durchaus eine große Chance: einfache Adressverwaltungen ließen sich für umgerechnet 80 Euro verkaufen. Dennoch war das Preisniveau im Vergleich zu MS-DOS-PCs sehr niedrig.

Längst war auch der Preis des STs von 3500 DM (1790 Euro) auf 1300 DM (660 Euro) gefallen. Durch den Preisverfall wurde der ST auch für den normalen Anwender interessant.

Die beiden Programmiersprachen, die im Lieferumfang des ST waren, wurden von den Programmierern kaum verwendet. Atari selbst brachte ein Entwicklungssystem raus, das zum großen Teil noch aus dem CP/M-Bereich stammte. Der C-Compiler hieß Alcyon und das komplette Entwicklungssystem gibt es mittlerweile im Internet. C entwickelte sich zur wichtigsten Programmiersprache auf dem ST und auch das Betriebssystem TOS ist (fast) vollständig in C geschrieben. Innerhalb eines Jahres erschienen über 30 Programmiersprachen für den Atari. Die ST-Computer warb für die Programmierung in anderen Sprachen als Basic, das von Hobby-Programmierern immer noch bevorzugt wurde. Schon in Ausgabe 2/86 wurde ein GEM-Einführungskurs gestartet - allerdings für das (mittlerweile fehlerbereinigte) ST-Basic. In der gleichen Ausgabe startete auch der Pascal-Kurs, der heute noch zum lernen der Sprache hilfreich ist. Auch für Logo gab es einen Kurs, während sich das ST-Basic dank diverser Bugs fast selbst disqualifizierte.

In Ausgabe 4/86 wurde Java vorgestellt, bzw. ein Quasi-Vorgänger der Sprache. Wer hätte gedacht, dass das Konzept schon über 30 Jahre alt ist? Damals wurde Pascal so angepasst, dass die Programme ohne Probleme auf den verschiedenen Rechnern laufen können. Das System hieß UCSD-P und wurde für über 150 verschiedene Computer umgesetzt. UCSD steht für 'University of California San Diego' und das 'P' für 'Pseudo'. Ein Pseudo-Compiler übersetzt die Programme nicht für einen bestimmten (realen) Computer, sondern für einen virtuellen. Diese P-Maschine versteht die Programme und führt sie aus. Auf dem realen Computer läuft praktisch ein P-Maschinen-Emulator. Die Programme sind damit zwar langsamer als normaler Maschinencode, aber dafür sehr portabel. Wird der Emulator einmal portiert, laufen auch alle P-Programme, sofern sie sich nicht auf bestimmte Eigenschaften des Computers verlassen (80 Zeichen/Zeile, Farbe etc.). P-Programme waren sehr schlank und schneller als der reine Quelltext. Neben dem Pascal-Compiler für das P-System wurde auch noch ein Fortan- und Basic-Compiler angeboten, die P-Programme erzeugen konnten. Letzterer wechselte für 790 DM (403 Euro) den Besitzer. Dieser Zwitter aus eigenem Betriebssystem und Programmiersprache wurde auf dem ST kein Erfolg. In der gleichen Ausgabe wurde in einer Anzeige GFA-Basic 1.0 angekündigt - Interpreter und Compiler für je 149 DM. Einen kleinen Schock gab es in Ausgabe 7/86: Atari beschloss, dem ST kein LOGO mehr beizulegen.

Wer den ROM-Port nur für Dongles nutzt, wird es wohl nicht wissen, aber einige Hersteller brachten Module heraus. Computer Concepts veröffentlichte ein Basic, das GFA überlegen war und Inline-Assembler bot. Fast Basic war auf Modul erhältlich und voll in GEM eingebunden.

Wichtig waren in der ST-Computer die Grundlagenartikel. Einführungen in die verschiedenen Betriebssystemebenen wie GEMDOS, XBIOS oder BIOS wurden gegeben. Der Kurs "Das ST-Betriebssystem" gehörte zu den längsten in der STC-Geschichte. In der Ausgabe 4/86 wurden die Anhänger von Accessories mit Argumenten gegen das Multitasking ausgerüstet. Dabei wurde auch ganz bewußt der Amiga erwähnt. Das Fazit: Accessories sind dem Multitasking überlegen, da fast die ganze Rechenzeit an das oberste Programm geht.

Natürlich gab es immer noch Listings zum Abtippen. Diese waren meist nur vier Seiten lang, was im Vergleich zu 8-Bit-Zeitschriften sehr wenig war. Unvermeidlich war damals der Vokabeltrainer, die klassische Entschuldigung für die Anschaffung eines Computers. Während heute jeder Programmierer einen Texteditor/Web-Browser schreibt, gehörte damals das eigene Vokabellernprogramm zum guten Ton - auch der Artikelautor hatte sich daran einmal versucht...

In der Listing-Ecke war auch ein Pascal-Programm zum Formattieren von Disketten auf 408 KB (einseitig) bzw. 828 KB (zweiseitig) - manche ST-Benutzer ärgerte es, dass der Amiga gut 160 KB mehr auf eine Diskette packen konnte.

Die Anwender-Tests waren in den ersten Ausgaben der ST-Computer noch spärlich gesät. Noch unbeliebter waren bei der Redaktion Spiele, die erst in der Oktober-Ausgabe eine eigene Rubrik bekamen. 1986 kamen noch viele kommerzielle Programme vor, die keinerlei Gebrauch von der Maus machten. So wurde H&D Base mit der Tastatur bedient, um eine relationale Datenbank zu erstellen. Die Datenbanken wiederum konnten GEM benutzen - aber nur wenn der Programmierer das offizielle Entwicklungspaket besaß.

Chefredakteur war Anfangs Uwe Bärtels. Das Editorial war eher kurz und stets mit einem Bild des Verfassers geschmückt. In der Ausgabe 6/86 waren die verschiedenen Betriebssysteme des Atari das Thema. Atari förderte die Portierung der verschiedensten Betriebssysteme. So gab es BOS, OS/9, verschiedene Unix-Abarten, Cohurrent DOS und einige mehr.

Mitte '86 musste die deutsche Softwarefirma SM Software Konkurs anmelden. Eigentlich nichts ungewöhnliches, aber diese Firma war für die erste (nicht CP/M) Textverarbeitung verantwortlich: SM-Text 520.

Hardwaretests gab es 1986 natürlich auch und die Positionierung des ST als "ernsthaften" Computer brachte einige erstaunliche Erweiterungen hervor. Rhothron brachte ein komplettes Bussystem, das Speichererweiterungen, eine batteriegepufferte Uhr, Streamer und verschiedene I/O-Karten unterstützte. Übrigens war schon damals mit dem Bus-System mehr als 4MB möglich - ganze 12 MB standen zur Verfügung.

Atari ließ sich nicht lumpen und präsentierte die SH204. Die 20 MB-Festplatte im Schuhkartonformat wurde in der September-Ausgabe vorgestellt.

Zahlreiche Messe-Berichte gab es in der ST-Computer. Neben der Comdex war auch die PCW-Show in London von Bedeutung. Dort wurde zum ersten Mal ein Mac-Emulator vorgestellt. Schon dieser war bei höherer Auflösung schneller als ein Standard-Mac. Ebenfalls auf der Show wurde der Blitter gezeigt, in Kombination mit der bekannten Neochrom-Animation. Auch erstaunlich: Multi-Accessories auf Modul, die bis zu 14 Funktionen boten.

Gegen Ende des Jahres führte die ST-Computer eine Spiele-Rubrik ein. In der Ausgabe 11 wurde Silent Service (eine U-Boot-Simulation) getestet. Fazit: "[...]Die Herstellerfirma MICRO PROSE sollte darüber nachdenken und diese 'Spiele' aus dem Programm streichen. Selbst Raubkopierer und Kracker sollten sich von solchen Werken distanzieren.".

Premiere feierte 1986 die PD-Serie. Sie wurde zu einer der umfangreichsten für den ST mit über 970 Disketten. Auf den ersten Disketten befanden sich Klassiker: Neochrome 0.6 (wurde auch vielen STs beigelegt), Dr. Doodle (einfaches Malprogramm), Joshua (Diskmonitor), Megaroids (Asteroids-Variante), CP/M-Emulator und eine erste PD-Sprache: volksFORTH-83.

Ein großer Musikwettbewerb wurde gestartet und der Gewinner in der Dezember-Ausgabe verkündet: Eckhard Kruse bot nicht nur einen Musikeditor, sonder auch zwei Grafik- und Sounddemos, die auch heute noch im Web zu finden sind.

Spiele 1986

1987

Die ST-Computer beging ihren ersten Geburtstag mit einer Änderung des Heftes: Statt mit Heftklammern wurde das Magazin jetzt mit Klebebindung zusammengehalten. Das gab dem Magazin gleich ein professionelleres Aussehen. Noch immer war die ST-Computer ohne ernsthafte Konkurrenz - einzig das ATARImagazin erweiterte seine Berichterstattung, konnte aber nicht vollständig umschwenken, da die Leserschaft zum großen Teil aus XL-Besitzern bestand. Es gab auch noch die Data Welt, eine Fachzeitschrift von Data Becker, die eine ungewöhnliche Transformation hinter sich hatte: als VC20-Newsletter gestartet, wurde es zum C64-Magazin, dann zum Amiga/ST/PC-Blatt um dann später als reine PC-Zeitschrift zu enden.

Die erste Ausgabe des Jahres begann mit einem Bericht über eine Ganz wichtige Messe: die Comdex. Während sie inzwischen viel von ihrer Faszination verloren hat und eigentlich nur noch über Reden von Bill Gates und Larry Ellison berichtet wird, hatte sie damals den Stellenwert einer spektakulären Neuigkeiten-Messe. Dort hatte Atari auch den ST vorgestellt. Diesmal blieben die ganz spektakulären Neuerungen jedoch aus - der Mittelpunkt waren ganz klar die Software-Pakete. Ein großer Erfolg war die Ankündigung von WordPerfect für den Atari, aber das Programm sollte nie den Leistungsstand der PC-Version erreichen. Von Atari selbst kam eine 1st Word-ähnliche Textverarbeitung. Diese erhielt später einen bekannten Namen: Microsoft Write. Die GEM-Textverarbeitung mit GDOS-Unterstützung erschien zwar, aber in einer sehr fehlerbehafteten Version. Trotzdem wurde fleißig an professionellen Programmen gearbeitet, während der Konkurrent Amiga etwas stillstand: von der Textverarbeitung bis zum professionellen DTP-System wurde alles vorgestellt. Kuriosum der Messe: der berührungsempfindliche Bildschirm für den Atari.


Gibt es tatsächlich: Microsoft Write für den ST

Fortgesetzt wurden natürlich die Kurse. Der beliebte GEM-Kurs war in der Januar-Ausgabe 10 Seiten lang. Schade nur, das viele deutsche Programmierer diesem Kurs wohl nicht viel Beachtung geschenkt haben. Hinzu kamen noch die Sprachen der künstlichen Intelligenz, die zu der Zeit in der Computer-Welt sehr gefragt waren: XLisp (Public Domain) und Cambridge Lisp. Letzteres war von Metacomco und bewieß erneut, dass die Firma bei der Programmierung von ST-Basic einen schlechten Tag erwischt hatte. Neben den KI-Sprachen wurden auch noch Pascal- und Assembler-Anhänger bedacht: eine wirklich abwechslungsreiche Ausgabe.

Dann war da noch das erste Programm, das weit über die Systemgrenzen bekannt werden würde: Signum! Signum war praktisch die erste grafische Textverarbeitung und konnte Schrift frei platzieren, was für die Formeldarstellung absolut unerlässlich ist. Das Programm machte auch durch die Druckqualität von sich reden, die dank eines speziellen Font-Konzepts besonders hoch war. Auf einem 24-Nadel-Drucker (damals wurde der NEC P6 bevorzugt) sollte sie fast die eines Laserdruckers erreichen. Signum hatte aber auch eine ungewöhnliche Benutzeroberfläche, die aber in Version 1 dem üblichen GEM wesentlich ähnlicher sah als in Version 3. Besonders hervorgehoben wurde die Fähigkeit, sieben verschiedene Zeichensätze in einem Dokument zu verwalten. Ein Austauschformat bot Signum allerdings nicht und unterstützte nur den Import von ASCII-Texten. Ähnlich wie bei 1st Word bildete sich rund um Signum eine kleine Industrie mit Büchern und Utilities. Dank fehlender Konkurrenz und einem vergleichsweise niedrigen Preis (445 DM) wurde das Programm zum Hit. Noch im gleichen Jahr erschien Signum 2! und das Programm etablierte sich endgültig als die Wahl für alle, die eine hohe Druckqualität und Formeldruck benötigten.

Nicht direkt eine Konkurrenz für Signum war 1st Word Plus. Die Textverarbeitung mit Grafikeinbindung konnte zwar Text nicht frei platzieren, war aber dank seiner einfachen Bedienung sehr beliebt.

Neben Signum war noch ein anderes Programm eine Stütze für das noch junge Softwarehaus Application Systems: STAD. STAD war ein Monochrom-Grafikprogramm und verfügte über einen 3D-Teil. Trotz sehr starker Konkurrenz konnte STAD viele Freunde finden. Die Version 1.3 sollte jedoch die letzte bleiben - eine Version 2.0, die echte GEM-Fenster bot, wurde Jahre später auf Messen vorgestellt, aber nie fertiggestellt.

Apropos Verspätung: beliebter Kandidat in dieser Kategorie war traditionell Tempus. Sowohl Editor als auch Textverarbeitung erschienen mit rekordverdächtiger Verspätung. Der Tempus-Editor zählte seinerzeit zu den schnellsten, benutzte aber auch einige unsaubere Tricks. Dafür hatte das Programm eine GEM-Einbindung - nicht unbedingt selbstverständlich für einen Texteditor aus dem Jahr 87.

Noch ein Programm das Geschichte machte: Adimens. Der Quasi-Vorgänger von Phoenix war eine schnelle relationelle Datenbank, die zudem auch noch programmierbar war. Als Folge gab es etliche Datenbankanwendungen, die auch verkauft wurden. Adimens wurde zum Inbegriff für Datenbanken auf dem ST.

Programme wie Signum und Adimens läuteten das Ende vieler portierter Programme ein. Schnell auf dem ST konvertierte Anwendungen wie DBASE II verschwanden.

Historisch gesehen ist die Bedeutung von Profimat ST eher gering. Die Kombination aus Editor, Makroassembler, Reassembler und Debugger unter einer sauberen GEM-Oberfläche beeindruckte aber einen Programmierer nachhaltig: Didier Mequignon benutzte Profimat für Teil des Aniplayers.

Ein klarer Fall von "leichter" Verspätung war True Basic. True Basic stammt von John G. Kemeny und Thomas E. Kurtz, die das Ur-Basic 1964 auf dem Dartmouth College entwickelt hatten. 1983 stellten sie den legitimen Basic-Nachfolger vor, aber in Wirklichkeit wurden nur die Erweiterungen eingebaut, die Microsoft und andere Basic-Hersteller ihren Varianten schon lange mit auf dem Weg gaben. Zu lange gab man den anderen Herstellern aber Zeit, um sich zu etablieren. Trotzdem führte man True Basic für den PC, Amiga und ST ein. Für jeden Computer gab es eine systemspezifische Library, ansonsten waren die Programme problemlos austauschbar. Zu Dumm nur, das im gleichen Jahr GFA-Basic und Omikron.Basic für Furore sorgten. True Basic konnte auch auf dem Amiga nicht Fuß fassen und fristet heute ein Nischendasein auf PC und Mac.

Apropos Basic: auch ST-Basic erschien in einer neuen Version. Neben einigen neuen Befehlen wurden auch etliche Bugs eliminiert. Das half aber nichts mehr und kaum jemand setzte ST-Basic ein.

Verschiedene Betriebssysteme fanden ihren Weg auf den ST. EUMEL wurde von der ST-Computer gleich in drei Ausgaben besprochen. Als Multitasking/Multiuser-Betriebssystem zeigte es, wozu der Atari fähig war. Ähnlich leistungsfähig wie EUMEL war OS-9, ein Echtzeit-Betriebssystem. Es erschien mit einem ganzen Schwung an Programmiersprachen. Für Tandy CoCo 3 und Dragon 64 war OS-9 sogar das Standard-Betriebssystem. Zeitweise vertrieb Atari OS-9. Auch heute noch ist RTOS-UH verfügbar. Dieses Echtzeitbetriebssystem war für die Automatisierungstechnik gedacht und hatte keine grafische Benutzeroberfläche. Die Atari-Version wurde mittlerweile als Testsystem freigegeben und wurde sogar extra an Emulatoren angepasst.

Mit dem MegaST 4 gab es einen ST, der serienmäßig 4 MB bot. Wer nicht gerade den Atari-Laserdrucker benutzte, hatte viel freien Speicher. Eine Idee, den Speicher sinnvoll zu nutzen, waren Switcher-Programme. Switcher hielten mehrere Programme gleichzeitig im Speicher und teilten den ST in mehrere Mini-STs auf. Das war zwar kein Multitasking, aber es war kein Problem, zwischen den Anwendungen zu wechseln. Nach diesem Prinzip funktionierten Anwendungen wie Twister, K-Switch und Revolver.

Spielerisch bot 1987 immer anspruchsvollere Kost. Ausgerechnet Atari leistete sich aber einen Schnitzer und ließ den (spaßigen) Uralt-Klassiker Joust für den ST umsetzen. Die Umsetzung war gut, bunt und nutzte den ST keinesfalls aus. Besser machten es Dritthersteller: Sublogic konvertierten den Flight Simulator II, der sich auf dem ST hervorragend spielte. Auch das Handbuch beeindruckte und praktisch die ganze Tastatur war mit irgendwelchen Funktionen belegt. Etwas kurios war das Versprechen, die ganzen Vereinigten Staaten zu digitalisieren, denn in der Simulation blieb von Städten wie New York nur ein paar Gebäude und zwei bis drei Sehenswürdigkeiten übrig. Bemerkenswert war das Adventure "Tass Times in Tonetown", in dem sich der Spieler in einer absolut schrillen Stadt wieder fand. Es gehörte ebenso wie Space Quest der wachsenden Zahl von Grafik-Adventures an. In der Februar-Ausgabe kam "The Pawn" und es galt als eines der ersten Spiele, das 16 Bit-Computer ausnutzte. Die Grafiken entstanden mit Neochrome - Zeichner Geoff Quilley lehnte komfortablere Malprogramme wie Deluxe Paint konsequent ab. Beinahe wäre das Spiel jedoch ohne Grafiken erschienen, denn eigentlich sollte die ST-Version eine direkte Umsetzung der QL-Version werden. Mit sanften Druck und ein paar Demo-Bildern wurde Programmiererin Anita Sinclair dann doch zu den Bildern überredet, die das Adventure schließlich populär machten.

Für den ST gab es auch ein 3D-Spiel. "Wanderer" wurde gleich mit einer rot/blau Brille ausgeliefert. Das Spiel war eine Mischung aus Weltraumkampf und Pokerspiel, die grafische Gestaltung war sehr einfach. Trotzdem war der 3D-Effekt eher mau, dafür war die Hintergrundstory (Rettung einer entführten Katze) einmal etwas anderes.

Ein Favorit vom Atari XL war Alternate Reality. Auch heute noch begeistert das Rollenspiel viele. Schade nur, das niemand das Spiel ganz lösen wird, denn von sieben geplanten Teilen erschienen nur zwei.

Zwei Teile erschienen auch von Goldrunner, aber der Aufguss wurde kaum beachtet. Das Original wurde im Juni-Heft besprochen und war für den Autor dieses Artikels das erste ST-Spiel. Steve Bak bewies damit, dass der ST sehr wohl soft scrollen konnte. Goldrunner scrollte nur vertikal und das auch nicht mit allen sechzehn Farben, trotzdem war die grafische Gestaltung gelungen und im Titelbild gab es sogar Sprachausgabe. Steve Bak machte sich daraufhin einen Namen mit technisch hervorragenden, aber spielerisch eher mageren Spielen. Im gleichen Jahr brachte das Team Steve Bak (Programm) & Pete Lyon (Grafik) "Karate Kid Part II" heraus. Das damals beste Atari-Karate hatte eine Überraschung parat: wer ein MIDI-Keyboard an den ST angeschlossen hatte, kam in den Genuss von vierstimmiger Begleitmusik. Es gab einige Spiele, die auf diesem Weg den schmalbrüstigen ST-Soundchip umgingen.

Die Hardware-Ecke bot in der Februar-Ausgabe gleich zwei Neuheiten: Mac-Emulatoren und den Atari PC. Die Mac-Emulatoren traten in einem Zweikampf gegeneinander an: Magic Sac und Aladin. Mit Aladin lief MS-Word und selbst Mac-Spiele. Magic Sac hatte dagegen eine unausgereifte Software - der Entwickler Dave Small konnte erst mit dem Nachfolger Spectre GCR Fuß fassen. Da beide Emulatoren die Mac-Roms benötigten und Apple die Entwicklung von Mac-Emulatoren nicht gerne sah, sprangen diverse kleine Mac-Händler ein. In einigen Ausgaben der ST-Computer befanden sich im Händlerverzeichnis dutzende von Händlern mit dem Aladin-Logo. Bald schon war von Magic Sac keine Rede mehr, Aladin wurde sogar gekrackt - wer also das Programm Mac Bongo in den Händen hielt: das ist eine clevere Aladin-Raubkopie mit eingebauten Mac-ROMs.

Der Atari PC wurde völlig überraschend vorgestellt und erwischte Konkurrenten wie Commodore und Amstrad kalt. Eine Besonderheit war der Grafikchip, der Grafikstandards wie Hercules, CGA und EGA auf einem Baustein vereinte. Um Produktionskosten zu sparen wurde ein dem Mega ST ähnliches Gehäuse benutzt. Nach der aufsehenerregenden Präsentation wurde die PC-Reihe dann eher stillschweigend fortgesetzt.

Einer der fleißigsten Software-Lieferanten war Kuma. Neben dem bekannten K-Spread wurde so ziemlich alles angeboten. Ein Produkt das damals keine große Beachtung fand, war der Transputer. Ausgestattet mit einem Inmos-Prozessor stand so ein Vielfaches der Rechenleistung eines STs zur Verfügung. Das besondere am Transputer: durch das Hinzufügen weiterer Einheiten konnte die Geschwindigkeit weiter gesteigert werden. Dazu war natürlich eine spezielle Programmiersprache vonnöten, die Kuma gleich lieferte: K-Occam.

In der gleichen Ausgabe warf die ST-Computer einen Blick auf den MegaST. Zwar war dieser keine wirkliche technische Verbesserung, aber trug viel dazu bei, die ST-Reihe in der Geschäftswelt salonfähig zu machen.

Eigentlich sollte von Atari auch ein Hardware-MS-DOS-Emulator kommen, doch dieser wurde nicht veröffentlicht, da Atari sich um die Entwicklung von ST-Software Sorgen machte. Ersatz folgte prompt: MS-DOZ und PC-Ditto. Während MS-DOZ nicht überzeugen konnte, bot PC-Ditto schon von Anfang an Unterstützung für Farbe und Monochrom. Eine hohe Kompatibilität bot der Emulator, Programme wie Word und selbst einige Spiele liefen problemlos. Der Emulator integrierte die Atari-Maus und -Laserdrucker. Als reiner Software-Emulator war PC-Ditto aber etwas langsam. Auf dem Software-Markt wurde PC-Ditto sofort zum Erfolg: 12000 Exemplare, allein in den USA.

1987

1988

Die ST-Computer trat in ihr drittes Lebensjahr und musste erstmals richtige Konkurrenz ertragen: das ST-Magazin. Anfangs war es Teil einer Sonderheft-Reihe, die von der Happy Computer veröffentlicht wurde. Thema der Sonderhefte war der Sinclair QL, Amiga, Atari ST und andere 68k-Computer wie z.B. der Gepard. Als das ST-Magazin eigenständig wurde, blieb der Titel "68000'er" neben "ST-Magazin". Dieser Doppeltitel war nicht nur verwirrend, sondern auch falsch, denn im ST-Magazin wurde nicht mehr über andere 68000er berichtet. Später wurde der Amiga mit dem Amiga-Magazin bedient - ohne Doppeltitel. Am Kiosk fiel das ST-Magazin durch den silbernen Rahmen sofort auf.

1988 war wieder einmal Zeit für ein neues TOS. TOS 1.04 war im Vergleich zu Blitter-TOS 1.02 ein echter Schritt nach vorne. Endlich konnten Ordner umbenannt werden, das Diskettenformat wurde MS-DOS weiter angeglichen und ein Reset konnte über die Tastatur ausgelöst werden. Wichtige Probleme im Zusammenhang mit Festplatten wurden gelöst.

Auf dem Spielemarkt präsentierte die Firma Application Systems ihr erstes Spiel. "Bolo" war eine Breakout-Variante mit vielen Tricks und lief auf Farb- und Monochrom-Monitoren. Gleichzeitig war es auch eine Werbung für das hauseigene Megamax Modula-2, denn Meinolf Schneider hatte damit Bolo geschrieben. Später im Jahr erschien noch "Arkanoid - Revenge of Doh". "Doh" bot noch mehr Extras, feinere Grafik und war dank der Maus besser spielbar als vergleichbare Varianten auf 8-Bit-Computern.

Mit Fragen wie "Würden Sie diesem Herren einen Gebraucht-MegaST abkaufen?" beschäftigte sich "Corruption". Das Grafikadventure von Magnetic Scrolls bot erneut beeindruckende Grafiken und eine ungewöhnliche Thematik.

Größtenteils wurde aber fröhlich geballert. "Xenon", der Vorgänger von "Xenon II - Megablast" zeigte erste Ansätze des typischen Grafikstils der Bitmap Brothers. "Star Wars" war eine hervorragende Umsetzung des gleichnamigen Atari-Automaten. Auch "Gauntlet II" war eine gelungene Umsetzung, inklusive der Sprachausgabe.

Schwach in einer Hinsicht war die Umsetzung des C64-Hits "Great Giana Sisters": das Scrolling war nicht vorhanden. Erreichte Giana die Mitte des Bildschirms, wurde umgeblättert. Wenig später erzwang Nintendo dann, das alle Exemplare des Spiels aus den Händlerregalen entfernt wurden. Kurios: 1996 gibt es erste Screenshots eines Mario-Clones mit den Originalgrafiken. "Stario Land" wurde aber noch rechtzeitig vor der Veröffentlichung entschärft.

Die Comdex Fall '87 wurde von US-Präsident Ronald Reagan eröffnet. Auf ihr präsentierte Atari aber nicht den sagenumwobenen EST mit 020-Prozessor, sondern den ABAQ. Der ABAQ war ein Transputer ähnlich der Kuma-Erweiterung und wurde von Atari in Zusammenarbeit mit Perhelion und Inmos entwickelt. Ein ST konnte als mehr oder weniger intelligentes Terminal benutzt werden. Der Prozessor hatte die Bezeichnung T800 und wurde mit 20 MHz getaktet. Nicht nur der ST hatte eine Begegnung mit einem T800 - auch der Portfolio hatte ein paar Jahre später mit einem T800 zu tun, nur war es der Terminator Model T800 und nicht der Transputerprozessor. Letzterer erreichte immerhin 10 MIPS, die mit weiteren ABAQ-Einheiten gesteigert werden konnten. Im Unterschied zum Kuma-Board spendierte Atari dem Gerät noch einen Farbblitter und zusätzliche Grafikmodi: 1280x960 (16 Farben), 1024x768 (256 Farben) und 512x480 (16,7 Mio. Farben). Der Grafikchip trug den Namen Blossom und wurde von einem jungen Hardwareentwickler namens Richard Miller designed. Zuvor entwarf er Zubehör für den Sinclair QL, später war er am Atari Falcon beteiligt. Der Speicher war von 4 MB auf über 64 MB erweiterbar. Der Transputer war den zu der Zeit üblichen Maschinen weit überlegen. So konnte der Abaq Aufgaben in neun Sekunden bewältigen, die einen 25MHz 80386 3,5 Stunden beschäftigte. Am Betriebssystem Helios war Tim King beteiligt, der auch für das vielgescholtene AmigaOS verantwortlich ist. Aus rechtlichen Gründen musste Atari den Abaq in ATW umbenennen. Am Ende wurde die ATW zum Flop. Etwa 350 Geräte wurden gebaut.

Ein weiteres innovatives Produkt, das Atari mehr oder weniger in den Sand setzte: das CD-ROM für den Atari ST. Zumindest waren hier die Entwicklungskosten nicht allzu hoch, denn Atari entwickelte das Laufwerk nicht selber, sondern benutzte ein Chinon-Laufwerk. Die Geschwindigkeit war etwa 0,6x-"Speed" und das Gerät war auch als Audio-CD-Player verwendbar. Viele CDs erscheinen jedoch nicht für das Laufwerk. Relativ häufig gibt es die PD- & Sharewaresammlung von Maxon.

Bereits erhältlich war das Omega Cad, eine Grafikerweiterung, die einen Hitachi HD63484-Chip verwendete und bs zu 820x512 Pixel in 256 Farben schaffte. Die Farbpalette war 256000 Farben groß. Die Erweiterung war in einem massiven Blechgehäuse untergebracht, Anschluß fand das Gerät am ROM-Port. Neben der teuren Omega wurde noch ein Multiscan-Monitor benötigt. Zum Lieferumfang gehörte "Assist", ein Malprogramm, dass die ganze Farbpalette unterstützte. Besonders praktisch war die Lupe, denn dank einer in die Grafikkarte eingebauten Hardwarelupe ging das Vergrößern und Verkleinern besonders schnell. Neben dem Multiscan-Monitor benötigte das Programm noch einen S/W-Monitor, auf dem die Menüs dargestellt wurden. Neben Assist gab es noch Axiomega, ein 3D-Programm, das direkt vom PC umgesetzt wurde. Dementsprechend dürftig war die Benutzeroberfläche.

Ganz und gar nicht dürftig war die Programmierpraxis, die sich immer mehr zu einem Heft im Heft entwickelte. So manches ist auch heute noch nützlich, so etwa die Benutzung von Assembler-Unterprogrammen in GFA-Basic (1/88). Hauptsächlich gab es Listings in Assembler, C und GFA-Basic, aber es finden sich auch Exoten wie APL. Letzteres ist eine sehr eigenartige Sprache, die extrem kurze und ebenso unleserliche Programme ermöglichte.

Im Software-Bereich waren die Neuerscheinungen nicht ganz so spektakulär wie 1987. Ein Neuzugang war Star Writer ST, eine Umsetzung aus dem PC-Bereich. Der Hersteller wird wohl als einer der dickköpfigsten Software-Vertriebe in die Geschichte eingehen. Obwohl jede Fachzeitschrift die gravierenden Fehler bemängelt hatten und sich einige Magazine weigerten, das Programm zu testen, verkaufte Star die Software unbeirrt. Trotz vieler guter Ideen wurde Star Writer zum Ladenhüter. Die Programmierer gaben jedoch nicht auf und aus Star Writer wurde ... That's Write.

Das Angebot von Business-Software wuchs immer mehr an. So gab es inzwischen spezielle Programme für Versicherungen, Handel, Liquidation, Kundenverwaltung und vieles mehr. Neu war auch, das es sich um speziell für den ST programmierte Anwendungen handelte, die dann später auf MS-DOS umgesetzt wurden. Ein weiterer Trend: Börsensoftware. Programme wie "James" boten eine komfortable Depotverwaltung, Chartgrafiken und einiges mehr. Heute wäre es undenkbar, ein solches Programm ohne Online-Anbindung zu benutzen.

Immer noch nicht GEM: GFA-Basic war auf den ersten Blick nicht viel anders als der Vorgänger. Endlich waren die AES-Befehle direkt und sich über umständliche Befehle erreichbar. Dank vieler neuer Befehle galt GFA schon fast als "Über-Basic". Dank des Erfolges wurde an Umsetzungen von GFA-Basic für Amiga, MS-DOS und später OS/2 und Windows gearbeitet. Gleichzeitig weitete GFA die Softwarepalette stark aus - das sollte sich später als Fehler herausstellen. Überraschenderweise fand im gleichen Jahr eine Renaissance von Assembler statt - GFA brachte den GFA Assembler heraus.

Das neue ST-Basic wurde jedoch ein anderes: Omikron.Basic. Atari Deutschland schien es nicht zu stören, das Omikron genauso wie GFA sehr unsauber programmiert war. Version 3.0 von Omikron Basic wurde jedem ST beigelegt, der Rest konnte es für 19 DM kaufen. Der Compiler war jedoch teurer und besonders zukunftssicher war Omikron auch nicht: es lief nur auf dem 68000. Atari UK traf eine andere Wahl: First Basic war eine abgespeckte Variante von Hisoft Basic ohne Compiler. Das schöne an First Basic: es lief in Fenstern. Es ist schon erstaunlich, das aus dem Spiele-verrückten England die saubersten Basic-Dialekte kamen, während GFA und Omikron GEM-Fenster ignorierten.

Nachdem die Gerüchteküche bereits brodelte, wurde es 1988 endlich Gewissheit: Borland steigt in den ST-Markt ein. Turbo C fand auf Anhieb viele Freunde und verdrängte sehr schnell Laser C, Megamax C und andere Varianten. Letztendlich bildete sich eine Trennung heraus: in Großbritannien und den USA wurde Lattice C favorisiert, hier dominierte Turbo C. Turbo C erzeugte schnelleren und kürzeren Code als Laser/Megamax C. Den Test gab es in der Dezember-Ausgabe.

Eine starke Dominanz ging auch von Calamus aus. Ähnlich wie Tempus verzögerte es sich endlos, wurde aber schnell zur Referenz. Atari reagierte und verkaufte den MegaST zusammen mit Laserdrucker und Calamus als DTP-Komplettpacket an. CCCs (Calamus Competence Center) wurden aus der Taufe gehoben. Obwohl es mit Timeworks und Publishing Partner schon vorher DTP-Programme gab, machte erst Calamus aus dem ST einen DTP-Computer. Ähnlich wie bei Signum und 1st Word gab es viele kleine Software-Firmen, die Module für Calamus entwickelten. In der Dezember-Ausgabe durfte Calamus seine Stärken zeigen.

1988 erschien der erste Atari-Clone. Moment, werden jetzt einige sagen, der erste hieß doch Medusa und erschien 1994! Tatsächlich hatte IBP den wohl ersten Clone produziert. IBP war damals neben Rhothron die wichtigste Hardware-Firma für den Einsatz des ST in der Industrie. Die Industrie hatte naturgemäß am ST einiges zu bemängeln - falsche Stecker, die Platine paßte nicht in ein 19" Rack rein, keine Erweiterungsmöglichkeiten. Die Liste war so groß, das IBP beschloß, den ST von Grund auf neu zu designen. Die Techniker von IBP nahmen einen MegaST und konzipierten ihn im Europakassettenformat neu. Die Platine des STs wurde auf drei Europakarten verteilt. MIDI und RS232 erhielten vergoldete 9polige Sub-D-Stecker. Monochrom- und Farbmonitoranschluß wurden getrennt. Die Schnittstellen sind über die Frontplatte erreichbar. IBP ließ es sich auch nicht nehmen, eine softwaregesteuerte Watchdog-Funktion, eine Reset-Verzögerung für die Festplatte und eine batteriegepufferte Echtzeituhr zu integrieren. Der Audio-Ausgang wurde um einen 1-Watt-Verstärker bereichert. Ein Sockel für einen 68881-Coprozessor war gleich vorhanden. Zusätzlich gab es noch viele Erweiterungskarten. Der 190ST war zwar keine völlige Neuentwicklung, aber die Änderungen im Design waren derart drastisch, das er der erste Atari-Clone ist - natürlich ganz korrekt lizensiert. Die ST-Welt war begeistert und wünschte sich schon fast einen 190ST für den Heimanwender. Später brachte IBP etwas zustande, was Atari nie gelingen sollte: ein ST mit 68020 Prozessor. Es gab sogar eine Variante mit V30-Prozessorkarte und MS-DOS-Emulator. Das Handbuch war ebenfalls hervorragend und gab sogar Beispiele zum Programmieren der zusätzlichen 8052 CPU in Basic. Es ist anzunehmen, dass der 190ST auch heute noch in der Industrie eingesetzt wird.

Im gleichen Jahr wurde auch die Pak68/020 getestet, eine Beschleunigerkarte mit 68020 Prozessor. Bedenkt man, wieviel Geld später mit 16 MHz-Beschleunigern gemacht wurde, ist es erstaunlich, dass die Pak68 nicht noch mehr Verbreitung gefunden hat. Ebenfalls beschämend: Atari hätte dadurch ganz schnell einen 020-ST herausbringen können. Das wäre zwar keine ingenieurtechnische Meisterleistung gewesen, aber Erzrivale Commodore war sich dessen nicht zu schade: der Amiga 2500 war nur ein Amiga 2000 mit 020-Beschleunigerkarte.

Spiele 1988

1989

Das neue Jahr kam mit keinen größeren Änderungen. Der Softwaremarkt war inzwischen richtig in Schwung gekommen und die ST-Computer bediente alle Themenbereiche - lediglich die Atari-Szene wurde ignoriert.

Das in der ST-Computer auch Glossen ihren Platz hatten, bewieß "Per Computer zum Erfolg". Der ST sorgte darin nicht nur für die kostenlose Versorgung mit Nahrungsmitteln, sondern auch für Erfolg im Beruf.

Während Atari dem ST immer noch nicht die notwendige Temposteigerung spendierte, machten sich findige Programmierer an die Beschleunigung der Systemkomponenten. Turbo ST hatte den Beinamen "Der Softwareblitter" und machte dem ST tatsächlich Beine. Das Prinzip war einfach: Teile des ST-Betriebssystems wurden durch in Assembler geschriebene und optimierte Routinen ersetzt. Die Euphorie war zunächst groß. Später zeigte sich aber, das Turbo ST sehr unsauber programmiert war. Die nachprogrammierten Routinen waren fehlerhaft und weniger flexibel als das Original. Das war wohlgemerkt zu einer Zeit, in der nur ein Bruchteil der ST-Besitzer Multitasking-Betriebssysteme benutzten. Später bekam Turbo ST Konkurrenz durch Quick ST. Quick ST wurde vom gleichen Autor wie das damals populäre Quick Index geschrieben und war erheblich kompatibler - nur lief wenig später schon die Zeit der "Software-Blitter" ab.

Produktpflege gab es bei 1st Word Plus: Version 3.11 erschien und wurde wie immer von Atari vertrieben. Zu diesem Zeitpunkt baute Atari seinen Softwarevertrieb stark aus und nahm später sogar Spiele in ihr Programm auf. Diese Spiele wurden dann in immer neuen Compilations verkauft und den STs beigelegt.

Am Desktop des STs hatte sich in den vier Jahren nur wenig getan. Kein Wunder also, das alternative Benutzeroberflächen entwickelt wurden. NeoDesk gehörte zu den Pionieren und war dem Original-Desktop überlegen. In der Januar-Ausgabe wurde das Programm ausführlich vorgestellt. Das Programm war aber nur Teil eines Software-Pakets. Geneva ließ allerdings noch vier Jahre auf sich warten. Was NeoDesk auszeichnete war die höhere Flexibilität. Eigene Icons waren möglich, Icons ließen sich auf dem Desktop ablegen und viele andere Erweiterungen machten das Arbeiten angenehmer.

Tom Hudson war einer der bekanntesten Programmierer und war unter anderem für Degas Elite verantwortlich. Zusätzlich schrieb er Artikel, in denen er für die GEM-Pipeline warb - heute ist deren Benutzung für Programme eine Selbstverständlichkeit. Sein Meisterstück erschien 1989: Cyber Sculpt. Sculpt war als Ergänzung zu CAD-3D und erweiterte dessen Modeling-Fähigkeiten. Der Hauptgrund für die Trennung beider Programme war der Speicherplatz. Leider war Cyber Sculpt das letzte ST-Programm von Tom Hudson. Genau wie andere amerikanische Programmierer (Jim Kent) gab er den ST, der in den USA einen sehr geringen Marktanteil aber dafür eine umso aktivere Raubkopiererszene hatte, auf. Überraschend tauchte dann im neuen Jahrtausend ein Posting von Tom Hudson auf. Angeblich wollte er Sculpt und andere Programme an höhere Auflösungen anpassen. Seitdem gab es aber nichts neues aus der Richtung. Nach Cyber Sculpt programmierte er Autodesk.

Die Soundfähigkeiten des ST sollten mit Soundmachine ST verbessert werden. Anders als normale Soundprogramme setzte Soundmachine auf digitalisierte Sounds. Im Lieferumfang waren bereits verschiedene Samples enthalten und Beispiele zur Einbindung in eigene Programme. Nachteil: das Abspielen verbrauchte eine Menge Rechenzeit, da der ST-Soundchip nicht Samples abspielen konnte, ohne das System zu belasten. Für die Untermalung von Spielszenen war Soundmachine daher völlig ungeeignet. Erst der Nachfolger war erheblich schneller. Der Hersteller von Soundmachine war Tommy Software, ein kleines Softwarehaus mit einem sehr abwechslungsreichen Angebot: Lisp-Compiler, Security-Tool, Grafikprogramm als Accessory, ein Spiel, CAD-Programm und das professionelle Megapaint. Dummerweise war bis auf Megapaint keines der Programme richtig erfolgreich. Später gab Tommy Software einige Programme als Shareware frei - darunter auch Soundmachine. Sie sind auf der ST-Public Domain-Liste zu finden.

Application Systems hatte einige kurzweilige Programme im Angebot, die kein größeres Update mehr erlebten. Eines davon war Protos. Protos war eine Bildschirmlupe die auch in nicht-GEM-Programmen funktionierte und bei diversen Grafikprogrammen gute Dienste leistete.

Ein sehr beeindruckendes Animationsprogramm war IMAGIC. Das vom Denise Team entwickelte Programm war ein Animationspaket mit Grafikprogramm und eigener Programmiersprache. Einige Grafikdemos wurden damit geschrieben, darunter auch einige nicht ganz jugendfreie. Die ST-Computer brachte einen Grundlagenkurs zu dem Programm heraus, eine große Zukunft hatte es jedoch nicht. Das einzige Animationsprogramm, das Erfolg hatte, war Cyber Paint, der Rest sprach die Mehrheit einfach nicht an.

Um Mehrheiten ging es bei L.I.Z.A., einem professionellen Statistikprogramm. Damit konnten verschiedene Berufsgruppen die Wirksamkeit ihrer Arbeit beurteilen. Spezialisiert hatte sich das Programm auf die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen zwei und mehr Variablen. Sieben Tests waren eingebaut, um relevante Beziehungen zwischen zwei Datenreihen zu finden. Der Preis war moderat: 196 DM (99 Euro).

Die Spiele wurden immer ausgereifter: die Programmierer kannten den ST und mittlerweile waren 16-Bit-Computer die bevorzugte Entwicklungsplattform. Für den C64 erschienen dann abgespeckte Umsetzungen.

Der Flugsimulator überhaupt wurde F16 Falcon. Gegenüber der PC-Fassung wurde das Spiel stark verbessert und das Programm wurde sogar von echten Piloten gelobt. Inzwischen hatte auch die ST-Computer den moralischen Zeigefinger weitgehend abgelegt.

Unnötig war dieser bei Rainbow Islands, dem Nachfolger von Bubble Bobble. Rainbow Islands war fast identisch mit dem Arcade-Original: es hagelte gute Bewertungen. In die gleiche Ecke passte New Zealand Story, aber der drollige Kiwi-Vogel war schon etwas rabiater als Bub und Bob und machte seinen Gegnern mit Pfeil und Bogen den Garaus.

Auf ihrem Höhepunkt waren die Sierra-Adventures. Da die ST-Versionen immer Umsetzungen vom PC waren, war die Grafik fast identisch. Leisure Suit Larry II war der neueste Teil und wieder war Larry auf der Suche nach der Traumfrau. Police Quest II wurde von einem Ex-Polizisten designed und hatte eine bessere Grafik als Teil I.

Zum Superhit wurde Populous. Das Strategiespiel machte Bullfrog sofort zum Top-Entwicklerteam. Populous war speziell für 16-Bit-Computer entwickelt worden und erschien nicht für den C64.

Wer Spiele selbst entwickeln wollte, griff zu STOS. STOS war ein Basic, das speziell für Spiele entwickelt wurde. Kurz darauf erschienen Erweiterungen wie STOS-3D und STOS Compiler, von denen allerdings in Deutschland kaum Notiz genommen wurde. Ganz anders in Großbritannien: dort gab es ständige Rubriken und Programmierkurse für STOS. STOS wurde mittlerweile freigegeben, der Assembler-Quelltext ist ebenfalls frei erhältlich.

Hardwaretechnisch gab es von Atari Anfang des Jahres nichts neues, aber Epson beeindruckte mit einer Innovation: dem ersten 48-Nadeldrucker. Das waren mehr als doppelt so viele Nadeln wie üblich, die Verbesserung des Druckbildes war aber nur gering. Die Technik war derart aufwendig, dass der Epson sehr teuer war. Die nicht vorhandenen Druckertreiber für Signum sorgten dafür, dass das Schriftbild eines NEC P6 fast gleichwertig war.

Ein Overhead-LCD für den ST stellt die ST-Computer in der März-Ausgabe vor. Das Display unterstützte nur die hohe Auflösung und ist kaum mit heutigen LCDs vergleichbar.

Ein LCD hatte auch die STacy, Ataris Laptop. Reichlich spät kam das Gerät und schwer war es ebenfalls. Dennoch gab es somit einen tragbaren Atari, der besonders die Musiker glücklich machte - in seinem speziellen Marktsegment war die STacy ein Erfolg für Atari.

Einen Nachfolger zum ST präsentierte Atari mit dem 1040STE. Der STE hatte durchaus sinnvolle Verbesserungen wie einfache RAM-Nachrüstung, Blitter, größere Farbpalette und besseren Sound. Jetzt zeigte sich aber, das Atari viel zu lange gezögert hatte. Die große Farbpalette lag praktisch brach. Amerikanische Entwickler, die in der Vergangenheit viele Grafikprogramme für die niedrige Auflösung geschrieben hatten, waren schon längst auf den PC gewechselt. Deutsche Programmierer entwickelten hauptsächlich für den Monochrom-Monitor. Der Sound war zwar hochwertig, aber das Abspielen von Samples wurde vom Betriebssystem nur unzureichend unterstützt. Mit dem sagenumwobenen EST hatte die Modellkosmetik nichts zu tun.

Ein neues Flaggschiff war der TT. Bereits 1988 waren erste Details zur Grafik und dem Prozessor bekannt geworden, 1989 wurde der Rechner dann vorgestellt. Die Geschwindigkeit begeisterte und die Programmierer von Anwendungssoftware nahmen den neuen Computer positiv auf. Einen Kritikpunkt gab es aber: das TOS030 sah aus wie TOS1.04. Die endgültige Auslieferung fand erst 1990 statt, Atari baute einen neuen Desktop ein und beschleunigte den TT von 16 auf 32 MHz.

Ein Flaggschiff, das am Untergehen war, war Sinclairs QL. Obwohl der QL in Deutschland nie richtig Fuß fasste und nur wenige, wie etwa Umweltbundesminister Trittin, begeistern konnte, gab es hier einige Hardware-Hersteller. Seit jeher gab es eine Verbindung zum Atari, denn viele Programmiersprachen stammten ursprünglich vom QL. Eine kleine Platine von der norwegischen Firma Futura machte es dann möglich: QL-Programme liefen auf dem ST. Mit 779 DM war der Emulator teurer als ein echter QL, aber aus gutem Grund: die Hardwarekarte war eine Videokarte, die eine zusätzliche Auflösung von 512x256 Pixel ermöglichte. Zwei teure Spezialchips halfen bei der Kommunikation des Videochips. Die Kompatibilität war hoch und der emulierte QL schneller als das Original - auch später noch warfen die QL-Anhänger immer mal wieder einen Blick auf den ST-Markt.

Hardware-Emulatoren waren ein Trend im Jahr 1989. Endlich kam auch die PC-Emulation ins Rollen. PC-Speed wurde auf den Prozessor aufgelötet und erreichte fast die Geschwindigkeit eines echten PCs. Resultat: der Emulator verkaufte sich hervorragend. Ein weiterer Grund für die Verkaufszahlen dürfte der SuperCharger sein, ein weiterer PC-Emulator, der erst mit zwei Jahren Verspätung kam und einige Kunden verprellte. Zwischendurch wurde sogar die Presse mit angeblichen Hardwarefotos veralbert. In den USA erschien mit PC-Ditto II eine Hardware-unterstützte Version von PC-Ditto. Die Hardware erschien jedoch nie in Deutschland.

Spannung bot das Rennen um die beste Mac-Emulation. Mit der STacy gab es eine Alternative zum teuren Mac-Laptop. Inzwischen war Aladin ein ausgereifter Emulator, der sogar Mac-Sound beherrschte. Dank einer Hardware von Eickmann konnten Mac-Disketten direkt konvertiert werden. Gegen Aladin trat ein alter Bekannter an: Dave Small ("Magic Sac") gründete eine neue Firma und brachte den Spectre 128 heraus. Wie schon fast üblich bei Small wurde der Benutzer als billiger Beta-Tester mißbraucht - ständige Updates waren erforderlich, um den Emulator überhaupt benutzbar zu machen. Bei so vielen Nachteilen musste es auch einen Vorteil geben: Spectre verwendete die 128KB-ROMs des Mac. Einige Anwendungen liefen nicht mehr mit Aladin, da dieser nur die alten ROMs verwendete.

Dem ST Beine machen - das war das Ziel von Hardware-Beschleunigern. "Hypercache" war ein 16 Mhz-Beschleuniger mit Cache und verdoppelte in etwa die Rechengeschwindigkeit. Der Erfolg von Hypercache führt zu einer Flut ähnlich gestrickter Beschleuniger wie Turbo 16 und anderen.

Schon lange gab es Gerüchte, Atari würde an einer 10MB-Floppy arbeiten. 1989 wurde schließlich die Megafile 44 vorgestellt, ein Wechselplattenlaufwerk mit Syquest-Technologie. Atari verhalf damit dieser Technik zu mehr Aufmerksamkeit.

Spiele 1989

ST Magazin:
Ganz spekulativ gefragt: Ist die Attraktion der Atari-Messe '91 ein erweiterter Rechner der Mega-Reihe, so etwas wie ein Mega STE?
Sam Tramiel:
Ein Mega STE? Was soll das sein? Ich wüßte nicht, zu was solch eine Maschine gut sein soll.
(ST-Magazin 10/90)

1990

Atari expandierte nach Osten und das sogar bis in die Sowjetunion. Zunächst wurden aber die neuen Bundesländer verstärkt bearbeitet. Schon zu DDR-Zeiten wurden im Intershop Atari-Computer verkauft, nach dem Mauerfall war Atari verstärkt auf Messen und präsentierte hauptsächlich den ST. 8-Bit-Freunde dürften sich aber auch freuen: da der XL im Osten relativ verbreitet war, verstärkte Atari sein 8-Bit-Engagement etwas.

Die ST-Computer wurde vier Jahre alt und die Magazin-Vielfalt hatten ihren Höhepunkt erreicht. Neben dem ST-Magazin und dem ATARImagazin gab es das PD/Atari-Journal und die TOS. Letztere wurde von abtrünnigen Redakteuren des ST-Magazins gegründet. Das PD/Atari-Journal lief fast außer Konkurrenz, denn es befaßte sich sehr stark mit dem immer interessanter werdenden PD-Markt.

Endlich hatte der Atari seinen Butler: Mortimer hieß das neue Multi-Utility von Omikron. Immer stärker wurde der Wunsch, während der Arbeit mit einem Hauptprogramm schnell einen Text zu schreiben oder Dateioperationen auszuführen. Die Reaktion darauf waren Multi-Utilities wie Harlekin und Mortimer. Im Gegensatz zu Harlekin klinkte sich Mortimer ziemlich brutal in das System ein und wurde mit einer Tastenkombination aufgerufen. Texteditor, erweiterte Dateiauswahl und viele weitere Funktionen bot der Butler.

Mehr Farben als die üblichen 16 wurden hauptsächlich in Demos und einigen Grafikprogrammen benutzt. Multiterm Pro war ein BTX-Programm, war aber dem älteren Decoder von Drews überlegen. Das Zauberwort hieß "Farbgrafik". Multiterm unterstützte Grafikkarten und stellte mit technischen Tricks 32 Farben auf einem normalen ST dar. Damit konnten die Atari-Besitzer endlich Online im BTX "surfen", ohne sehnsüchtig auf Amiga und C64 (!) zu schauen, die die BTX-Seiten in ihrer vollen Pracht darstellten.

Getestet wurde Gemini, ein weiterer alternativer Desktop. Seltsamerweise wurde der Desktop hauptsächlich wegen seines eingebauten CLIs (Command Line Interpreter). Gemini war eines der wenigen Programme, dass die GEM-Pipeline zur Kommunikation nutzte. So arbeiteten Mupfel und Desktop zusammen, einige Arbeitsschritte waren schneller lösbar. Besonders bei Programmierern erfreute sich der Desktop großer Beliebtheit.

Die letzte Atari-Version erschien von WordPerfect. Ähnlich wie die Vorgänger war das Programm alles andere als "perfekt". Umfangreiche Texte mussten aufgespalten werden, da die Textverarbeitung nicht mit längeren Texten klar kam. Die Bedienung war nicht sonderlich einfach und ließ die MS-DOS-Herkunft erahnen. Der große Name war angesichts der durchschnittlichen Leitung und der großen Konkurrenz zu wenig, um bestehen zu können. Wenig später wurde der Sprung auf Windows verpasst - der Fall von WordPerfect begann.

Wer WordPerfect im Original erleben wollte, griff zu ATonce. Der AT-Emulator war nicht nur schneller als die PC-Emulatoren, sondern bot weitere Verbesserungen, wie etwa mehr Grafikmodi. Hersteller Vortex brachte den Emulator auch auf dem Amiga heraus, auf dem Atari war der Höhepunkt mit dem ATonce 386SX erreicht.

Die Reportagen der ST-Computer zeigten, wo Atari-Computer eingesetzt wurden. So steckte in den Fixcard-Automaten ein 1040ST. Flughäfen nutzten Ataris zur Verarbeitung extrahierter Radardaten und zur Flugsicherung. In Jugendzentren und Schulen hielt der ST Einzug. Der bekannte Radiosender FFH benutzte den Atari für sein Programm. Nichts mit dem ST zu tun hatte der Cyberspace, über den die ST-Computer in der Dezember-Ausgabe berichtete. Es gibt bis heute keine Umsetzung für den Massenmarkt.

Hardware-Trend 1990: HD-Laufwerke. Was Atari versäumte, holten diverse Erweiterungen wieder nach. Die ST-Computer veröffentlichte ein HD-Kit als Selbstbauanleitung. Das fehlende HD-Laufwerk wurde dann auch an den ersten TTs kritisiert.

Der TT. Atari mußte mit ansehen, wie Konkurrent Commodore mit dem Amiga 3000 sehr schnell gleichzog. Aus diesem Grund wurde dem TT ein kleines Speed-Upgrade verpasst. In der Oktober-Ausgabe wurde der TT getestet. Bei seiner Vorstellung auf der Atari-Messe konnten die TTs gleich gekauft werden. Wer zufällig 6500 DM dabei hatte, wurde mit einem garantiert unvergeßlichen Andenken belohnt. Die lange Verzögerung hatte Atari aber eine Sympathien gekostet. Etwas abgemildert wurde dies durch den 32 MHz Prozessor, der Rest lief aber mit 16 MHz. Endlich tat sich etwas beim Desktop. Icons auf dem Desktop ablegen, selektieren nach Maske, Ausdruck des Directories und einiges mehr - der TT-Desktop machte alternative Desktops weitgehend überflüssig. Zusammen mit dem neuen Desktop debütierte XControl. Das neue Kontrollfeld war modular aufgebaut und belegte nur einen Accessory-Platz. Bei vielen Anwendern waren diese Plätze voll belegt. Mit Boot-Managern musste das Gerümpel gemanagt werden. Der TT wurde von vielen Firmen herbeigesehnt und ersetzte zunehmend den MegaST.

Wer mehr Geschwindigkeit brauchte, konnte auch 1990 auf viele Beschleuniger zurückgreifen. Die ST-Computer bot sogar einen zum selberbauen in einem Hardware-Sonderheft an. Name der Erweiterung: Mach 16.

Mehr Auflösung gab es mit Overscan. Der Nachfolger der bekannten Hyperscreen-Erweiterung aus dem ST-Magazin machte Schluss mit den Trauerrändern und sorgte für die wachsende Verbreitung höherer Auflösungen. Schon durch den TT war ein leichtes Umdenken hin zu sauberen GEM-Anwendungen zu bemerken - trotzdem gab es immer noch viele Programmierer, die nur für die hohe Auflösung programmierten.

Ein Erlebnis ganz besonderer Art war die Mindmachine. Der Megabrain Illuminator sorgte dank eines STs und einer Brille für Entspannungszustände. Nachdem man sich vom ST per Public Domain-Software schon hypnotisieren lassen konnte, war mit dem Megabrain Illuminator ein Entspannen ohne Einschlafen möglich. Im Vergleich zu anderen Mindmachines war die ST-Version ein Schnäppchen, auch wenn der Illuminator nie für den Massenmarkt gedacht war.

Im Spiele-Teil fand sich ein technisches Meisterstück: Turrican. Einige hatten befürchtet, dass das Amiga-Actionspiel nur mit viel Abstrichen auf den Atari portierbar wäre. Die Programmierer schafften es aber gutes Acht-Wege-Scrolling, satten Sound und viele Farben aus ST herauszukitzeln.

Sportlich wurde es mit Great Courts, der bisher besten Tennissimulation für den ST. Auch Manchester United, ein Fußballspiel, gefiel, stellte aber keine neue Referenz auf. Das schaffte wiederum Klax, der Denkspielknaller von Tengen. Im Gegensatz zu Tetris wirkte Klax grafisch erheblich besser und die ST-Umsetzung war gut gelungen.

Ein Strategie-Schinken ganz besonderer Art war Imperium. In einem sehr komplexen Strategiespiel musste ein galaktisches Imperium aufgebaut werden. Das Spiel verwendete ein eigenes Fenstersystem und hatte keinerlei Action-Elemente - heute fast undenkbar.

Neuauflagen von 8-Bit-Spielen gingen selten gut. Eines der besseren Exemplare war Paradroid 90. Mit einem Roboter wurde ein Raumschiff erkundet und fremde Roboter erobert. Das war herausfordernder als es sich anhört und besonders grafisch wurde der C64-Klassiker mit edlen Metallicgrafiken aufgewertet.

Ab und zu kam es vor, das Spiele auffällig häufig Logos eines bestimmten Herstellers zeigten. Langnese verteilte zum Beispiel den "Calippo-Fresser" an alle C64-Besitzer. Auf der Suche nach neuen Werbeformen wollte auch Philip Morris nicht nachstehen. Die Zigarettenmarke L&M wurde mit einem Spiel beworben. Immerhin wurde es kein simpler Geschicklichkeitstest, sondern ein richtiges Adventure im Lucasfilm-Stil. Der Wagen von Sunny wurde versehentlich mit einer Dampfwalze plattgemacht. Jetzt will Sunny wieder einen neuen Wagen haben, aber der kostet Geld. Natürlich wurde in Dialogen und auch in den Grafiken fleißig für die Zigarettenmarke geworben, für die Umsetzung sorgte Rainbow Arts.

Aus der Reihe "Alt aber spaßig": Super Wonder Boy. Der Nachfolger zum Jump'n'Run Wonder Boy war kein simpler Geschichklichkeitstest mehr, sondern ein richtiges Action-Adventure.

Ein Ärgernis bei manchen Spielen war der Kopierschutz. Manche Spiele hatten einen derart strengen Kopierschutz, das bei einem leicht von der Norm abweichenden Laufwerk das Spiel nicht funktionierte. Ein anderes Spiel blendete sogar einen großen Totenkopf mit dem Text "Got you, thief!" ein. Zum Glück setzte sich dieser rabiate Kopierschutz nicht durch.

Spiele 1990

1991

Ein neuer Atari-Computer. Der MegaSTE schloss die Lücke zwischen STE und TT. Mit einem 16 MHz 68000 war die Geschwindigkeit höher, auch wenn Atari damit nur auf 16 MHz-Beschleuniger reagierte. Besonders praktisch war der VME-Bus, denn damit konnte der MegaSTE diverse Grafikkarten verwenden. Atari war sichtlich stolz auf seine Kreation und schaltete einige Doppelanzeigen, die sowohl Vorder- als auch Rückseite abbildeten. Gut aufgenommen wurde auch der neue Desktop, der mit dem TT-Desktop identisch war.

Was machte die ST-Computer mit alten MegaST-Geräten? Sie wurden schwarz gemalt. Unter der Überschrift "Paint it black" wurde ein MegaST samt Monitor in edles Schwarz umgespritzt.

Das Fernsteuerung von Geräten schon lange vor Bluetooth & Co. möglich war, bewiesen die Hardware-Basteleien. Sony-Geräte hatten einen SIRCS-Bus und ein entsprechendes Hardware-Projekt steuerte diese Geräte vom ST aus.

Inzwischen gab es einige Grafikkarten, unter denen Grafikhungrige ST-Jünger wählen konnten. Vorbei waren die Zeiten der klobigen Erweiterungen wie der Omega CAD. Die neuen Karten stammten aus dem PC-Bereich und wurden an den ST angepasst. Die Karten trugen einfallsreiche Namen wie Crazy Dots und Imagine. Wer wollte, konnte also schon vor 12 Jahren seinen ST mit 65000 Farben ausrüsten. Einige Grafikkarten waren jedoch dem MegaSTE/TT vorbehalten.

Die Tastatur der kleinen STs war von jeher nicht optimal. Es blieben nur zwei Alternativen: eine PC-Tastatur oder das RTS-Set. Das Set von RTS bestand aus neuen Tastenkappen und Federn und sorgte für ein besseres Schreibgefühl. Das beste war natürlich, dass die Beschriftung dem Original entsprach.

Eine kurze Mode war Channel Videodat. Videodat war eine Technik, die Computerdaten in der Austastlücke des Fernsehsignals übertragen wurden. Mit einem passenden Decoder fischte sich der Computer die Daten heraus. Normalerweise wird die Austastlücke für den Videotext verwendet, aber der noch junge Sender Pro7 hatte keinen eigenen Videotext. Das erste Mal wurde Videodat vom WDR Computerclub ausprobiert. Natürlich sendete Videodat nicht ständig Programme für den ST und die Übertragung dauerte relativ lange. Zudem war der Decoder nicht ganz billig und für den Preis konnte man sich auch ein paar PD-Disketten kaufen, denn Channel Videodat hatte keine Exklusiv-"Downloads". Videodat war solange gestattet wie Pro7 noch eine Abspielstation für alte Hollywood-Schinken und -Serien war. Irgendwann wollte aber auch Pro7 Videotext haben - Videodat wurde beendet.

Auch 1991 wurden Programme eingeführt, die heute noch bekannt sind. In der Januar-Ausgabe wurde NVDI getestet, das, genau wie TurboST, von Bela vertrieben wurde. NVDI war ein vollständig neu programmiertes VDI inklusive GDOS. NVDI erzielte eine hohe Geschwindigkeitssteigerung und schon damals arbeitete NVDI optimal mit KaosTOS zusammen, einem Patch für TOS 1.04. Einer der Programmierer von Kaos (Andreas Kromke) entwickelte später MagiC. Die einzige Inkompatibilität trat in Zusammenhang mit TurboST auf. NVDI erwies sich jedoch als stabiler und kompatibler als TurboST. Selbst zu einigen Grafikkarten war es kompatibel. TurboST wurde nicht mehr weiterentwickelt.

Die Kombination von Vektor- und Rastergrafik bot Arabesque Professional. Das Grafikpaket war komplett am GEM vorbei programmiert und teilte diese Eigenschaft mit Piccolo. Piccolo war ein kleines Grafikprogramm, das neben Signum laufen konnte. Auch hier hatte sich der Programmierer ein eigenes Fenstersystem ausgedacht - schon erstaunlich, bedeutet das doch erheblich mehr Arbeit.

Heiß erwartet wurde Phoenix und das Programm hielt sich an die GEM-Standards. Die Datenbank erlaubte die Einbindung von Grafiken und Tönen. Phoenix war wie Adimens von den Gebrüdern Geiß und wieder gab es etliche Datenbankprogrammierer, die mit Phoenix erstellte Datenbanken zum Verkauf anboten.

Ganz andere Ziele hatte das Update zu VideoEd8. Mit diesem Programm konnte der ST über ein Interface verschiedene Videorekorder steuern. Damit war echter Videoschnitt auf dem ST möglich - und das Jahre, bevor Videobearbeitung mit dem Computer ein Thema wurde.

Wer etwas genaueres über seine Datenträger erfahren wollte, griff zu DISKUS. DISKUS ist ein Festplattenmonitor von Uwe Seimet, der auch regelmäßig für die ST-Computer Artikel geschrieben hat.

1991 zog sich Borland aus dem Atari-Markt zurück. Trotzdem ging die Weiterentwicklung von Turbo C weiter - wenn auch nur für kurze Zeit. PureC benutzte immer noch Routinen von Borland und genau das wurde dem Programm später zum Verhängnis.

Eine glänzende Zukunft hatte hingegen Interface vor sich. Es hielt sich an alle modernen Standards und wurde ständig weiterentwickelt. Andere Resource Construction Sets konnten nicht mithalten, obwohl Interface mit keiner Programmiersprache gebundlet wurde.

Dank des TT stieg Atari zunehmend in den EBV-Markt ein. Cranach Studio war ein professionelles Programm, das aus Deutschland stammte.

Preisfrage: Welche Textverarbeitung verspätet sich auch heute noch? Tempus Word. Eigentlich war die Textverarbeitung als "Tempus Text" schon kurz nach dem Editor angekündigt worden. Erst 1991 wurde das Programm ausgeliefert. Die völlig überladene Benutzeroberfläche bot viele Funktionen, mittlerweile wartet die Atari-Welt auf Version 4.

Der Spiele-Markt wurde immer uninteressanter. Zwar wurde der ST immer noch mit Software versorgt, aber inzwischen waren einige Entwicklungen Amiga-Exklusiv. Für Simulationen empfahl sich der PC - weder Amiga noch ST konnten mit dessen Rechenleistung mithalten.

Gute Spiele gab es dennoch. Sensible Software brachten International 3D-Tennis heraus, ein wirklich seltsames Spiel. Alles wurde in Vektorgrafik dargestellt, der Platz ließ sich beliebig drehen, aber die Grafik wirkte ärmlich - gelungenes 3D-Tennis gab es erst auf dem Dreamcast mit "Virtua Tennis".

Stark vertreten waren die Denkspiele. Loopz, Puzznic, Atomino und Logical waren gelungene Denkspiele.

Das Überspiel 1991 war jedoch ein anderes: Lemmings. Psygnosis war vorher für grafisch aufwendige Spiele ohne viel Inhalt bekannt. Lemmings war jedoch ein ganz anderes Spiel. Für Psygnosis war es der größte Hit und für Entwickler DMA Design der Durchbruch. Umsetzungen für fast alle Systeme folgen, die verspätete Umsetzung für den C64 gilt sogar als letztes großes Spiel für den Heimcomputer.

Sid Meier machte alle Eisenbahn-Fans mit Railroad Tycoon froh. Bis heute erscheinen immer wieder "Tycoon"-Spiele, die aber von anderen Softwarefirmen stammen. Hobby-Operateure griffen zu Life and Death, einer Krankenhaussimulation. Es wurde aber kein Hospital gemanagt, sondern der Spieler konnte als Operateur selber Hand anlegen.

Noch exotischer: Jahangir Khan World Championship Squash. Squash wurde so gut wie nie simuliert und gehörte nur zur Grundausstattung diverser Pong Konsolen. Mit dem berühmten Jahangir Khan (in etwa mit Tiger Woods zu vergleichen) im Rücken wurde ein erneuter Versuch gewagt - ein Erfolg war es jedoch nicht. Ebenfalls erfolglos war die Wiederlebung von Pong in einer isometrischen 3D-Ansicht (Botics).

Ganz rar gesät waren Informationen über CPX-Module. Die ST-Computer füllte diese Lücke mit "CPX - The Final Frontier" aus - ein Kurs, der auch heute noch wichtig ist.

Spiele 1991

1992

Das Jahr begann mit einem rekordverdächtig langem Editorial, das am besten mit der Lupe gelesen wird. Das Hauptthema war jedoch ein anderes: das ST-Book. Es sollte eines der schwierigsten Jahre für Atari werden. Das Lynx hatte gegen den Gameboy keine Chance und der ST war endgültig in die Jahre gekommen.

Zunächst wurde ein neuer tragbarer ST vorgestellt. Das ST-Book war ein Notebook-Computer und ist auch aus heutiger Sicht als tragbar zu bezeichnen. Die Entwicklung machte für Atari Sinn, denn die STacy war ein Erfolg. Erstmals wurde das ST-Book zusammen mit dem ST-Pad/STylus vorgestellt, aber letztlich erlangte nur das ST-Book die Serienreife. Ausgestattet mit TOS2.06 und vielen Stromsparmechanismen war das ST-Book für die damalige Zeit ein sehr gutes Notebook. Die Kundenachfrage war sogar da und ein Atari-Händler aus Hamburg (Betz Computer) konnte sich daran erinnern, das ma


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 06 / 2003, Seite

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